Die Aufgebote der Tour-Teams

Bahrain - Merida: Rätselraten um Nibalis Ambitionen

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Bahrain - Merida: Rätselraten um Nibalis Ambitionen"
Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) beim Giro d´Italia | Foto: Cor Vos

03.07.2019  |  (rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowie der vier Zweitdivisionäre.

Bahrain - Merida

Rückblick 2018: Das Team trat mit großen Ambitionen in der Gesamtwertung an, ein verhängnisvoller Zusammenstoß mit einem Zuschauer und einem Begleitmotorrad endete für Kapitän Vincenzo Nibali auf der 13. Etappe hinauf nach Alpe d‘Huez allerdings mit einer Wirbelfraktur. Bis dahin lag der Italiener aussichtsreich im Rennen, der Sturz zwang ihn jedoch zur Aufgabe. Ohne Nibali belegte Domenico Pozzovivo als bester Bahrain-Fahrer schließlich Platz 18. Ansonsten war es eine Tour der verpassten Chancen, gleich fünfmal landete ein Fahrer des Teams auf Platz zwei im Tagesklassement. Auf der 10. Etappe nach Le Grand-Bornand und auf der 15. Etappe nach Carcassonne musste sich Ion Izagirre zweimal knapp geschlagen geben, das gleiche Schicksal ereilte seinem Bruder Gorka auf der 16. Etappe nach Bagnères-de-Luchon. Gute Leistungen zeigte Sprinter Sonny Colbrelli, der in der ersten Tour-Woche in La Roche-sur-Yon und Quimper zweimal Zweiter hinter Peter Sagan wurde.

Aufgebot 2019: Vincenzo Nibali, Rohan Dennis, Matej Mohoric, Damiano Caruso, Sonny Colbrelli, Dylan Teuns, Ivan Garcia, Jan Tratnik

Aussichten: An der Ausrichtung für diese Tour hat sich auf dem Papier nichts geändert. Nibali soll wieder die Gesamtwertung angreifen und bekommt dafür ein gut aufgestelltes Aufgebot zur Unterstützung; Colbrelli erhält erneut freie Fahrt für die Sprints.

Anders als im Vorjahr steckt Nibali allerdings bereits der Giro d’Italia in den Beinen, den er als Gesamtzweiter hinter Richard Carapaz beendete. Im Team beteuert man, genau zu wissen, wie man den 34-Jährigen auf diese Doppelbelastung optimal vorbereitet. Trainer Paolo Slongo hält die Fäden in der Hand und Chris Froome und Tom Dumoulin zeigten im Vorjahr mit Podiumsplätzen bei Giro und Tour, dass gute Resultate in beiden Rennen möglich sind. Damals lag allerdings eine Woche mehr Vorbereitung zwischen den Giro und der Tour. Nibali bleiben in diesem Jahr hingegen nur fünf Wochen.

Bereits zweimal (2008, 2016) ging der Sizilianer das Giro-Tour-Double an, jeweils aber ohne Ambitionen für die Gesamtwertung. Dieses Jahr soll das anders sein, zumindest sah so der Plan zu Saisonbeginn aus. Die Route mit wenigen Zeitfahrkilometern, unterschiedlichen Bergetappen und Talankünften dürfte dem Tour-Sieger von 2014 liegen. Allerdings ließ Nibali und zuletzt auch Slongo öffentlich durchblicken, dass die Ziele bei der Tour noch nicht genau definiert seien. Heißt: Nibali könnte also auch als Etappenjäger auftreten. Der Tag der Wahrheit dürfte in dieser Hinsicht die Bergankunft der 6. Etappe in Planche des Belles Filles sein.

Mit Rohan Dennis könnte Bahrain - Merida Team aber auch ein zweites Ass für das Gesamtklassement im Ärmel haben. Der Australier zeigte als Gesamtzweiter der Tour de Suisse in den Bergen bislang nur erahnte Fähigkeiten. Am Ende fehlten dem Zeitfahrweltmeister nur 19 Sekunden auf Gesamtsieger Egan Bernal.

Auch wenn die Form des 29-Jährigen offensichtlich stimmt, ist fraglich, ob er die Leistung aus der Schweiz auch über drei Wochen bestätigen kann. Falls Nibali jedoch auf die Gesamtwertung pfeift, könnte Dennis ohne großen Druck sich am Klassement der Tour ausprobieren. Sein bislang einziges ernsthaftes Experiment als Kapitän bei einer GrandTour endete im Vorjahr mit Platz 16 beim Giro d’Italia, vor allem auf den schweren Bergetappen gegen Ende ging ihm die Luft aus. Besser sehen seine Chancen im Einzelzeitfahren aus. Die 27,5 Kilometer in Pau sind für Spezialisten konzipiert: Wenn sich Dennis auf der Bergetappe am Vortag nach Bagnères-de-Bigorre nicht zu sehr verausgabt, gilt er an diesem Tag als großer Favorit.

Der Rest des Teams wird sich an Nibali orientieren. Geht er auf die Gesamtwertung, geben Matej Mohoric, Damiano Caruso und Dylan Teuns gute Helfer fürs Hochgebirge ab. Gerade Caruso gilt als erprobter Domestik, der in seiner Laufbahn bereits in den Top Ten der Vuelta a Espana und des Giro d’Italia landen konnte. Zudem ist das Trio in Sachen Etappensiege zu beachten: Teuns gilt als Spezialist für hügeliges Terrain und bewies seine Qualitäten zuletzt mit einem Etappensieg beim Critérium du Dauphiné, Mohoric ist auf Klassikerterrain nicht minder befähigt und gehört zudem zu den besten Abfahrern im Peloton. Die Teilstücke nach Colmar (5. Etappe), Saint-Étienne (8. Etappe) oder Bagnères-de-Bigorre (12. Etappe) bieten gute Chancen. Caruso wäre der Mann für die Hochgebirgsetappen. Der Slowene Jan Tratnik bestreitet die Tour hingegen als Helfer auf allen Ebenen, bringt aber auch wertvolle Tempohärte für das Mannschaftszeitfahren mit.

Daneben baut das Team mit Colbrelli auf die selektiven Sprintetappen. Kommt es zur Massenankunft, sind Konkurrenten wie Dylan Groenewegen oder Elia Viviani allerdings kaum zu schlagen. Ist das Terrain jedoch im Finale hügelig und endet die Etappe mit dem Sprint des deutlich reduzierten Feldes, ist mit dem Italiener zu rechnen. Die Ankünfte in Épernay (3. Etappe) und Brioude (9. Etappe) sind hier zu nennen. Zur Unterstützung befindet sich der spanische Tour-Debütant Ivan Garcia an seiner Seite, ebenfalls ein passabler Sprinter.

Fazit: Bahrain - Merida ist in seinen Ambitionen vor dem Tour-Start ein Rätsel. Im Prinzip ist das Team klassisch auf Gesamtwertung ausgerichtet, allerdings ist unklar, ob Nibali tatsächlich um eine gute Endplatzierung mitkämpfen kann und möchte. Selbst wenn, so dürfte er kaum ein Kandidat für den Tour-Sieg sein. Wenn nicht, bekommt Dennis seine Chance und wird gucken. Ansonsten steht das Ziel Etappensieg ganz oben auf der Agenda, dieser blieb bei den bisherigen zwei Tour-Teilnahmen aus. Dazu bietet der Kader genügend Optionen. 

Eckdaten:
Land: Bahrain
Hauptsponsor: Bahrain Petroleum Company/Merida
Branche: Wirtschaftsunternehmen aus Bahrain/Radhersteller
Teamchef: Brent Copeland
Radausrüster: Merida

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.07.2019Team Ineos: Topfavorit mit kleinen Abstrichen

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019AG2R La Mondiale: Alle Kräfte für Bardet

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019Arkea - Samsic: Barguil als Hoffnungsträger

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019EF Education First: Erwischt Uran wieder ein gutes Jahr?

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019Dimension Data: Mit Erfahrung zum Erfolg?

Team Dimension Data Rückblick 2018: Für die Mannschaft von Teamchef Douglas Ryder war es eine Tour zum Vergessen. Sprinter Mark Cavendish zeigte sich außer Form und beendete nur eine Etappe unter d

03.07.2019CCC Team: Nichts zu verlieren

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Total Direct Energie: Alle für einen, einer für alle

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Bora - hansgrohe: Bereit für weitere Großtaten

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Mitchelton - Scott: Besser gerüstet als im Vorjahr

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Trek - Segafredo: Bedenken um Hoffnungsträger Porte

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Cofidis: Sehnsucht nach einem Etappensieg

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Movistar: Aus den Fehlern mit dem Dreizack gelernt?

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

Weitere Radsportnachrichten

13.12.2025Pogacar greift auch 2026 Klassiker und Tour de France an

(rsn) – Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix – das sind die ganz großen Meilensteine, die im Trophäenschrank von Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) noch fehlen. Auf beide Monumente des Radsp

13.12.2025Vandeputte nutzt im Finale seine Chance beim Exact Cross

(rsn) – Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) konnte nach einem spannenden Rennen beim Exact Cross in Kortrijk seinen zweiten Saisonsieg feiern. Der Belgier war im Finale der Beste einer Dreierg

13.12.2025Nach der Tour irgendwie gegen die Wand gefahren

(rsn) – Erst einmal vor dieser Saison wagte sich die Tiroler Mountainbikerin Mona Mitterwallner auf die Straße, 2021 bei den Europameisterschaften im U23-Rennen der Frauen, bei dem sie Elfte wurde.

13.12.2025Die Trikots der WorldTour-Teams für die Saison 2026

(rsn) - Wie sieht das Peloton 2026 aus? Welche Farben werden in der kommenden Saison vorherrschend sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor - den Anfan

13.12.2025Skjelmose irritiert: “Sollte alleiniger Leader in den Ardennen sein“

(rsn) - Mattias Skjelmose (Lidl – Trek) will im kommenden Jahr seinen Fokus voll auf die Ardennen-Klassiker ausrichten. Der Däne steht nach eigenen Angaben vom Medientag seines Teams als Leader fü

13.12.2025Van der Heijden in Kortrijk mit lupenreinem Start-Ziel-Sieg

(rsn) – Aus den Startblöcken kam sie beim Exact Cross in Kortrijk als Beste, ins Ziel kam sie als Erste – und auch zwischendrin hat Inge van der Heijden (Crelan – Corendon) die Führung keinen

13.12.2025Gee kurz vor Unterschrift bei Lidl - Trek?

(rsn) – Derek Gee-West scheint vor einer Vertragsunterzeichnung bei Lidl – Trek zu stehen. Der Kanadier, der seit seiner Hochzeit im Oktober einen Doppelnamen trägt, wurde zwar am Freitag nicht a

13.12.2025Co-Leader mit vertauschten Rollen

(rsn) – Mads Pedersen und Jonathan Milan gehen 2026 erneut als “Nicht-Klassement“-Doppelspitze bei Lidl – Trek in die Saison. Während der Däne im vergangenen Jahr auf die Tour de France (2.

13.12.2025Trotz Entwicklung wird es “eher schwieriger als leichter“

(rsn) – Zur “Vollkatastrophe“, die Felix Engelhardt (Jayco – AlUla) für einen kurzen Moment nach den ersten Rennen des Jahres befürchtet hatte, wurde die Saison 2025 nicht. Keineswegs. Dass

13.12.2025Nach leiser Kritik bekommt Tudor ein neues Zeitfahrrad

Tudor Pro Cycling war mit dem aktuellen Zeitfahrmaterial seines Sponsors BMC nicht ganz glücklich: Der Markt für reine Zeitfahrräder unter den Hobby-Straßenradsportlern ist verschwindend gering. T

13.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

13.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)