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29.01.2019 | (rsn) - Auch in diesem Jahr stellen wir zu Saisonbeginn alle 18 WorldTour-Teams vor und analysieren die vergangene Saison, die Transferpolitik sowie die Stärken und Schwächen der Aufgebote.
Teil 18: Team Sky
Rückblick 2018: Den wohl wichtigsten Erfolg errang das Team abseits der Straße: Chris Froomes Salbutamolfall blieb ohne Folgen, wenige Tage vor dem Start der Tour de France wurde der Brite nach einer monatelangen Hängepartie von der Welt-Antidopingagentur WADA und dem Radsportweltverband UCI vom Dopingvorwurf freigesprochen. Froome nahm 2018 das Double aus Giro und Tour in Angriff und sicherte sich den Gesamtsieg der Italien-Rundfahrt mit einem spektakulären 80-Kilometer-Soloritt auf der vorletzten Bergetappe über den Colle delle Finestre. Bei der Tour hatte der Titelverteidiger hingegen als Gesamtdritter das Nachsehen – aus Sicht von Sky zum Glück gegen seinen Teamkollegen Geraint Thomas. Der Waliser präsentierte sich in der Form seines Lebens und sicherte sich souverän den Gesamtsieg.
Mit zwei Grand-Tour-Titeln war Sky einmal mehr der Branchenprimus. Zuvor gewann Thomas bereits das Critérium du Dauphiné, Es-Weltmeister Michal Kwiatkowski feierte Gesamtsiege bei Tirreno-Adriatico und der Polen-Rundfahrt. Eine Offenbarung waren die Vorstellungen von Egan Bernal: Der 21-jährige Kolumbianer sicherte sich bei seinem WorldTour-Debüt den Gesamtsieg der Kalifornien-Rundfahrt, beendete die Tour de Romandie auf Platz zwei und avancierte auf Anhieb zu einem der wichtigsten Helfer bei der Tour de France. Nur bei der Vuelta a Espana nahm sich Sky eine Pause, blieb dort ohne nennenswertes Ergebnis.
Die wichtigsten Zu- und Abgänge: Sky investierte einmal mehr in den Nachwuchs, sicherte sich die Dienste des 22-jährigen Italieners Filippo Ganna (UAE - Team Emirates), der im Zeitfahren und für die Klassiker gute Perspektiven bietet, und des ein Jahr jüngeren kolumbianischen Allrounders Jhonatan Narvaez (Quick-Step - Floors). Aufsehen erregte die Verpflichtung von Ivan Sosa. Der Kolumbianer gewann 2018 in den Farben des italienischen Zweitdivisionärs Androni Giocattoli die Burgos-Rundfahrt und gilt mit seinen 21 Jahren neben Egan Bernal als größtes kolumbianisches Talent. Im Sommer meldete zunächst jedoch Trek - Segafredo seine Verpflichtung, ehe ein dubioses Hin und Her mit Beraterwechsel ihn letztendlich doch zu Sky führte. Nach zwei erfolglosen Jahren beim Team UAE kehrte außerdem Ben Swift zurück ins Team.
Mit Sergio Henao verabschiedete sich hingegen nach sieben Jahren ein erfahrener Kletterspezialist und wechselte zu UAE Emirates, die Routiniers Philip Deignan und David López beendeten ihre Karrieren und Lukasz Wisniowski schloss sich Team CCC an. Nach drei Jahren mit gesundheitlichen Problemen und nur vereinzelten Renneinsätzen versucht Benat Intxausti einen Neuanfang beim spanischen Zweitdivisionär Euskadi.
Im Fokus:…steht die Zukunft des Teams. Der Medienkonzern Sky zieht sich nach zehn Jahren Ende 2019 aus dem Radsport zurück, der Strategiewechsel im Konzern begründet sich durch die Übernahme des US-Kommunikationsunternehmens Comcast. Die Betreibergesellschaft Tour Racing Limited sucht damit einen neuen Geldgeber. Zwar mag das Team aufgrund der Erfolge für neue Sponsoren attraktiv sein, ein Handicap ist jedoch das Preisschild: Aktuell operiert das Team mit dem deutlich größten Budget im Sport (ca. 35 Millionen Euro jährlich) – eine Größenordnung, die viele potenzielle Finanziers abschrecken dürfte. Team-Manager Dave Brailsford wird deshalb für einen eventuellen Fortbestand des Rennstalls finanzielle Abstriche machen müssen.
Wie immer tauchten schnell erste Gerüchte auf, Interesse soll bereits aus China und von einem amerikanischen Millionär gegeben haben. Allerdings ist davon auszugehen, dass sich der Überlebenskampf des Teams hinziehen wird – Ende offen. Sollte das Unterfangen misslingen, steht dem Sport eine turbulente Transferphase zur Saison 2020 bevor, etliche große Namen würden auf de Markt sein.
Der überraschende Rückzug des Sponsors zeigt einmal mehr, dass selbst für die großen Teams langfristige Planungen im Radsport nur schwer möglich sind. Mit Egan Bernal verlängerte Sky erst vergangene Saison für fünf (!) Jahre bis Ende 2023, was sportlich nun ohne Wert sein könnte. 2019 bekommt der 22-jährige Kolumbianer nach starker Vorsaison beim Giro d‘Italia seine erste Chance, bei einer Grand Tour auf Gesamtwertung zu fahren. Setzt Bernal seine Vorstellungen aus 2018 fort, ist ihm dabei alles zuzutrauen.
Aufgepasst auf … Pavel Sivakov. 2017 räumte der Russe im U23-Bereich mit Gesamtsiegen beim U23-Giro d’Italia, der Ronde de I’Isard und dem Giro della Valle d'Aosta groß ab und bekam als vielgepriesenes Talent den Profikontrakt im Team Sky. Seine erste Saison stand jedoch unter einem unglücklichen Stern. Sivakov, in Italien geboren und in Frankreich aufgewachsen, setzte zunächst eine Knieverletzung außer Gefecht, später störte eine Knöchelentzündung seine Vorbereitung auf die Vuelta a Espana, und in Spanien selber zwangen ihn Sturzfolgen zum vorzeitigen Ende. Seine wahre Klasse blitzte nur bei der Tour de Suisse kurz auf. Der 21-Jährige beendete die Rundfahrt als 14. in der Gesamtwertung und zeigte eine starke Leistung im abschließenden Zeitfahren (Platz sechs). Sivakov hat alle Anlagen für einen guten Rundfahrer, wird 2019 seine Fähigkeiten zunächst aber als wichtiger Support von Teamkollege Bernal beim Giro einsetzen. Mit weniger Pech als 2018 dürfte Sivakov aber auch in eigener Sache sein Potenzial bei Etappenrennen weiter bestätigen.
Ausblick 2019: Die Suche nach neuen Geldgebern wird die Saison von Sky dominieren, sportlich dürfte das Team indes nicht minder erfolgreich abschneiden als in den Jahren zuvor. Der Schwerpunkt liegt einmal mehr auf den Grand-Tour-Ambitionen. Bernal scheint einer der kommenden großen Rundfahrer zu werden, 2019 bekommt er seine erste Bewährungschance als Kapitän beim Giro. Seine Helferriege wird dabei standardgemäß erstklassig sein, allerdings gilt das auch für die Konkurrenz mit Tom Dumoulin, Simon Yates oder Primoz Roglic – ein Platz auf dem Podium scheint dennoch realistisch. Zuletzt hielten sich allerdings hartnäckig die Gerüchte, dass auch Toursieger Thomas am Giro teilnehmen könnte.
Wahrscheinlicher ist jedoch sein Fokus als Titelverteidiger auf die Tour de France, wobei sich zeigen muss, ob Thomas noch einmal seine herausragende Form des Vorjahres abrufen kann. In Frankreich fährt Sky erneut eine Doppelstrategie mit Froome und Thomas als Doppelspitze – angesichts der aktuell deutlich stärkeren Fokussierung vieler Klassementfahrer auf den Giro scheint Sky aktuell bei der Tour allerdings nur einer überschaubaren Konkurrenz ausgesetzt. Ohne die Doppelbelastungen mit Giro wie 2018 dürfte Froome in Topform und mit der üblichen Sky-Übermacht in den Bergen damit beste Aussichten auf einen fünften Tour-Sieg haben – womit die Saison durch den siebten Tour-Titel in zehn Jahren bereits ein großer Erfolg wäre.
Bei der Spanien-Rundfahrt gehört Sky ebenfalls zu den Sieganwärtern, unabhängig davon, in welcher personellen Konstellation - Froome, Thomas, Bernal - das Team startet. Siege soll es auch bei den Klassikern geben, Kwiatkowski und Gianni Moscon führen hier das Aufgebot an. Ob Mailand-Sanremo, Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix, Lüttich-Bastogne-Lüttich oder Il Lombardia – dem Duo ist vom Potenzial her bei jedem der fünf Monumente ein Sieg zuzutrauen.
Ian Stannard, Luke Rowe und Dylan van Baarle sind weitere aussichtsreiche Akteure für die belgischen Klassiker, Diego Rosa und Wout Poels dürften bei einigen hügeligeren Eintagesrennen oder Etappenrennen nicht chancenlos sein. Außerdem lohnt sich der Blick auf die Entwicklung der jungen Sprinter Chris Lawless und Kristoffer Halvorsen sowie von Sivakov oder Neuzugang Sosa.
Eckdaten:
Land: Großbritannien
Hauptsponsor: Sky
Branche: Medienkonzern
Teamchef: David Brailsford
Radausrüster: Pinarello
Fahrer im Aufgebot: 29
WorldTour-Ranking 2018: 2
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