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21.01.2019 |
(rsn) - Auch in diesem Jahr stellen wir zu Saisonbeginn alle 18 WorldTour-Teams vor und analysieren die vergangene Saison, die Transferpolitik sowie die Stärken und Schwächen der Aufgebote.
Teil 6: Ag2r La Mondiale
Rückblick 2018: Als Saisonhöhepunkt steht für die französische Equipe alljährlich die Tour de France an. 2018 blieb in Ausbeute allerdings deutlich hinter der aus den zum Teil sehr erfolgreichen Vorjahren zurück: Der Rennstall von Manager Vincent Lavenu holte erstmals seit 2012 keinen Etappensieg, auch Romain Bardet fehlte es an der Form, nach zwei Jahren auf dem Podium reichte es 2018 nur zu Platz sechs im Schlussklassement. Der Sieg in der Nachwuchswertung durch Pierre Latour war letztlich nur ein kleines Trostpflaster.
Immerhin setzte sich der Aufschwung der vergangenen Jahre bei den Frühjahrsklassikern fort: Der Belgier Oliver Naesen sammelte Top-Ten-Platzierungen beim E3 Harelbeke (4.) und Gent-Wevelgem (6.), Bardet wurde Zweiter bei Strade Bianche und Silvan Dillier beendete Paris-Roubaix sensationell ebenfalls auf Platz zwei. Die Sieg-Bilanz dagegen fiel ausgesprochen dünn aus. 15 Erfolge verbuchte Ag2r in der abgelaufenen Saison, der Großteil davon wurde bei kleineren französischen Rennen eingefahren. Die ersten WorldTour-Siege gab es erst im Spätsommer zu feiern: Naesen gewann die Bretagne Classic, Tony Gallopin und Alexandre Geniez legten mit zwei Etappensiegen bei der Spanien-Rundfahrt nach.
Die wichtigsten Zu- und Abgänge: Die Aktivitäten auf dem Transfermarkt sind schnell abgehandelt. Mit Jan Bakelants (Sunweb), Cyril Gautier (Vital Concept), Matteo Montaguti (Androni Giocattoli) und Rudy Barbier (Israel Cycling Academy) verließen das Team vier Routiniers, die in der vergangenen Saison allerdings unauffällig blieben.
Mit Larry Warbasse (Aqua Blue) wurde ein vielseitiger Profi verpflichtet, der sowohl als Helfer als auch als Etappenjäger der Equipe einen Mehrwert bieten kann. Dazu kommen der junge Dorian Godon (Cofidis) sowie die drei Neoprofis Aurélien Paret-Peintre, Geoffrey Bouchard und Jaako Hänninen – letzterer verdiente sich seinen Profivertrag mit der Bronzemedaille im U23-Rennen der Straßen-WM in Innsbruck.
Im Fokus: Romain Bardet ist längst etabliert im Kreis der weltbesten Rundfahrer. Für einen Franzosen kann das allerdings auch eine große Bürde sein, trägt er doch seit einigen Jahren die Last an Hoffnungen einer ganzen Sportnation, er könne der erste französische Tour-Sieger seit Bernard Hinault 1985 werden. Aber kann Bardet wirklich die Tour gewinnen? Zweifel sind angebracht. Seine Zeitfahrschwäche ist nach wie vor eklatant, außerdem fehlt es ihm gelegentlich über drei Wochen an Stabilität auf allerhöchstem Niveau – im Gegensatz zu Konkurrenten wie Chris Froome, Tom Dumoulin oder Vincenzo Nibali. Der Fokus auf die Tour vernebelt darüber hinaus den Blick auf Bardets restliches Palmarès, abgesehen von drei Etappenerfolgen bei der Tour fehlen dem 28-Jährigen bedeutende Siege. Dass sich in dieser Hinsicht ein stärkerer Fokus auf Eintagesrennen lohnen kann, haben seine Auftritte 2018 bei der Strade Bianche und der Weltmeisterschaft gezeigt.
Aufgepasst auf … Nico Denz. Dem 24-Jährigen gelang 2018 wohl der internationale Durchbruch. Im Mai verpasste Denz im Zweiersprint gegen Matej Mohoric knapp einen Etappensieg beim Giro d’Italia, sein erster Profisieg gelang dann später im Oktober bei der Tour de Vendée. Dazu kam eine starke Vorstellung bei der Europameisterschaft in Glasgow, als ihn allerdings ein Sturz im Straßenrennen um die Medaillenchancen brachte. Denz hat sich mit einer offensiven Fahrweise nachhaltig ins Gedächtnis gerufen und es bleibt spannend zu verfolgen, wie seine weitere Entwicklung verläuft. Mit seinen Auftritten 2018 dürfte er sich künftig mehr Freiheiten im Team erarbeitet haben. In der neuen Saison wird Denz zunächst bei der Klassikerkampagne als Helfer von Naesen zum Einsatz kommen, ehe im Mai womöglich eine Rückkehr zum Giro ansteht.
Ausblick 2019: Die Saison der französischen Equipe steht und fällt mit dem Auftritt bei der Tour de France. Gelingt dort mindestens ein Etappensieg und liefert Bardet in Frankreich eine couragierte Vorstellung ab, die bestenfalls auf dem Podium endet, wird die Teamleitung zufrieden sein. In der Mannschaft steckt mittlerweile aber weitaus mehr. Insbesondere bei den Klassikern hat sich Ag2r in den vergangenen Jahren dank cleverer Transfers und guter Leistungen ein ordentliches Standing erarbeitet. Naesen gilt inzwischen als einer der großen Protagonisten auf dem Pavé, Stijn Vandenbergh verfügt dort über große Erfahrung und auch Dillier sowie Benoît Cosnefroy haben ihre Eignung nicht nur für das Kopfsteinpflaster nachgewiesen.
Mit Alexis Gougeard, dem neuen Jacky Durand des französischen Radsports, Gallopin und Denz besitzt Ag2r zudem eine Reihe von Allroundern, mit denen auf fast jedem Terrain zu rechnen ist. Auf hügeligem bis bergigem Terrain sind Alexis Vuillermoz und Alexandre Geniez zu beachten, der Schweizer Mathias Frank bekommt eventuell im Frühjahr bei dem einen oder anderen Etappenrennen seine eigene Chance, dürfte in erster Linie aber als wichtiger Support für Bardet die Saison bestreiten.
Einige vielversprechende Resultate lieferte 2018 der junge Sprinter Clément Venturini, auch auf ihn wird also zu achten sein. Interessant wird die Personalie Pierre Latour. Der junge Franzose besitzt großes Potenzial als Rundfahrer, spielte bei der Tour de France bislang aber stets die zweite Geige hinter Bardet. Bleibt sich Ag2r auch für 2019 treu und schickt seine Besten zur Tour oder bekommt Latour eine Bewährungschance, etwa als Kapitän beim Giro d’Italia? Für seinen Entwicklungsprozess wäre das nicht die schlechteste Option.
Ag2r mangelte es in den vergangenen Jahren bei allen Spitzenergebnissen aber an großen Siegen. Ein solcher gelang, abgesehen von Etappenerfolgen, nur Carlos Betancur (mittlerweile bei Movistar) mit dem Gesamtsieg 2014 bei Paris-Nizza. Aus Teamsicht wird es Zeit, daran etwas zu ändern. Potenzial ist vorhanden.
Eckdaten:
Land: Frankreich
Hauptsponsor: AG2R La Mondiale
Branche: Versicherungen
Manager: Vincent Lavenu
Radausrüster: Merckx
WorldTour-Platzierung 2018: 11
Fahrer im Aufgebot: 29
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