Damit Roglic aufs Tour-Podium kommt

LottoNL - Jumbo hilft Sky aus der Klemme

Von Joachim Logisch aus Laruns

Foto zu dem Text "LottoNL - Jumbo hilft Sky aus der Klemme"
Die Favoriten im Kampf um den Tour-Sieg auf der 19. Etappe | Foto: Cor Vos

28.07.2018  |  (rsn) - Attacken, Konter, Fluchtversuche und große Namen in Schwierigkeiten. Die 19. Etappe der 105. Tour de France war eine zum Zungeschnalzen. Sie war so spannend, weil auf Teufel komm raus attackiert und nach Jahren endlich mal wieder das Team Sky herausgefordert wurde.

Zu viele Interessen stießen an diesem Tag aufeinander, als dass die Briten sie mit ihrem schwächelnden nominellen Kapitän Chris Froome noch kontrollieren konnten.

Da war zum Beispiel das Team Katusha-Alpecin, das bisher vom Pech verfolgt war und Tony Martin und Robert Kiserlovski (nach Stürzen) sowie die Sprinter Marcel Kittel und Rick Zabel (beide Karenzzeit verpasst) verloren hatte. Die Mannschaft sorgte für die erste Überraschung des Tages, als sie sich vor das Feld spannte.

Der Grund war, dass Ilnur Zakarin den Sprung in die Spitzengruppe um Julian Alaphilippe (Quick-Step Floors) verpasst hatte, wie Sportdirektor Dmitry Konychev später gestand. "Ilnur hatte erklärt, dass er sich gut fühle, deshalb versuchten wir, ihn wieder in Position zu bringen.“ Nils Politt und Pavel Kochetkov erhöhten das Tempo dermaßen, dass sich das Hauptfeld zu zerlegen begann. Konychev: "Nach 100 Kilometern ist das Rennen explodiert. Das war genau das, was wir wollten!“

Das Rennen explodierte

Als Zakarin am Tourmalet attackierte, folgten Mikel Landa (Movistar) und Romain Bardet (AG2R), kurze Zeit später auch Rafal Majka (Bora-hansgrohe) - vier Topfahrer, die noch etwas gutzumachen hatten:

Landa versuchte, die bislang durchwachsene Bilanz der Movistars noch aufzupolieren. Der Spanier fuhr mit der Ausreißergruppe so viel Vorsprung heraus, dass er 63 Kilometer vor dem Ziel sogar Gesamtzweiter war. Am Ende wurde er aber nach vielen Attacken vom Spitzenquartett der Gesamtwertung wieder eingefangen. Letztlich belegte er Platz sieben und verbesserte sich in der Gesamtwertung vom siebten auf den sechsten Platz. "Ich bin glücklich mit meiner Tour, sie hatte ein bisschen von allem, gute und schlechte Tage. Heute hat es viel Spaß gemacht. Es war wie ein letzter Walzer. Es war ein guter Tag“, erklärte der 28-Jährige gegenüber der RAI.

Bardet wollte sich mit dem Etappensieg wenigstens ein wenig dafür entschädigen, dass der Traum vom Toursieg in den letzten Woche geplatzt war. "Am Tourmalet spürte ich, das ist eine Etappe, in der ich selbst etwas tun muss und ich habe es probiert“, begründete der Franzose den Angriff so weit vor dem Ziel. Zunächst sah es mit Zakarin, Landa und Majka sehr gut aus - der Maximalvorsprung auf die Verfolgergruppe betrug immerhin 3:30 Minuten. "Ich habe heute wirklich bis zum Ende der Etappe daran geglaubt, dass ich gewinnen kann. Ich habe bis zum Ende gekämpft und bin deshalb enttäuscht. Aber man braucht auch Glück und das hat heute ein wenig gefehlt“, sagte er traurig, nach dem er auf Platz drei eingekommen war.

Da Landa als virtueller Gesamtzweiter aber die Pläne von LottoNL-Jumbo durchkreuzte, Roglic noch auf dem Podium in Paris zu platzieren, übernahmen nun die Niederländer das Zepter und lösten Sky in der Nachführarbeit ab. Mit einer fast unmenschlich anmutenden Willensleistung verkürzte vornehmlich Robert Gesink den Abstand zur Spitze auf nur noch 1:35 Minuten, bis er völlig entkräftet ausscherte.

Froome nur noch Helfer

Nun setzte sich Steven Kruijswijk (LottoNL Jumbo) 35 Kilometer vor dem Ziel aus der Spitzengruppe nach vorne ab. Das war das Signal zu einem erbarmungslosen Kampf die 16 Kilometer Anstieg zum Col d’Aubisque hinauf. Denn nun attackierte Dumoulin erstmals, Thomas und Roglic folgten. Titelverteidiger Froome fiel zum ersten Mal zurück. Das war für den Briten das Zeichen, dass er in dem Kampf um den Toursieg nicht mehr würde eingreifen können. Froome kämpfte sich zwar immer wieder vor, aber nun stellte er seine Kräfte Thomas zur Verfügung.

Dumoulin und Roglic versuchten mehrmals abwechselnd, ihre Verfolger abzuschütteln, die aber immer wieder aufschließen konnten. So überquerte Majka, der ebenfalls immer wieder versucht hatte, sich aus der Gruppe zu lösen, als erster die Kuppe des Passes.

"Ich habe mich gut gefühlt und wollte unbedingt die Etappe für meine Kollegen gewinnen. Sie haben so viel für mich diese Woche gearbeitet. Wenn du es nicht probierst, dann kannst du auch nicht gewinnen“, sagte er später bei Eurosport.

Roglic gewinnt die Etappe in der Abfahrt

In der rasenden Abfahrt konnte sich schließlich Roglic (im Windschatten des TV-Motorrads?) absetzen und seinen zweiten Tour-Etappensieg einfahren. "Ich bin wirklich glücklich. Das ist verrückt, aber ein sehr angenehmes Gefühl. Ich hatte heute richtig gute Beine und habe mich irgendwann gefragt: warum benutzt du sie nicht? Also habe ich mehrmals attackiert. Auf der Abfahrt bin ich endlich weggekommen“, freute sich der Slowene gegenüber Eurosport, um gleich weiter an die heutige Etappe zu denken: "Das Zeitfahren ist für alle gleich, wir starten bei null...".

Viel wichtiger aber, dass der Plan von LottoNL-Jumbo gelang, ihn zunächst auf dem Podium zu platzieren, was seinen Teamkollegen Robert Wagner zum Tweet animierte: "Der Adler Roglic ist noch nicht gelandet, er fliegt noch...morgen wieder im Einzelzeitfahren."

Obwohl die Angriffe der anderen Dumoulin in die Karten spielten, weil sie das Team Sky ans Limit brachten, konnte der Sunweb-Kapitän nicht davon profitieren. Einen Vorwurf muss er sich aber nicht machen. Denn er hatte mit drei Attacken alles probiert. In der abschließenden Abfahrt vom Col d’Aubisque ging der Niederländer nicht mehr ins volle Risiko.

Er wusste, dass er Thomas auf keinen Fall mehr zwei Minuten würde abnehmen können. Anerkennend resümierte er auf der Team-Homepage: "Primoz war heute der Stärkste. Er flog bergab. Als sich die Lücke öffnete, konnte ich nicht näherkommen. Ich war mir nicht sicher, ob es mir so viel besser ging. Froome half etwas, aber das war's. Morgen wird ein harter Tag. Jeder ist jetzt super müde, also werden wir sehen. "

Im Kampf geht es für alle wohl nur noch um den Etappenerfolg. Das Gelbe Trikot bleibt, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, bei Geraint Thomas, der nicht angreifen musste. Deshalb orientierte es sich an seinem härtesten Verfolger Dumoulin. "Es war klar, dass er es versuchen würde. Aber wir hatten alles gut unter Kontrolle, meine Teamkollegen haben wieder sehr gut gearbeitet. Ich bin jetzt ein gutes Stück näher am Toursieg dran. Aber ich muss wachsam bleiben und den Vorsprung im Zeitfahren verteidigen“, sagte er gegenüber letour.fr und versuchte dabei, sein Team in Schutz zu nehmen.

Denn wer weiß, wie es ausgegangen wäre, wenn LottoNL Jumbo nicht in die Nachführarbeit eingestiegen wäre und ihnen damit aus der Klemme geholfen hätte!

Mehr Informationen zu diesem Thema

06.07.2022Ausgerechnet in Roubaix platzte Degenkolbs Tour-Knoten

(rsn) – Vor vier Jahren mussten die Starter der Tour de France letztmals Kopfsteinpflaster-Passagen unter die Räder nehmen. Am . Juli 2018 holte sich Degenkolb in Roubaix nach 156,6 Kilometern inkl

25.07.2020Video-Rückblick: Horror-Sturz endet für Gilbert glimpflich

(rsn) - Auf der 16. Etappe der Tour de France mussten die Zuschauer das Schlimmste für Philipp Gilbert befürchten. In der Abfahrt vom Portet d´Aspet versteuerte der Belgier sich und flog kopfüber

12.11.2018Alpe d´Huez-Sturz: Nibali drei Stunden von Polizei befragt

(rsn) – Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) ist am Samstag in Modane von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener im Sch

31.10.2018Thomas war bei der Tour wegen Kapitänsfrage frustriert

(rsn) - Am letzten Tag der diesjährigen 105. Tour de France strahlte Geraint Thomas (Sky) im Gelben Trikot auf den Champs-Elysees. Der Waliser feierte den größten Erfolg seiner Karriere und setzte

16.10.2018Nibali wird am 10. November von französischer Polizei befragt

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird am 10. November in Grenoble von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener

10.10.2018Thomas´ Tour-Trophäe in Birmingham gestohlen

(rsn) - In den vergangenen Jahren kam es immer wieder vor, dass Radsport-Mannschaften von Fahrraddieben heimgesucht wurden. Nun meldet Team Sky den Verlust der Tour-de-France-Auszeichnung von Geraint

03.08.2018“Zwischen Froome und Thomas gab es nie einen Disput“

(rsn) - Seit dem vergangenen Sonntag schon ist die auch 105. Ausgabe der Tour de France wieder Geschichte. In der neuen Ausgabe von Radio Tour – dem Radsportpodcast in Kooperation mit radsport-news.

03.08.2018Nach Tour-Aus fordert Sieberg “Überdenken der Karenzzeit“

(rsn) – Nachdem er im Vorjahr wegen eines Magen-Darm-Virus´ erstmals die Tour de France vorzeitig beenden musste, wollte Marcel Sieberg (Lotto Soudal) bei der 105. Austragung unbedingt wieder Paris

02.08.2018Lappartient: Funkverbot und 6-Mann-Teams gegen Sky-Dominanz

(rsn) - Auf wenig Gegenliebe - um es vorsichtig auszudrücken - ist UCI-Präsident David Lappartient bei den Profis mit seinen jüngst geäußerten Ideen gestoßen, wie man der vor allem in den große

02.08.2018“Ich fand alle Bergpässe schön“

(rsn) – Mit Michael Gogl (Trek-Segafredo), Gregor Mühlberger und Lukas Pöstlberger (beide Bora-hansgrohe) nahmen drei Österreicher an der 105. Tour de France teil. Das rot-weiß-rote Trio erreich

01.08.2018Zabel will sein Selbstvertrauen wieder aufpolieren

(rsn) – Der Frust über das verfrühte Tour-Aus sitzt tief: Rick Zabel (Katusha-Alpecin).musste auf der Königsetappe nach Alpe d`Huez im Kampf gegen das Zeitlimit kapitulieren und in den Besenwagen

01.08.2018Politt: “Wir haben uns nochmal richtig zusammengerissen“

(rsn) – Nach drei harten Wochen bei der Tour de France sehnt sich Nils Politt (Katusha-Alpecin) nach Erholung. Die ist derzeit aber nur bedingt möglich. Denn keine 24 Stunden nach dem Tour-Ende in

Weitere Radsportnachrichten

15.11.2025Osborne wird in Abu Dhabi zum dritten Mal Esports-Weltmeister

(rsn) - Jason Osborne ist zum dritten Mal Esports-Weltmeister geworden. Der 31-Jährige Titelverteidiger holte sich in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) nach einem packenden Kampf letztlich sou

15.11.2025Klassikerqualitäten in den Dienst des Kollektivs gestellt

(rsn) – Vor seinem sechsten Jahr als Berufsradfahrer wechselte Johan Jacobs erstmals die Teamfarben: Vom spanischen Rennstall Movistar ging der Schweizer zur französischen Equipe Groupama – FDJ.

15.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

15.11.2025Nieuwenhuis auch durch Stürze und defekten Schuh nicht zu stoppen

(rsn) – Nach Siegen beim Exact Cross in Heerde und bei der X2O Badkamers Trofee in Lokeren hat Joris Nieuwenhuis (Ridley) auch in der Superprestige zugeschlagen. In Merksplas war der Niederländer b

15.11.2025Brand gewinnt auch zweites Superprestige-Rennen der Woche

(rsn) – Vier Tage nach ihrem Sieg bei der Superprestige in Niel hat Lucinda Brand (Baloise – Glowy Lions) in der Crossserie erneut zugeschlagen. In Merksplas reichte ihr eine Attacke zur Rennmitte

15.11.2025Diabetiker-Team Novo Nordisk kann langfristig planen

(rsn) – Das US-Team Novo Nordisk wird auch in den kommenden Jahren im Peloton vertreten sein. Wie der Zweitdivisionär meldete, sei der Vertrag mit dem Sponsor Novo Nordisk, der ursprünglich Ende 2

15.11.2025Brand peilt am Wochenende denkwürdiges Cross-Jubiläum an

(rsn) – Lucinda Brand (Baloise Glowi Lions) geht an diesem Wochenende auf Rekordjagd. Die 36-jährige Niederländerin will ihre imponierende Serie von 48 Podiumsplätzen in Serie ausbauen. Sollte si

15.11.2025Pogacar entscheidet sich im Training fürs EM-Trikot

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE – Team Emirates – XRG) ist aktueller Welt- und Europameister. Da das Regenbogentrikot höherwertiger als das des kontinentalen Titelträgers, wird es Pogacar in den Re

15.11.2025Kein neuer Vertrag mehr: Froome vor dem Karriereende?

(rsn) – Für den viermaligen Tour-de-France-Sieger Chris Froome deutet sich das Karriereende an. Wie sein Team Israel - Premier Tech auf Instagram bekanntgab, wird der 40-jährige Brite wie auch die

15.11.2025Schreiber gibt beim X2O-Cross in Hamme ihr Saisondebüt

(rsn) – Aufgrund mehrere Erkrankungen geriet Marie Schreibers Vorbereitung auf die Cross-Saison 2025/26 durcheinander. Die U23-Vizeweltmeisterin zog sich bei der Tour de l´Avenir Femmes eine Corona

15.11.2025Mit internationalen Erfolgen im Gepäck zum neuen Team

(rsn) - Für Dominik Röber (Benotti - Berthold) brachte die Saison 2025 seine erfolgreichsten internationalen Ergebnisse. Mit Platz zwei im Gesamtklassement und dem dritten Rang auf der letzten Etap

14.11.2025Afrikanisches Team Amani: Ziel ist die Tour de France Femmes

(rsn) – Nachdem das ruandische Amani-Männerteam bereits seit Anfang 2025 mit einer Kontinental-Lizenz im Feld vertreten ist, wird ab der kommenden Saison auch ein Frauenteam in der dritten Division

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)