"Fühle mich in erster Linie als Bretone"

Warren Barguil: Rückkehr zu den Wurzeln

Von David Geisbüsch aus Marcolès

Foto zu dem Text "Warren Barguil: Rückkehr zu den Wurzeln"
Warren Barguil (re.) beim Kritierum in Marcolès | Foto: David Geisbüsch

03.08.2017  |  MARCOLÈS (rsn) - 583 Einwohner zählt das pittoreske Dorf Marcolès in der Region Auvergne-Rhone-Alpes. Eigentlich dreht sich hier im Département Cantal alles um die Käseproduktion. Zu den Klassikern zählen der "Cantal“, der "Le bleu d’Auvergne“ ebenso wie der salzige "Salers“, der von der gleichnamigen Rinderrasse stammt.

Doch einmal im Jahr ist in Marcolès alles anders, dann herrscht in der Gemeinde 27 Kilometer südwestlich von Aurillac Ausnahmezustand - erst recht im Jubiläumsjahr am gestrigen Abend. Denn zum 20. Mal stieg dort das "Critérium Cycliste Professionnel Marcolès“. Mit dabei die - aus französischer Sicht - beiden Protagonisten der Tour de France 2017: Der drittplatzierte Romain Bardet (AG2R) und der Gewinner des Bergtrikots, Warren Barguil (Sunweb).

Und obwohl die Ortschaft Brioude, die Heimat Bardets, quasi um die Ecke liegt, stahl ihm gestern Abend der Bretone Barguil fast ein wenig die Show. Als um 19.30 Uhr der Startschuss fiel, war sein Wechsel zur kommenden Saison vom deutschen Team Sunweb zur französischen Equipe Fortuneo-Oscaro noch tagesaktuell. Dass Barguil noch einen gültigen Vertrag bei Sunweb für die Saison 2018 besitzt, fiel dabei nicht ins Gewicht.

Der Kletterspezialist fand bereits während der Tour de France, als in der finalen Phase seine Wechselgedanken bereits öffentlich in der Tageszeitung "L’Equipe“ diskutiert wurden, nur lobende Worte für sein Team: "Sunweb ist eine Mannschaft mit echten Freundschaften und die beste Schule des Radsports, die ich kenne.“

In Zukunft wollen sie dort aber die Karte Tom Dumoulin spielen. Und so ließ ihn Sunweb-Manager Iwan Spekenbrink vorzeitig aus dem Vertrag. Ein sauberes Ende einer Zusammenarbeit, von der - rückblickend - beide Seiten profitiert haben. Heimweh soll ihn, Barguil, geplagt haben, daraus macht er auch keinen Hehl.

Und wer bislang in dem 25-Jährigen nur einen Radprofi mit außergewöhnlichen Fähigkeiten am Berg sah, der wird seine Meinung revidieren müssen, denn Barguil zeigt sich als gereifte Persönlichkeit: "Ich fühle mich in erster Linie als Bretone, dann als Franzose. Die Identität liegt mir im Blut, das ist mein Stolz. Wir haben hier die gleichen Eigenschaften wie die Korsen, aber auch eine Radsport-Tradition. Ich habe versucht, in Nizza zu leben, weil mir jeder sagte, dort könne ich mich im Winter perfekt vorbereiten. Ich habe es aber nicht gemocht. Nicht, weil es dort nicht schön war, aber ich bevorzuge die Bretagne, dort fühle ich mich nah bei mir selbst.“ Ein echter Bretone eben.

Barguil wirkt geerdet und bereit, den nächsten Schritt in seiner Karriere zu gehen. Ein Wechsel zum Team Sky als Nachfolger des dort wohl scheidenden Edelhelfers Mikel Landa kam für ihn nicht in Frage. Gegenüber den Kollegen der "L’Equipe“ sprach er aus, was viele Radsport-Fans vermissen: "Ich habe mich in der Tour de France wiedergefunden und an Zeiten erinnert, in denen es nicht auf die Wattzahlen ankam, die du treten kannst. Ich bin ein Gefühlsfahrer. Die Zuschauer mögen die Rennen nicht, die von Beginn an kalkuliert verlaufen. Ich wollte ihnen die Attacken bieten.“

Bei Sky wäre er mit dieser Einstellung gewiss fehl am Platz gewesen. Ob er den Froomes, Quintanas und Bardets auch in Zukunft bei den dreiwöchigen Landesrundfahrten die Stirn bieten kann, muss er erst noch unter Beweis stellen. Für Barguil ist es jedenfalls eine Rückkehr zu den eigenen Wurzeln, sechs Jahre, nachdem er sich als Stagaire beim Team Bretagne-Schuller seine ersten Sporen verdiente.

Es folgten die Jahre beim Rennstall von Manager Iwan Spekenbrink. Nun heuert Barguil also erstmals bei einem französischen Team als Profi an. Dann liegt die Verantwortung allein auf seinen Schultern, doch Barguil scheint bereit, die Herausforderung anzunehmen. Übrigens: Das Criterium in Marcolès entschied Bardet im Sprint vor Barguil für sich. Platz drei ging an Nicolas Roche (BMC). Bereits am Abend zuvor in Castillon-la-Bataille (Gironde) war Barguil im Sprint Bardet unterlegen und musste sich mit Platz zwei begnügen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.05.2022Medien: Cavendish-Management spricht mit mehreren Teams

(rsn) - Mark Cavendish wird auch im kommenden Jahr noch dem Profi-Peloton angehören – jedenfalls wenn es nach dem Briten geht. Wie das belgisch-niederländische Portal Wielerflits aus mehreren Quel

17.03.2022Medien: Jumbo - Visma und EF an Nils Van der Poel interessiert

(rsn) – Einen großen Namen hat er im Radsport bereits, doch das ist eher Zufall: Der Schwede Nils Van der Poel – weder verwandt noch verschwägert mit Adrie, Mathieu oder David van der Poel – k

14.02.2022Diese WorldTour-Profis sind für 2022 noch ohne Vertrag

(rsn) – Fast alle Radprofis der ersten Division haben für die Saison 2022 Planungssicherheit, der Transfermarkt hat längst wieder einen Gang runtergeschaltet. Doch nicht bei allen WorldTour-Fahre

03.02.2022Qhubeka macht als Kontinental-Team weiter

(rsn) - Die Geschichte des Qhubeka-Profiteams ist mit der Auflösung des Rennstalls an ihr vorläufiges Ende gelangt. Doch Gründer und Manager Douglas Ryder bleibt dem Radsport treu und schickt in de

30.01.2022Rebellin: Nach 30 Profijahren ist am Saisonende Schluss

(rsn) - Davide Rebellin steht vor seiner 30. Profisaison, die der mittlerweile 50 Jahre alte Italiener für das italienische Kontinental-Team Work Service Vitalcare Vega bestreiten wird. Ende des Jahr

16.01.2022Bike Aid will Mulubrhan zum WorldTour-Vertrag verhelfen

(rsn) - Gemeinsam mit seinem Landsmann Biniam Ghirmay (Intermarché - Wanty - Gobert) zählt der Eritreer Henok Mulubhran zu den talentiertesten Fahrern des afrikanischen Kontinents. Folgerichtig hatt

31.12.2021Bike Aid holt türkischen U23-Meister Dogan, Pfingsten hört auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des (Profi)-Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder

30.12.2021Richeze noch ohne Team und vor dem Karriereende

(rsn) - Nachdem er von seinem UAE Team Emirates keinen Vertrag über 2021 hinaus erhalten hat, wird Maximiliano Richeze wahrscheinlich seine Karriere beenden. Das kündigte der 38-jährige Argentinier

30.12.2021Meisen 2022 im Trikot des Stevens Racing Team

(rsn) - Nach insgesamt fünf Jahren beim belgischen Team Alpecin - Fenix, das bis Ende 2019 unter dem Namen Corendon - Circus unterwegs war, wird Marcel Meisen seine Karriere im Trikot des deutschen S

24.12.2021Vaughters: “Ein Dopingsünder erkennt einen anderen“

(rsn) – Mit seinen beiden Parforceritten beim Critérium du Dauphiné sorgte Mark Padun (Bahrain Victorious) für Schlagzeilen im Vorfeld der Tour de France. Viele bezweifelten die Leistungen des 25

22.12.2021Jumbo - Visma baut vier weitere Jahre auf Roglic als Säule

(rsn) - Nach seiner vorzeitigen Vertragsverlängerung mit Jumbo - Visma bis Ende 2025 steht Primoz Roglic vor vier weiteren Jahren beim niederländischen Rennstall, für den er seit 2016 nicht weniger

22.12.2021Hamilton: “Hier sind alle glücklich“

(rsn) – Während in den vergangenen Jahren zahlreiche Fahrer das Team DSM wegen Differenzen über die Arbeitsweise des Rennstalls verlassen haben, ist Chris Hamilton damit ausgesprochen zufrieden un

Weitere Radsportnachrichten

31.03.2025Wiebes‘ unglaubliche Statistiken: Die Zahlen hinter der “100“

(rsn) – Ihren ersten UCI-Sieg feierte Lorena Wiebes im Jahr 2018. Das war damals im Mai beim Dorpenomloop in Aalburg, einem Rennen, das heute nicht mehr ausgetragen wird. Damals war sie 19 Jahre alt

31.03.2025UCI bestätigt Erweiterung der Grand-Tour-Pelotons auf 23 Teams

(rsn) – Nachdem sich das Professional Cycling Council (PCC) bereits für ein zusätzliches 23. Team bei den Grand Tours ausgesprochen hatte, hat nun auch das UCI Management Komitee die Entscheidung

31.03.2025Kool schafft bei Gent-Wevelgem den Befreiungsschlag

(rsn) – Auch wenn die Weltklasse-Sprinterin Charlotte Kool (Picnic – PostNL) beim überlegenen Sieg von Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) bei Gent-Wevelgem (1.UWT) chancenlos aussah, war die 25-

31.03.2025Keßler holt dritten Platz auf Schlussetappe der Olympia´s Tour

(rsn) - Für die Teams Lotto – Kern Haus – PSD Bank und Rembe – rad-net ist mit unterschiedlichen Gefühlen eine insgesamt erfolgreiche Olympia´s Tour zu Ende gegangen und Run & Race - Wibatech

31.03.2025Kooij erleidet Schlüsselbeinbruch bei Gent-Wevelgem

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat sich bei seinem Sturz 72 Kilometer vor dem Ziel bei Gent-Wevelgem (1.UWT) das Schlüsselbein gebrochen. Das bestätigte das niederländische Team vi

31.03.2025Haller fehlte ein halbes PS bei Pedersens Attacke

(rsn) – Durch die immer früheren Attacken der Favoriten bei den belgischen Frühjahresklassikern hat sich die Taktik, über die frühe Ausreißergruppe vor das Rennen zu kommen, in den letzten Jah

31.03.2025Dwars door Vlaanderen im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Dwars door Vlaanderen (1.UWT) ist eines der kürzesten flämischen Eintagesrennen des Frühjahrs. Im vergangenen Jahr etwa betrug die Distanz "nur" 183,7 Kilometer. Für die Fahrer ist das

30.03.2025Pedersen: “Erwartet das nicht immer von mir“

(rsn) – Es war schon eine sehr eindrucksvolle Show, die Mads Pedersen (Lidl – Trek) mit seiner 56 Kilometer langen Soloflucht beim 87. Gent-Wevelgem in Flanders Fields bot. Als wäre nichts weiter

30.03.2025Degenkolb: “Als Mads losfuhr, hatte keiner die Beine“

(rsn) – John Degenkolb (Picnic – PostNL) hat beim 87. Gent-Wevelgem (1.UWT) eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er trotz seiner 36 Jahrebei harten, langen Eintagesrennen immer noch mit der

30.03.2025Clever und stark: Roglic nach Katalonien bereit für den Giro

(rsn) - Primoz Roglic (Red Bull - Bora - hansgrohe) hat mit seinem Gesamtsieg bei der Katalonien-Rundfahrt eindrucksvoll bewiesen, dass er in bestechender Form ist. Der 35-jährige Slowene zeigte nic

30.03.2025Wiebes macht die 100 voll und feiert Titelverteidigung

(rsn) – Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) hat bei der 12. Ausgabe von Gent-Wevelgem in Flanders Fields Women Elite die Konkurrentinnen erwartungsgemäß in den Schatten gestellt und nach 168, 9 K

30.03.2025Ayuso zahlt bei Heim-Niederlage gegen Roglic Lehrgeld

(rsn) - Gleich drei Spanier reihten sich direkt hinter dem Sieger Primoz Roglic (Red Bull - Bora - hansgrohe) in die Ergebnisliste der 104. Katalonien-Rundfahrt ein. Juan Ayuso (UAE - Emirates - XRG),

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine