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26.05.2017 | (rsn) – Tom Dumoulin (Sunweb) hat auf der 19. Etappe des Giro d’Italia über 191 Kilometer von Innichen nach Piancavallo sein Rosa Trikot an Nairo Quintana (Movistar) abgeben müssen. Nach einem turbulenten Tag, an dem der Niederländer bereits nach gut 60 Kilometern abgehängt wurde und lange brauchte, um zurückzukommen, sicherte sich Mikel Landa (Sky) den Etappensieg und rettete damit den Giro für seine gebeutelte Sky-Mannschaft.
Völlig überraschend kam es bereits 125 Kilometer vor dem Ziel auf einer Abfahrt zur ersten Selektion, der unter anderem Dumoulin zum Opfer fiel. Der Träger des Rosa Trikots brauchte gut 30 Kilometer, um wieder den Anschluss an die Gruppe um seine Konkurrenten Quintana und Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) zu schaffen und müsste für die Kraftanstrengung am Schlussanstieg büßen: "Ich hatte vom Start weg schlechte Beine und habe einen Anfängerfehler gemacht, als ich in der Abfahrt zu weit hinten saß. Dann haben Bahrain und Movistar das Feld geteilt und ich saß in der zweiten Gruppe und musste mit meinen schlechten Beinen das Maximum geben, um zur Rennmitte wieder zurückzukommen“, gestand Dumoulin im Ziel seinen Fehler ein.
Am Ende des Tages verlor der 26-Jährige 1:21 Minuten auf Thibaut Pinot (FDJ), 1:09 Minuten auf Quintana und 1:07 Minuten auf Nibali. In der Gesamtwertung führt der Kolumbianer nun mit 38 Sekunden Vorsprung auf Dumoulin, 43 auf Nibali und 53 auf Pinot, der im Finale erneut der stärkste der Favoriten war. Damit liegen vor den beiden letzten Etappe die ersten vier Fahrer innerhalb einer Minute.
Am Schlussanstieg nach Piancavallo verlor Dumoulin früh den Kontakt zur Favoritengruppe, in der Winner Anacona (Movistar) und Franco Pellizotti (Bahrain-Merida) den Löwenanteil der Arbeit für Quintana und Nilbai verrichteten. Doch danke der Hilfe seines Teamkollegen Simon Geschke hielt sich der großgewachsene Sunweb-Kapitän lange gut und verlor erst auf den letzten Kilometern, als Geschke entkräftet ausscheren musste, Sekunde um Sekunde auf Quintana, NIbali & Co.
"Im Finale habe ich versucht, meinen Rückstand zu begrenzen und das ist mir sehr gut gelungen. Mein Team war heute sehr stark, es hat mich mehrmals gerettet. Ich muss mich bei ihm bedanken, denn andernfalls hätte es ein viel schlechterer Tag werden können. Heute hatte ich schlechte Beine, ich hoffe, dass sie morgen besser sein werden“, zeigte sich Dumoulin dennoch zuversichtlich.
Derweil konnte sich Quintana erneut auf sein überragendes Team verlassen, das ihm zurück ins Rosa Trikot verhalf, welches er nach nur einem Tag im Zeitfahren von Montefalco (10. Etappe) an Dumoulin abtreten musste. "Ich habe mich sehr gut gefühlt. Es war eine schwere Etappe, aber dank meines Teams habe ich es geschafft, ins Rosa Trikot zurückzukommen. Das mit dem Vorsprung ist etwas kompliziert, aber wir nehmen es Tag für Tag. Morgen wird ein weiterer schwerer Tag und dann wird das Zeitfahren sehr wichtig. Da werden wir dann um den Sieg spielen“, sagte der Kolumbianer im Ziel zufrieden.
Auch Pinot erwischte erneut einen sehr guten Tag und kann nun sogar noch in den Kampf um den Giro-Sieg eingreifen: "Ich habe mich heute gut gefühlt, ich habe das gleich von Beginn an bemerkt. Morgen ist erneut ein schwerer Tag, dann denken wir an das Zeitfahren“, sagte der Franzose, der im Zeitfahren stärker einzuschätzen ist als Nibali und Quintana.
Den Etappensieg sicherte sich jedoch Bergkönig Landa, der sich nach dem Chaos in der ersten Rennhälfte zusammen mit einer zunächst sechs- und dann 18-köpfigen Spitzengruppe aus dem Staub machte und am Schlussanstieg mit Abstand der Stärkste war – am Ende hatte der Spanier 1:49 Minuten Vorsprung auf Rui Costa (UAE Team Emirates), der zum dritten Mal bei diesem Giro Zweiter wurde.
"Ich hatte einen Teamkollegen (Henao) in der Fluchtgruppe und das war der Schlüssel zu meinem heutigen Sieg. Ich bin sehr glücklich und stolz. Vielleicht ist es nicht das, was wir am Start (des Giro) erwartet haben, aber ich bin sehr stolz“, sagte der überglückliche Landa im Ziel, nachdem er im Verlaufe des Giros bereits zwei Mal Etappenzweiter geworden war.
Die Etappe begann unspektakulär. Früh setzte sich eine 14-köpfige Gruppe um Costa, den Österreicher Gregor Mühlberger (Bora-hansgrohe) und Herrada ab, die sich schnell einen Vorsprung von sechs Minuten erarbeitete. Doch nach gut 60 Kilometern war es schlagartig vorbei mit der Ruhe. Bahrain-Merida und Movistar erhöhten auf der Abfahrt die Schlagzahl und teilten das Feld - Dumoulin, Adam Yates (Orica-Scott), Steven Kruijswijk (LottoNL-JUmbo) und Bauke Mollema (Trek-Segafredo) verpassten diese Selektion und musste noch auf die Verfolgung.
Lange hielt sich das Gerücht, dass attackiert wurde, als das Rosa Trikot anhielt, um seine Notdurf zu verrichten, doch Dumoulin selbst widerlegte diese berichte nach dem Zienleinlauf. "Ich habe selbst einen taktischen Fehler gemacht, indem ich zu weit hinten positioniert war. Movistar hat attackiert, sie hatten heute eine gute Strategie. Nein, es war keine Toilettenpause von mir, ich war einfach schlecht platziert“, betonte 26-Jährige.
Rund 30 Kilometer lang verfolgten die Helfer von Dumoulin, Kruijswijk und Mollema den vorderen Teil des Feldes und das Maglia Rosa konnte froh sein, dass er diese Unterstützung erhielt, denn zeitweise lag er 1:40 Minuten hinter Nibali und Quintana. Doch am zweiten Anstieg des Tages, dem Sella Chihanzutan, lief alles wieder zusammen und Dumoulin konnte erst einmal durchatmen, da im Feld Ruhe einkehrte.
Vorne fand sich nach dem Anstieg eine 18-köpfige Gruppe zusammen, die sich schnell einen Vorsprung von zwölf Minuten erarbeitete. Hier fuhren neben Costa, Pierre Rolland (Cannondale-Drapac), Luis Léon Sanchez (Astana), Rojas und Herrada (Movistar) auch der spätere Etappensieger Landa und sein Teamkollege Sebastian Henao.
Sunweb schlug im Feld ein eher gemächliches Tempo an, dass erst gestört wurde, als Nibali und Quintana in der Anfahrt zum letzten Berg des Tages ihre Helfer nach vorne schickten. Kurz vor dem Beginn des 15 Kilometer langen Schlussanstieges kam es zu einer unschönen Szene. Nachdem Andrey Amador (Movistar), eine Welle gefahren war, nahm Eugenio Alafaci (Trek-Segafredo) kurzerhand seine Trinkflasche zur Hand und warf sie dem Costa-Ricaner wutentbrannt - aber zum Glück folgenlos - in den Rücken.
An der Spitze konnte sich Sanchez noch vor dem Anstieg lösen, doch Henao brachte Landa schnell wieder in Schlagdistanz und der Baske, der 2015 zwei schwere Girp-Bergetappen gewonnen hatte und Gesamtdritter geworden war, machte schnell deutlich, wer an diesem Tag der Stärkste war.
Bei den Favoriten übernahm Movistar das Kommando und schickten den erneut starken Anacona nach vorne, der ein so hohes Tempo anschlug, dass Dumoulin schnell Probleme bekam. Lange hielt er jedoch einen Rückstand von rund 20 Sekunden, auch weil Geschke einen starken Tag erwischte und lange bei seinem Kapitän bleiben konnte. Doch als Nibali und Quintana durch Rojas/Herrada beziehungsweise Visconti auch noch personelle Unterstützung bekamen, musste Dumoulin mehr und mehr Federn lassen.
Während Landa an der Spitze einen ungefährdeten Solosieg feierte, attackierte Pinot als erster und einziger der Favoriten rund sechs Kilometer mit Nachdruck und kam schnell weg. Rund zwei Kilometer vor dem Ziel, taten Zakarin und Pozzovivo dasselbe und setzten sich ebenfalls leicht von Quintana, Nibali & Co. ab. Ebenfalls Probleme hatte Steven Kruijswijk (LottoNl-Jumbo) der den Kontakt verlor und durchgereicht wurde. Der Niederländer fiel dadurch auf Platz zehn der Gesamtwertung zurück.
Am Ende attackierte Nibali noch einmal, hatte aber auch nicht mehr viel zusetzen. "Ich denke, Dumoulin ist noch weiter im Rennen, wir müssen morgen auf ihn aufpassen.“ sagte der Sizilianer im Ziel. Doch Quintana konnte der Attacke folgen und machte im Sprint sogar noch zwei Sekunden auf den Titelverteidiger gut – beide verloren jedoch Zeit auf Pinot.
Etappendritter wurde Rolland. Der Gewinner der 17. Etappe zeigte eine weitere starke Leistung, auch wenn es nicht zu einem neuerlichen Ausreißercoup reichte. Auch Bob Jungels (Quick-Step Floors), der bereits im unteren Teil des letzten Anstiegs Probleme hatte, sich dann aber in der Gruppe um Quintana festbiss, hielt sich gut und erreichte gleichzeitig mit seinem schärfsten Kontrahenten ums Weiße Trikot, Adam Yates, das Ziel. Durch ihre späten Attacken kamen auch Zakarin und Pozzovivo näher heran ans Podium heran. Der Russe hat auf Platz fünf nur noch 1:21 Rückstand auf das Rosa Trikot und 38 Sekunden auf Nibali.
Etappensieger Landa baute seine Führung in der Bergwertung aus. Der Baske wird diese Sonderwertung gewinnen – er muss es nur bis nach Mailand schaffen. Das Gleiche gilt für Fernando Gaviria (Quick Step-Floors) im Sprinttrikot. Dagegen muss Yates noch um sein Weißes Trikot bangen, da der starke Zeitfahrer Jungels nur 28 Sekunden hinter ihm liegt.
Morgen bietet sich noch einmal die Möglichkeit, Zeit gutzumachen. Im letzten Drittel der 20. Etappe von Pordenone nach Asiago müssen sowohl der Monte Grappa als auch der Anstieg nach Asiago überwunden werden. Von dort sind es noch 15 wellige Kilometer bis ins Ziel – durchaus Terrain, das zu Attacken einlädt.
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