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09.07.2016 | (rsn) - Die heutige 7. Etappe würde ich durchaus als die bislang coolste meiner bisherigen Tour de France einstufen. Denn irgendwie gibt es zum heutigen Tag schon wieder so viel zu erzählen, dass ich inzwischen echt froh darüber bin, mir tagsüber immer mal eine kleine Notiz ins Handy zu schreiben. Ich glaube, mir würden ansonsten bei all der Reizüberflutung, die einem an einem Tag wie heute widerfährt, womöglich noch die wichtigsten Anekdoten entfallen.
Da Caroline, die ich normalerweise jeden Tag durch die Gegend fahre, erst morgen Abend zurückkehrt, war ich eigentlich für heute eingeteilt, um dem Orgateam in den Hotels zu helfen. Wie ihr euch jedoch denken könnt, ist das absolut nicht das, was ich hier grundlegend als zielführend betrachte und daher war meine Laune am gestrigen Abend kurzzeitig mal ziemlich unterirdisch. Dann jedoch kam die Info, dass Stef, einer unserer Ex-Profis, die die Gäste über den Kurs fahren, für heute gesperrt wurde und er somit nicht fahren kann. Der Grund für die Sperre war eine eher unerhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung seinerseits innerhalb der Fahrzeuge vor dem Rennen. Die Polizei kontrolliert das alles tatsächlich sehr strikt hier und kennt dann auch kein Pardon. Das verhält sich quasi so ähnlich wie mit den Alkoholtests.
Für Stef war das natürlich schade, aber ich glaube, er fand es nicht so wild. Dank der Umplanung sprang ich dann mit ein und nahm einen kompletten Tag am Gästeprogramm teil. Morgens fuhren wir ins Village und hatten anschließend relativ viel Zeit, uns mit den Gästen das Fahrerlager anzusehen. Ich hatte richtig Glück und traf heute mit Schilli, Paul (Martens) und Wagi gleich mehrere Jungs, mit denen ich 2003 mal die Pyrenäen-Rundfahrt bestritten habe. Paul erzählte mir auch gleich, dass er genau diese Rundfahrt vorhin auch schon mit Wagi als Gesprächsthema hatte und wir mussten gut lachen über die eine oder andere Story.
Wagi und sein Magenkasper haben sich übrigens wieder vertragen und er kam heute nach eigener Aussage auch ganz gut über den Kurs. Nach dem Rennen wollte er mich zwar glaube ich etwas verscheißern, als er mir sagte, dass ich heute auch hätte mitfahren können, aber ich glaube ich weiß, wie er es meinte. Bis zum Berg war es zügig aber machbar und die letzten 15 waren dann „kontrolliert“ im Grupetto. Über den Aspin sind wir damals ja auch drüber und meine Erinnerungen an das Teil waren eher so semi…
Schilli berichtete mir, dass er sich während seiner Ausreißer-Etappe neulich ordentlich einen in den Schuh gefahren hat und dass er sich jedoch jetzt auf die Berge freue. Überhaupt fand ich, hatte er eine Laune, aus der man auch gleich zwei hätte machen können. Sehr erfreulich. Mal sehen, wie das nach Woche zwei so aussieht!
Wir fuhren heute wie erwähnt mit dem Auto über den Kurs und es gab wieder jede Menge Zuschauer zu bestaunen. Nach gut 80 Kilometern machten wir einen Stopp und es gab ein Picknick für die Gäste. Eigens dazu hat Tissot extra einen Koch mit dabei, der hier richtig was vom Stapel lässt. Der Bengel ist halber Franzose und halber Venezolaner und hat tatsächlich 2 Michelin-Sterne. Das Steak mit grünem Spargel und Rotweinsoße heute am Streckenrand war auf jeden Fall die beste Mahlzeit seit meiner Ankunft hier im Land der Baguettes und Inzwischen muss sich auch rumgesprochen haben, dass der Küchenchef ziemlich was auf dem Kasten hat, denn auch das Vorausfahrzeug von Tinkoff Saxo war rein zufällig an der gleichen Stelle zur Pause und staubte direkt einen Teller des guten Essens ab.
Linda, die für Tinkoff als Physio arbeitet, kenne ich zusammen mit Wagi auch noch aus unserer Internatszeit in Gera. Wir haben schon beschlossen, dass hier alle ehemaligen Internatsbewohner tatsächlich noch mal für ein Gruppenfoto zusammenfinden müssen. Allerdings ist das viel leichter gesagt als getan. Wir bräuchten dazu: Dege, Wagi, Linda, Paddi, Marco (den Kameramann) und eigentlich auch Schilli und André, weil die so oft zu Besuch waren. Falls ihr das lest Jungs - macht mal nen Vorschlag!
Am Anstieg zum Aspin hielten wir dann noch einmal kurz an und Egoi Martinez, der ebenfalls als Gästefahrer dabei ist, erzählte uns dass er genau an diesem Anstieg einst bei der Tour ins Bergtrikot gefahren ist. Wie geil - alle staunten ehrfürchtig!
Für die Gäste war dann danach eigentlich auch noch ein Helikopter-Rundflug über das Fahrerfeld geplant, aber der wurde abgesagt, da es sehr windig war und die Sicht nicht gut. Dennoch war die Fahrt durch die Menschenmenge sicherlich ein einzigartiges Erlebnis für alle. Mein Erlebnis des Tages war aber das folgende: Da wir nach dem Rennen relativ schnell zum Flughafen von Pau mussten (einige Gäste hatten einen Flug gegen 21:00), hatte ich mich aufgrund der Stau-Erfahrung von vorgestern entschlossen, dies clever zu umgehen. Wir parkten also mein Auto abseits der Rennstrecke und so, dass wir dann hoffentlich freie Bahn hatten. Da das aber 1500m vom Ziel weg lag und die Fahrer bereits kurz vor dem Aspin waren, mussten unser Fotograf Lars und ich uns unglaublich beeilen, um noch rechtzeitig zum Ziel zu kommen. Uns blieb dazu zwangsläufig nichts weiter übrig, als wirklich zu rennen.
Nun müsst ihr Euch vorstellen, wie zwei Typen mit Rucksack völlig gestört unter der Flamme Rouge, die später ja noch ihren großen Auftritt hatte, hindurch rennen und wie die Menschenmassen rechts und links völlig abgehen und die beiden anfeuern. Wie geil war das denn? Wir hatten tatsächlich beide ein Dauergrinsen und ne Gänsehaut von oben bis unten.
Eine solche Situation erlebt man definitiv nicht alle Tage! Wir errichten völlig durchgeschwitzt den Zielbereich und der Etappensieger Steven Cummings kam ungefähr 5 Minuten nach uns an… Als dann der Teufelslappen einstürzte und die erste Gruppe unsanft stoppte, erhielt ich übrigens gleich 7 Whattsapp-Nachrichten von Freunden, die mir unterstellten, ich hätte das Ding auf dem Gewissen. Witzig - denn dass ich tatsächlich kurz vorher noch drunter durchgerannt war, wusste zu dem Zeitpunkt ja noch keiner.
Unser Abflug nach Pau klappte dann im Übrigen tadellos und wir waren ohne Mist das erste Auto, was den Berg hinunter fuhr. TOP!
Als ich vorhin noch tanken war und durch die Waschanlage fuhr, stand hinter mir dann zufällig der rote Jurywagen mit der Nummer 1. Auf die Frage hin, was denn da mit dem 1 Km-Bogen schief gelaufen sei, sagte der Fahrer mir, dass es wohl ein Defekt am Motor war, man aber noch klären müsse, wie dieser zustande kam. Inzwischen ist wohl offiziell die Variante genannt worden, dass es ein Zuschauer unbeabsichtigt gewesen sei. Auf meine Aussage hin, dass das wohl eine der vielen kleinen Geschichte sei, die die Tour so schreibt, bekam ich als Antwort nur, dass so das absolut nicht passieren darf und dass man stinksauer sei. Ich behaupte mal, es gab unfassbaren Ärger heute!
Heute im 5 Sterne Hotel unmittelbar neben dem morgigen Start in Pau sind wir mit BMC, Astana und Sky. Chris Froome habe ich vorhin schon im Fahrstuhl getroffen - mal schauen, ob ich morgen Früh Marcus Burghardt noch mal zu fassen bekomme.
Was ich morgen ansonsten mache, wird sich noch klären - die Boys müssen aber auf jeden Fall richtig knechten!
Ich wünsche allen gute Beine und gute Laune!
Euer Paddi-avec-i
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