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15.07.2015 | (rsn) - Als er rund 50 Meter vor dem Ziel durch die letzte Rechtskurve rollte, drehte sich Emanuel Buchmann noch einmal um. Sehen konnte er keinen Verfolger, und dann schüttelte er kurz mit dem Kopf. „Ich konnte es nicht wirklich glauben", erzählte der 22-jährige Ravensburger später am Mannschaftsbus, wo erstmals nicht nur deutsche sondern auch internationale Journalisten lauschten über seinen dritten Platz bei der zweiten Tour-Bergankunft in Cauterets - 1:23 Minute hinter Sieger Rafal Majka (Tinkoff-Saxo) und knapp vier Minuten vor der Gruppe der Favoriten um das Gelbe Trikot von Chris Froome (Sky).
„Das ist ein supergeiles Gefühl. Damit hätte ich echt nicht gerechnet - ein Riesenergebnis für mich, gerade bei einer so schweren Etappe." Wenn man die Worte liest, die über Buchmanns Lippen kamen, erkennt man die Begeisterung und riesige Freude, die der Deutsche Meister gespürt haben muss. Einzig ansehen konnte man sie ihm in Pierrefitte-Nestalas, zehn Kilometer unterhalb des Zielortes, wo die Mannschaftsbusse neben dem Pressezentrum parkten, nur bei genauem Hinsehen: Er lächelte seit seiner Ankunft im Tal ununterbrochen.
Der schüchterne Ravensburger ist keiner, der übersprudelt vor Emotionen und Worten. Doch wie er am zweiten Pyrenäen-Tag zeigte, sprechen seine Beine eine Sprache, die eindeutig genug ist. Sie sind dünn, austrainiert und produzieren die nötigen Watt, die es braucht, um ihn mit einigen der stärksten Kletterer der Welt den Berg hinauf zu bringen.
Buchmanns Kletterfähigkeiten wurden in den Pyrenäen auch denen deutlich, die ihn vor der Tour nicht kannten. „The german sensation", sagte etwa ein britischer Journalist über Buchmann, als am Bus auf den Shootingstar gewartet wurde.
Doch auf dem Weg nach Cauterets glänzte Buchmann schon vor den Pyrenäen-Pässen Aspin und Tourmalet. „Am meisten hat mich beeindruckt, wie er in die Ausreißergruppe kam. Das war ja kein Glück oder Taktieren, sondern man musste wirklich ganz, ganz stark sein", lobte Teamchef Ralph Denk. „Die ersten beiden Rennstunden waren enorm schnell, bis die Gruppe stand."
„Es war unglaublich hart, in die Gruppe zu kommen", bestätigte Buchmann, der den Col d'Aspin unter anderem an der Seite des späteren Etappensiegers Majka, immerhin 2014 bereits zweifacher Tagessieger und Bergtrikot-Gewinner, sowie Thomas Voeckler (Europcar) und Daniel Martin (Cannondale-Garmin) erklomm. „Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn man da mithalten kann", so Buchmann auf Nachfrage von radsport-news.com.
Am Tourmalet flog dann vorne alles auseinander. „Majka hat etwa acht Kilometer vor der Bergwertung attackiert und ich bin als Dritter über den Pass drüber. In der Abfahrt habe ich Krämpfe bekommen. Da konnte ich fast zehn Kilometer lang nicht mehr treten, aber ich habe mich zum Glück erholt", sagte der Bora-Neoprofi.
Serge Pauwels (MTN-Qhubeka) war Buchmann und Martin bergab davongefahren, so dass die Beiden in der flachen Anfahrt zum Schlussanstieg Jagd auf den Belgier machten. Hinauf nach Cauterets marschierte dann Martin dem Deutschen davon. Buchmann ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen, fuhr sein Tempo weiter und schließlich noch vor dem Ziel am nun eingebrochenen Pauwels vorbei zum dritten Platz.
„Der Stärkste hat heute gewonnen, der Zweitstärkste wurde Zweiter und der Drittstärkste Dritter", bilanzierte Denk stolz - simpel, aber eben genauso eindrücklich. Wenn man Buchmann in den Pyrenäen gesehen hat - er fuhr auch am ersten Tag in den Bergen stark, beschützte Kapitän Dominik Nerz und fuhr die zweite Hälfte des Schlussanstiegs von La Pierre Saint Martin mit einem schleichenden Plattfuß am Hinterrad hinauf - darf man sich bereits auf die Alpen freuen.
Der 22-Jährige hat bereits 57 Minuten Rückstand in der Gesamtwertung und somit einen sicheren Freifahrtschein für sämtliche Ausreißergruppen. „Ich denke, jetzt bin ich erstmal gut bedient", erklärte er, dass mit einem weiteren Angriff auf dem Weg zum Plateau de Beille am Donnerstag nicht gerechnet werden sollte. Doch danach scheint noch einiges möglich. Die Frage ist nur, wie er mit der Länge seiner ersten dreiwöchigen Rundfahrt klarkommt. „Vielleicht werde ich nochmal meine Chance nutzen und in eine Gruppe gehen", sagte Buchmann - so vorsichtig, wie er sich eben immer ausdrückt.
Buchmann spricht am Mannschaftsbus über seinen 3. Platz in Cauterets: