RSN-Rangliste 2009, Platz 2: Alberto Contador (Astana)

Auf dem Weg zum Tour-Seriensieger

Von Christoph Adamietz

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Alberto Contador

Foto: ROTH

30.12.2009  |  (rsn) – Auch 2009 hat Alberto Contador (Astana) unter Beweis gestellt, dass er der derzeit beste Rundfahrer der Welt ist. Der Spanier gewann im Sommer souverän die Tour de France und sicherte sich damit seinen vierten Triumph bei einer dreiwöchigen Landesrundfahrt. Dazu besiegte er im teaminternen (Psycho-)Duell keinen Geringeren als den siebenfachen Champion Lance Armstrong.

Der 27 Jahre alte Madrilene war in der abgelaufenen Saison aber nicht nur auf die Frankreich-Rundfahrt fokussiert. Bereits im Februar gelang Contador bei der Algarve-Rundfahrt (Kat.2.1) der erste Sieg in einem Mehretappenrennen. „Wenn ich mit dem Training anfange, bin ich schnell in einer guten Form. Dann versuche ich daraus natürlich auch Kapital zu schlagen“, so Contador, der in Portugal aber nicht nur die Gesamtwertung für sich entschied, sondern mit einem Etappensieg im Zeitfahren beeindruckte.

Wie sehr Contador in dieser Disziplin verbessert hat, bewies er mit seinem Prologsieg bei Paris-Nizza, der ihm auch das Gelbe Trikot einbrachte. Auf der 6. Etappe konnte sich der Astana-Kapitän zudem über seinen vierten Saisonsieg freuen und übernahm auch wieder die Gesamtführung. Tags darauf folgte allerdings ein Rückschlag. Contador konnte nicht mit den Besten mithalten und musste sein Führungstrikot wieder abgeben. Am Schlusstag versuchte der Giro- und Vuelta-Sieger von 2008 noch einmal alles und belegte den zweiten Etappenrang. In der Gesamtwertung musste er sich allerdings mit Rang vier begnügen. „Aus solchen Niederlagen lernt man. Da ich nicht mehr den Gesamtsieg holen konnte, habe ich das ganze noch intensiver analysiert“, zeigte sich Contador nach dem Rennen gelassen.

Auch bei seiner nächsten Rundfahrt, der Castilla y Leon (Kat. 2.1) musste der Kletterspezialist eine kleine Niederlage einstecken und belegte hinter seinem Teamkollegen Levi Leipheimer „nur“ den zweiten Platz. Aber schon Anfang April kehrte der siegverwöhnte Spanier in die Erfolgsspur zurück. Auf der 3. Etappe der Baskenland-Rundfahrt fuhr Contador seinen fünften Saisonsieg ein, übernahm die Gesamtführung und ließ sich die auch nicht mehr nehmen. Zudem gewann er noch das abschließende Zeitfahren. „Ich bin sehr zufrieden, wie das Frühjahr gelaufen ist. Ich bin auf einem guten Weg“, bilanzierte Contador gegenüber El Pais.

Nach der äußerst erfolgreichen ersten Saisonphase legte Contador eine geplante zweimonatige Rennpause ein und trat erst wieder zur Dauphiné Libéré an. Bei der Tour-Generalprobe zeigte er sich mit mehreren Spitzenplätzen und Rang drei der Gesamtwertung bereits in sehr guter Form. Das letzte Quäntchen Selbstvertrauen holte sich Contador bei den Spanischen Meisterschaften, wo er sich im Zeitfahren den Titel holte.

So wie er seine Vorbereitung beendet hatte, so hätte Contador auch beinahe die Tour de France begonnen: Im Auftaktzeitfahren von Monaco musste sich der Astana-Star nur dem Schweizer Spezialisten Fabian Cancellara (Saxo Bank) geschlagen geben. Auch wenn damit eine hervorragende Ausgangslage geschaffen war, musste sich der Top-Favorit bis zur 15. Etappe gedulden, ehe er das Gelbe Trikot erobern konnte. Auf dem Weg zur Bergankunft in Verbier war Contador nicht zu stoppen und eroberte auf seinem Lieblingsterrain, dem Hochgebirge, als Solist die Gesamtführung. Das Gelbe Trikot gab der Spanier bis Paris nicht mehr ab. Zudem düpierte er die Spezialisten im Kampf gegen die Uhr, als er sich im Zeitfahren von Annecy einen weiteren Etappenerfolg holte.

Während der drei Wochen durch Frankreich präsentierte Contador aber nicht nur seine Stärke auf dem Rad, sondern ließ sich auch von den Psychospielchen seines Teamkollegen Lance Armstrong, der selbst auf einen achten Toursieg gehofft hatte, nicht beirren. "Ich habe zwei Siege errungen - einmal die Tour und einmal im Teamhotel. Es gab Kräfte, die gegen mich gearbeitet haben, aber ich habe mich duchgesetzt." Die Rivalität mit dem siebenfachen Toursieger habe ihn in diesem Jahr „physisch und psychisch“ bis an die Grenzen gebracht, so Contador. "Aber es hat mir sehr geholfen, um zu reifen, und ich hoffe, von diesen Erfahrungen im nächsten Jahr zu profitieren", so der Triple-Gewinner.

Nach der Tour de France war Contadors Rennjahr bereits Ende Juli beendet. Dennoch beherrschte der Spanier auch in den Folgemonaten die Schlagzeilen. Zum einen forcierte er seine Auseinandersetzung mit Lance Armstrong. „Meine Beziehung zu Lance ist nicht-existent. Auch wenn er ein großer Champion ist, habe ich ihn nie bewundert und werde es nie tun", polterte Contador auf einer Pressekonferenz in Madrid. Armstrong reagierte erbost auf die Polemik des spanischen Toursiegers. "Hey Pistolero, es gibt kein Ich in einem Team. Was hatte ich im März gesagt? Du musst noch viel lernen", twitterte der Texaner in altbekannter Manier. Aber auch die ungewisse Zukunft des Astana-Teams und ein möglicher Wechsel des zweifachen Toursiegers zu Quick Step, Caisse d'Epargne oder Garmin füllte wochenlang die Gazzetten.

Weil Astana nach langen Querelen doch noch die ProTour-Lizenz erhielt, wird Contador seinen Vertrag erfüllen und auch 2010 für den kasachischen Rennstall antreten. Obwohl Armstrong das komplette Tour-Team von Astana mit zu RadioShack genommen hat und Contador nur eine solide Helferriege zur Seite steht, ist der Titelverteidiger auch 2010 der große Topfavorit auf den Toursieg. Alles andere als ein dritter Triumph wäre eine Überraschung.

Während Contador sportlich schon ein Großer ist, muss der "Pistolero", der nach seinen Siegen stets einen Schuss aus einer imaginären Pistole abgibt, nach Meinung seines ehemaligen Teamchefs menschlich aber noch reifen. „Er hat wie eine Rakete auf dem Gipfel eingeschlagen. Er hat 2007 die Tour gewonnen, als niemand damit gerechnet hatte. Plötzlich wurde er ein Superstar, ein Gott in den Augen der Spanier. Und seitdem hat er Geld, so viel er will. Es ist für einen 27 Jahre alten Fahrer aus den Madrider Vorstädten nicht einfach, mit all dem umzugehen. Alberto muss lernen, dass Ruhm vergänglich ist. Er muss mit den Füßen wieder auf den Boden kommen“, sagte etwa sein Teamchef Johan Bruyneel. So oder so deutet viel darauf hin, dass Contador die Tour de France in den kommenden Jahren beherrschen wird wie einst Lance Armstrong.

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