Chronologie der abgebrochenen 5. Dauphiné-Etappe

Wie ein Flashback aus dem Baskenland

Von Jan Zesewitz und Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Wie ein Flashback aus dem Baskenland"
Nachdem die 5. Dauphiné-Etappe gestoppt wurde, warten die Fahrer, wie es weitergehen wird. | Foto: Cor Vos

06.06.2024  |  (rsn) – 20 Kilometer vor dem Ende der 5. Etappe des Critérium du Dauphiné brach das Chaos über dem Feld aus. Auf einer rutschigen Straße kam es zu einem Massensturz und die Bilder erinnerten an jenes Drama vor wenigen Monaten im Baskenland, als zahlreiche Favoriten für den Gesamtsieg der in wenigen Wochen startenden Tour de France verletzt am Boden lagen. So wie jetzt auch bei der finalen Generalprobe für die meisten. Top-Fahrer wie Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step), der Mann in Gelb, und Mitfavorit Primoz Roglic (Bora – hansgrohe) waren betroffen, die beide schon in den schweren Unfall im Norden Spaniens verwickelt gewesen waren.

Damals stürzte auch Toursieger Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike), der noch immer an seinem Renncomeback arbeitet, wurde mit dem Krankenwagen abtransportiert. Fast genau dasselbe Schicksal erlitt sein Teamkollege Steven Kruijswijk, 2019 Gesamtdritter der Frankreich-Rundfahrt, nun bei der Dauphiné und die Bilder fühlten sich an wie ein Spiegelbild des vor zwei Monaten geschehenen Massensturz im Baskenland. Mit einem positiven Unterschied, denn die beiden doppelt involvierten Evenepoel und Roglic konnten diesmal die Fahrt fortsetzen.

Die Sturz-Chronologie der 5. Etappe des Critérium du Dauphiné:

78 Kilometer vor dem Ziel stürzte Ausreißer Adne Holter (Uno X-Mobility) in einer Linkskurve in einer Abfahrt auf regennasser Straße. Es war der Auftakt zu einem extrem hektischen und gefährlichen Finale. Der Norweger, Mitglied der dreiköpfigen Fluchtgruppe mit Mathis le Berre (Arkéa – B&B Hotels) und Tobias Bayer (Alpecin – Deceuninck), blieb unverletzt, verlor aber sein Selbstvertrauen in den kommenden Abfahrten dieser welligen Etappe. Zehn Kilometer später war die Flucht-Trio wieder komplett und das Renngeschehen beruhigte sich etwas.

Rund 50 Kilometer vor dem Ziel setzte erneut Regen ein. Die ohnehin rutschigen Straßenverhältnisse wurden noch schlechter. Holter verlor an einem Schlagloch seinen Fahrradcomputer. Auch Le Berre fühlte sich in der nassen Abfahrt rund 40 Kilometer vor dem Ziel alles andere als wohl. Der Träger des Bergtrikots versteuerte sich in gleich zwei Linkskurven, blieb aber zum Glück auf dem Rad.

Zum ersten Sturz im Peloton kam es fast zeitgleich mit dem Fehlsteuern Le Berres vorne. Movistar-Fahrer Antonio Pedrero rutschte in einer Rechtskurve weg oder touchierte das Rad seines Vordermannes, rund zehn Fahrer kamen zu Fall, darunter auch der Deutsche Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) oder der Österreicher Gregor Mühlberger (Movistar). Wenige Meter vor Pedrero stürzten weitere Fahrer. Das Peloton reduzierte daraufhin das Tempo, die gestürzten Fahrer rollten zurück – aber Milan Menten (Lotto Dstny) musste das Rennen aufgeben. Das Feld startete seine Aufholjagd auf das verbliebene Ausreißer-Duo, denn der Norweger Holter wurde bereits wieder eingeholt, aufs Neue.

Rund 20 Kilometer vor dem Ziel kam es dann zum großen Massensturz. Der Crash ereignete sich auf einer leicht abfallenden geraden Straße. Die Fernsehbilder konnten nicht klar zeigen, ob sich mehrere Stürze parallel ereigneten oder ob es sich um eine Kettenreaktion handelte. Der Straßenbelag war wohl sehr neu und sorgte für zusätzliche Rutschgefahr.

Zahlreiche Fahrer verletzt und angeschlagen

Über Radio Tour wurde von knapp 30 gestürzten Fahrern berichtet, im Ziel erklärte aber der Brite Fred Wright (Bahrain – Victorious), dass wohl mehr als drei Viertel des gesamten Feldes Kontakt mit dem Asphalt machte. Der Träger des Gelben Trikots, Remco Evenepoel, saß ebenso am Straßenrand wie Primoz Roglic (Bora – hansgrohe). Das Rennen wurde sofort neutralisiert. Krankenwagen bahnten sich den Weg zu der Unfallstelle.

Bei Evenepoel blutete das linke Knie, während beim Bora-Kapitän auf den Fernsehbildern keine Verletzungen zu sehen waren. Roglic klagte von Schulterschmerzen, ließ sich danach ärztlich untersuchen, wie sein Sportlicher Leiter Rolf Aldag erklärte. Auch der Deutsche Nils Politt (UAE Team Emirates) befand sich unter den Gestürzten, hatte am Weg ins Ziel auf der linken Seite Ellbogen und Knie verbunden und auch der Bereich um die Rippen sah bandagiert aus.

Am schwersten waren nach den ersten TV-Bildern die Visma- Fahrer Kruijswijk und Dylan van Baarle getroffen. Kruijswijk lag auf seiner rechten Seite, als er auf der Trage vorsichtig in den Krankenwagen geschoben wurde, aber auch van Baarle, der niedergeschlagen am Straßenrand sitzend auf seinen Abtransport wartete, musste wie viele der Gestürzten zu Untersuchungen ins Krankenhaus.

Roglic, Evenepoel und Co. standen kurz nach dem Sturz wieder und diskutierten zusammen mit der Rennorganisation über den Weiterverlauf der Etappe. Da alle Krankenwagen im Einsatz waren, entschied die Rennleitung nach einer halben Stunde, das Rennen ohne Ergebnis abzubrechen. Die Fahrer fuhren die letzten Kilometer im Konvoi ins Ziel.

Mehr Informationen zu diesem Thema

15.06.2025Evenepoel fit für die Tour? “Im Vergleich zum Vorjahr bin ich weiter“

(rsn) - Knapp drei Wochen vor dem Start der Tour de France am 5. Juli in Lille stellt sich die Frage, ob Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) wirklich zum Herausforderer von Tadej Pogacar (UAE –

18.06.2024Lidl - Trek: Tour-Doppelspitze durch Corona und Grippe lahmgelegt

(rsn) – Knapp zwei Wochen vor dem Grand Départ in Florenz bereit die geplante Tour-Doppelspitze von Lidl – Trek dem Team Sorgen. Sowohl Tao Geoghegan Hart als auch Giulio Ciccone sind erkrankt un

10.06.2024Jorgenson bereut nach der Dauphiné nichts

(rsn) - Nachdem es bei Paris-Nizza schon mit dem Gesamtsieg klappte, war Matteo Jorgenson (Visma – Lease A Bike) auch beim Critérium du Dauphiné knapp am Erfolg dran. Acht Sekunden fehlten nach de

10.06.2024Gesamtsieg für Roglic nur Sahnehäubchen auf wichtiger Woche

(rsn) – Die Generalprobe ist geglückt: Bora – hansgrohe hat mit Kapitän Primoz Roglic das Critérium du Dauphiné (2.UWT) gewonnen und kann daher mit breiter Brust Ende Juni in die Toskana reise

09.06.2024Evenepoel: “Vielleicht habe ich mich etwas überschätzt“

(rsn) - Die Spannung war im Finale der 8. und damit letzten Etappe des Critérium du Dauphiné kaum zu überbieten. Fünf Kilometer vor Schluss begann mit Primoz Roglic (Bora – hansgrohe) der aktuel

09.06.2024Jorgenson lässt Roglic zittern, Rodriguez holt Schlussetappe

(rsn) – Primoz Roglic (Bora – hansgrohe) hat das 76. Critérium du Dauphiné (2.UWT) gewonnen, musste am letzten Tag aber mächtig zittern. Der 34-jährige Slowene wurde im Schlussanstieg der 8. E

08.06.2024Zu viele Kilo? Evenepoel steckt Dauphiné-Rückstand locker weg

(rsn) – Zumindest in der Öffentlichkeit gibt sich Remco Evenepoel (Soudal – Quick Step) weiter gelassen. Auch, nachdem der Belgier auf der 7. Etappe der Dauphiné-Rundfahrt im Schlussanstieg nach

08.06.2024Roglic doubelt seinen Vortagessieg, Evenepoel fällt weit zurück

(rsn) – Ähnliche Szenerie, andere Protagonisten. Nur der Hauptdarsteller war derselbe: Primoz Roglic hat auch die 7. Etappe des Criterium du Dauphiné (2.UWT) für sich entschieden. Der Kapitän vo

07.06.2024Erneut starker Gee: “Vielleicht habe ich zu viel gearbeitet...“

(rsn) – Die erste der drei das Critérium du Dauphiné (2.UWT) abschließenden Bergankünfte hat das Gesamtklassement der achttägigen Rundfahrt im Südosten Frankreichs nochmal stark durchgeschütt

07.06.2024Geschlagen, aber cool geblieben: Evenepoel begrenzt Schaden

(rsn) – Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) hat zwei Tage nach seinem überlegenen Sieg im Einzelzeitfahren bei der ersten von drei aufeinanderfolgenden Bergankünften zum Abschluss des Critéri

07.06.2024Bora-Doppelschlag! Roglic holt Etappensieg und Gelb

(rsn) – Primoz Roglic (Bora – Hansgrohe) hat bei der schweren Bergankunft am Collet d´Avellard auf der 6. Etappe des Critérium du Dauphiné (2.UWT) bewiesen, in welch starker Form er sich befind

07.06.2024Geoghegan Hart flog mit 45 km/h gegen einen Strommast

(rsn) – Ein Sturzopfer, dem man die Folgen des Massencrashs auf der 5. Etappe beim Critérium du Dauphiné (2.UWT) nicht auf den ersten Blick ansieht, ist Tao Geoghegan Hart (Lidl – Trek). Der Gir

Weitere Radsportnachrichten

25.07.2025Genau das Richtige für Puncheure und Klassikerjäger

(rsn) - Die 20. Etappe der Tour de France bietet eine letzte Chance für Ausreißer und Angreifer, bevor es nach Paris geht. Auf den 184 Kilometern von Nantua nach Pontarlier müssen immerhin 2.850 HÃ

25.07.2025Ausreißer Arensman foppt Pogacar zum zweiten Mal

(rsn) - Es war leider nicht herauszufinden, ob das Nordlicht aus der Provinz Gelderland mit dem größten Coup der Fangemeinde des FC St. Pauli aus Hamburg vertraut ist. Als der Bundesligaklub aus dem

25.07.2025Erst kurz hinter der Ziellinie geriet das Gelbe Trikot in Gefahr

(rsn) – Im Ziel der 19. Etappe der Tour de France wurde es für das Gelbe Trikot doch nochmal brenzlig. Ein übereifriger Ordner stürmte auf Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) zu und rannte d

25.07.2025Gall jagte mit nur einem Gedanken hinauf nach La Plagne

(rsn) – Dass Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) einmal diese Worte sagen würde, hätte er sich wahrscheinlich auch nicht vorstellen können. “Vor dem Schlussanstieg haben meine Teamkolle

25.07.2025Aldag über Lipowitz‘ Geistesblitz in La Plagne: “Genial“

(rsn) - Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) ist dem Podestplatz bei der Tour de France einen entscheidenden Schritt nähergekommen. Auf der 19. Etappe von Albertville nach La Plagne ver

25.07.2025Die Aufgebote für die 4. Tour de France Femmes

(rsn) – Parallel zur vorletzten Etappe der Tour de France (2.UWT), die nahe der Schweizer Grenze ausgetragen wird, startet am 26. Juli im westfranzösischen Vannes die 4. Ausgabe der Tour de France

25.07.2025Visma verlängert mit Routinier Kelderman

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.07.2025Highlight-Video der 19. Etappe der Tour de France

(rsn) – Mit einem weiteren starken Auftritt hat Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) am drittletzten Tag der Tour de France den dritten Gesamtrang und das Weiße Trikot verteidigt. Bei

25.07.2025Aldag: “Wir sind erleichtert, das ist das richtige Wort“

(rsn) – Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) hat die 19. Etappe der Tour de France 2025 gewonnen. Der Niederländer rettete wenige Meter Vorsprung auf Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) und Tad

25.07.2025Lipowitz bei zweitem Arensman-Sieg wieder voll auf Kurs Weiß

(rsn) – Auf 93 Kilometer war die 19. Etappe der Tour de France verkürzt worden. Und für Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) hätte sie keinen Meter länger sein dürfen. Der Etappensieger von Super

25.07.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 19. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 5. Juli im nordfranzzösischen Lille zur 112. Tour de France (2.UWT) angetreten, darunter zehn Deutsche, drei Österreicher und fünf Schweizer. Hier listen

25.07.2025Bauernfeind will für Niewiadoma alles geben

(rsn) - Als eine von sieben deutschen Starterinnen nimmt Ricarda Bauernfeind (Canyon – SRAM – zondacrypto) am Samstag im westfranzösischen Vannes die 4. Tour de France Femmes in Angriff. Für die

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de France (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Dookola Mazowsza (2.2, POL)
  • Ethias-Tour de Wallonie (2.Pro, BEL)
  • Radrennen Frauen

  • Kriterium Offenbach (BLF, GER)