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08.05.2024 | (rsn) - Steter Tropfen höhlt den Stein. Das war das Motto des Tages auf der 5. Etappe des Giro d'Italia. Und die tapferen Tropfer kamen dieses Mal vom Team Cofidis. Schon in der ersten Ausreißergruppe des Tages war das französische Team prominent vertreten. Simon Geschke, der seine Chancen eigentlich eher in der zweiten und dritten Giro-Woche sieht, fand sich auf einmal ganz vorn in einer vier Mann starken Gruppe.
Der Freiburger hatte auf mehr Begleitung gehofft, sicher auch auf eine längere Leine des Pelotons. Aber der Abstand wuchs nie über zwei Minuten. Möglicherweise ein taktischer Fehler der Sprintermannschaften. Vielleicht waren am 5. Tag aber auch schon viele müde. Und wer durfte damit rechnen, dass Alpecin - Deceuninck schon am Passo del Bracco, 116 km vor dem Ziel, den anderen Sprinterteams die Beine schwer machen wollte?
Kaden Groves beorderte seine Teamkollegen aber nach vorn. Sie richteten auch genügend Flurschaden an. Unter anderem Fabio Jakobsen und Tim Merlier mussten zwischenzeitlich abreißen lassen. ___STEADY_PAYWALL___
Die Beschleunigung führte aber auch dazu, dass auf die Gruppe aufgefahren wurde. Große Verblüffung nun. Was soll man mit einer Sprintetappe machen, in der keine Ausreißer vorne weg fahren?
In die Verwirrung hinein fasste sich Benjamin Thomas ein Herz. Der 28-jährige Franzose ist immer mal wieder in Ausreißergruppen zu finden. So wurde er 2021 Etappenzweiter bei der Tour de Suisse, ein Jahr später Etappensiebter bei der Tour de France. Meist aber wurde er vorzeitig eingefangen, wie ebenfalls bei der Tour 2022 in Carcassonne, als ihn die Sprintzüge erst 500 Meter vor dem Ziel überrollten. Er versuchte es aber immer wieder – und so nun 77 Kilometer vor dem Tagesziel in Lucca ebenfalls.
Super zusammengearbeitet: Michael Valgren (EF Education – EasyPost, links) und Etappensieger Benjamin Thomas (Cofidis). | Foto: Cor Vos
Thomas trieb an, dass Cofidis an diesem Tag Besonderes vorhatte. "Wir haben extrem hart gearbeitet. Wir hatten ja schon Simon vorn. Dann hat Benjamin die richtige Entscheidung getroffen", lobte ihn gegenüber radsport-news.com sein Sportlicher Leiter Roberto Damiani. Thomas fand Begleiter. Und er fand gute Begleiter.
"Wir haben wie bei einer Mannschaftsverfolgung auf der Bahn gut zusammengearbeitet", freute er sich. Mit Mannschaftsverfolgung kennt Thomas sich aus, er wurde mehrfach Europameister in dieser Disziplin sowie Vizeweltmeister 2021. Er ist auch ein Crack im Punktefahren, wurde da unter anderem Weltmeister. "Im Sprint um den Etappensieg hat sich sicherlich seine Erfahrung von der Bahn ausgezahlt. Er kann gut zocken, und im rechten Moment beschleunigen", meinte Damiani.
Dass Thomas diese Fähigkeiten auf der Giro-Bühne so eindrucksvoll präsentieren konnte, lag aber eben auch an der Taktik von Alpecin - Deceuninck. Sie zogen manchen Mitkonkurrenten am Passo del Bracco den Saft aus den Beinen. Im Finale waren die Helfer der Sprinter müde.
In der Anfangsphase der Etappe fuhr Simon Geschke in der ersten Ausreißergruppe und gewann den ersten Bergpreis. | Foto: Cor Vos
Die Ausreißer hingegen waren noch recht frisch. Sie hatten sich ja erst recht spät auf den Weg gemacht. Und längere Zeit war es ein Verhältnis 3:4, wie Lidl-Trek-Fahrer Dylan Teuns betonte: Drei Mann aus dem Team vom letztjährigen Gewinner des Maglia Ciclaminom Jonathan Milan, die vorn im Peloton die Arbeit verrichteten, gegen die vier Mann in der Fluchtgruppe, die nicht nur prächtig harmonierten, sondern in Michael Valgren (EF Education – EasyPost) und Thomas auch Fahrer hatten, die die Strecke von früheren Italien-Aufenthalten gut kannten.
Komplett die Schuld auf sich nehmen, dass die Verfolgung missglückt war, wollte bei Alpecin - Deceuninck niemand. "Wir hatten unsere Taktik, haben unsere Karten gespielt. Leider ist das nicht aufgegangen, eine verpasste Chance", gab zumindest der Sportliche Leiter Jens Keukeleire am Bus gegenüber einer kleinen Reportergruppe zu. Er berichtete auch, dass es im Inneren des Busses totenstill war.
Völlig anders war die Stimmung im Bus gleich nebenan. "Ich kann es noch gar nicht fassen, was mir da geglückt ist", meinte Thomas. Und Damiani musste sich Spuren der Rührung aus dem Gesicht wischen. "Was für ein schöner Tag", sagte er. Da wusste er noch nicht, dass der Tag für Cofidis noch besser werden würde: Im spanischen Pamplona holte Hannah Ludwig wenige Minuten nach dem ersten Saisonsieg des Männer-Teams durch Thomas auch den ersten Saisonerfolg für das Frauen-Team von Cofidis, ebenfalls als Ausreißerin.
Hannah Ludwig bejubelt ihren Sieg beim Navarra Women's Elite Classic in Pamplona. | Foto: Getty Sport / Team Cofidis
Auch die kleineren Teams bekommen mal ein Stück ab vom Siegeskuchen. Das ist schön, das braucht der Radsport. Allerdings muss schon sehr viel zusammenkommen, wie jetzt auf dem Weg nach Lucca, damit es auf einer größeren Bühne wie der des Giro mal klappt. Es war erst der vierte Etappensieg bei der Italien-Rundfahrt in der fast 30-jährigen Geschichte des französischen Rennstalls.
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