Starker Lipowitz verhilft Martinez zu Platz zwei

Pogacar stürmt in Oropa trotz Sturz ins Rosa Trikot

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Pogacar stürmt in Oropa trotz Sturz ins Rosa Trikot"
Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat die 2. Giro-Etappe gewonnen. | Foto: Cor Vos

05.05.2024  |  (rsn) – Marco Pantani triumphierte 1999 an der Wallfahrtskirche Santuario di Oropa dank einer historischen Aufholjagd, nachdem er am Fuße des Anstiegs durch einen Defekt gestoppt worden war. 25 Jahre später gelang Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) Vergleichbares. Der Slowenische Meister stürzte mit plattem Vorderreifen elf Kilometer vor dem Ziel der 2. Giro-Etappe, wurde dann aber von seinem Team zurück ins Feld gebracht, das er bei noch knapp fünf zu fahrenden Kilometern mit seinem ersten Angriff hinter sich ließ.

Mit seinem ersten Etappensieg bei der Italien-Rundfahrt hat Pogacar nun bei allen Grand Tours einen Tageserfolg gefeiert. Außerdem sicherte er sich das Rosa Trikot. Als Zweiter fuhr mit 26 Sekunden Rückstand Daniel Felipe Martinez (Bora – hansgrohe) über den Zielstrich. Der Kolumbianer war der Beste einer Verfolgergruppe, in der sein Teamkollege Florian Lipowitz das Tempo bestimmt hatte. Der Grand-Tour-Debütant beendete das Rennen nach 161 Kilometern von San Francesco al Campo nach Oropa hinter Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) und Lorenzo Fortunato (Astana Qazaqstan) auf dem bemerkenswerten fünften Platz

“Das war ein Traum von mir, nur der Giro-Etappensieg hat mir noch gefehlt. Ich wollte Etappen bei allen dreiwöchigen Rundfahrten gewinnen, das ist etwas, was nicht viele Fahrer erreichen. Das ist etwas ganz Großes im Radsport. Ich bin superglücklich“, freute sich Pogacar im Zielinterview. Der 25-jährige war als Topfavorit in die erste Bergetappe dieses Giro gegangen gegangen und ließ sich auch nicht vom Sturz direkt vor dem Schlussanstieg aus der Ruhe bringen.

“Ich war sehr ruhig. Im Stadtbereich habe ich ein Schlagloch erwischt und der Reifen war sehr schnell leer. Das Vorderrad ist mir dann wohl auch noch gebrochen. Es war dann auch etwas verwirrend, denn ich wollte vor statt nach der Kurve wechseln. Aber aus dem Auto heraus wurde mit mitgeteilt, dass wir es danach machen. Ich war dann unsicher und bin gestürzt, aber es ist nichts Ernstes passiert“, konnte Pogacar sein Malheur schon wieder lächelnd schildern.

In Windeseile brachte ihn seine Mannschaft zurück ins Feld und kurz danach auch an dessen Spitze. Dort erhöhte UAE das Tempo für ihren Kapitän. “Mein Team war superstark. Wir haben ein Tempo angeschlagen, das mir gut gepasst hat. Es war perfekt“, resümierte der Tagessieger, der seine Kontrahenten wie geplant mit einem einzigen Angriff 4,5 Kilometer vor dem Ziel hinter sich ließ. “Irgendwo zwischen 3,5 und 4,5 noch zu fahrenden Kilometern wollte ich attackieren. Wir kannten den Anstieg nicht. Wir waren alle zum ersten Mal hier und es ist schwer, vorab zu schätzen, wo man den Antritt versuchen kann. Aber wir haben es gut gemacht“, so Pogacar.

Lipowitz imponiert nach schwächerem Auftakt

Nach einem schwächeren Auftakt imponierte Lipowitz mit einer starken Vorstellung. Sein Kapitän Martinez hatte im Schlussanstieg mehrfach Probleme und fiel nach Pogacars Angriff weit zurück. Lipowitz gehörte zu den ersten Verfolgern des Tour-Siegers, beteiligte sich aber nicht an der Arbeit, bis der Kolumbianer mit der zweiten Luft wieder rankam. Dann spannte sich der ehemalige Biathlet vor die Gruppe und fuhr die letzten zwei Kilometer alles von vorn. Trotzdem konnten ihn auf der Zielgerade nur noch drei Fahrer überholen, während er acht weitere abhängte.

"Meine Beine waren heute sehr viel besser als gestern. Deshalb konnte ich die letzten Kilometer für Dani fahren. Die Zusammenarbeit im Team war sehr gut. Wir waren immer gut positioniert und sind sehr glücklich über das Resultat. Als Pogacar angriff, konnte ihm niemand folgen. Wir sind unser Tempo gefahren", erklärte Lipowitz. "Wir können auch sehr zufrieden sein. Wir sind mit einem starken Team am Start und waren auch heute sehr stark. Das Ziel, eine Podiumsplatzierung in der Gesamtwertung zu erreichen, ist möglich“, fügte er an.

Erneut schlecht lief es bei Romain Bardet (dsm-firmenich – PostNL), der diesmal 1:20 Minuten verlor. Auch Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) büßte wieder Zeit ein, diesmal 1:36 Minuten. Den schlechtesten Tag aber erwischte Bahrain Victorious. Routinier Damiano Caruso erreichte das Ziel 1:29 Minuten nach dem Sieger, Youngster Antonio Tibero beendete das Rennen 2:24 Minuten nach Pogacar und war damit aber immer noch drei Sekunden schneller als sein Landsmann Giulio Pellizzari (VF Group – Bardiani CSF – Faizanè), der zum Auftakt einen sehr starken Eindruck hinterlassen hatte.

Im Gesamtklassement bleibt Lipowitz wegen der insgesamt geringen Abstände aber deutlich außerhalb der Top Ten. Pogacar führt den Giro mit nunmehr 45 Sekunden Vorsprung auf Thomas und dem zeitgleichen Martinez an und übernahm zudem das Bergtrikot. Bester Nachwuchsfahrer ist der Gesamtvierte Cian Uijtdebroeks (Visma – Lease a Bike), der in der Tageswertung Platz sieben belegte. Filippo Fiorelli (VF Group – Bardiani CSF – Faizanè) gehörte wie am Vortag zur Gruppe des Tages und übernahm das Punktetrikot.

So lief die 2. Etappe des Giro d’Italia:

Nach dem scharfen Start deckten viele Fahrer das Feld mit Attacken ein, bis sich nach sieben Kilometern die Italiener Christian Scaroni (Astana Qazaqstan), Andrea Piccolo (EF Education – EasyPost), Davide Bais (Polti – Kometa), Fiorelli und Martin Marcellusi (beide VF Group – Bardiani CSF – Faizanè) lösten. Das Quintett wurde von Ineos Grenadiers bis auf 4:45 Minuten weggelassen.

Den Zwischensprint in Valdengo sicherte sich Fiorelli, im Feld sammelte Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) vor Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) und Caleb Ewan (Jayco – AlUla) drei Punkte ein. Anschließend gingen die Spitzenreiter mit noch 2:30 Minuten Vorsprung auf die letzten 67 Kilometer – und auch wenn die erste Bergwertung noch auf sich warten ließ, veränderte sich das Profil nun von flach in hügelig. Kooij stürzte kurz danach mit einigen anderen Fahrern. Während die sofort weiterfahren konnte, hatte der Niederländer sichtlich Probleme und musste am Auto des Rennarztes behandelt werden.

Das Streckenprofil der 2. Etappe des Giro d‘Italia | Foto: Veranstalter

An der Kuppe des zweiten Anstiegs lag die zweite Sprintwertung, die mit noch 55 zu fahrenden Kilometern erneut Fiorelli als Erster überquerte. Damit sicherte sich der Italiener auch das Punktetrikot. An seinem Hinterrad sprinteten Piccolo und Fiorelli, nach dem Wertungsstrich zog der EF-Profi durch und setzte sich solo ab. Ewan war 1:50 Minuten später vor Danny van Poppel (Bora – hansgrohe) und Groves der Beste im Feld.

Piccolo nahm die erste Bergwertung des Tages, die Oasi Zegna (3.Kat.) allein in Angriff und erreichte den Wertungsstrich mit noch 39 zu fahrenden Kilometern eine Minute vor seinen direkten Verfolgern und deren drei vor dem Feld. Am nächsten Berg, dem Nelva (3.Kat.), fuhr der Spitzenreiter 25 Kilometer vor dem Ziel ebenfalls allein über die Kuppe, auf dem Weg nach oben hatte er aber eine Minute eingebüßt.

Pogacar stürzt vor dem Schlussanstieg

Direkt vor Beginn der 10,8 Kilometer langen Schlusssteigung lag die letzte Sprintwertung. Die erreichte Piccolo 1:30 Minuten vor dem Feld, an dessen Ende Pogacar mit einem Platten stürzte und dabei fast von seinem Teamauto überfahren wurde. Der Slowene landete vergleichsweise sanft, nahm den Schlussanstieg mit etwas Rückstand in Angriff und konnte so nicht verhindern, dass Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) sich zwei Bonussekunden sicherte.

Mit Hilfe seiner Mannschaftskollegen konnte Pogacar die Lücke schnell schließen. Die übernahmen anschließend direkt die Tempoarbeit von Ineos Grenadiers. So endete eingangs der letzten 6,5 Kilometer Piccolos Ausreißversuch. UAE-Routinier Rafal Majka bereitete danach den Angriff von Pogacar vor, der 4,5 Kilometer vor dem Ziel erfolgte. Ben O’Connor (Decathlon – AG2R La Mondiale) konnte als Einziger kurz folgen, musste wenig später aber auch runterschalten.

Als im Kampf um Platz zwei rund 15 Fahrer inklusive Lipowitz und dem zunächst schwächelnden Martinez zusammenfanden, geriet O’Connor in Schwierigkeiten, als der 23-jährige Deutsche für seinen kolumbianischen Teamkollegen das Tempo hochschraubte und so noch mehr Gegner abhängte. Pogacar gewann schließlich ungefährdet und mit deutlichem Vorsprung die Etappe. Im Schlusssprint der Verfolger bezwang Martinez knapp Thomas und Fortunato und sorgte damit auch am zweiten Giro-Tag für ein Spitzenergebnis von Bora - hansgrohe. Mindestens genauso bemerkenswert war der fünfte Platz durch Lipowitz, der zahlreiche Kletterspezialisten hinter sich ließ.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.05.2025Pidcock: Die Gesamtwertung ist kein Ziel, Rosa aber schon

(rsn) – Es war noch im Trikot der britischen Talenteschmiede Trinity Racing, als Thomas Pidcock schon einmal beim Giro zu überzeugen wusste. Drei Etappensiege fuhr der Brite ein. Auf einen wie Anto

05.06.2024Kanter “super motiviert“, Fragezeichen hinter der Form

(rsn) – Sein Giro-Debüt musste Max Kanter bereits nach der 9. Etappe beenden. Der Sprinter von Astana Qazaqstan musste wie zahlreiche weitere Profis auch wegen eines grippalen Infekts das Rennen au

28.05.2024Gianetti: “Jetzt sind wir bereit für die Tour de France“

(rsn) – Den ersten Teil seines großen Plans, als erster Fahrer nach Marco Pantani 1998 im Lauf einer Saison das Double aus dem Giro d’Italia und der Tour de France zu gewinnen und damit ein weite

28.05.2024Grande Partenza 2026 in Albanien?

(rsn) – Kurz nach dem Finale des 107. Giro d’Italia, der am Sonntag in Rom mit dem überlegenen Gesamtsieg von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) endete, kursieren bereits zahlreiche Berichte über

27.05.2024Martinez macht beim Giro einen Kindheitstraum wahr

(rsn) - Trotz eines fünften Platzes beim Giro d’Italia 2021 galt Daniel Martinez bisher eher als Mann für einwöchige Rundfahrten. Mit seinem zweiten Rang bei der 107. Italien-Rundfahrt hat der Ne

27.05.2024O´Connor zeigte beim Giro große Grand-Tour-Klasse

(rsn) – Viele Jahre galt Ben O´Connor (Decathlon AG2R La Mondiale) als Rohdiamant im Hinblick auf dreiwöchige Landesrundfahrten. Nach vielversprechenden Leistungen aber gelang es ihm bislang nur s

27.05.2024Bora-Teamchef Denk bestätigt Abschied von Buchmann

(rsn) – Nach den Verwerfungen im Zusammenhang mit der Giro-Ausbootung von Bora – hansgrohe war bereits über einen bevorstehenden Abschied von Emanuel Buchmann berichtet worden. Nun bestätigte Te

27.05.2024Giro-Debütant Steinhauser: “Grand Tours sind was für mich“

(rsn) – Mit einem Etappensieg und zwei dritten Plätzen kehrt Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) von seinem Grand-Tour-Debüt zurück. Der 22-jährige Allgäuer gehörte zu den großen Ü

27.05.2024Giro-Entdeckung Pellizzari auf dem Weg zu Bora - hansgrohe

(rsn) – Neben Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) war er die Entdeckung dieses Giro d´Italia: Giulio Pellizzari (VF Group – Bardiani CSF). Der 20-jährige Italiener aus den Marken fuhr

26.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

26.05.2024Highlight-Video der 21. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

26.05.2024Pogacar: “Das Rosa Trikot ist eine verrückte Erfahrung“

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

Weitere Radsportnachrichten

18.11.2025Almeida: Bester Saison der Karriere soll weitere Steigerung folgen

(rsn) – UAE – Team Emirates – XRG hat den noch bis Ende 2026 laufenden Vertrag mit Joao Almeida vorzeitig um weitere zwei Jahre verlängert. Das teilte der Rennstall von Toursieger und Weltmeist

18.11.2025Jayco verlängert mit Engelhardt, O’Brien und De Pretto

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

18.11.2025Aussie-Duo für Decathlon: Haussler und Renshaw neue Sportdirektoren

(rsn) – Nach seinem Abschied bei Red Bull – Bora – hansgrohe hat Heinrich Haussler eine neue Aufgabe auf WorldTour-Niveau gefunden. Der 41–jährige Australier wird künftig als Sportdirektor b

18.11.2025Widar gibt 2026 Debüt bei zwei Monumenten und der Vuelta

(rsn) – Jarno Widar wird gleich in seinem ersten Profijahr ein anspruchsvolles Programm absolvieren. Wie der 20-jährige Belgier in einem Interview mit der Zeitung Het Laatste Nieuws ankündigte, ge

18.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

18.11.2025Zwischen Abitur, DM-Medaillen und WorldTour-Einsätzen

(rsn) - In der Juniorenklasse gehörte Paul Fietzke zu den weltweit besten Fahrern. Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften, der Deutsche Meistertitel auf der Straße sowie Siege bei internati

17.11.2025Lipowitz will nicht zum Giro und hofft auf Tour-Doppelspitze

(rsn) – Mit Blick auf ihre Meriten bei der Tour de France befinden sich Florian Lipowitz und Remco Evenepoel in ähnlichen Sphären. Doch was ihren Charakter angeht, könnte das Duo, das im Sommer n

17.11.2025Nach Platz 1 und 3 im Prolog gibt´s schon den ersten Ruhetag

(rsn) - Robert Müller ist wieder auf Achse. Wer seine Berichte aus den unterschiedlichsten Ecken der Radsport-Welt – von Südamerika bis Asien – kennt, weiß: Wenn "Radbert" unterwegs ist, wird e

17.11.2025ASO spricht sich gegen Ticket-Einnahmen aus

(rsn) – In der Debatte um die zukünftige Finanzierung des Radsports hat die Großmacht ASO, die neben der Tour de France weitere entscheidende Rennen im WorldTour-Kalender und den ebenen darunter o

17.11.2025Road Captain will auch “persönliche Freiheiten“

(rsn) – Von den noch aktiven Profis ist Kim Heiduk der letzte Deutsche, der aus einem einheimischen KT-Team, nämlich Lotto – Kern Haus, den Wechsel ins Lager der Berufsradfahrer geschafft hat. Ei

17.11.2025Ferrand-Prévot plant zwei Saisonhöhepunkte

(rsn) – Mit dem Tour-de-France-Sieg in der Tasche und einer Knöchel-OP, die noch ein paar Wochen Pause mit sich bringen wird, geht Pauline Ferrand-Prévot in den Winter und ins neue Jahr. Und damit

17.11.2025Chancen genutzt, doch für den Sieg hat es nicht gereicht

(rsn) – Vor seinem letzten U23-Jahr entschied sich der junge Österreicher Sebastian Putz für einen Wechsel. Er schloss sich dem Team Red Bull - Bora – hansgrohe Rookies an, um sich dort für zuk

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)