Top-Sprinter denkt derzeit nicht an Radrennen

Greipel: “Wir Sportler müssen mit gutem Beispiel vorangehen“

Foto zu dem Text "Greipel: “Wir Sportler müssen mit gutem Beispiel vorangehen“"
André Greipel (Israel Start-Up Nation) bei der Tour Down Under. | Foto: Cor Vos

01.04.2020  |  (rsn) - Nach einem gelungenem Saisonstart bei der Tour Down Under in Australien ist André Greipel schon seit Anfang Februar zur Untätigkeit verdammt. Das hat ursächlich weniger mit dem Corona-Virus zu tun, sondern vielmehr mit den Folgen eines Trainingssturzes, bei dem sich der Neuzugang der Israel Start-Up Nation Mitte Februar die linke Schulter gebrochen und ausgekugelt hatte. Nach erfolgreicher Operation und mehrwöchiger Rehabilitation kann Greipel nun jedoch aufgrund der Pandemie nicht wie vorgesehen Mitte Mai sein Comeback geben.

Stattdessen verbringt er aufgrund der Ausgangsbeschränkungen in Hürth viel Zeit mit seiner Familie. “Wir versuchen so damit umzugehen, wie jeder damit umgehen muss. Die Kinder sind von der Schule her noch gut eingespannt, meine Frau betreut sie, das ist eine echte Mammutaufgabe. Aber natürlich leiden die Kinder darunter, so viel im Haus sein zu müssen“, schilderte der zweifache Familienvater im Gespräch mit radsport-news.com die Situation.

Greipel selber hält sich seit Wochen vor allem auf der Rolle sowie mit joggen und Fitnessübungen fit. “Zumindest muss ich mir jetzt weniger Stress machen und nichts übers Knie zu brechen“, gewann der elfmalige Tour-Etappensieger der erzwungenen Rennpause auch etwas Gutes ab. “Meine Genesung hat Prio 1. Alles ist nach Plan gelaufen, die Operation verlief gut, die Schulter ist fest, die Gelenkklippe gut angewachsen.“

Dennoch macht er nur langsam Fortschritte, wie Greipel vergangene Woche feststellen musste. “Da bin ich kurz draußen gefahren, das war nicht so toll, ich bin in der Bewegung noch sehr beschränkt, mein Arm ist nur eingeschränkt belastbar“, sagte er. Nun will es Greipel in dieser Woche mit einer Trainingsausfahrt auf der Straße probieren. “Noch ist das bei uns ja zum Glück noch erlaubt - und ehrlich, nach fast fünf Wochen auf der Rolle ist es auch mal gut“, fügte er an.

Das Team präsentiert die Sponsoren in den Sozialen Medien

Wie viele andere Profis auch nutzte Greipel die Dienste einer Online-Plattform, die ihm gute Dienste leistete, wie der 37-Jährige erklärte: “Ich habe früher das Auf-der-Rolle-Fahren gehasst, jetzt fahre ich bei Zwift drei Stunden auf der Rolle. Damit kann man sich die Zeit gut vertreiben: Man kann Trainingsplänen folgen und auch Radrennen fahren, das macht schon Spaß“, so Greipel, der mit seinen Kollegen vergangene Woche bei einer vom Team organisierten Wohltätigkeitsaktion auf Zwift ein virtuelles Rennen absolvierte. “Einer unserer Sponsoren hat aus China Schutzmasken importiert und wollte sie denjenigen Krankenhäusern spenden, die sie am nötigsten nötig haben. Das war angesichts der jetzigen Situation eine super Sache“, berichtete Greipel.

Überhaupt versucht das Team, möglichst viele Aktivitäten auf den Sozialen Medien anzuschieben, um so die Sponsoren zu präsentieren. “Damit haben sie auch eine Plattform“, so Greipel, der nach wie vor auch pünktlich sein Gehalt erhält. “Wir wissen natürlich nicht, wie es weitergeht und müssen einfach abwarten.“ Zu freiwilligen Gehaltskürzungen, mit denen sich am Wochenende seine ehemaligen Teamkollegen bei Lotto Soudal einverstanden erklärten, wäre aber auch er bereit: “Wenn der Sponsor oder das Team signalisieren, dass es nötig ist, dann schon.“

Mit jeder Woche ohne Radrennen und den damit verbundenen Einnahmeausfällen könnte es sich als immer nötiger erweisen. Greipel selber zeigte sich skeptisch, was die mögliche Wiederaufnahme des Rennbetriebs anbelangt: “Ich gehe davon aus, dass wir vor August keine Radrennen fahren werden“, lautete seine Prognose. “Alles andere wäre angesichts der jetzigen Situation der Bevölkerung auch schwer zu verkaufen: dass man etwa eine Tour de France plant, während in Italien, Spanien und Frankreich viele Menschen sterben.“

Sein Appell an die Organisatoren der ASO und die französische Regierung lautete: “Jetzt muss jeder in sich gehen und sich sagen, dass es nicht Sinn und Zweck sein kann, eine Tour de France stattfinden zu lassen, solange das Problem mit Corona nicht gelöst ist. Es gibt momentan wichtigere Dinge.“

“Ohne Publikum ist das keine Tour de France"

Mit Verweis auf die bereits ins nächste Jahr gelegten Olympischen Spiele plädierte der dreimalige Deutsche Meister dafür, auch die Tour de France zu verschieben. “Derzeit ist doch gar nicht daran zu denken, dass eine solche Sportveranstaltung stattfinden könnte. Es gibt so viele Tote und wir denken darüber nach, ob die Tour stattfinden sollte? Irgendwo beißt sich das Ganze“, erklärte Greipel, der auch einer Frankreich-Rundfahrt ohne Zuschauer entlang der Strecke wenig abgewinnen kann. “Ohne Publikum ist das keine Tour de France. Wir Sportler erleben die Tour als Volksfest. Drei Wochen stehen Menschen an der Strecke, die gute Stimmung machen. Ich glaube nicht, dass Fahrer es wirklich begrüßen würden, wenn keine Zuschauer dazu kommen dürften.“

Dabei macht sich der gebürtige Rostocker derzeit keinerlei Gedanken darüber, wie ein Rennplan “nach Corona“ aussehen könnte. “Momentan befasse ich mich überhaupt nicht damit. Es bringt doch nichts, sich einen Rennkalender vorzustellen. Es gibt einfach wichtigere Dinge, nämlich dieses Virus einzudämmen, damit sich weniger Leute infizieren und daran sterben“, sagte Greipel und forderte von den Sportlern, bei der Beschränkung sozialer Kontakte “Vorbilder zu sein und mit gutem Beispiel voranzugehen.“

Sobald in dieser Saison wieder Rennen stattfinden sollten, will Greipel sich in konkurrenzfähiger Verfassung präsentieren. “Ich muss erst mal wieder fit werden, an den Beinen liegt es nicht, ich habe auf der Rolle gut trainiert und ich hoffe doch, dass es dieses Jahr wieder Radrennen geben wird“, sagte er. Auf die Frage, welches ihm besonders wichtig wäre, nannte er die Kombination aus den Hamburg Cyclassics und der Deutschland Tour, die beide in der zweiten Augusthälfte im Rennkalender stehen. Die nationale Rundfahrt beginnt zudem diesmal in Greipels alter Heimat.

Dagegen dürfte es mit seinem Heimrennen Rund um Köln, das für den 14. Juni vorgesehen ist, angesichts der aktuellen Lage eng werden. “Hamburg und die Deutschland Tour - das wäre eine schöne Sache, damit rechne ich auch wieder“, schloss Greipel.

Mehr Informationen zu diesem Thema

18.01.2022Sport in Frankreich nur mit vollständigem Impfschutz erlaubt

(rsn) - Das französische Parlament hat wegen der hochansteckenden Omikron-Variante am vergangenen Wochenende ein neues Gesetz zum vollständigen Impfschutz bei öffentlichen Veranstaltungen verabschi

06.11.2021Pozzato wegen Corona-Infektion im Krankenhaus

(rsn) – Filippo Pozzato, der Mailand-Sanremo-Sieger von 2006, liegt aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus im Krankenhaus. Das bestätigte der Italiener, der seine Profi-Karriere Ende 2018 bee

05.11.2021Santos Festival of Cycling ersetzt Tour Down Under 2022

(rsn) – Auch 2022 wird die Tour Down Under aufgrund der Corona-Pandemie im Kalender der UCI WorldTour fehlen. Der traditionelle Auftakt in die wichtigste Rennserie des Radsport-Kalenders wird desha

30.09.2021Auch 2022 gibt es keinen WorldTour-Auftakt in Australien

(rsn) – Lange Zeit stand im UCI-Kalender ein ´to be confirmed´ hinter den Terminen der Tour Down Under und des Cadel Evans Great Ocean Road Race als Startpunkte der WorldTour-Saison 2022. Nun ist

10.06.2021AG2R benennt sechs seiner Tour-Starter

(rsn) - Die französische AG2R-Equipe hat die ersten sechs Tour-Starter benannt. Angeführt wird das Aufgebot bei der am 26. Juni in Brest beginnenden 108. Frankreich-Rundfahrt von Olympiaseiger Greg

23.03.2021Team DSM: Roche und Pedersen müssen in Quarantäne

(rsn) – Das Team DSM muss zwei seiner Profis für die nächsten Tage in Isolation schicken: Nicolas Roche und Casper Pedersen. Beide waren jüngst in Kontakt mit einer Person aus dem Mitarbeiterstab

13.03.2021Paris-Nizza: Königsetappe ohne Walscheid, Bevin und Philipsen

(rsn) - Ohne Maximilian Walscheid (Qhubeka Assos), Patrick Bevin (Israel Start-Up Nation) und Jasper Philipsen (Alpecin - Fenix) ist die Königsetappe von Paris-Nizza gestartet worden. Die Sprinter Wa

27.02.2021Lappartient: “Die hohen Standards müssen beibehalten werden“

(rsn) - Der Radsportweltverband hat das Corona-Protokoll für alle UCI-Wettbewerbe für 2021 aktualisiert. Das Dokument ähnelt weitgehend dem Protokoll 2020, enthält jedoch Anpassungen an die Entwic

22.02.2021Alpecin - Fenix muss die UAE Tour verlassen

(rsn) - Gestern noch als Auftaktsieger gejubelt, heute ist die UAE Tour für Mathieu van der Poel und das Team Alpecin - Fenix bereits vorbei. Wie die Veranstalter der ersten WorldTour-Rundfahrt des J

16.02.2021Women´s Tour kann im Juni erneut nicht stattfinden

(rsn) - Die Women´s Tour wird nach ihrer Absage 2020 auch im Juni 2021 aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden können. Das hat der Veranstalter Sweetspot am Dienstag bekanntgegeben. Das sechs

15.02.2021Sagan muss auf das Opening Weekend verzichten

(rsn) - Der Ende Januar positiv auf Corona getestete Peter Sagan muss seinen Saisoneinstieg verschieben. Wie sein Team Bora - hansgrohe gegenüber radsport-news.com bestätigte, wird der dreimalige We

09.02.2021IOC bestätigt: Keine Quarantänepflicht vor Olympia-Start

(rsn) - Gut ein halbes Jahr vor dem Beginn der Olympischen Sommerspiele in Tokio ist eine vorsorgliche Quarantäne der Sportler offenbar vom Tisch. Das legt ein veröffentlichtes IOC-Skript nahe.Berei

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen, Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine