Vorgestellt: die 19 WorldTour-Mannschaften

Movistar: Auf der Suche nach der Zukunft

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Movistar: Auf der Suche nach der Zukunft"
Movistar in den Trikots 2020 | Foto: twitter.com/Movistar_Team

21.01.2020  |  (rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten für das anstehende Radsportjahr.

Teil 14: Movistar Team

Rückblick 2019: Der Gesamtsieg beim Giro d’Italia stach heraus: Richard Carapaz wurde in Italien zum überraschenden, aber verdienten Sieger gekürt – es war zugleich der erste Grand-Tour-Erfolg des Teams seit 2016. Der Ecuadorianer gewann zudem zwei Etappen der Italien-Rundfahrt. Bei den beiden anderen großen Landesrundfahrten mischte Movistar ebenfalls vorne mit und gewann Etappen sowohl der Tour de France (Nairo Quintana) als auch der Spanien-Rundfahrt (Quintana, Alejandro Valverde). Allerdings offenbarten sich dabei Probleme im Mannschaftsgefüge: Die drei Kapitäne Mikel Landa, Quintana und Valverde schien ihr eigener Auftritt zeitweise wichtiger als der Teamgedanke. Bei der Tour kamen alle drei in die Top Ten, mit Landa als bestplatzierten Fahrer auf Platz sechs blieb Movistar aber deutlich hinter den hoch gesteckten Zielen zurück. Bei der Vuelta landeten Valverde und Quintana auf den Plätzen zwei und vier.

Darüber hinaus gab es wenige Höhepunkte: Valverde kam nicht an frühere Ergebnisse bei den Ardennenklassikern heran, landete zum Saisonabschluss immerhin auf Platz zwei bei Il Lombardia. Hinter den Kapitänen fehlte es zudem an qualitativer Breite im Kader, 21 Saisonsiege bedeuteten die schlechteste Ausbeute seit acht Jahren.

Die wichtigsten Zu- und Abgänge: Movistar wagt nach den Erfahrungen des Vorjahres für 2020 einen radikalen Umbruch: Die Teamleitung ließ Quintana nach acht Jahren und zwei Grand-Tour-Siegen bereitwillig zum Zweitdivisionär Arkea - Samsic ziehen, auch Landa fand mit Bahrain - McLaren einen neuen Arbeitgeber. Weitere langjährige Stützen wie Andrey Amador (wahrscheinlich Ineos), Ruben Fernandez (Fundacion - Orbea), Winner Anacona (Arkea - Samsic) Rafael Valls (Bahrain - McLaren) und Jasha Sütterlin (Sunweb) verließen Movistar. Daniele Bennati beendete mit 38 Jahren zudem seine lange Karriere. Giro-Sieger Carapaz hätte die Teamleitung hingegen gerne behalten, verlor den Vertragspoker jedoch gegen Ineos – sehr zum Ärger von Teamchef Eusebio Unzue.

Den vielen Abgängen setzte das Team die Verpflichtung von gleich sieben Neu-Profis entgegen, darunter der Berliner Juri Hollmann und die beiden Kolumbianer Einer Augusto Rubio und Juan Diego Alba. Außerdem erhielten der Schweizer Johan Jacobs und der US-Amerikaner Matteo Jorgenson einen Profivertrag. Mathias Norsgaard (Riwal Readynez) überzeugte als sprintstarker Allrounder in der Nachwuchsszene, zog sich in der Saisonvorbereitung jedoch eine Schienbeinfraktur zu. Dario Cataldo und Davide Villella (beide Astana) bringen als erprobte Domestiken hingegen reichlich WorldTour-Erfahrung mit.

Im Fokus: Der wichtigste Neuzugang ist allerdings Enric Mas, der als Hoffnungsträger in schweren Zeiten zum Team kommt. In den spanischen Medien gilt er seit Jahren als Nachfolger von Alberto Contador und befeuerte den Hype um seine Person mit Platz zwei bei der Vuelta a Espana 2018 – in seinem erst zweiten Profijahr. 2019 deutete jedoch an, dass Mas noch kein ausgereifter Profi ist, die Leistungen waren schwankend, seine Tour-Premiere endete nur auf Platz 22. Movistar sicherte sich seine Dienste für drei gleich Jahre – mit der Hoffnung, der 24-Jährige möge das Team als Aushängeschild in eine erfolgreiche Zukunft führen. Sein Entwicklungspotenzial ist groß, der Druck, als spanischer Profi Movistar in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, allerdings auch.

Aufgepasst auf … Einar Augusto Rubio. Movistar ist bestens im südamerikanischen Raum vernetzt und sicherte sich mit Rubio ab 2020 ein weiteres vielversprechendes Talent aus Kolumbien. Eindruck hinterließ der 21-Jährige bei vielen Nachwuchsrennen in Italien, unter anderem im Vorjahr als Gesamtzweiter mit Etappensieg beim U23-Giro. Rubio ist ein ausgewiesener Kletterer und einer der Hoffnungsträger im Team. 2020 dürfte ihm das bereits die eine oder andere Bewährungschance einbringen.

Ausblick 2020: Movistar steht vor einer schwierigen Saison. Dem Kader fehlt es sowohl an Breite als auch an Tiefe. Nach Jahren mäßig erfolgreicher Transferpolitik trifft diese Entwicklung das Team nun mit voller Wucht. Von den früheren Aushängeschildern ist nur Valverde geblieben. Der Ex-Weltmeister dürfte allerdings auch in der Saison 2020 mit seinen dann 40 Jahren einer der zuverlässigsten Leistungsträger sein.

Reihenweise Siege wie in früheren Jahren sind von ihm aber nicht mehr zu erwarten: Bei den Ardennenklassikern verfügt Valverde schon seit zwei Jahren nicht mehr über die notwendige Spritzigkeit, und auch bei den großen Landesrundfahrten dürfte sich der Leistungsabfall bemerkbar machen. Es braucht neue, frische Gesichter für die Zukunft, die ihr Potenzial schon 2020 andeuten. Doch dafür kommen im Team aktuell nur Marc Soler und Neuzugang Mas infrage.

Soler erzielte im Vorjahr bei der Spanien-Rundfahrt als Gesamtneunter seine erste Top-Ten-Platzierung bei einer GrandTour, künftig dürfte er mehr Freiheiten und Verantwortung bekommen. Ein Grand-Tour-Sieger scheint aus dem 26-Jährigen aber nicht mehr zu werden. Mehr Aufmerksamkeit gilt daher Mas, dessen Potenzial deutlich größer einzuschätzen ist und der als Kapitän zur Tour reisen wird. Weitere potenzielle Leistungsträger sucht man hingegen vergeblich. Routiniers wie Cataldo, Carlos Betancur, Carlos Verona oder Nelson Oliveira traten zuletzt nur als Domestiken auf, die vielen jungen Talente wie Rubio und Alba sowie Norsgaard benötigen sicherlich noch Zeit. Sprinter? Gab es noch nie bei Movistar. Fahrer für die Frühjahrsklassiker? Auf dem Papier eigentlich nur der alternde Valverde.

Movistar hat viel vom einstigen Top-Team-Charakter eingebüßt und läuft Gefahr, weiter den Anschluss zu verlieren. 2020 ist ein Jahr der Neuorientierung. Das dürfte sich auch in der Erfolgsbilanz widerspiegeln. Wichtiger dürfte aus Sicht des Teams aber sein, dass sich hoffnungsvolle Tendenzen für die Zukunft erkennen lassen.

Eckdaten:
Land: Spanien
Hauptsponsor: Movistar
Branche: Mobilfunkanbieter
Teamchef: Eusebio Unzue
Radausrüster: Canyon
Teamranking-Platzierung 2019: 7
Fahrer im Aufgebot: 28


Mehr Informationen zu diesem Thema

24.01.2020Deceuninck – Quick-Step: Von Sieg zu Sieg zu Sieg …

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten fÃ

23.01.2020Jumbo - Visma: Auf Augenhöhe mit Ineos?

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten fÃ

22.01.2020Bora - hansgrohe: In der Weltklasse etabliert

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten fÃ

22.01.2020Team Ineos: Besser denn je?

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten fÃ

21.01.2020Trek - Segafredo: Hoffen auf die Leistungsträger

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten fÃ

20.01.2020Groupama - FDJ: Tour-Traum mit Pinot

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten fÃ

20.01.2020UAE Emirates: Gut aufgestellt mit Talenten

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten fÃ

19.01.2020Bahrain - McLaren: Noch nicht die ganz große Nummer

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten fÃ

19.01.2020Astana: Die Messlatte liegt hoch

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten fÃ

18.01.2020Lotto Soudal: Alte Hasen für neue Erfolge

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichte

18.01.2020Israel Start-Up Nation: Die Optionen sind begrenzt

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichte

17.01.2020Mitchelton - Scott: Riskante Strategie mit den Yates-Brüdern

(rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichte

Weitere Radsportnachrichten

31.03.2025Jakobsen muss unters Messer und steht vor langer Zwangspause

(rsn) – Spätestens nach der Saison 2022 schien der Horror-Sturz von Fabio Jakobsen (Picnic - PoostNL) aus der Polen-Rundfahrt aus dem Jahr 2020 endgültig vergessen, der heute 28-Jährige fuhr mit

31.03.2025Tudor, TotalEnergies und Uno-X bekommen die Tour-Wildcards 2025

(rsn) – Kaum hat die UCI die Bestätigung einer möglichen dritten Wildcard für die Grand Tours im Jahr 2025 bekanntgegeben, ist auch die ASO als Veranstalterin der Tour de France nun bereits vorge

31.03.2025Wiebes‘ unglaubliche Statistiken: Die Zahlen hinter der “100“

(rsn) – Ihren ersten UCI-Sieg feierte Lorena Wiebes im Jahr 2018. Das war damals im Mai beim Dorpenomloop in Aalburg, einem Rennen, das heute nicht mehr ausgetragen wird. Damals war sie 19 Jahre alt

31.03.2025UCI bestätigt Erweiterung der Grand-Tour-Pelotons auf 23 Teams

(rsn) – Nachdem sich das Professional Cycling Council (PCC) bereits für ein zusätzliches 23. Team bei den Grand Tours ausgesprochen hatte, hat nun auch das UCI Management Komitee die Entscheidung

31.03.2025Kool schafft bei Gent-Wevelgem den Befreiungsschlag

(rsn) – Auch wenn die Weltklasse-Sprinterin Charlotte Kool (Picnic – PostNL) beim überlegenen Sieg von Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) bei Gent-Wevelgem (1.UWT) chancenlos aussah, war die 25-

31.03.2025Keßler holt dritten Platz auf Schlussetappe der Olympia´s Tour

(rsn) - Für die Teams Lotto – Kern Haus – PSD Bank und Rembe – rad-net ist mit unterschiedlichen Gefühlen eine insgesamt erfolgreiche Olympia´s Tour zu Ende gegangen und Run & Race - Wibatech

31.03.2025Kooij erleidet Schlüsselbeinbruch bei Gent-Wevelgem

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat sich bei seinem Sturz 72 Kilometer vor dem Ziel bei Gent-Wevelgem (1.UWT) das Schlüsselbein gebrochen. Das bestätigte das niederländische Team vi

31.03.2025Haller fehlte ein halbes PS bei Pedersens Attacke

(rsn) – Durch die immer früheren Attacken der Favoriten bei den belgischen Frühjahresklassikern hat sich die Taktik, über die frühe Ausreißergruppe vor das Rennen zu kommen, in den letzten Jah

31.03.2025Dwars door Vlaanderen im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Dwars door Vlaanderen (1.UWT) ist eines der kürzesten flämischen Eintagesrennen des Frühjahrs. Im vergangenen Jahr etwa betrug die Distanz "nur" 183,7 Kilometer. Für die Fahrer ist das

30.03.2025Pedersen: “Erwartet das nicht immer von mir“

(rsn) – Es war schon eine sehr eindrucksvolle Show, die Mads Pedersen (Lidl – Trek) mit seiner 56 Kilometer langen Soloflucht beim 87. Gent-Wevelgem in Flanders Fields bot. Als wäre nichts weiter

30.03.2025Degenkolb: “Als Mads losfuhr, hatte keiner die Beine“

(rsn) – John Degenkolb (Picnic – PostNL) hat beim 87. Gent-Wevelgem (1.UWT) eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er trotz seiner 36 Jahrebei harten, langen Eintagesrennen immer noch mit der

30.03.2025Clever und stark: Roglic nach Katalonien bereit für den Giro

(rsn) - Primoz Roglic (Red Bull - Bora - hansgrohe) hat mit seinem Gesamtsieg bei der Katalonien-Rundfahrt eindrucksvoll bewiesen, dass er in bestechender Form ist. Der 35-jährige Slowene zeigte nic

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine