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25.07.2019 | (rsn) - Am liebsten wären sie wohl beide gar nicht dort gewesen: in der Spitzengruppe auf der 17. Tour-Etappe von der Pont du Gard nach Gap - oder einfach gar nicht mehr in Frankreich. Denn sowohl Nils Politt (Katusha - Alpecin) als auch Lukas Pöstlberger (Bora - hansgrohe) erwartet am Montag bei der Heimkehr ein Baby zuhause, das sie bislang nur auf Fotos oder per Video-Anruf gesehen haben.
"Ja, ihr könnt gratulieren. Jetzt freue ich mich, am Montag nach Hause zu kommen", bestätigte Politt in Gap gegenüber den deutschen Journalisten, nachdem sein Team die Neuigkeit öffentlich gemacht hatte. Aus dem Begleitfahrzeug reichte man ihm während der Etappe einen Schnuller - wunderbar gefilmt von den TV-Kameras.
"Ich bin ehrlich: Ich weiß nicht, wo der Schnuller herkam. Da hat sich unsere Sportliche Leitung irgendwas einfallen lassen, um mich zu motivieren - und so hat das Fernsehen das auch eingefangen", so Politt, dem das gar nicht so recht war: "Ich wollte es erst nach der Tour sagen, aber jetzt ist es halt raus. So ist es eben", grinste er nun doch sichtbar erleichtert, dass das Thema damit nun vom Tisch ist.
In den vergangenen zwei Wochen wurde er immer wieder dazu befragt, doch Politt wollte Arbeit und Privates trennen, seinen Nachwuchs nicht zum Tour-Thema werden lassen. Nach dem Einzelzeitfahren am Freitag konnte man deutlich erkennen, wie sehr es ihn nervte, als die ARD schon wieder nachfragte. Da war Politts Tochter schon auf der Welt. "Letzte Woche, genauer sag ich's nicht", erklärte er nun in Gap.
Auf das private folgt in Gap kein sportliches Highlight
Ähnlich wie dem Deutschen von Katusha - Alpecin erging es auch dem Österreicher von Bora - hansgrohe - wenn auch mit deutlich weniger medialer Aufmerksamkeit. Pöstlbergers Sohn wurde an jenem Zeitfahr-Freitag geboren und auch er hatte nicht vor, das öffentlich zu machen. Doch über Radio Peloton ging die freudige Nachricht trotzdem.
Zwischen Pont du Gard und Gap saßen Politt und Pöstlberger nun also gemeinsam als frischgebackene Papas mit einem wunderschönen Geheimnis in der Ausreißergruppe des Tages und hofften leise, ein sportliches Highlight folgen lassen zu können. Doch als 23. (Politt) und Zwölfter (Pöstlberger) hatten sie mit dem Kampf um den Tagessieg schließlich leider nichts zu tun.
"Ich bin müde und enttäuscht", gab Pöstlberger gegenüber radsport-news.com zu. "Es ist immer eine komische Situation mit so vielen Leuten in der Spitzengruppe, gerade in der dritten Woche. Man kann schwer sagen, wer noch wie gut kann und wer welche Ambitionen hat. Es war sehr nervös und unorganisiert im Finale. Jeder versucht, irgendwie zu sparen. Dann entstehen Ungereimtheiten und man weiß gar nicht, wieso jetzt eigentlich keiner mehr fährt."
Angriffslotterie im Etappen-Finale
Als der spätere Etappensieger Matteo Trentin (Mitchelton - Scott) attackierte, setzte zunächst niemand nach. Dadurch konnte sich der Italiener lösen und zum Sieg durchziehen. Der Stärkste der Gruppe war er deshalb aber nicht zwangsweise. "Hut ab vor der Leistung, aber da spielen eben sehr viele Faktoren mit hinein", so Pöstlberger.
Vom Lotteriespiel im Finale der Etappe konnte auch Politt ein Lied singen. Der Zweite von Paris - Roubaix hatte keine Teamkollegen bei sich. Er entschied sich deshalb, vor der letzten Steigung schon in die Offensive zu gehen, um dort mit Vorsprung anzukommen, weil er fürchtete, den stärksten Kletterern am Col de la Sentinelle nicht mehr folgen zu können. Doch Politt wurde nicht fahren gelassen. "Ich habe direkt gemerkt, dass die Anderen auf mich gucken", so der Hürther, der dann danach nicht spritzig genug war, um den Postabgang in Richtung Tagessieg zu erwischen.
Eine Tour mit überraschend wenig Chancen für Ausreißer
"Ich hatte vorher gerade attackiert und dann ging die Konterattacke. Ich habe auf Dylan Teuns geguckt, der heute mein Favorit war, und dachte er springt noch hin. Aber das war nicht der Fall, und dann waren sie weg", erklärte er. "Es war eine außergewöhnliche Tour, weil oft Teams kontrolliert haben, zum Beispiel Bora für Sagan. Deshalb sind selten Ausreißer durchgekommen - eigentlich fast nur auf den Bergetappen."
Die letzte Chance auf einen Etappensieg als Ausreißer ist für die frischgebackenen Papas in Gap also verstrichen. Nun geht es für beide ins Hochgebirge, wo sie Helferdienste für Ilnur Zakarin und Emanuel Buchmann verrichten und in Gedanken wohl die meiste Zeit ganz woanders sein werden. Es ist nicht nur physisch hart, Radprofi zu sein.
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