“Für so eine Etappe bezahle ich oft am Folgetag“

Van Avermaet wiederholt seinen Coup in Gelb von 2016

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Van Avermaet wiederholt seinen Coup in Gelb von 2016"
Greg Van Avermaet (BMC) im Ziel der 10. Etappe der Tour de France 2018 | Foto: Cor Vos

17.07.2018  |  (rsn) - Große Emotionen ließ sich Greg Van Avermaet auf dem Podium in Le Grans-Bornand nicht anmerken. Routiniert winkte der Kapitän der amerikanischen BMC-Mannschaft ins Publikum und streifte ein weiteres Mal das Gelbe Trikot über. Dabei hätte ihm keiner ein breites Grinsen verübelt. Denn das der Belgier ein weiteres Mal das Führungstrikot in Empfang nehmen würde, das hätte beim Start in Annecy wohl kaum jemand für möglich gehalten.

Die Tour de France erreichte mit der 10. Etappe die Alpen, gleich drei Anstiege der 1. Kategorie und einer der Ehrenkategorie standen im Tagesplan – alles andere als das bevorzugte Terrain des Klassikerspezialisten. Trotzdem lag Van Avermaet auch nach dieser Etappe an der Spitze des Klassements – durch Geschick und einem bekannten Kniff. Treu dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Kurzerhand schloss sich Van Avermaet der Fluchtgruppe des Tages an.

"Es war die einzige Möglichkeit, das Gelbe Trikot zu verteidigen", sagte der 33-Jährige im Ziel, "daher habe ich es gemacht. Ich habe mich gut gefühlt und hatte die Beine." Mit einer Energieleistung sprang Van Avermaet als letzter Fahrer aus dem Feld der Spitzengruppe hinterher und schaffte den Anschluss. "Man muss die Rennsituation richtig lesen können und den richtigen Moment finden. In einem Anstieg entschied ich dann, der Gruppe noch hinterher zu fahren, um zu sehen, ob Sky reagieren würde – aber sie reagierten nicht", erläuterte Van Avermaet. Nach einem Ruhetag fühle er sich "immer stark", verriet der Mann in Gelb und fügte an: "Nach dem Angriff habe ich sofort gemerkt, dass es mein Tag ist."

2016 bereits Gelb auf ungewöhnliche Art verteidigt

Dabei ist der Trick alt, bereits vor zwei Jahren führte Van Avermaet ihn auf ähnliche Weise bei der Tour vor. 2016 holte er sich mit dem Sieg auf der 5. Etappe nach Le Lioran zum ersten Mal in seiner Karriere das "Maillot Jaune". Zwei Tage später ging es in die Pyrenäen – und seine Zeit als Spitzenreiter der Rundfahrt schien sich nach allgemeiner Ansicht dem Ende zuzuneigen. Damals trotzte Van Avermaet aber ein erstes Mal dem Lauf der Dinge, schaffte es in die Ausreißergruppe und verlängerte seine Zeit in Gelb unerwartet um einen weiteren Tag. "Das war schon eine ungewöhnliche Aktion. Das hatte ich vor der Etappe so nicht geplant. Aber manchmal musst du einfach Entscheidungen treffen und schauen, was dabei rauskommt", beschrieb er die Aktion einmal gegenüber der Fachzeitschrift "Procycling".

Seine Leistung zwei Jahre später nach Le Grand-Bornand darf als ähnlich spektakulär angesehen werden. Zwar hielt er im Etappenfinale nicht das Tempo um Tagessieger Julian Alaphilippe (Quick-Step Floors), kämpfte sich aber immerhin als Tagesvierter mit 1:44 Minuten Rückstand ins Ziel. Die Jury zeichnete ihn dafür mit dem "Combativity Preis" als kämpferischsten Fahrer des Tages aus. Ebenfalls selten für einen Träger des Gelben Trikots.

"Für so eine Etappe bezahle ich oft am Folgetag"

Die Gruppe der Favoriten erreichte das Tagesziel 1:39 Minuten hinter Van Avermaet, wodurch der Olympiaseger von Rio seine Führung sogar auf 2:22 Minuten gegenüber den Gesamtzweiten Geraint Thomas (Sky) ausbaute.

Allerdings blieb Van Avermaet anschließend realistisch, eine weitere Verteidigung des Gelben Trikots schloss er aus. "Für so eine Etappe bezahle ich oft am Folgetag", blickte er voraus, "morgen erwarte ich nicht viel. Die Etappe ist kurz und beinhaltet drei schwere Berge. Das wird verdammt schwierig."

Wahrscheinlich ist ein weiterer Tag als Spitzenreiter sogar unmöglich. Aber das haben die meisten auch schon vor dieser Etappe behauptet. Ansonsten bleibt ihm das unerwartete Privileg eines weiteren Tages im Gelben Trikot.  

Mehr Informationen zu diesem Thema

06.07.2022Ausgerechnet in Roubaix platzte Degenkolbs Tour-Knoten

(rsn) – Vor vier Jahren mussten die Starter der Tour de France letztmals Kopfsteinpflaster-Passagen unter die Räder nehmen. Am . Juli 2018 holte sich Degenkolb in Roubaix nach 156,6 Kilometern inkl

25.07.2020Video-Rückblick: Horror-Sturz endet für Gilbert glimpflich

(rsn) - Auf der 16. Etappe der Tour de France mussten die Zuschauer das Schlimmste für Philipp Gilbert befürchten. In der Abfahrt vom Portet d´Aspet versteuerte der Belgier sich und flog kopfüber

12.11.2018Alpe d´Huez-Sturz: Nibali drei Stunden von Polizei befragt

(rsn) – Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) ist am Samstag in Modane von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener im Sch

31.10.2018Thomas war bei der Tour wegen Kapitänsfrage frustriert

(rsn) - Am letzten Tag der diesjährigen 105. Tour de France strahlte Geraint Thomas (Sky) im Gelben Trikot auf den Champs-Elysees. Der Waliser feierte den größten Erfolg seiner Karriere und setzte

16.10.2018Nibali wird am 10. November von französischer Polizei befragt

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird am 10. November in Grenoble von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener

10.10.2018Thomas´ Tour-Trophäe in Birmingham gestohlen

(rsn) - In den vergangenen Jahren kam es immer wieder vor, dass Radsport-Mannschaften von Fahrraddieben heimgesucht wurden. Nun meldet Team Sky den Verlust der Tour-de-France-Auszeichnung von Geraint

03.08.2018“Zwischen Froome und Thomas gab es nie einen Disput“

(rsn) - Seit dem vergangenen Sonntag schon ist die auch 105. Ausgabe der Tour de France wieder Geschichte. In der neuen Ausgabe von Radio Tour – dem Radsportpodcast in Kooperation mit radsport-news.

03.08.2018Nach Tour-Aus fordert Sieberg “Überdenken der Karenzzeit“

(rsn) – Nachdem er im Vorjahr wegen eines Magen-Darm-Virus´ erstmals die Tour de France vorzeitig beenden musste, wollte Marcel Sieberg (Lotto Soudal) bei der 105. Austragung unbedingt wieder Paris

02.08.2018Lappartient: Funkverbot und 6-Mann-Teams gegen Sky-Dominanz

(rsn) - Auf wenig Gegenliebe - um es vorsichtig auszudrücken - ist UCI-Präsident David Lappartient bei den Profis mit seinen jüngst geäußerten Ideen gestoßen, wie man der vor allem in den große

02.08.2018“Ich fand alle Bergpässe schön“

(rsn) – Mit Michael Gogl (Trek-Segafredo), Gregor Mühlberger und Lukas Pöstlberger (beide Bora-hansgrohe) nahmen drei Österreicher an der 105. Tour de France teil. Das rot-weiß-rote Trio erreich

01.08.2018Zabel will sein Selbstvertrauen wieder aufpolieren

(rsn) – Der Frust über das verfrühte Tour-Aus sitzt tief: Rick Zabel (Katusha-Alpecin).musste auf der Königsetappe nach Alpe d`Huez im Kampf gegen das Zeitlimit kapitulieren und in den Besenwagen

01.08.2018Politt: “Wir haben uns nochmal richtig zusammengerissen“

(rsn) – Nach drei harten Wochen bei der Tour de France sehnt sich Nils Politt (Katusha-Alpecin) nach Erholung. Die ist derzeit aber nur bedingt möglich. Denn keine 24 Stunden nach dem Tour-Ende in

Weitere Radsportnachrichten

19.05.2024Erster großer Stresstest für Pogacar in den Alpen

(rsn) – Mit seinen 222 Kilometern und über 5.000 Höhenmeter wird die 15. Etappe des Giro d´Italia mit Sicherheit ein Spektakel. Es ist der längste Abschnitt der diesjährigen Ausgabe und einer,

19.05.2024Tourstart von Vingegaard laut Team ein großes Fragezeichen

(rsn) – Vor zwei Wochen zeigte sich Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) erstmals bei einer Trainingsausfahrt auf seinem Rennrad wieder. Rund 40 Tage vor dem Auftakt der Tour de France ist der

19.05.2024Steinhauser: “Das erste Mal wieder Vollgas“

(rsn) – Es war eine gute erste Woche, die Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) beim Giro d´Italia absolvierte. Was folgte, war aber das genaue Gegenteil. Nach seiner imponierenden Vorstel

18.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die

18.05.20245.300 Höhenmeter: Königsetappe über den Mortirolo

(rsn / ProCycling) – Die 15. ist nicht nur die längste Etappe dieses 107. Giro d´Italia, sondern führt über gleich fünf Berge, von denen die letzten drei der 1. Kategorie angehören. Insgesamt

18.05.2024Hellas: Schiffer stürmt mit Dorns Hilfe ins Bergtrikot

(rsn) - Während der Österreicher Riccardo Zoidl (Felt - Felbermayr) auf der 4. Etappe der Tour of Hellas (2.1) seine Gesamtführung verteidigte und mit 46 Sekunden Vorsprung auf seinen Landsmann un

18.05.2024Martinez: “Der beste Teil des Giro liegt noch vor uns“

(rsn) – Das zweite Einzelzeitfahren des Giro d´Italia fand in der Nähe des Gardasees statt und endete mit dem überzeugenden Sieg von Filippo Ganna (Ineos Grenadiers). Der Stundenweltrekordler set

18.05.2024Pogacar ist sich sicher: Entscheidung erst am Monte Grappa

(rsn) – Nach den ersten beiden Dritteln des Giro d´Italia ist in der Regel noch nichts in Stein gemeißelt. Die extrem schweren Bergprüfungen in den Alpen warten in der Schlusswoche und so hat si

18.05.2024Leidert verpasst Ausreißercoup beim Orlen Nations GP

(rsn) - Louis Leidert (Deutsche U23-Nationalmannschaft) hat auf der 4. Etappe des Orlen Nation GP (2.NC) einen Ausreißercoup verpasst. Der 19-Jährige gehörte zur achtköpfigen Gruppe des Tages, di

18.05.2024Ganna kommen am Tag der Glorie die Tränen

(rsn) - Ein Schrei der Erleichterung breitete sich auf der Uferpromenade am Gardasee in Desenzano aus. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) war gerade ins Ziel gekommen. Doch der Mann in Rosa hatte die b

18.05.2024Highlight-Video der 14. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) hat das zweite Einzelzeitfahren des 107. Giro d’Italia für sich entschieden. Der 27-jährige Italiener setzte sich auf der 14. Etappe über 31,2 Kilometer

18.05.2024Bennett krönt in Cassell perfektes Decathlon-Teamwork

(rsn) – Sam Bennett (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat seinen Erfolgslauf bei den 4 Tagen von Dünkirchen (2.Pro) eindrucksvoll fortgesetzt. Der 33-jährige Ire entschied auch die schwere 5. Etapp

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)
  • Tour of Hellas (2.1, GRE)
  • Tour of Sakarya (2.2, TUR)