Leader auf Abruf in Roubaix mit Chance auf Gelb

Bringt Thomas die Sky-Hierarchie durcheinander?

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Bringt Thomas die Sky-Hierarchie durcheinander? "
Geraint Thomas (Team Sky): Heute in Gelb? | Foto: Cor Vos

15.07.2018  |  (rsn) - Er vermied den Blick nach hinten, stattdessen konzentrierte sich Geraint Thomas einzig darauf, was vor und neben ihm passierte. Hätte er sich umgewandt, dann hätte er Chris Froome am Ende der Gruppe hinauf zur Mûr-de-Bretagne in Schwierigkeiten gesehen. Doch Thomas musste oder wollte auf den letzten Metern an diesem Tag nicht nach seinem Kapitän schauen. Der Waliser beendete die Etappe in der ersten Gruppe als Neunter, drei Sekunden hinter Tagessieger Daniel Martin (Team UAE). Froome erreichte das Ziel erst fünf Sekunden später. Es sind marginale Verluste. Und dennoch überraschend für ein Team, das seit Jahren alles und jeden für den Gesamtsieg mit Froome unterordnet.

Auch der Konkurrenz ist das nicht entgangen. Richie Porte, jahrelang als wichtigster Helfer von Froome selbst für Team Sky unterwegs, merkte nach der Ankunft an der Mûr an: "Es wird nun spannend zu sehen sein, ob Sky Thomas oder Froome unterstützt." Auch die britische Presse nimmt den Spielball auf, formuliert dieser Tage Überschriften wie "Thomas macht Froome Feuer" (The Guardian) und stellt offen Fragen über die Hierarchie in der britischen Mannschaft.

Thomas ein Gewinner der ersten Woche

Acht Tage ist die 105. Tour de France nun alt. Acht Etappen voller Drama, Stürze und Defekte. Auffallend oft waren dabei die großen Namen verwickelt. Porte und Froome sowie Nairo Quintana und Adam Yates verloren gleich zum Auftakt Zeit, Romain Bardet und Tom Dumoulin kostete der Defektteufel zur Mûr-de-Bretagne wichtige Sekunden. Und wieder andere wie Mikel Landa, Alejandro Valverde oder Vincenzo Nibali mussten im Mannschaftszeitfahren Verluste hinnehmen.

Nur einer aus dem zuvor hochgehandelten Kreis der Rundfahrer behauptete sich bislang an jedem Tag: Geraint Thomas. Das Pech der Anderen ist das Glück von Thomas. Der 32-Jährige steht blendend da, liegt auf Position zwei der Gesamtwertung nur sieben Sekunden hinter Spitzenreiter Greg Van Avermaet (BMC), dafür allerdings schon 42 Sekunden vor dem nächsten ernsthaften Klassementrivalen Rigoberto Uran (EF Drapac).

Allerdings ist Thomas ein Gewinner der ersten Woche mit kleinem Sternchen an seinem Namen – das Sternchen verweist auf Froome, designierter Kapitän im Team Sky. Der Sportlicher Leiter Nicolas Porta sah sich daher kürzlich gezwungen, die Dinge während richtigzustellen: "Froome hat in seiner Karriere sechs Grand Tours gewonnen. Und insbesondere die vergangenen drei Grand Tours, an denen er teilnahm. Er ist unser Leader." Offenbar teamintern in diesem Thema gebrieft, verwies auch Servais Knaven, der zweite Sportliche Leiter, bei Nachfragen auf die sechs Gesamtsiege von Froome, über die Hierarchie gebe es "keine Zweifel". Derzeit allerdings rangiert Froome 59 Sekunden hinter Thomas.

Sieg im Vorfeld beim Critérium du Dauphiné

Und trotzdem ist die Rolle von Thomas bei dieser Tour eine besondere. Froome ist zweifellos der bessere Rundfahrer, dem Briten stecken allerdings der Giro d’Italia und mögliche Langzeitfolgen in den Beinen. Im Mai gewann er die Italien-Rundfahrt, doch Doppelstarts aus Giro und Tour zahlten sich in der Vergangenheit selten für Klassementsfahrer aus. Im Vorjahr machte Quintana diese Erfahrung: Der Kolumbianer beendete die Frankreich-Rundfahrt nach Platz zwei beim Giro Paris erschöpft und abgeschlagen als Zwölfter. Zwar lag dieses Jahr eine Woche mehr Regenerationszeit zwischen beiden Rundfahrten, aber auch für die Strategen von Sky gilt: Man weiß ja nie.

Thomas fungiert daher als Absicherung. Eine Art Relaisstation in der Gesamtwertung, möglichst weit vorne, und bei Bedarf einsetzbar. Daher ist er auch größtenteils autonom unterwegs und besitzt bislang einen Sonderstatus im Team. Der diesjährige Sieger des Critérium du Dauphiné, der die Tour noch nie in den Top Ten beendete, ist ein Leader auf Abruf. Seit Jahren arbeitete er auf diesen Status hin.

Gelb auf den Weg nach Roubaix?

Der gute Tour-Start von Thomas bringt Sky allerdings taktisch in eine schwierige Situation – gerade mit Blick auf die anstehende 9. Etappe über 21,7 Kilometer Kopfsteinpflaster nach Roubaix. Ein Terrain, bei dem Thomas in seinem Element ist, das Froome jedoch einige Sorge bereitet. Den Ersatz-Kapitän für Froome opfern oder Thomas auf eigene Rechnung fahren lassen? Was passiert, falls Thomas vorne brilliert, während Froome hinten in Schwierigkeiten kommt? Sky wird sich mit diesen Fragen beschäftigt haben.

Der Gedanke ist nicht ganz abwegig, dass Thomas nach der Etappe mehrere Minuten vor seinem Teamkollegen im Klassement rangiert. Möglicherweise sogar im Gelben Trikot. In dem Fall dürfte sich Sky auf einen presseintensiven ersten Ruhetag in Annecy einstellen. Die Fragen sind dabei vorprogrammiert.

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.07.2020Video-Rückblick: Bernals Weg zum Tour-Triumph

(rsn) - Vor genau einem Jahr gewann Egan Bernal (Ineos) als erster Kolumbianer die Tour de France. Nach einem harten Kampf über drei Wochen wurde der damals 22-Jährige am 28. Juli 2019 am Ende der 1

18.02.2020Tour-Sieger Bernal gewinnt Laureus World Sports Awards

(rsn) - Tour-de-France-Gewinner Egan Bernal (Ineos) ist als erster Radsportler seit Lance Armstrong mit dem Laureus World Sports Awards ausgezeichnet worden. Der 23-jährige Kolumbianer gewann die Wer

04.12.2019Van Aert: “Als würde ich bei lebendigem Leib brennen“

(rsn) - Wout Van Aert (Jumbo-Visma) hat sich erstmals die Aufzeichnung seines schrecklichen Sturzes bei der Tour de France angeschaut und im Rahmen der flämischen Doku-Serie Het Huis (Das Haus) ein I

15.11.2019Wetter-Wahnsinn bei Giro, Tour und WM

(rsn) - Extremwetter macht auch vor dem Radsport nicht halt. Eurosport hat in einem Video die fünf wildesten Szenen bei Radrennen zusammengefasst, die von Regen oder Schnee heimgesucht wurden.

24.10.2019Mitchelton - Scott: Vier Tour-Etappensiege als Saison-Highlights

(rsn) - Am Ende einer Saison, in der die GrandTour-Kandidaten Simon und Adam Yates sowie Esteban Chaves die großen Klassementhoffnungen nicht erfüllen konnten, zieht Mitchelton - Scott dennoch ein p

08.09.2019Van Aert sitzt erstmals seit Tour-Aus wieder auf dem Rad

(rsn) - "Guess what?! :)" - so betitelte Wout Van Aert am Sonntagmorgen eine Aktivität auf Strava. Und ja, ratet mal: Der Belgier saß erstmals seit seinem schweren Unfall im Einzelzeitfahren der Tou

06.09.2019Van Aert: OP-Fehler verlängerte die Zwangspause

(rsn) - Die Rechtskurve aus dem Tunnel unter dem Parc du Chateau heraus in die Rue d´Etigny, kurz vor der 1.000-Meter-Marke im Einzelzeitfahren der Tour de France in Pau: Maximilian Schachmann (Bora

16.08.2019Bardet wird in dieser Saison keine Rennen mehr bestreiten

(rsn) - Nach einer trotz des Gewinns des Bergtrikots enttäuschend verlaufenen Tour de France hat sich Romain Bardet (AG2R) dazu entschlossen, 2019 keine Rennen mehr zu bestreiten. "Gemeinsam mit dem

02.08.2019Van Aert: Nach zwei Operationen vor langer Rehabilitation

(rsn) - Nach zwei Operationen an seiner Oberschenkelwunde ist unklar, wann Wout Van Aert (Jumbo - Visma) wieder ins Peloton zurückkehren wird. Das teilte sein Team bereits vor einigen Tagen mit. Am D

02.08.2019Tour-Sieger Bernal kehrt nach der Clasica in seine Heimat zurück

(rsn) - Noch konnte Tour-de-France-Sieger Egan Bernal sein Gelbes Trikot seinen Fans in der Heimat nicht präsentieren. In der zu Ende gehenden Woche bestritt der Kolumbianer noch drei Kriterien in Be

02.08.2019Deceuninck - Quick-Step: Tour-Rückblick im Video

(rsn) - Mit drei Etappensiegen und 14 Tagen das Gelbe Trikot in den eigenen Reihen blickt Deceuninck - Quick-Step auf eine erfolgreiche Tour de France zurück. In einem selbst erstellten Video lässt

01.08.2019Greipel: “Die schlechteste Tour meiner Karriere“

(rsn) – André Greipel (Arkéa – Samsic) hat auf seiner Facebook-Seite seine neunte Tour de Frace bilanziert und betonte dabei, dass diese für ihn absolut nicht zufriedenstellend verlaufen ist.

Weitere Radsportnachrichten

19.04.2025Martin auch Bester der Tour du Jura, Buchmann stark

(rsn) – Guillaume Martin (Groupama – FDJ) hat einen Tag nach seinem Sieg bei der Classic Grand Besançon Doubs (1.1) bei der Tour du Jura gleich noch einen draufgelegt. Er war im steilen Schlussan

19.04.2025“Rentenvertrag“ für Vos

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

19.04.2025Pogacar will in “Trebellins“ und Gilberts Fußstapfen treten

(rsn) – Am Sonntag findet die 59. Ausgabe des Amstel Gold Race (1.UWT) im Südosten der Niederlande statt. Und wie fast immer, wenn Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) am Start steht, sind alle

19.04.2025“Ausgequetschter“ van Aert verlor wieder den Sprint

(rsn) – Es war das Traumszenario der Belgier. Die beiden heimischen Topstars Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) hatten sich beim Pfeil von Brabant (1.

18.04.2025Evenepoel gelingt beim Brabantse Pijl perfektes Comeback

(rsn) – Nach seiner langen Verletzungspause ist Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) vor heimischem Publikum ein perfektes Comeback geglückt. Der 25-jährige Belgier entschied nach 162,6 Kilomet

18.04.2025Highlight-Video des 65. Brabantse Pijl

(rsn) – Besser hätte das Comeback nach langer Verletzungspause nicht verlaufen können. Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) hat vor heimischem Publikum den 65. Brabantse Pijl gewonnen und seine

18.04.2025Highlight-Video der Schlussetappe des Giro d´Abruzzo

(rsn) – Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) hat erstmals in seiner Karriere ein Mehretappenrennen für sich entschieden. Der 27-jährige Augsburger gewann nach einer starken Vorstellung den 7.

18.04.2025Ein großer Tag: Zimmermann gewinnt den Giro d´Abruzzo

(rsn) – Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) hat am Schlusstag des 7. Giro d’Abruzzo (2.1) nichts mehr anbrennen lassen und sich erstmals in seiner Karriere die Gesamtwertung eines Etappenren

18.04.2025Longo Borghini macht in Overijse ihren Sturz von der Ronde vergessen

(rsn) – Zwölf Tage nach ihrem Sturz bei der Flandern-Rundfahrt hat sich Elisa Longo Borghini (UAE Team ADQ) eindrucksvoll zurückgemeldet und beim 10. Brabantse Pijl (1.Pro) souverän die Titelvert

18.04.2025Niewiadoma hofft auf Solo-Szenario am Cauberg

(rsn) - “Einsam bist du klein“ gilt für Kasia Niewiadoma sicherlich nicht. Dennoch ist die Polin mit ihren Teamkolleginnen von Canyon – SRAM – zondacrypto “gemeinsam stark“. Bei der 11. A

18.04.2025Nys verzichtet auf Brabant und fordert in Huy Pogacar heraus

(rsn) – Während Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) der vom Mittwoch auf den Freitag vor dem Amstel Race verschobene Termin des Brabantse Pijl so gut in den Plan passt, dass er sich zum zweiten

18.04.2025Van Aert peilt in Overijse seinen 50. Profisieg an

(rsn) – Beim 65. Brabantse Pijl (1.Pro) sind alle Augen auf Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) gerichtet. Der Belgier gibt nach langer Verletzungspause seinen Saisoneinstand und wird prompt zu

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour du Maroc (2.2, MAR)
  • Tour du Loir et Cher (2.2, FRA)
  • Liege-Bastogne-Liege U23 (1.2u, BEL)
  • Tour du Jura (1.1, FRA)