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21.07.2017 | (rsn) - Krasser hätte sich der Gegensatz zwischen dem Sieger und dem ersten Geschlagenen kaum ausdrücken lassen können: Nikias Arndt (Sunweb) rollte mit hängendem Kopf ins Ziel der 19. Etappe der 104. Tour de France. Wenige Meter vor ihm dagegen strahlte Edvald Boasson Hagen (Dimension Data), der nach mehreren knapp gescheiterten Versuchen doch noch seinen herbeigesehnten Tagessieg einfahren konnte.
Drei Kilometer vor dem Ziel in Salon-de-Provence hatte der Skandinavier eine kleine Unachtsamkeit des Kölners ausgenutzt und Arndt mit einer Tempoverschärfung abgeschüttelt, als er ihm angedeutet hatte, die Führungsarbeit zu übernehmen. Boasson Hagen zog durch und setzte sich schließlich auf dem mit 221,5 Kilometern längsten Teilstück der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt souverän mit fünf Sekunden Vorsprung auf seinen deutschen Konkurrenten durch.
"Ich war so oft dicht dran, heute hat es endlich gereicht. Ich wollte nicht in den Sprint gehen. Heute wollte ich die Entscheidung früher suchen. So konnte ich es genießen und musste nicht auf ein Zielfoto hoffen“, scherzte der 30-Jährige nach seinem insgesamt dritten Tour-Erfolg, anspielend auf die 7. Etappe in Nuits-Saint-Georges, als er sich um ganze sechs Millimeter Marcel Kittel (Quick-Step Floors) hatte geschlagen geben müssen.
Dagegen musste sich der 25-jährige Arndt trotz eine starken Vorstellung mit Rang zwei begnügen - und das, obwohl er in einem Kreisel drei Kilometer vor dem Ziel mit Boasson Hagen im Schlepptau die kürzere Route gewählt hatte, wogegen die restlichen sieben Fahrer der zu diesem Zeitpunkt noch neunköpfigen Spitzengruppe den ungünstigeren Weg wählten. "Boasson Hagen hat so stark beschleunigt, dass ich nicht hinterhergekommen bin. Ich habe gekämpft, aber er war zu stark heute. Ich denke, er hat den Sieg verdient. Seine Attacke kam genau im richtigen Moment“, lobte Arndt den erfahrenen Allrounder, der für den ersten Tagessieg des südamerikanischen Dimension Data-Team sorgte, mit dem er sich zudem auf Rang drei der Punktewertung verbesserte.
Mit 17 Sekunden Rückstand entschied der Belgier Jens Keukeleire (Orica-Scott) den Sprint der ersten Verfolgergruppe für sich und sicherte sich Rang drei vor dem Italiener Daniele Bennati (Movistar) und seinem Landsmann Thomas De Gendt (Lotto Soudal).
Einen sonnigen Tag im Feld verbrachte Chris Froome (Sky), der 12:27 Minuten nach dem Etappensieger ins Ziel kam und sein Gelbes Trikot verteidigte. Der Brite geht morgen mit 23 Sekunden Vorsprung auf Romain Bardet (AG2R) in das morgige Zeitfahren von Marseille. Mit 29 Sekunden Rückstand folgt Rigoberto Uran (Cannondale-Drapac) auf Rang drei. Warren Barguil (Sunweb) steht bereits seit gestern als Gewinner der Bergwertung fest. Gleiches gilt für seinen Teamkollegen Michael Matthews, der in der Punktewertung ebenfalls nicht mehr von der Spitze zu verdrängen ist. Simon Yates (Orica-Scott) behauptete das Weiße Trikot des besten Jungprofis. Sky bleibt bestes Team, hat jetzt aber nur noch 3:08 Minuten Vorsprung auf AG2R.
Ein erster ernsthafter Ausreißversuch durch Adrien Petit (Direct Energie), Guillaume Van Keirsbulck (Wanty-Groupe Gobert), Julien Vermote (Quick-Step Floors), Maxime Bouet (Fortuneo-Oscaro), sowie Dylan van Baarle und Pierre Rolland (beide Cannondale-Drapac) wurde am ersten Berg nach rund 25 Kilometer wieder vereitelt, da vor allem Movistar und BMC die Ausreißer nicht ziehen lassen wollten.
Mehr Erfolg war dem nächsten Versuch beschieden: Noch in der Abfahrt lösten sich gleich 20 Fahrer, mit dabei wieder Albasini, Simon und Calmejane. Dazu gesellten sich Bauke Mollema (Trek-Segafredo), Tony Gallopin und De Gendt (beide Lotto Soudal), Jan Bakelants (AG2R), Sylvain Chavanel und Romain Sicard (beide Direct Energie), Romain Hardy, Elie Gesbert und Pierre-Luc Perichon (alle Fortuneo-Oscaro), Robert Kiserlovski (Katusha-Alpecin), Rudy Molard (FDJ), Gianluca Brambilla (Quick-Step Floors), Ben Swift (UAE Team Emirates), Boasson Hagen, Arndt, Keukeleire und Bennati.
Eine Gefahr für das Gelbe Trikot bildete trotz der prominenten Zusammensetzung der Gruppe keiner der Ausreißer. Mollema, Etappengewinner von Le Puy-en-Velay, lag im Gesamtklassement als bestplatzierter Fahrer mehr als 40 Minuten zurück, so dass das von Team Sky angeführte Feld die Gruppe am langen Zügel ließ und ihr einen immer größer werdenden Vorsprung gewährte.
Auch am Zwischensprint des Tages bei Kilometer 136 hatte sich kaum etwas an der Konstellation geändert. In Banon holte sich De Gendt 20 Punkte und 1.500 Euro für die Teamkasse. Das Feld folgte in respektvollem Abstand von rund acht Minuten. Bereits gut 60 Kilometer vor dem Ziel zog Keukeleire davon, wurde aber schnell wieder von seinen aufmerksamen Begleitern eingefangen.
Im Col du Pointu (3. Kat.) versuchte Sicard vier Mal vergeblich wegzukommen. Doch auch diesmal blieb die Gruppe beisammen, ehe 20 Kilometer vor dem Ziel erneut Direct Energie und Fortuneo, beide mit je drei Fahrern vertreten, wieder in die Offensive gingen, gefolgt von Keukeleire, der es an einer Welle ein zweites Mal probierte und die Gruppe mit seinem kraftvollen Antritt knapp 15 Kilometer vor dem Ziel sprengte.
Acht Fahrer konnten dem Belgier folgen, darunter auch Boasson Hagen und Arndt, der sich auf den letzten Kilometern taktisch clever verhielt und sich bei den folgenden Attacken immer ein "starkes Hinterrad“ aussuchte. Eingangs der letzten fünf Kilometer testete Boasson Hagen seine Begleiter ein erstes Mal, ehe der unermüdliche De Gendt die sprintstärkeren Konkurrenten abzuhängen versuchte.
Es war dann ein Kreisverkehr drei Kilometer vor dem Ziel, der für die Vorentscheidung sorgte. Während der Großteil der Gruppe die linke Seite wählte, jagten Arndt und Boasson Hagen rechts herum und fuhren sich so einige Meter an Vorsprung heraus.
Dann forderte der Deutsche seinen Begleiter mit einem Ellbogenzucker auf, mit in die Führung zu gehen und blickte sich dabei kurz nach den Verfolgern um. Boasson Hagen ließ sich nicht zwei Mal bitten, beschleunigte und riss so eine Lücke, die Arndt nicht schließen konnte. Der gebürtige Buchholzer nahm kurzzeitig Tempo raus in der Erwartung, dass die Verfolger aufschließen würden, doch als die nicht schnell genug herankamen, versuchte er auf den letzten beiden Kilometer mit letzter Kraft doch noch Boasson Hagen abzufangen. Der Skandinavier ließ sich den Sieg aber nicht mehr nehmen.
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