Paddis Tour-Blog / 10. Juli

Endlich Zeit, um den deutschen Fahrern auf die Nerven zu gehen

Von Sebastian Paddags

Foto zu dem Text "Endlich Zeit, um den deutschen Fahrern auf die Nerven zu gehen"
Paddi mit Simon Geschke | Foto: Paddags

10.07.2016  |  rsn) - Beim heutigen Blick auf den Wecker stellte ich erstaunt fest, dass wir Samstag haben - wie schön, Wochenende - oder eben auch nicht. Vom Ding her erinnert mich das alles hier stark an meine Zeit als Crewmitglied auf einem Kreuzfahrtschiff, denn damals dachte man nämlich nicht in Tagen sondern in Häfen. Hier ist das nun wieder genauso, nur dass die Häfen durch Etappen ersetzt werden.

Allerdings haben die Etappen ja auch wieder Orte, von daher ist es beinahe doch das gleiche. Was ich sagen will: die Tour hat ihre eigene Zeitzone und bewegt sich in ihrem eigenen Mikrokosmos. Verrückt, speziell und einzigartig. Und wenn man mal etwas aus dem Renngeschehen heraus-zoomt, so wird man feststellen, dass es neben diesem Mikrokosmos des eigentlichen Rennens noch viele viele weitere kleine gibt. Und einer davon sind wir hier.

Ich selbst hatte heute tatsächlich meinen bislang entspanntesten Tag und brauchte lediglich dem Orga-Team etwas zu helfen. Somit hatte ich am Start endlich mal etwas mehr Zeit als sonst und konnte den Deutschen Fahrern etwas auf die Nerven gehen. Wagi war direkt so freundlich, mir einen Espresso aus dem Bus mitzubringen und stellte mich einem seiner Teamkollegen vor, der heute nicht Radfahren musste. Lotto NL Jumbo hat in seinen Reihen nämlich auch eine Auswahl an Top-Eisschnellläufern und einer von ihnen ist kein geringerer als der Holländer Sven Kramer. Sven ist u.a. 3-facher Olympiasieger und 8-facher Weltmeister auf der Klappkufe, Hut ab!

Sven bleibt für 2 Tage mit hier und guckt sich das Spektakel einmal an. Da seine Anwesenheit entsprechend auch für Aufsehen sorgte, ergab es sich witziger Weise sogar, dass der Moment, als Wagi ein Foto von ihm und mir machte, auf der Lotto NL Jumbo Twitter Seite landete.

Wagi musste natürlich heute wieder ran und hatte ein bisschen Respekt vor der Etappe. So versicherte er mir vor dem Start, dass er DEFINITIV nicht ausreißen würde heute. Das sagt wohl alles. Anschließend traf ich auch endlich mal Sibi (Marcel Sieberg), der inzwischen schon 100 Mal an mir vorbeigefahren war, mich aber aufgrund des eklatanten Größenunterschiedes (172 vs.191) wohl immer übersehen hatte. Er fragte mich direkt, ob ich am Tourmalet heute irgendwo stehen würde, um ihn etwas zu schieben. Da ich dies verneinte, wünschte er sich das dann dringend noch einmal für morgen. Das wiederum könnte was werden.

Am Giant-Alpecin Bus wartete ich bestimmt 20 Minuten, bis Simoni endlich mal seinen Bart an die Luft streckte. Als er dann endlich draußen war, freute ich mich schon und musste dann aber noch mal ewig warten, weil er noch ein ZDF Interview zu geben hatte. Auf meine lange Wartezeit angesprochen, hatte Simoni dann nur eine Antwort: „Sorry, Fame!“. Wir mussten beide lachen.

Simoni ärgerte sich etwas, dass es gestern nichts wurde mit der Gruppe des Tages, will aber sein Glück natürlich weiterhin versuchen. Heute vor dem Rennen hatte ich allerdings das Gefühl, dass er irgendwie noch nicht ganz 100%-ig in Angriffslaune war, denn 60 Sekunden vor dem Start saß er noch mit Vossi im Village rum und machte Grimassen. Kurz davor hatte er mich sogar heimtückisch mit einem Stück Madeleine beschmissen. Zum Glück kann er aber besser Radfahren als zielen. Ansonsten sprach ich noch kurz mit Enrico Poitschke und André Schulze, den beiden sportlichen Leitern des Teams Bora Argon18. Ich glaube, die beiden haben riesigen Spaß daran, sich jeden Tag zu überlegen, wen sie heute in die Gruppe des Tages schicken. Von mir aus kann das gerne so weitergehen.

Übrigens konnte ich heute auch die Kontrolleure der UCI sehen, die die Räder scannten, um zu kontrollieren, ob sich womöglich Motoren darin verbergen. Ich habe auch gelesen, dass sie heute mit Wärmebild-Kameras im Rennen arbeiteten - finde ich wirklich gut. Tja, ansonsten habe ich heute nicht so viel erlebt, da ich mich großenteils im Hotel aufhielt. Hier hatte ich allerdings noch kurz einen Aha-Moment, denn im französischen Eurosport senden sie auch die Alpecin-Werbung mit Simoni unter der Dusche. Allerdings spricht er da natürlich keine Deutsch, sondern eben tatsächlich französisch - und das brachte mich erst mal völlig aus dem Konzept!

Morgen wird es sicherlich eine mehr als spektakuläre Etappe geben, denn wir starten in Spanien und knallen dann hoch nach Andorra. Auf Jan Ullrichs glorreichen Spuren sozusagen… Hoffen wir mal, dass das ein gutes Omen sein wird und lassen uns von neuen Abenteuern am Rande des größten Radrennens der Welt überraschen.

PS: der Buschfunk hat mir heute erzählt, dass Cav wohl als einer der ersten abgehangen war und dann den ganzen Tag das Gruppetto nicht sah. Dennoch hatte er im Ziel die gleiche Zeit wie die Jungs, die dort fuhren. Man munkelt etwas von Auto oder „sticky bottle“… behalten wir da vielleicht mal ein Auge drauf.

Euer Paddi-avec-i

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

23.07.2016Auf den letzten Metern noch ein DNF

(rsn) - Hallo Freunde, aufgrund einer Änderung im Logistikplan meines Jobs hier bin ich seit heute der Fahrer unseres Wohnmobils, mit welchem das tägliche Picknick für die VIPs arrangiert wird. So

22.07.2016Psychospielchen der besonderen Art

(rsn) - „Kampf gegen die Uhr Zwei Punkt Null“ - so lautete sicherlich das Motto des heutigen Tages, denn es stand das Zeitfahren Nummer Zwei auf dem Plan. Im Vergleich zum ersten Zeitfahren herrsc

21.07.201672 Kilometer lang Gesichtsfasching

(rsn) - Hot, hotter am hottesten… So oder so ähnlich hätte man wohl die heutige Etappe in Richtung der Berge zum Mont Blanc beschreiben könne - es war tatsächlich unfassbar warm! Ich schwitze be

20.07.2016Ein Hoch auf den Google-Übersetzer

(rsn) - Du merkst, dass Ruhetag bei der Tour de France ist, wenn du zurück im Hotel, nach 100 Km im Auto denkst - „Das war ja easy heute.“ Wenn man so will, stehe ich somit eigentlich den Jungs

19.07.2016Unterwegs inmitten zweier fahrender Tüten Pommes

(rsn) - Hallo liebe DJ Bobo-Hörer und Toblerone-Genießer! Ich bins wieder, Euer Patrick Swayze der Tour de France. Mein Bericht zum gestrigen Montag kommt heute zwar etwas verspätet, hat dafür abe

18.07.2016Mit Jörg Werner im Auto verging die Zeit wie im Flug

(rsn) - Wenn ich den heutigen Tag so Revue passieren lasse, neige ich beinahe dazu, einen Superlativ aus dem Koffer zu holen. Wir hatten permanent einen wolkenlosen Himmel, nicht so viel Wind, atember

17.07.2016Sagan ist ein geiler Typ - in jeglicher Hinsicht

(rsn) - Einen Wundervollen guten Morgen aus Bourg-En-Bresse. Gestern (Samstag) hieß es glücklicherweise „Back to Business“ und wir waren auch direkt wieder ordentlich unterwegs. Meine Tagesleist

16.07.2016Die Stimmung war spürbar gedämpft

(rsn) - Normalerweise sitze ich zum Schreiben meines täglichen Blogs immer vor dem Laptop und fange einfach so an, drauf los zu schreiben. Meistens hatte ich für den Start schon im Laufe des Tages e

15.07.2016Angenehme Talkrunde mit Kittel und Greipel

(rsn) - So liebe Leichtathletik-Fans, das Wichtigste vielleicht mal gleich zu Beginn: Auch wenn mich schon wieder mehrere Leute mit dem vermaledeiten Kameramotorrad von heute in Verbindung bringen wol

14.07.2016Nach 163 Kilometern am Anschlag ein Knutscher für das Geburtstagskind

(rsn) - Was für ein Tag und was für ein Rennen war das denn schon wieder? Selten hat es mich beim Zuschauen so oft von meinem Stuhl gezogen wie heute - und das obwohl ich lediglich die letzten 45 Ki

13.07.2016Es ist noch lange nicht Feierabend

(rsn) - Man kann ja über die Franzosen sagen oder zumindest denken, was man will. Sie können vielleicht nicht Autofahren, sie haben vielleicht keinen guten Kaffee und beim gewöhnlichen französisch

12.07.2016Man fängt an, sich das Ganze schön zu reden

(rsn) - Hallo liebe Sportsfreunde und Euromünzensammler, hier meldet sich wieder Euer Peter Lustig der Tour de France. Diesmal schreibe ich Euch live aus Andorra. Heute haben wir den ersten und wohl

Weitere Radsportnachrichten

31.03.2025“Großvater“ Kristoff landete fast nochmal auf dem Podium

(rsn) – Zwei Monumente konnte Alexander Kristoff (Uno-X Mobility) in seiner Karriere schon gewinnen, aber auch bei Gent-Wevelgem in Flanders Fields war der mittlerweile 37-jährige Norweger schon e

31.03.2025Jakobsen muss unters Messer und steht vor langer Zwangspause

(rsn) – Spätestens nach der Saison 2022 schien der Horror-Sturz von Fabio Jakobsen (Picnic - PoostNL) aus der Polen-Rundfahrt aus dem Jahr 2020 endgültig vergessen, der heute 28-Jährige fuhr mit

31.03.2025Tudor, TotalEnergies und Uno-X bekommen die Tour-Wildcards 2025

(rsn) – Kaum hat die UCI die Bestätigung einer möglichen dritten Wildcard für die Grand Tours im Jahr 2025 bekanntgegeben, ist auch die ASO als Veranstalterin der Tour de France nun bereits vorge

31.03.2025Wiebes‘ unglaubliche Statistiken: Die Zahlen hinter der “100“

(rsn) – Ihren ersten UCI-Sieg feierte Lorena Wiebes im Jahr 2018. Das war damals im Mai beim Dorpenomloop in Aalburg, einem Rennen, das heute nicht mehr ausgetragen wird. Damals war sie 19 Jahre alt

31.03.2025UCI bestätigt Erweiterung der Grand-Tour-Pelotons auf 23 Teams

(rsn) – Nachdem sich das Professional Cycling Council (PCC) bereits für ein zusätzliches 23. Team bei den Grand Tours ausgesprochen hatte, hat nun auch das UCI Management Komitee die Entscheidung

31.03.2025Kool schafft bei Gent-Wevelgem den Befreiungsschlag

(rsn) – Auch wenn die Weltklasse-Sprinterin Charlotte Kool (Picnic – PostNL) beim überlegenen Sieg von Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) bei Gent-Wevelgem (1.UWT) chancenlos aussah, war die 25-

31.03.2025Keßler holt dritten Platz auf Schlussetappe der Olympia´s Tour

(rsn) - Für die Teams Lotto – Kern Haus – PSD Bank und Rembe – rad-net ist mit unterschiedlichen Gefühlen eine insgesamt erfolgreiche Olympia´s Tour zu Ende gegangen und Run & Race - Wibatech

31.03.2025Kooij erleidet Schlüsselbeinbruch bei Gent-Wevelgem

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat sich bei seinem Sturz 72 Kilometer vor dem Ziel bei Gent-Wevelgem (1.UWT) das Schlüsselbein gebrochen. Das bestätigte das niederländische Team vi

31.03.2025Haller fehlte ein halbes PS bei Pedersens Attacke

(rsn) – Durch die immer früheren Attacken der Favoriten bei den belgischen Frühjahresklassikern hat sich die Taktik, über die frühe Ausreißergruppe vor das Rennen zu kommen, in den letzten Jah

31.03.2025Dwars door Vlaanderen im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Dwars door Vlaanderen (1.UWT) ist eines der kürzesten flämischen Eintagesrennen des Frühjahrs. Im vergangenen Jahr etwa betrug die Distanz "nur" 183,7 Kilometer. Für die Fahrer ist das

30.03.2025Pedersen: “Erwartet das nicht immer von mir“

(rsn) – Es war schon eine sehr eindrucksvolle Show, die Mads Pedersen (Lidl – Trek) mit seiner 56 Kilometer langen Soloflucht beim 87. Gent-Wevelgem in Flanders Fields bot. Als wäre nichts weiter

30.03.2025Degenkolb: “Als Mads losfuhr, hatte keiner die Beine“

(rsn) – John Degenkolb (Picnic – PostNL) hat beim 87. Gent-Wevelgem (1.UWT) eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er trotz seiner 36 Jahrebei harten, langen Eintagesrennen immer noch mit der

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine