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10.05.2016 | (rsn) – Wie erwartet, erwies sich das hügelige Finale der 4. Giro-Etappe als zu schwer für Marcel Kittel (Etixx-Quick-Step). Der Erfurter war nach nur einem Tag das Rosa Trikot wieder los – und zwar an seinen Vorgänger Tom Dumoulin (Giant-Alpecin), dem er es erst am Sonntag mit seinem Sprintsieg in Arnheim abgenommen hatte.
Doch nach dem Transfer von den Niedrlanden nach Süd-Italien waren auf der 200 Kilometer langen Etappe von Catanzaro nach Praia a Mare am Dienstag Kletterqualitäten gefragt. Und so erreichte Kittel, nachdem er sich mit Hilfe seiner Teamkollegen rund 40 Kilometer vor dem Ziel noch einmal ins Feld zurückgekämpft hatte, letztlich mit einem Rückstand von 8:10 Minuten auf Tagessieger Diego Ulissi (Lampre-Merida) das Ziel.
"Natürlich bin ich enttäuscht, dass ich das Trikot verloren habe. Im idealen Szenario hätte ich es so lange wie möglich behalten, so war es nur ein Tag, aber ich bin sehr froh, dass ich es hatte. Es war eine sehr harte Etappe, speziell im Finale mit viel Auf und Ab das hat es für mich unmöglich gemacht, das Trikot zu verteidigen“, bilanzierte Kittel einen Tag vor seinem 28. Geburtstag gegenüber Eurosport die erste Italien-Etappe dieses Giro, die für die Gastgeber mit einem Wunsch-Szenario endete.
Denn der 26-jährige Ulissi feierte als Ausreißer nach einer Attacke im letzten, knapp zwei Kilometer langen, aber bis zu 18 Prozent steilen Anstieg, seinen bereits fünften Etappengewinn bei einer Italien-Rundfahrt. "Es ist ein wirklich schönes Gefühl – wie immer, wenn man als Italiener beim Giro gewinnt. Als ich klein war, habe ich von solchen Sachen geträumt“, strahlte Ulissi nach seinem ersten Saisonerfolg im Interview mit Eurosport.
Dumoulin entschied fünf Sekunden hinter dem Lampre-Kapitän den Sprint der ersten beiden Verfolger vor seinem Landsmann Stephen Kruijswijk (LottoNL-Jumbo) für sich und holte sich damit wieder das Maglia Rosa zurück. "Es war etwas härter, als ich erwartet hatte. Wir wussten, dass es ein schwieriges Finale werden würde und vielleicht etwas zu schwer für Marcel, aber als wir es dann gefahren sind, dachte ich: Das ist definitiv zu schwer für Marcel!", konnte der Giant-Kapitän gegenüber Eurosport zufrieden feststellen.
Eine weitere Sekunde dahinter kam die rund 20-köpfige Favoritengruppe ins Ziel, aus der heraus sich der Spanier Alejandro Valverde (Movistar) den vierten Platz vor den beiden Italienern Gianluca Brambilla (Etixx - Quick Step) und Vincenzo Nibali (Astana) sicherte. Die beiden Top-Favoriten Nibali und Valverde verbesserten sich dadurch im Gesamtklassement auf die Positionen sechs und sieben.
Hier führt der 25-jährige Dumoulin mit je 20 Sekunden Vorsprung auf den Luxemburger Bob Jungels (Etixx - Quick-Step) – der nun auch die Nachwuchswertung anführt – und Ulissi (Lampre-Merida), der 16 Positionen gutmachte. Eine starke Leistung zeigte auch der Österreicher Georg Preidler (Giant-Alpecin), der als Dumoulins wichtigster Helfer Etappendreizehnter wurde und im Gesamtklassement vom zehnten auf den fünften Platz vorrückte.
Kittel konnte sich mit der Verteidigung des Roten Trikots des punktbesten Fahrers trösten. Der ehemalige Giro-Sieger Damiano Cunego (Nippo-Fantini) eroberte das Bergtrikot, die wieder überzeugende Giant-Alpecin-Truppe behauptete die Führung in der Teamwertung.
Es war auch die deutsche Mannschaft gewesen, die 50 Kilometer vor dem Ziel mit einer Tempoverschärfung im Anstieg nach San Pietro (3. Kat.) den Träger des Rosa Trikots erstmals so richtig in die Bredouille brachte. 330 Höhenmeter waren hier zu bewältigen – zu viel für Kittel, der zurückfiel und an der Bergwertung, die sich Cunego sicherte, 1:30 Minuten Rückstand auf das Feld aufwies, das kurz zuvor die vier Ausreißer Matthias Brändle (IAM), Matej Mohoric (Lampre-Merida), Nicola Boem (Bardiani-CSF) und Joey Rosskopf (BMC) gestellt hatte. Das Quartett hatte sich bei besten Wetterbedingungen rund zehn Kilometer nach dem Start davongemacht, aber keinen bedeutenden Vorsprung auf das Feld herausfahren können.
Nach einer erfolgreichen Verfolgungsjagd in der Abfahrt schaffte das von einigen Teamkollegen unterstützte Rosa Trikot zwar nochmals den Anschluss, aber als es danach auf den letzten 20 Kilometern wieder zur Sache ging, musste Kittel endgültig kapitulieren, und zwar im 1,8 Kilometer langen, bis zu 18 Prozent steilen, aber nicht kategorisierten letzte Anstieg des Tages. Der war aber nicht nur für den Erfurter zuviel, sondern auch für den größten Teil seiner Konkurrenten.
Dagegen hatte Ulissi genau auf diesen Moment gewartet. Der Italiener ging aus der zu diesem Zeitpunkt noch sechs Fahrer starken Spitzengruppe heraus in die Offensive und schüttelte alle seine Begleiter ab. Zuvor war er von seinem Teamkollegen Valerio Conti bestens in Position gefahren worden, nachdem der auf den letzten 20 Kilometern mit einer Attacke das Finale eingeläutet hatte. Ulissi stürmte mit gut zehn Sekunden Vorsprung über den Scheitelpunkt des Anstiegs und behauptete seinen Vorsprung bis auf die Ziellinie.
Die Favoritengruppe, aus der im letzten Anstieg überraschend Mikel Landa (Sky) zwischenzeitlich herausgefallen war, stellte zwar wieder die restlichen Ausreißer, doch Dumoulin und Kruijswijk stahlen sich dann auf der langen Zielgeraden in Praia a Mare noch davon und machten die Plätze zwei und drei unter sich aus. Hier holte sich Dumoulin mit Rang zwei noch sechs wertvolle Bonussekunden, dank denen er nun 20 Sekunden Vorsprung auf die nächsten Verfolger hat.
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