Giro: Sieg für alten Mechaniker, Greipel Dritter

Vivianis perfektes Timing macht Skys Zeitfahrpleite vergessen

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Vivianis perfektes Timing macht Skys Zeitfahrpleite vergessen"
Elia Viviani (Sky) feiert den ersten Giro-Etappensieg seiner Karriere. | Foto: Cor Vos

10.05.2015  |  (rsn) – Auch wenn er erst im letzten Moment sein Vorderrad an Moreno Hofland (LottoNL-Jumbo) vorbeigeschoben hatte, fand Elia Viviani (Sky) auf der Ziellinie noch die Kraft, sich zum Jubel zumindest halb aufzurichten, um mit dem rechten Zeigefinger zum Himmel zu deuten. Den ersten Giro-Etappensieg seiner Karriere wollte der 26-jährige Italiener unbedingt einem seiner wichtigsten Wegbegleiter widmen: dem Mitte März verstorbenen Mechaniker Franco Farronato aus Veneto. „Er hat mich begleitet, seit ich acht war“, erklärte Viviani seine Jubelgeste im italienischen Fernsehen.

In Genua hatte der Sky-Sprinter auf der knapp 1.000 Meter langen und leicht ansteigenden Zielgeraden alles richtig gemacht. Während die Top-Favoriten Michael Matthews (Orica-GreenEdge) und André Greipel (Lotto-Soudal) ihre Sprints zu früh lancierten, sprang Viviani erst im letzten Moment von Hoflands Hinterrad in den Wind und am Niederländer vorbei zum Sieg.

„Das ist unglaublich! Wir wollen hier mit Richie (Porte) den Gesamtsieg holen. Aber heute haben die Jungs erst für ihn und dann auch noch perfekt für mich gearbeitet“, freute sich der 26-Jährige. „Wir waren nach dem Zeitfahren gestern etwas enttäuscht und es war wichtig, heute etwas Positives zu erreichen.“ Im Mannschaftszeitfahren hatte Sky 20 Sekunden gegenüber Tinkoff-Saxo eingebüßt, so dass Porte im Kampf um Rosa bereits deutlich hinter Alberto Contador liegt. Vivianis Etappensieg sorgte bei Teamchef Dave Brailsford und Co. aber wieder für Feierlaune.

Obwohl die Zielgerade dank zweier Schlussrunden in Genua schon vor dem finalen Massensprint zwei Mal im Renntempo begutachtet werden konnte, gelang es nur Viviani und Hofland, den letzten Antritt richtig zu timen. Trek und Lampre-Merida führten das Feld für Giacomo Nizzolo und Sacha Modolo um die letzte Kurve, hatten aber jeweils nur noch einen Anfahrer an Bord – zu wenig für die lange, ansteigende Gerade. Als sich Nizzolo und Modolo dann auch noch behakten, entgleiste der Zug auf der rechten Straßenseite und Matthews sah sich gezwungen, loszusprinten.

„Ich war etwas zu früh dran“, gab der Australier anschließend zu, der sich als Etappensiebter aber immerhin mit dem Rosa Trikot trösten durfte, dass er seinem Teamkollege Simon Gerrans abnahm. Der hatte zwar keine Zeit eingebüßt und Matthews auch keine Bonifikation gewonnen, doch in der Addition der Etappenplatzierungen liegt der Youngster nun vor seinem erfahreneren Landsmann.

Wie Matthews, so gab sich auch Greipel selbstkritisch. „Ich habe den Sprint zu früh angezogen und auf den letzten 50 Metern war Viviani stärker“, zitierte ihn die Deutsche Presse Agentur. „Aber es gibt noch weitere Chancen für mich und beim nächsten Mal sieht es vielleicht besser aus.“ Am morgigen Montag muss Greipel allerdings einige Kletterpartien – unter anderem über einen Berg der 2. Kategorie - überstehen, um unten in Sestri Levante nach 136 Kilometern wieder in den Sprint eingreifen zu können.

Greipel war in Genua von weiter hinten gekommen und auf der linken Straßenseite unabhängig vom Nizzolo-Modolo-Gerangel losgespurtet. Mit Hofland an seinem Hinterrad. Der Niederländer ließ sich vom Deutschen Meister auf die letzten 100 Meter führen, bevor er dort an ihm vorbeizog und schon wie der Sieger aussah. Doch als das Duo links nach vorne schoss, nutzte Viviani die Gunst der Sekunde und sprang aus Nizzolos in Hoflands Windschatten, um anschließend aus diesem heraus zum Sieg durchzuziehen. „Ich habe mich zunächst bewusst zurückgehalten“, erklärte er später.

Bevor es in Genua zum Massensprint kam, bestimmte eine fünfköpfige Spitzengruppe das Geschehen der 177 Kilometer langen Etappe, die sich bereits direkt nach dem Start in Albenga aus dem Hauptfeld gelöst hatte. Das Quintett, aus dem heraus der Niederländer Bert Jan Lindeman (LottoNL-Jumbo) die einzige Bergwertung des Tages gewann und sich so das Blaue Trikot sicherte, fuhr nach 69 Kilometern einen Maximalvorsprung von 9:47 Minuten heraus, wurde von den Sprinterteams im Feld aber lediglich an der langen Leine geführt.

Lotto-Soudal, Orica-GreenEdge, Trek und Giant-Alpecin hatten das Rennen jederzeit unter Kontrolle und bekamen auf den letzten 50 Kilometern auch noch tatkräftige Unterstützung von Tinkoff-Saxo. Exakt elf Kilometer vor dem Ziel wurde der Pole Lukasz Owsian (CCC Sprandi) als letzter Ausreißer eingeholt.

Die Mannschaft von Alberto Contador schien ihre Stärke demonstrieren zu wollen und machte auch auf den beiden Schlussrunden in Genua gehörig Druck, um sich erst an der rettenden 3-Kilometer-Marke zurückfallen zu lassen. „Manchmal gibt es im Finale großes Chaos. Da wollten wir uns heraushalten“, erklärte Contador-Helfer Sergio Paulinho am Eurosport-Mikrofon.

Recht hatten die Männer in Neongelb, denn wer sich zu weit hinten im Feld aufhielt, der wurde bestraft. Im Finale ereigneten sich gleich mehrere Stürze. Unter anderem war auch Heinrich Haussler (IAM) betroffen, der das Ziel erst 11:41 Minuten nach Viviani als 188. erreichte.

Während der Australische Meister die Chance auf ein gutes Ergebnis im Sprint verpasste, tat Domenico Pozzovivo (Ag2r) der mit seinem Sturz zwölf Kilometer vor dem Ziel verbundene Zeitverlust mehr weh. Der Italiener, im vergangenen Jahr Gesamtfünfter des Giro, kämpfte mit seinen Teamkollegen anschließend verbissen um den Anschluss, konnte ihn dank des Tempodiktats von Tinkoff-Saxo an der Spitze aber nicht mehr herstellen und büßte 1:09 Minute ein.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.06.2015Sky will an Idee mit Motorhomes festhalten

(rsn) – Glück brachte das sogenannte Motorhome, eine Art Campingwagen, das die britische Sky-Mannschaft mit zur diesjährigen Auflage der Italien-Rundfahrt brachte, Richie Porte nicht. Der Tasman

04.06.2015Van Den Broeck: „Wir sind doch keine Maschinen"

(rsn) - Nachdem Teamchef Marc Sergeant seine Enttäuschung über das Giro-Abschneiden seines Kapitäns Jurgen Van Den Broeck kundgetan und dessen Trainer sich im Gegenzug über fehlendes Vertrauen von

02.06.2015Unfairer Coledan und die Ausreißer durchkreuzten Kluges Ziele

(rsn) - Den Sieg auf der prestigeträchtigen Schlussetappe mit Ziel in Mailand sowie die Rote Laterne als Vorletzter knapp verpasst, dennoch war Roger Kluge (IAM) mit seiner Giro-Premiere zufrieden.

01.06.2015Bei Katusha saß der zweite Anzug, bei Sky griff Plan B

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. radsport-news.com zieht in einer vierteiligen Reihe Bilanz: Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erwartungen zurück

01.06.2015Vegni: „Sestriere-Etappe war herausragend"

(rsn) – Giro-Chef Mauro Vegni hat eine positive Bilanz der am Sonntag in Mailand zu Ende gegangenen 98. Italien-Rundfahrt gezogen. „Ich bin sehr zufrieden, wie dieser Giro abgelaufen ist“, sagte

01.06.2015Orica mit Gala-Auftakt, Movistar auch ohne Nairo Quintana Spitze

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. radsport-news.com zieht in einer vierteiligen Reihe Bilanz: Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erwartungen zurück

01.06.2015Lampre kann vier Mal jubeln, CCC Sprandi bleibt nur die Tristesse

rsn - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. radsport-news.com zieht in einer vierteiligen Reihe Bilanz: Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erwartungen zurück g

01.06.2015Debütant Dayer Quintana: „Der Giro war richtig schön"

(rsn) – Nairo Quintana (Movistar) gewann gleich bei seinem Debüt im vergangenen Jahr den Giro d’Italia. Für seinen jüngeren Bruder Dayer ging es bei dessen erster Teilnahme an einer dreiwöchig

01.06.2015Astana fuhr in einer eigenen Liga, BMC erreichte seine Ziele

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. radsport-news.com zieht in einer vierteiligen Reihe Bilanz: Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erwartungen zurück

31.05.2015Keisse düpiert in Mailand die Sprinter, Kluge Dritter

(rsn) – Am letzten Tag des 98. Giro d’Italia waren alle Blicke auf Alberto Contador (Tinkoff-Saxo) und die Sprinter gerichtet. Doch auf der 21. Etappe, die über 178 flache Kilometer von Turin nac

31.05.2015Jetzt wartet die Tour auf Contador

Mailand (dpa/rsn) - Zum Feiern bleibt nicht viel Zeit. Alberto Contador (Tinkoff-Saxo) wird seinen am Sonntag errungen zweiten Gesamtsieg beim Giro d`Italia schnell abhaken müssen, um sich auf

31.05.2015Contador triumphiert in Mailand, Keisse gewinnt Schlussetappe

(rsn) – Alberto Contador (Tinkoff-Saxo-Tinkoff) hat den 98. Giro d’Italia gewonnen und damit seinen zweiten Gesamtsieg nach 2008 gefeiert. Auf der abschließenden 21. Etappe kam der Spanier mit de

Weitere Radsportnachrichten

05.05.2024Eine erste Chance für die Sprinter

(rsn / ProCycling) – Nachdem sie sich zwei Tage lang "aufwärmen" konnten, ist es nun für die schnellen Männer des Pelotons Zeit, ihren Job zu verrichten. Bevor sie jedoch ihren ultimativen Zielsp

05.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

05.05.2024Pogacar auf den Spuren Pantanis

(rsn) - 1999 hatte Marco Pantani am Fuße des Anstiegs zur Kapelle nach Oropa einen Defekt. Die Kette fiel ihm herunter. Es dauerte, bis ein Materialwagen bei ihm war. Fahrer um Fahrer zog derweil an

05.05.2024Nur ein Defekt bremste Martinez hinauf nach Oropa

(rsn) – Gut fünf Kilometer vor dem Ziel der 2. Etappe am Santuario di Oropa gab es Grund zur Beunruhigung beim Team Bora – hansgrohe. Am Ende des Tages aber sah man nichts als strahlende Gesichte

05.05.2024Martinez: “Das Resultat ist großartig für unsere Moral“

(rsn) – Mit einem Tag “Verspätung“ hat Tadej Pogacar am Sonntag bei der ersten Bergankunft den erwarteten Etappensieg am Auftaktwochenende des 107. Giro d’Italia eingefahren. Am Santuario di

05.05.2024Highlight-Video der 2. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Zum Auftakt des 107. Giro d’Italia (2.UWT) musste sich Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) noch mit Rang drei begnügen. An der ersten Bergankunft jedoch gab es für den Top-Favoriten kein H

05.05.2024Pogacar stürmt in Oropa trotz Sturz ins Rosa Trikot

(rsn) – Marco Pantani triumphierte 1999 an der Wallfahrtskirche Santuario di Oropa dank einer historischen Aufholjagd, nachdem er am Fuße des Anstiegs durch einen Defekt gestoppt worden war. 25 Jah

05.05.2024De Lie in der Bretagne auch durch zwei Plattfüße nicht zu stoppen

(rsn) – Nach Platz zwei im Vorjahr hat sich Arnaud De Lie (Lotto – Dstny) die 41. Ausgabe von Tro Bro Léon (1.Pro) gesichert. Der 22-jährige Belgier entschied in der Bretagne das über 203,6 Kil

05.05.2024Vollering nutzt Rückenwind-Passage zum Vuelta-Triumph

(rsn) – Mit einem weiteren überragenden Auftritt hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) die 10. Vuelta Femenina (2.UWT) souverän für sich entschieden. Die 27-jährige Niederländerin schüttelt

05.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 2. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

05.05.2024Pogacar: ”Die Post wird abgehen”

(rsn) – Der Auftakt zum 107. Giro d’Italia ist atypisch. Einen Tag nach der schweren 1. Etappe, auf der bereits einige Favoriten Federn gelassen haben, steht bereits die erste Bergankunft auf dem

05.05.2024Narvaez sorgt für die nächsten rosa Träume in Ecuador

(rsn) – Fünf Jahre ist es her, dass Richard Carapaz das Radsportland Ecuador mit seinem sensationellen Gesamtsieg beim Giro d´Italia in Rosa gehüllt hat. Nun feiern die Nachbarn der Kolumbianer i

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)