Degenkolb lobt sein Team

Ein Team, ein Stein - Giant-Alpecin triumphiert in Roubaix

Von Felix Mattis aus Nazareth

Foto zu dem Text "Ein Team, ein Stein - Giant-Alpecin triumphiert in Roubaix"
Ein Team, ein Stein - John Degenkolb und Giant-Alpecin freuen sich über den Paris-Roubaix-Triumph des Frankfurters. | Foto: Cor Vos

13.04.2015  |  (rsn) - „Zickezacke, zickezacke, hoi, hoi, hoi!“ - den Trinkspruch des Teams Giant-Alpecin kennt man spätestens seit Marcel Kittels Triumph auf den Champs-Élysées am letzten Abend der Tour de France 2013. Am Sonntagabend im Teamhotel direkt an der Autobahn nahe des belgischen Orts Nazareth aber fehlte der blonde Sprinter und konnte nur via Twitter aus der Ferne zuprosten: „Cheers an unsere Jungs, die gerade Roubaix gewonnen haben“, schrieb Kittel.

Für dieses „Zickezacke“ hatte nämlich John Degenkolb gesorgt, der auf dem berüchtigten Pflaster zum ersten deutschen Paris-Roubaix-Sieger seit Josef Fischer im Premierenrennen 1896 geworden ist. „Wir haben Geschichte geschrieben“, sagte der Frankfurter – wir, das war sowohl bei den unzähligen Siegerinterviews in Roubaix vor dem und im Velodrome, im Pressezentrum und am Mannschaftsbus, aber auch später im Teamhotel das entscheidende Wort.

Denn Degenkolbs Triumph war einer des gesamten Teams Giant-Alpecin, das sich zuerst geschickt zurück hielt um für die letzten der 253,5 knallharten Kilometer Kräfte zu sparen und im Finale dann mehrere Attacken abwehrte – unter anderem den gefürchteten Vorstoß von Bradley Wiggins (Sky) gut 30 Kilometer vor dem Ziel. „Da ist mir der Arsch auf gut Deutsch auf Grundeis gegangen“, gab Degenkolb später zu. „Aber Bert war da und hat die Lücke zugefahren.“

Bert De Backer wurde zur entscheidenden Figur in Degenkolbs Erfolgsgeschichte von Roubaix. Der 31-jährige Belgier blieb wie schon im Vorjahr bis zum Schluss bei seinem Kapitän und verrichtete nicht nur körperliche, sondern auch mentale Schwerstarbeit. Denn De Backers Idee, 13 Kilometer vor Schluss nicht etwa die Nachführarbeit in der Verfolgergruppe hinter den gerade ausgerissenen Greg Van Avermaet (BMC) und Yves Lampaert (Etixx – Quick-Step) zu übernehmen, sondern zu attackieren, war der rennentscheidende Entschluss.

„Das war ein Ergebnis unseres Rennens im letzten Jahr“, erklärte der Belgier im Velodrom später. Damals hatte ungefähr zur selben Zeit Niki Terpstra sein Sieger-Solo begonnen und De Backer versuchte vergeblich die Lücke im klassischen Stil für Degenkolb zuzufahren. „Diesmal wusste ich, dass ich so nicht zu den beiden würde vorfahren können. Also habe ich entschieden, dass wir stattdessen selbst aktiv werden, so dass die Anderen die Lücke schließen müssen.“

Das geschah zwar nicht, weil die Konkurrenz De Backer nicht folgte, doch das war für Degenkolb das Startsignal, der instinktiv das Richtige machte: Er attackierte einige Sekunden nach De Backer, sprang zu seinem Teamkollegen vor, erholte sich kurz an dessen Hinterrad und marschierte dann alleine weiter. „Die Situation mit BMC und Etixx vorne war gefährlich und der einzige Moment im Rennen, an dem wir die Kontrolle verloren hatten“, sagte sein Sportlicher Leiter Iwan Spekenbrink später. „Aber wie die beiden das gelöst haben, das war toll, das war zum Genießen.“

Degenkolb aber wollte nicht alle Lorbeeren nur auf sich selbst und den am Ende auf Rang zwölf gelandeten De Backer verteilt sehen. „Das ganze Team hat super gearbeitet und Attacken abgewehrt. Wir sind vielleicht nicht das Team mit den größten Motoren, aber wir setzen unsere Energie sehr clever ein“, sagte er. „Die Mannschaft ist fast alle Klassiker in ziemlich derselben Konstellation gefahren und hat die ganze Zeit an einem Strang gezogen und stand unter Druck. Deshalb ist das ein Sieg der ganzen Mannschaft und das Gruppenbild auf dem Podium mehr als gerechtfertigt.“

Und weiter: „Ich würde diesen Stein gerne in viele, viele Teile schneiden – nicht nur für meine Teamkollegen, sondern den ganzen Staff. Alle haben so hart dafür gearbeitet!“ 

Entsprechend fiel auch rund vier Stunden nach dem Sieg sowie wenige Sekunden vor dem lauten „Zickezacke“-Ruf Degenkolbs Ansprache im Speisesaal von Nazareth aus, in der er sich bei allen Fahrern und Mitarbeitern von Giant-Alpecin bedankte. „Heute war alles perfekt – die Räder, einfach alles“, so der 26-Jährige, der ohne ein einziges Problem am Arbeitsgerät durch die Hölle des Nordens gekommen war.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

14.04.2015Brailsford: „Wiggins einer der größten britischen Athleten"

(rsn) – Bradley Wiggins hat mit seiner Abschiedsvorstellung bei Paris-Roubaix seinem Teamchef und langjährigen Mentor Dave Brailsford am Sonntag emotionale Momente beschert. „Über dieses Rennen

13.04.2015Matzka: Sind bei Paris-Roubaix künftig die Top Ten drin?

(rsn) - Nicht nur Andreas Schillinger wird die 113. Auflage von Paris-Roubaix noch lange in guter Erinnerung bleiben. Auch bei Ralf Matzka, sein Teamkollege bei Bora-Argon 18, lief bei der „Königin

13.04.2015Etixx-Quick-Step setzt sein Frühjahr der zweiten Plätze fort

(rsn) – Auch wenn bei den großen Klassikern kein Sieg herausgesprungen ist, so hat das Team Etixx-Quick Step den Ausfall von Kapitän Tom Boonen bei den großen Klassikern bestens verkraftet. Nachd

13.04.2015Degenkolb folgte den Fußspuren von Sohn Leo Robert

(rsn) – Irgendwann kamen die Zahlen wie aus der Pistole geschossen: „1896“ und „3“. John Degenkolb wurde nach seinem Triumph in Roubaix immer wieder gefragt, ob er denn wisse, wann zuletzt e

13.04.2015Wiggins redet sich die Niederlage schön

(rsn) - Sieg und Niederlage standen bei Paris-Roubaix direkt nebeneinander. Während am Bus von Giant-Alpecin der grandiose Erfolg von John Degenkolb gefeiert wurde, versuchte Nachbar Sky, sich den 18

13.04.2015Paris-Roubaix: Schillinger gelingt ein Auftritt ohne Fehl und Tadel

(rsn) – Als Sechzehnter jagte Andreas Schillinger (Bora-Argon16) am Sonntag bei Paris-Roubaix über die Ziellinie im berühmten Velodrome der nordfranzösischen Stadt. Damit war er im versammelten W

13.04.2015Eisenbahngesellschaft erstattet Anzeige gegen Roubaix-Fahrer

Paris (dpa/rsn) - Die französische Eisenbahngesellschaft SNCF hat nach Paris-Roubaix eine Strafanzeige angekündigt, weil im Rennen einige der Profis trotz geschlossener Schranken einen Bahnü

13.04.2015Poitschke: „Das war der Höhepunkt unserer Klassiker"

(rsn) – Ralph Denk und die Sportliche Leitung von Bora-Argon 18 hatten gleich doppelten Grund, sich über die 113. Auflage von Paris-Roubaix zu freuen. Denn mit Ralf Matzka und Andreas Schillinger z

12.04.2015Auch Paris-Roubaix endet für Sagan mit einer Enttäuschung

(rsn) - Paris-Roubaix endete für Peter Sagan (Tinkoff-Saxo) wie auch alle vorherigen Klassiker, nämlich mit einer Enttäuschung. Diesmal allerdings machten dem Slowaken allerdings nicht seine Beine

12.04.2015Degenkolbs Problem: Wohin mit dem schweren Pflasterstein?

(rsn) - Der Sieg bei Paris-Roubaix war nur wenige Minuten alt, da hatte John Degenkolb (Giant-Alpecin) schon ein schwergewichtiges Problem: „Wohin kommt der Plasterstein? Das Ding ist richtig schwer

12.04.2015Elmiger springt erneut für Haussler und Chavanel ein

(rsn) - Wie schon bei der Flandern-Rundfahrt war es auch bei Paris-Roubaix der Schweizer Meister Martin Elmiger, der für das IAM-Team die Kohlen aus dem Feuer holte und für seine Kapitäne Heinrich

12.04.2015In der „Hölle des Nordens" wurde Degenkolbs Traum wahr

Roubaix (rsn/dpa) - Nach seinem Sprint in die Radsport-Geschichtsbücher riss John Degenkolb (Giant-Alpecin) im Velodrome von Roubaix die Arme in die Höhe, schrie seine Freude heraus und schüttelte

Weitere Radsportnachrichten

03.05.2024Blackmore nimmt bei Israel - Premier Tech Zabels Platz ein

(rsn) – Nach dem Karriereende von Rick Zabel wird Joseph Blackmore den frei werdenden Platz des Deutschen bei Israel – Premier Tech einnehmen. Wie der Zweitdivisionär meldete, wechselt der 21-jÃ

03.05.2024Was Selbstvertrauen alles ausmachen kann

(rsn) - Servus liebe Leserinnen und Leser, nach gut zwei Monaten voller Wettkämpfe melde ich mich mal wieder. Es ist viel passiert, worüber ich gerne berichten würde. Bereits zum zweiten Mal in d

03.05.2024Bénin: Lührs verpasst um Millimeter seinen ersten Saisonsieg

(rsn) – Auf der 4. Etappe der Tour du Bénin (2.2) hat das Team Bike Aid erneut einen Tagessieg knapp verpasst, konnte sich aber zumindest über die Verteidigung des Gelben Trikots von Yoel Habteab

03.05.2024Niewiadoma und Realini bei Vuelta Femenina ausgestiegen

(rsn) - Ohne zwei der Favoritinnen ist am Mittag die 6. Etappe der Vuelta Femenina gestartet worden. Wie ihr Team Canyon – SRAM auf X meldete, habe man beschlossen, dass Kasia Niewiadoma aus gesundh

03.05.2024Geschke von 2500 Metern in Freiburg zum Giro d´Italia

(rsn) – Vor dem letzten Giro d’Italia seiner Karriere strahlt Simon Geschke viel Optimismus aus. “Meine Form ist sehr gut, ich konnte mich so gut wie noch nie auf einen Giro vorbereiten“, sagt

03.05.2024Giro-Favorit Pogacar hält Fixierung auf seine Person für “Bullshit“

(rsn) – Am Samstag beginnt der 107. Giro d’Italia – mit Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) als haushohem Favoriten, der in der öffentlichen Wahrnehmung alle seine Konkurrenten in den Schatten st

03.05.2024HLN: Van Aert kehrt Ende Mai ins Feld zurück

(rsn) – Wout van Aert (Visma - Lease a Bike) nimmt nach seinem schweren Sturz Ende März bei Dwars Door Vlaanderen sein Comeback ins Visier. Wie die Zeitung Het Laatste Nieuws schreibt, plant der B

03.05.2024Für Koch und Sütterlin heißt es: buckeln, buckeln, buckeln

(rsn) – Jonas Koch (Bora – hansgrohe) und Jasha Sütterlin (Bahrain Victorious) sind Helfer, wie sie sich jedes Teams wünscht. Beide erfüllen ohne viel Aufhebens auf fast jedem Terrain zuverlä

03.05.2024Merlier und Kooij führen die Riege der schnellen Männer an

(rsn) – Beim 107. Giro d’Italia wird es für die Sprinter kein gemütliches Einrollen geben. Am Samstag beginnt die erste Grand Tour des Jahres in Venaria Reale nördlich von Turin mit einer schwe

03.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

02.05.2024Offiziell bestätigt: Red Bull wird zur Tour als Titelsponsor sichtbar

(rsn) – Das deutsche WorldTeam Bora – hansgrohe wird ab der kommenden Tour de France (29. Juni - 21. Juli) als Red Bull – Bora – hansgrohe unterwegs sein. Das gab Manager Ralph Denk am Donners

02.05.2024Highlight-Video der 5. Etappe der Vuelta Femenina

(rsn) - An der ersten Bergankunft der 10. Vuelta Femenina ist Demi Vollering (SD Worx – Protime) ins Rote Trikot der Gesamtführenden gestürmt. Die Niederländische Meisterin entschied die 5. Etapp

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine