Teampräsentation in Koblenz unter russischer Flagge

Erst kam Sotschi, dann Katusha

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Erst kam Sotschi, dann Katusha"
Die Fahrer durften das Aufstellen auf der Bühne vorher einmal unter der Flagge proben. | Foto: Felix Mattis

31.01.2014  |  (rsn) - Teampräsentationen sind für die WorldTour-Mannschaften und vor allem ihre Gönner eine wunderbare Gelegenheit, sich den Fans sowie der Presse im bestmöglichen Licht vorzustellen. Entsprechend großzügig laden sie dann auch  ein - zuletzt am Mittwoch taten das Katusha und Rad-Sponsor Canyon in dessen Hauptquartier in Koblenz.

Das fünfjährige Bestehen des Russian Global Cycling Project, wie Katusha im Beinamen heißt, sollte im sogenannten Canyon.Home. gebührend gefeiert werden, und Partner Canyon spielte den perfekten Gastgeber: Der große Showroom des Direkt-Vertreibers an der Mosel wurde über Nacht leer geräumt und für den Gala-Empfang hergerichtet, ohne den Radsport völlig zu verbannen.

Auf einer großen Leinwand hinter dem Snack-Buffet wurde Katushas Erfolgsgeschichte der WorldTour-Saison 2013 nochmals nacherzählt und gleich im Eingangsbereich durften die Besucher die Original-Rennmaschinen von Joaquim Rodriguez, Alexander Kristoff, Wladimir Isaitschew und Co. aus dem vergangenen Jahr bestaunen - in Vitrinen, versteht sich.

Später während der Mannschaftspräsentation überreichte Canyon-Boss Roman Arnold seinem Vorzeigefahrer Rodriguez dessen neues Arbeitsgerät für 2014: ein Aeroad in weißer Spezial-Lackierung mit roter Aufschrift am Oberrohr: „No. 1 del Mundo - No. 1 in the World“. „Wir wollen die besten Räder der Welt bauen, und deshalb ist Katusha ein idealer Partner. Ich möchte allen Fahrern und dem gesamten Team danken, denn ohne sie würden sich unsere Räder nicht verbessern“, sagte der Geschäftsführer, hielt sich abgesehen von seiner kurzen Ansprache aber vornehm zurück, um den Russen das Feld zu überlassen.

Um sie nämlich sollte es an diesem Abend gehen: um die Russen. Das war schon klar, als man sich dem Canyon-Hauptquartier näherte, denn vor dem Gebäude waren zwei riesige russische Flaggen gehisst worden, und Plakate mit einer großen „5“ in weiß-blau-rot brannten sich ins Auge, egal wohin man sich drehte.

Wäre Canyon nicht Gastgeber gewesen, so hätte der Radsport zumindest vor großem Publikum eher im Schatten gestanden. Denn für die Russen spielt dieser Tage etwas anderes in der Sportwelt die Hauptrolle: Sotschi. Zehn Tage nach der Teampräsentation von Katusha sollen dort die Olympischen Winterspiele beginnen - ein Event, das, solange Cross nicht olympisch ist, mit dem Radsport eigentlich nichts zu tun hat.

Trotzdem begann das russische Moderatoren-Duo die Show auf der Bühne vor einer riesigen aus LED-Lampen bestehenden russischen Flagge damit, zu erwähnen, wie toll es sei, dass die Spiele in Russland stattfinden würden. Und selbst der radsportverrückte Katusha-Boss Igor Makarow machte Sotschi zum wichtigen Bestandteil seiner Begrüßungsrede.

Die Katusha-Präsentation ließ erahnen, wie viel russische Selbstbeweihräucherung die Sport-Fans in den anstehenden olympischen Wochen erwarten wird. Dazu passte auch, dass mit Filipp Kirkorow ein gleichermaßen ausgeflippter wie fragwürdiger russischer Popstar die Bühne betrat, um Katusha zum „Fünften“ ein Geburtstagsständchen zu trällern - extra dafür eingeladen von den Besungenen selbst.

„Katusha ist ein internationales Team, keine mononationale Vereinigung“, betonte Makarow zwar später im Gespräch mit Eurosport. Doch dass es in der gesamten WorldTour, abgesehen vielleicht von Astana, keine andere Mannschaft gibt, die mehr Nationalstolz ausdrückt, das wurde in Koblenz überdeutlich. Und auch Makarow gab indirekt zu, dass die Internationalität in erster Linie Mittel zum Zweck ist: „Es ist sehr wichtig, denn russische Fahrer schauen zu Fahrern aus anderen Ländern auf und wollen werden wie sie. Das ist ihre Motivation. Und deshalb ist es gut, diese Vorbilder im eigenen Team zu haben, sich mit ihnen messen zu können und von ihnen zu lernen“, erklärte er.

Interessant ist dabei auch, dass beim Auftritt der Fahrer das 23-jährige Talent Sergej Tschernezki zwischen den Top-Stars als vorletzter vor Kapitän Joaquim Rodriguez auf die Bühne geholt wurde. Ihm soll die Zukunft gehören. „Ich bin sehr froh, dass Rodriguez die Nummer 1 der Welt ist, und ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass irgendwann in Zukunft auch ein russischer Fahrer an der Spitze stehen kann“, so Makarow, der von russischen Olympiasiegen und Weltmeister-Titeln träumt, sowie davon, „mein Baby“ Katusha zur Nummer eins der Welt zu machen.

Trotzdem gelingt es ihm und seinem Team, die internationalen Fahrer ideal zu integrieren. Und welche Hochachtung und Dankbarkeit das bei den Profis hervorruft, das wurde deutlich, als diese auf dem Weg zur Bühne teilweise extra einen Schlenker machten um Makarow die Hand zu schütteln und sich vor ihm zu verneigen. Das taten die Russen Anton Worobjew und Wladimir Isaitschew, aber eben auch Rodriguez.

Der Spanier fühlt sich pudelwohl in seinem russischen Team, von Schwierigkeiten auf Grund unterschiedlicher Mentalitäten keine Spur. „Ehrlich gesagt ist das gar kein so großes Problem, wie man als Außenstehender vielleicht denkt - und wie auch ich am Anfang gedacht habe“, erklärte er Eurosport. „Im Radsport fahren ja immer Leute aus unterschiedlichsten Ländern miteinander in einem Team. Auch bei Katusha sind es ja nicht nur die Russen und wir Spanier. Aber wir sind alle jung, sind alle Radprofis und haben alle dieselben Ziele, denselben Lebensstil. Die Atmosphäre ist deshalb sehr gut.“

Und so blieb sie auch nach der Teampräsentation über den gesamten Abend hinweg beim Dinner im Kurfürstlichen Schloss von Koblenz. Dort hatte man die Tische jeweils nach einem Rennen aus dem UCI-Kalender benannt und so für etwas Radsport-Flair gesorgt, während russische Flaggen diesmal außen vor blieben. Es versteht sich von selbst, dass Makarow und seine Vertrauten am Tisch „Tour de France“ saßen - auf unserer Tischkarte stand „E3 Prijs Vlaanderen“.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Weitere Radsportnachrichten

04.07.2025Aldag: “Wir haben alles gemacht, um die Tour zu gewinnen“

(rsn) - Red Bull – Bora – hansgrohe nimmt den zweiten Anlauf, um mit Primoz Roglic die Tour de France zu gewinnen. Darauf hat sich das einzige deutsche WorldTour-Team vorbereitet. Was die Raublin

04.07.2025Wechselt Groenewegen zu Unibet - Tietema Rockets?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

04.07.2025Statt dem Duell gegen Vingegaard erneut eine Pogacar-Show?

(rsn) – Im Grunde ist die Geschichte schnell erzählt: Seit 2021, also seit Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) gemeinsam die Tour de France bestri

04.07.2025Bauhaus will im ´Freestyle´ an die richtigen Hinterräder

(rsn) – Fünf Top-5-Platzierungen hat Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) bei seinen zwei Tour-de-France-Teilnahmen bislang ersprintet – drei 2023, zwei 2024. Im dritten Anlauf sollen noch ein paar

04.07.2025Teams packen zur Tour wieder Sondertrikots aus

(rsn) – Es ist inzwischen ein jährlich wiederkehrendes Ritual: Kurz vor der Tour de France präsentieren einige Mannschaften Sondertrikots für die drei Wochen in Frankreich. Weil zum Saison-Highli

04.07.2025Brilliert Milan bei seiner Tour-Premiere?

(rsn) – Der diesjährige Grand Départ bietet erstmals seit 2020 wieder den Sprintern die Chance, das Gelbe Trikot zu erobern, denn gleich in Lille stehen die Zeichen am Ende der 1. Etappe auf Masse

04.07.2025Die Aufgebote für den 36. Giro d´Italia Women

(rsn) – Mit dem Giro d’Italia Women (6. – 13. Juli / 2.WWT) steht einen Tag nach dem Start der Tour de France der Männer die zweite Grand Tour der Frauen an. Die 36. Ausgabe der Italien-Rundfa

03.07.2025Die zehn deutschen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Zehn deutsche Radprofis und damit so viele wie zuletzt 2021, als noch Tony Martin oder André Greipel am Start waren, werden am 5. Juli in Lille die Tour de France 2025 in Angriff nehmen. Im

03.07.2025“Misserfolge schärfen dich“: Roglic lacht seine Dämonen an

(rsn) – Zum siebten Mal in seiner beeindruckenden Karriere geht Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) bei der Tour de France an den Start. Die einzige deutsche Équipe im Peloton will von

03.07.2025Van der Poel sieht Chancen für eine erfolgreiche Tour

(rsn) – Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) gehört einmal mehr zu den Top-Stars, die bei der Tour de France an den Start gehen. Wirklich in Erscheinung treten konnte er in den letzten dre

03.07.2025Arndt hofft nach Wirbelbruch auf Comeback noch 2025

(rsn) – Nikias Arndt (Bahrain Victorious) wird am Samstag in Lille zwar nicht am Start der Tour de France stehen, doch einige Tage vor der Frankreich-Rundfahrt gibt es dennoch gute Neuigkeiten vom 3

03.07.2025Auch bei der 112. Tour wird die 3-Kilometer-Regel ausgeweitet

(rsn) - Die ASO wird auch bei der kommenden Tour de France die 3-Kilometer-Regel auf weitere ausgewählte Etappen ausdehnen. Dann werden die Fahrer bereits vier oder sogar fünf Kilometer vor dem Ziel

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Course de Solidarnosc (2.2, POL)
  • Sibiu Tour (2.1, ROU)