Teo Tigers Tour-Tagebuch - 13. Juli - 11. Etappe: Blaye-les-Mines - Lavaur

Bezahlte Zuschauer an der Strecke!

Von Teo Tiger

Foto zu dem Text "Bezahlte Zuschauer an der Strecke!"
Der kleine Tiger auf dem Weg nach - ja wohin denn nun? | Illustration: Janosch film & medien AG

14.07.2011  |  (Ra/ tt) - Haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum bei der Tour immer so viele Zuschauer an der Strecke stehen? Vor allem bei so einem Wetter wie heute… Der Tiger hat drüber nachgedacht: Man gammelt stundenlang am Straßenrand rum (wenn man einen einigermaßen guten Blick haben will; wer später kommt, steht immer hinter mindestens einsneunzig großen Holländern).

Wenn man mit dem Wohnmobil unterwegs ist, muss man sogar tagelang am Straßenrand parken (sonst stehen da immer diese mindestens neun Meter langen holländischen Womos). Und dann: Huiiii – in ein paar Minuten ist das Feld vorbeigerauscht. Heuer kann man vielleicht noch einen Sturz beobachten, da gehört derzeit nicht viel Glück dazu. Aber das kann ja wohl nicht alles gewesen sein…

Der Tour-Veranstalter A.S.O. hat sich das auch schon gefragt: Warum kommen die Zuschauer eigentlich? Und hat gleich mal eine Umfrage gestartet. Das Ergebnis ist doch überraschend, findet der Tiger. 61 Prozent der insgesamt rund 15 Millionen Radsport-Fans kommen an die Strecken, um das Rennen zu sehen. Okay, keine große Überraschung. Aaaaber: 39 Prozent der Zuschauer stellen sich an den Straßenrand, um die Werbe-Karawane zu bestaunen. Das hat den Tiger erstaunt. Und er hat mal weiter recherchiert: Was ist denn so toll an der "Caravane Publicitaire"?

Immerhin: Gut 15 Kilometer lang ist der Kommerz-Umzug mittlerweile; fast eine dreiviertel Stunde kann man rund 160 wild dekorierte Fahrzeuge verfolgen. Darunter die skurrilsten Gefährte, die oft nur noch entfernt an ein Auto erinnern: fahrende Bären, Löwen, Rennpferde, Uhren, Mineralwasser-, Bier- und Gas-Flaschen – oder auch riesige Radfahrer. Seit einigen Jahren lässt ein französischer Sportgeräte-Hersteller diverse seiner Trimm-Räder auf Pickups schrauben und darauf Hobby-Radler um die Wette strampeln. Da muss man erstmal drauf kommen, meint der Tiger.

Die Designer der Werbe-Wagen montieren Comic- und Tierfiguren auf Fahrgestelle, lassen sich aus Science Fiction- und Fantasy-Welten inspirieren. Seit etlichen Jahren gibt es einen „Concours d'Elegance“ der Reklame-Flitzer, bei der die Fahrzeuge von einer Jury aus Werbern, Journalisten und Marketing-Fritzen aus den mitfahrenden Firmen in verschiedenen Kategorien prämiiert werden. Die Unternehmen lassen sich die Werbe-Tour ganz schön was kosten: Zwischen 200 000 und 500 000 Euro muss jeder Teilnehmer in das renn-tägliche Spektakel investieren.

Aber kommen die Zuschauer wegen der seltsamen Fahrzeuge? Der Tiger hat weiter recherchiert. Und schließlich den wahren Grund gefunden, glaubt er: Von meist hübschen jungen Damen werden von den Wagen herab Massen an Geschenken verteilt. Heuer insgesamt über 14 Millionen „Give aways“, wie die Werber neudeutsch sagen. Vom Schlüsselanhänger mit integriertem Kakao-Depot über riesige Klatsch-Hände und -Würste bis hin zu Käse, Wurst und Brot ist alles dabei. Und Kappen gibt's bis zum Abwinken: Von fast jedem der insgesamt 40 Tour-Sponsoren ein mal mehr, mal weniger scheußliches Modell – ein Traum für jeden Sammler.

Das ist also der wahre Grund: Die Zuschauer kommen, um Geschenke einzusacken! Nicht aus Begeisterung für den Radsport. Na ja, vielleicht auch, bei ein paar Zuschauern. Ohne Geschenke wären auf jeden Fall mindestens ein Drittel weniger Fans auf der Straße. Glaubt der Tiger. Und außerdem wäre es beängstigend still. Weil ja keiner diese extrem nervigen Klatsch-Hände und -Würste hätte…

Um die Geschenke wird jedes Jahr härter gekämpft. Da macht sich die Wirtschaftskrise bemerkbar: Nichts wird liegengelassen, was man mitnehmen kann. So gibt es manchmal regelrechte Kleinkriege am Straßenrand, in denen ohne Hemmungen selbst Kinder eingesetzt werden. Und von den über 30 Todesfällen seit der ersten Tour sind nicht wenige darauf zurückzuführen, dass Zuschauer (verbotenerweise) noch schnell einen Kugelschreiber von der Straße pflücken wollten, und dabei von einem Werbe-Fahrzeug geplättet wurden.

Übrigens feiert die Werbe-Karawane heuer Jubiläum, hat der Tiger rausgefunden: Zum 80. Mal fährt der große Reklame-Feldzug vor dem Peloton einher (Die A.S.O. hat dazu eine eigene Mikro-Seite auf ihrer Tour-Site eingerichtet; für Interessierte: Link siehe unten). Bereits 1930 hatte der findige Tour-Gründer Henry Desgrange ja die Idee, große französische Unternehmen als Werbe-Partner vor Ort einzuladen, um sein „Grande Boucle“ finanzieren zu können. Und bis heute finden sich genügend Hersteller, die ihre Produkte während der Tour verschenken möchten.

Nicht verschenkt, sondern verlost wird eine besondere Attraktion der Werbe-Karawane: ein Platz auf dem „Brautpaar-Wagen“. Das wär doch mal was für Cav und Gringo (wie Gorilla Greipel früher hieß): Da fährt jeden Tag ein frisch verheiratetes Paar in vollem Hochzeits-Wichs durchs Land. Vermutlich sind das die wahren "Helden der Landstraße". Aber auch da ist ja seit einigen Jahren Doping im Spiel, weiß der Tiger. In Pillen-Form. Gibt's beim Arzt. Und ist nicht mal verboten.

Das war's für heute. Vielen Dank, dass Sie bis hierher stehen geblieben sind. Und klicken Sie auch übermorgen wieder rein, wenn Teo Tiger sich so seine Gedanken macht. Dann garantiert werbe-frei. Versprochen.

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