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14.07.2006 | Linus Gerdemann zählt zu den großen deutschen Radsporthoffnungen. Der 23-jährige T-Mobile-Profi zeigte zuletzt als Siebter der Tour de Suisse eine herausragende Leistung. Für Radsport aktiv macht er sich Gedanken über die Tour.
T-Mobile ist heute in die Offensive gegangen, leider ohne Erfolg. Vielleicht kam der Angriff am vorletzten Berg zu früh, wie einige Beobachter meinten. Im Nachhinein ist man da immer schlauer. Aber das Team hat etwas gewagt, und da besteht eben die Gefahr, dass es auch mal schief geht. Wie heißt es so schön: Lieber vorne sterben als hinten nichts erben.
Nach der tollen ersten Woche war die Euphorie um das Team fast schon zu groß. Man darf nicht vergessen: Alle Fahrer waren nur als Helfer für Jan Ullrich nominiert worden und mit der entsprechenden Einstellung und Vorbereitung nach Frankreich gereist.
Für eine Helferrolle trainiert man nämlich anders. Da wird mehr Wert auf hohes Grundtempo gelegt als auf Intervalle oder auf Spritzigkeit. Dazu kommt die große mentale Umstellung, wenn plötzlich der Kapitän fehlt. Vielleicht kann man das Letzte auch nur dann aus sich herauskitzeln, wenn man als Tourfavorit ins Rennen geht. Alle sieben Fahrer hatten ja ursprünglich nur ein Ziel: Jan beim Unternehmen Toursieg zu unterstützen.
In Anbetracht dieser Tatsachen haben sich auch heute wieder alle gut aus der Affäre gezogen. Und noch ist nichts verloren. Für Andreas Klöden ist das Podium nach wie vor in Reichweite, vielleicht sogar der Platz ganz oben auf dem Treppchen. Schließlich kommen die schweren Alpenetappen ja noch. Klöden hatte heute Krämpfe und jeder, der eine solche schmerzhafte Erfahrung schon einmal gemacht hat, weiß, wie sehr man dann leidet. Ich schreibe Andreas noch lange nicht ab. Er scheint mir sogar der Frischeste der Favoriten zu sein.
Der Mann des Tages war für mich Michael Boogerd. So stark habe ich den Holländer schon lange nicht mehr gesehen. Wie er seinen Kapitän Denis Mentschow den letzten Anstieg hochgezogen hat, war schon klasse. Aber nicht nur das, Boogerd hatte noch so viel Kraft, dass es am Ende für ihn zu Platz sechs reichte. Mentschow war am Ende der verdiente Sieger, aber einen großen Anteil an seinem Erfolg kann sich sein Rabobank-Kollege gutschreiben.
Floyd Landis hat mich mit seiner Abgeklärtheit beeindruckt. Er scheint mir der stärkste Fahrer im Feld zu sein. Levi Leipheimer feierte nach dem schwarzen Tag beim Zeitfahren eine kleine Wiedergeburt. Auch für ihn ist das Podium noch nicht unerreichbar weit weg. Allerdings wird sich Levi nach seinem heutigen Auftritt mächtig über sein Fiasko beim Zeitfahren geärgert haben.
Viel Kritik muss in diesen Tagen auch Discovery Channel einstecken, das in den letzten Jahren alles überragende Team. Für mich zeigt der Auftritt von Hincapie &Co., dass im Radsport eben nicht alles planbar ist. Man sollte jetzt nicht zu sehr auf den Jungs herumhacken. Jedes Team erlebt einmal eine Schwächeperiode.
Ein Wort noch zu Markus Fothen: Chapeau, wie er heute gefahren ist. Gestern war er ja nicht so stark, aber die Leistung heute war tadellos. Er hat das Weiße Trikot souverän verteidigt, seinen Vorsprung auf 12 Minuten vor keinem geringeren als dem ehemaligen Giro-Sieger Damiano Cunego ausgebaut. Das ist ein Pfund, mit dem Markus in den nächsten Tagen wuchern kann.
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