Renn-Organisatoren weiterhin ablehnend

ProTour-Streit: Das Klima wird rauer

Von Matthias Seng

06.03.2005  |  Nicht nur der lange Winter sorgt für ein unangenehmes Klima zu Beginn von Paris-Nizza, dem ersten ProTour-Rennen. Auch das Klima zwischen Hein Verbruggen, dem Chef des Weltradsportverbandes UCI, und den drei Organisatoren der drei großen Rundfahrten ASO (Tour de France), RCS (Giro d'Italia) und Unipublic (Vuelta d'Espana), wird rauer.

Auf einer Pressekonferenz am Tag vor dem Startschuss zur „Fahrt in den Süden“ erläuterte Hein Verbruggen nochmals die vielleicht größte und einschneidendste Reform in der Geschichte des Profiradsports, die zugleich zum sportlichen Vermächtnis des in diesem Jahr aus seinem Amt scheidenden Belgiers werden soll.

Ein wesentlicher Baustein im ProTour-Gebäude wird nach dem Willen Verbruggens der neu geschaffene UCI ProTour-Rat sein, der den bisherigen Rat für Profiradsport (CCP) ersetzen soll. Dieses neu geschaffene Gremium soll die Selbstverwaltung des Profiradsports unter dem Dach der UCI sicherstellen und vermeiden, dass die kommerziellen Interessen die sportlichen Belange in den Hintergrund drängen.

In den kommenden drei Jahren, so sieht es die mittelfristige Planung der UCI ProTour vor, sollen mehrere Schlüsselpunkte verwirklicht werden. Erstens sollen die vergebenen vierjährigen Lizenzen für Stabilität und Planungssicherheit bei den Teams mitsamt ihren Sponsoren sorgen. Zweitens sollen die aufgestockten Team-Budgets für die Fahrer höhere Einkommen und größere Sicherheit zur Folge haben, eben weil die Teams sich längerfristig engagieren können. Drittens sollen die neuen ProTour-Strukturen für völlige finanzielle Transparenz sorgen und den Teams und den Sponsoren die Teilnahme an der Rennserie das ganze Jahr über garantieren. Schließlich sind Verbruggen und die UCI davon überzeugt, dass die Rennorganisatoren von der mittelfristigen Planung profitieren werden, weil sie die Garantie erhalten, dass sämtliche Top-Teams an ihren Rennen teilnehmen werden. Verbruggen glaubt, dass die UCI mit den Rennorganisatoren in der umstrittenen Frage der Verhandlungen um die Fernsehübertragungsrechte zusammenarbeiten könnte, so dass alle Seiten davon profitieren würden. Genau das aber glauben die großen Organisatoren nicht.

Auf einem Treffen der wichtigsten Teams und der Tour-Organisation am Freitag nämlich wurden die Teams, die prinzipiell die ProTour unterstützen, von einem Vortrag der Chefs von Tour, Giro und Vuelta überrascht. Zum Missfallen mehrerer Teams lehnen ASO, und Unipublic die ProTour in ihrer gegenwärtigen Struktur ab. Nach dem Treffen sagte ASO-Chef Patrice Clerc der französischen Sportzeitung L’Equipe: „Wir wollten die Teams nochmals daran erinnern, dass wir die ProTour grundsätzlich ablehnen, weil sie unseren Status als Eigentümer unserer Rennen verändern will. Wir haben die UCI außerdem darüber informiert, dass wir nicht gerade glücklich darüber sind, aus dem ProTour-Rat ausgeschlossen zu sein. Damit haben die wichtigsten Rennen des Internationalen Radsports keine Stimme. Wie soll so Kompromiss gefunden werden?“

Verbruggen ging in seiner Pressekonferenz auf die unnachgiebige Haltung der großen Organisatoren ein, verbindlich im Ton, unnachgiebig in der Sache: „Es ist schon etwas bizarr, dass wir ASO, RCS und Unipublic in den Rat aufnehmen sollen, ohne dass sich diese drei wie die anderen zwölf Organisatoren um eine ProTour-Lizenz bemühen.“ Verbruggen führte gar höhere Maßstäbe ins Feld um zu begründen, weshalb die Organisatoren auf einen Teil ihrer TV-Rechte zugunsten der ProTour verzichten sollten.: „Meiner Meinung nach haben die Organisatoren eine moralische Verpflichtung dazu. Die Tour-Organisatoren etwa sagen, die Tour wäre wegen ihres Gründers Henri Desgranges ein so großes Ereignis. Aber ich sage, tatsächlich ist die Tour wegen der Fahrer so groß geworden, wegen Coppi, Anquetil, Merckx, Indurain und Armstrong. Und genau deshalb sollten die Organisatoren ihrer Verantwortung gerecht werden dem Radsport zu helfen. Sie sollten seine Wurzeln stärken, damit er auch in Zukunft wachsen kann.“

Fragt sich nur, ob die kühl kalkulierende und machtbewusste ASO sich mit moralischen Appellen beeindrucken lässt.

(Quelle:cyclingnews.com

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