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11.10.2004 | Linus Gerdemann spaltet die Rad-Welt. In den letzten beiden Jahren gewann der Münsteraner die U23-Bundesliga. Bei der WM musste er jeweils zuschauen. Deshalb wendet sich sein Team Winfix mit einer Presseveröffentlichung an die Öffentlichkeit.Prompt antwortete der BDR
Wir drucken beide Schreiben ohne große Kürzungen ab, damit Sie sich eine Meinung bilden können:
Team Winfix Arnolds Sicherheit:
„Wir stellen klar, dass Linus, ebenso wie unser Team, entgegen anders lautenden Behauptungen nicht auf die WM-Nominierung verzichtet hat. Vielmehr sah sich die Teamleitung in Absprache mit allen Sponsoren nicht in der Lage, der Forderung des BDR nachzukommen.
Diese Forderung lautete: komplette Eingliederung in das BDR-Vorbereitungsprogramm ab Ende Juli ohne Einsatzgarantie bei der Weltmeisterschaft. Diese Forderung war für unser Team aus folgenden Gründen nicht akzeptabel:
1) Linus hätte unserem Team als wesentlicher Leistungsträger für die zweite Saisonhälfte nicht zur Verfügung gestanden. Dies ist nicht hinnehmbar, da er auf Kosten des Teams in Form gebracht wurde. Hierin besteht der wesentliche Unterschied zu anderen Fahrern, die aus öffentlichen Mitteln (Trainingslager, Vorbereitungs-Rundfahrt, Bundeswehr-Subventionierung) finanziert wurden und für die solche Forderungen durchaus plausibel sind. Wir als Team betreiben einen finanziell nicht unerheblichen Aufwand, um als GSIII Team, deutschen Nachwuchsfahrern die Teilnahme an Profirennen zu ermöglichen. Als Dank bestraft uns der Bundestrainer hierfür.
2) Linus wurde durch unser Team so vorbereitet, dass er die Saison als eindeutig stärkster deutscher U23-Fahrer dominierte (Bundesliga-Gesamtsieger, Deutscher Meister auf sehr selektivem Kurs) und auch bei zahlreichen internationalen Wettkämpfen Leistungsnachweise erbrachte. (u.a. 6.Platz Thüringen-Rundfahrt - U23-Weltcuprennen - mit Abstand bester Deutscher. Vier der unter den ersten sieben der Rundfahrt platzierten Fahrern fuhren bei der WM auf die Plätze 2, 3, 8 und 9). Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass auch uns eine hervorragende Vorbereitung für die WM gelungen wäre.
3) Von Beginn an stand übrigens zu erwarten, dass Bundestrainer Weibel ohnehin auf Fahrer unserer Mannschaft verzichten wird. Wir sehen uns durch die Presseberichterstattung und Peter Weibels eigener Aussagen hierdurch bestätigt. Nachdem auf der Pressekonferrenz in Bardolino Herr Weibel noch einen eigenen Verzicht von Linus Gerdemann gehört haben wollte, waren in offiziellen Verbandsorganen disziplinarische Gründe angeblich ausschlaggebend. Über verschiedene Presseagenturen wurde schließlich eine mangelnde Teamfähigkeit vorgeschoben. Diese "Argumentationsvielfalt des Herrn Weibel" spricht für sich."
Aus diesen Gründen entschied das Team (und nicht der Fahrer!!), der Forderung des Bundestrainers nicht nachzukommen. Hierbei wurde aber betont dass Linus die WM dennoch gerne fahren würde. Wir bedauern sehr, dass Linus trotz seiner überragenden Leistungen Schwierigkeiten hat, einen Vertrag in einem Pro-Tour-Team zu bekommen. Der Grund liegt neben der Nichtteilnahme an der WM, in der durch den Bundestrainer in die Öffentlichkeit getragenen Diskussion um seine Person. Generell stellt sich für unser Team und die Sponsoren die Frage nach der Sinnhaltigkeit des Konzeptes der Nachwuchsförderung in einem GS3 bzw. Continental-Team, solange nicht der BDR in Form von Peter Weibel und gedeckt durch Burkhardt Bremer, mit einem Minimum an Nominierungskriterien und in der Frage der teuren "Zwangs-Vorbereitung" auf die internationalen Höhepunkte ein wenig Bewegung erkennen lässt.
Der BDR erklärt die Nichtnominierung Gerdemanns wie folgt:
Der BDR ließ Linus Gerdemann in seiner Saisonvorbereitung freie Hand. Während eines Höhentrainingslagers in Levigno (Italien), bei dem sowohl die deutsche Nationalmannschaft unter Leitung von Bundestrainer Peter Weibel als auch das Team Winfix Arnolds Sicherheit trainierten, kam es zu einem Gespräch zwischen Weibel, Gerdemann und dessen sportlichen Leiter Jochen Hahn. In diesem Gespräch ging es um die weiteren WM-Vorbereitungen für Linus Gerdemann, der zu diesem Zeitpunkt noch zum erweiterten WM-Aufgebot gehörte. Einvernehmlich einigte man sich darauf, dass Gerdemann an der Europameisterschaft, der Tour de l`Avenir und der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt teilnehmen sollte. Die Europameisterschaft fand Anfang August in Estland statt, die Tour de l`Avenir und die Rheinland-Pfalz-Rundfahrt im September.
Am nächsten Morgen teilte die Teamleitung von Winfix Arnolds Sicherheit dem Bundestrainer mit, dass man an diesen Maßnahmen doch nicht teilnehmen könne, da der Sponsor andere Termine vorsieht und verzichtete damit auf die WM-Teilnahme. Bundestrainer Peter Weibel, der Gerdemann nur diese drei Termine vorgegeben hatte und zu keinem Zeitpunkt verlangte, dass der Fahrer die komplette zweite Saisonhälfte nicht mehr seinem Team zur Verfügung stünde, bat daraufhin um Gerdemanns schriftlichen WM-Verzicht, was bis heute nicht erfolgte.
Der Bund Deutscher Radfahrer legt Wert auf die Feststellung, dass von Gerdemann zu keinem Zeitpunkt verlangt wurde, die zweite Saisonhälfte ausschließlich dem Verband zur Verfügung zu stehen. Desweiteren bleibt festzuhalten, dass Gerdemann bis zu seinem Verzicht sehr wohl dem erweiterten WM-Kader angehörte, obwohl er bis Anfang August an keiner offiziellen BDR-Maßnahme teilnehmen musste. Nachdem er die drei genannten BDR-Maßnahmen mit der Nationalmannschaft ablehnte, konnte er vom Verband bei der WM-Nominierung nicht mehr berücksichtigt werden, da dadurch wichtige Leistungsnachweise nicht erbracht wurden.
Der BDR weist außerdem die Vorwürfe zurück, für Gerdemanns Schwierigkeiten bei den Vertragsverhandlungen mit einem Pro Tour-Team verantwortlich zu sein.
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