RSNplusSchaltprobleme kein Grund für Zeitverlust

Evenepoel hart zu sich selbst: “Das war einfach wirklich schlecht“

Von Felix Mattis und Joachim Logisch aus Peyragudes

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Remco Evenepoel (Soudal - Quick-Step) | Foto: Cor Vos

19.07.2025  |  (rsn) – Als sich Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) die bis zu 16 Prozent steilen letzten Meter auf der Startbahn des Altiports von Peyragudes hinaufquälte, kam es zur Demütigung: Der zwei Minuten nach ihm gestartete Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) holte den Belgier ein und fuhr noch vor dem Ziel an ihm vorbei. Dieser Moment stellte bildlich dar, wie schlecht es für den Zeitfahrweltmeister im Bergzeitfahren der Tour de France gelaufen war.

Evenepoel selbst war dieses Detail anschließend aber beinahe egal. Was für ihn zählte war der Grund dafür – nämlich seine eigene Leistung. So oft wie der 25-Jährige in der Mixed Zone an diesem 18. Juli hat noch kaum ein Radprofi die Worte "wirklich schlecht" über sich selbst gesagt.

"Bei meinem Tempo war es völlig normal, dass er (Vingegaard) mich überholt hat", meinte Evenepoel. "Es war vorher schon eine sehr schwache Leistung von mir. Was dann passiert ist, ist mir egal." ___STEADY_PAYWALL___

Evenepoel absolvierte die 10,9 Kilometer von Loudenvielle hinauf in den Ski-Ort Peyragudes 2:39 Minuten langsamer als Tagessieger Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und kam nur auf den zwölften Platz. Das war für ihn ein wohl noch größeres Desaster als der Zeitverlust vom Vortag bei der Bergankunft in Hautacam, wo er schon 56 Kilometer vor dem Ziel die Favoritengruppe hatte ziehen lassen müssen, sich dann bergab zurückkämpfte, aber auch im Schlussanstieg früh sein eigenes Tempo suchen musste. Mit großem Kampfgeist hielt er den Schaden dort noch in Grenzen und wurde dafür von allen Seiten anschließend gelobt.

Moment mit Symbolcharakter: Jonas Vingegaard (links) überholt Remco Evenepoel auf der Start- und Landebahn des Altiports von Peyragudes. | Foto: Cor Vos

Lob aber wollte er nach dem Zeitfahren nun absolut nicht hören. "Es war einfach schlecht. Normalerweise würde ich bei so einem Zeitfahren unter den ersten Drei landen, aber ich war einfach wirklich schlecht", sagte er. Da half es ihm auch nicht, dass er den dritten Gesamtrang und auch das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers noch einen weiteren Tag verteidigen konnte – mit noch sechs Sekunden Vorsprung auf Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe), der ihm als Etappenvierter 43 Sekunden abgeknöpft hatte.

Podestplatz und Weiß knapp verteidigt

"Ehrlich gesagt kann mich das nicht trösten", befand Evenepoel mit Blick auf sein Weißes Trikot und fasste sein Zeitfahren wie folgt zusammen: "Mein Start war ganz gut, aber schon nach fünf Minuten am Anstieg konnte ich nicht mehr die nötige Kraft aufbringen, die ich gebraucht hätte. Einfach eine wirklich schlechte Leistung von mir und alles andere spielt nicht wirklich eine Rolle."

Tatsächlich war Evenepoel, der mit einem Straßenrad mit Zeitfahrcockpit gestartet war, auf den ersten vier flacheren Kilometern stark gestartet. Er kam mit Bestzeit am ersten Messpunkt am Fuß des Anstiegs durch und lag dort zehn Sekunden vor Primoz Roglic sowie zwölf Sekunden vor Lipowitz. Auch Vingegaard scheiterte dort um drei Sekunden an Evenepoels Zwischenzeit und es sah zunächst sehr gut aus für den Zeitfahrweltmeister. Immerhin hatten die drei Genannten alle aufs Zeitfahrrad gesetzt und daher gerade in diesem Sektor offensichtlich einen Vorteil ihm gegenüber. Nur der Tour-Dominator Pogacar unterbot Evenepoels Marke bei Kilometer 4 noch um fünf Sekunden.

Völlig leer: Evenepoel im Ziel des Bergzeitfahrens von Peyragudes. | Foto: Cor Vos

Doch am Berg lief es dann überhaupt nicht mehr. Evenepoel verlor immer mehr Zeit. Zu allem Überfluss bekam er dann auch noch Schaltungsprobleme und trat plötzlich kurz ins Leere. Darauf aber wollte er sein Abschneiden aber nicht schieben. "Das hat mich vielleicht fünf, sechs Sekunden gekostet – mehr nicht. Das hat heute keinen Unterschied gemacht", sagte er auf Nachfrage der belgischen Medienvertreter vor Ort und hängte wieder an: "Ich war einfach zu schlecht."

Schaltprobleme? Hitze? Evenepoel lässt keine Ausrede gelten

Auch die Temperaturen in Südfrankreich wollte er in seiner Analyse nicht als Begründung anführen, nachdem am Vortag in Hautacam noch einige aus seinem Umfeld von Überhitzung gesprochen hatten. "Es waren einige Grad weniger als gestern", so Evenepoel, der völlig desillusioniert wirkte: "Ich hoffe, dass es keine besondere Erklärung dafür gibt - dass ich nur ein paar schlechte Tage hatte und morgen nicht mehr."

Denn am Samstag steht mit der dritten schweren Bergetappe in Folge in den Pyrenäen der nächste schwere Tag an – auf dem Papier mit Col du Tourmalet, Col d'Aspin, Col de Peyresourde und Superbagnères sowie 4.950 Höhenmetern der härteste in der Pyrenäen-Trilogie dieser 112. Frankreich-Rundfahrt. "Ich versuche morgen wieder mein Bestes", versprach er, war sich aber alles andere als sicher, was das bedeutet: "Es kann ein anderer Tag sein, es kann aber auch wieder genauso laufen. Aber das kann ich jetzt noch nicht wissen."

Schon am Donnerstag in Hautacam erlebte Evenepoel einen schwarzen Tag. | Foto: Cor Vos

Red Bull – Bora – hansgrohe dagegen wird aus dem Bergzeitfahren viel psychologischen Rückenwind mitgenommen haben. Lipowitz fehlen nur noch sechs Sekunden zu Evenepoel und auch Roglic ist nur noch 1:26 Minuten vom Belgier entfernt. Sie werden ihn zu zweit in die Mangel nehmen und versuchen, den 25-Jährigen endgültig zu knacken und vom Podium zu verdrängen.

"Wir können bisher zufrieden sein, haben in der ersten Woche schon drei Etappen gewonnen. Von daher kann es keine schlechte Tour mehr werden. Aber das große Ziel ist eben, Remco aufs Podium zu bringen. Das ist kein einfaches Ziel", sagte Evenepoels Helfer Maximilian Schachmann in Peyragudes zu radsport-news.com, schon bevor das Zeitfahren seines Kapitäns überhaupt begonnen hatte. Zwei Stunden später war die Aufgabe offensichtlich noch schwerer geworden.

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