“Ich hatte Glück, dass ich es erkannt habe“

Ex-Profi-Crosser Dekker spricht offen über seine Depressionen

Foto zu dem Text "Ex-Profi-Crosser Dekker spricht offen über seine Depressionen"
Jens Dekker | Foto: Cor Vos

06.12.2024  |  (rsn) – Jens Dekker wird nicht mehr aufs Cross-Rad zurückkehren und hat in einem ausführlichen Interview mit wielerflits.nl nun erklärt, warum: Depressionen. Der 25-jährige Niederländer, der im Jahr 2016 in Zolder Junioren-Weltmeister im Cross geworden war, hatte schon während der Corona-Pandemie eigentlich mit dem Radsport aufgehört und damals bereits erstmals von psychischen Problemen berichtet. Im Februar 2023 kündigte er aber ein Comeback an und kehrte im folgenden Herbst auch in den Sport zurück.

Dann aber ging es schnell wieder abwärts mit seiner psychischen Gesundheit, wie er nun eindrücklich schilderte. Dekker erzählte in dem Interview mit dem niederländischen Radsportportal, er habe vor genau einem Jahr im Training am Nikolaustag sogar angefangen, Selbstmordgedanken zu hegen und danach glücklicherweise schnell professionelle, therapeutische Hilfe angenommen.

"Ich hatte Glück, dass ich erkannt habe, was an diesem speziellen Mittwoch vor sich ging. Diese Gedanken sind nicht besonders gesund und ich habe auch nicht versucht, sie zu unterdrücken. Als ich nach Hause kam und es meinen Eltern erzählt habe, riefen sie sofort beim psychiatrischen Dienst an. Innerhalb von 48 Stunden saß ich irgendwo an einem Tisch – und das war auch notwendig", so Dekker, der seine Geschichte nun erzähle, um "das Tabu zu brechen" und für mehr Verständnis und Aufmerksamkeit für die Thematik zu sorgen.

"Ich möchte das besprechen, denn es gibt viele Menschen, die mit Depressionen zu kämpfen haben, aber wahrscheinlich nicht darüber reden, weil es nicht so einfach ist. Ich möchte das Tabu etwas durchbrechen. Ich denke, wir sollten Depressionen nach Möglichkeit ausführlicher erklären. Wenn man drinsteckt, ist das sehr schwer. Deshalb ist es wichtig, es danach zu tun, wenn man bereit dazu ist, so wie ich es jetzt bin. Ich fühle mich fast verpflichtet, darüber zu sprechen."

Nachdem Dekker im Februar 2023 sein Comeback angekündigt hatte, schien alles wieder in die richtige Richtung zu laufen. Er baute über den Sommer Form auf, fuhr Gravel-Rennen und stand im September 2023 beim 4 Bikes Festival im Odenwald erstmals wieder bei einem UCI-Cross-Rennen der Kategorie C2 am Start, wurde prompt Dritter. Im Oktober dann reiste er für einige Renneinsätze nach Spanien und feierte dort sogar wieder zwei Siege, darunter auch das C1-Rennen am Lago de As Pontes.

Schon nach wenigen Rennen fehlten Motivation und Freude

Doch was nach außen wie ein vielversprechendes Comeback wirkte, sah im Innern des Niederländers schon da langsam wieder schlechter aus. "Ich saß irgendwo in Spanien im Wohnmobil und stieg nur widerwillig auf die Rolle, um mit dem Warmup zu beginnen. Da habe ich mir noch nichts dabei gedacht", erzählte er nun. Doch das negative Gefühl setzte sich fort, als er eine Woche später das C2-Rennen in Heerderstrand in den Niederlanden fuhr.

"Ich habe es nicht wirklich gespürt. Es ist ziemlich schwierig zu erklären, wie Depressionen funktionieren. Es ist auch bei jedem anders. Es war mühsam, mich zu erholen oder tief zu gehen und Risiken im Rennen einzugehen. Plötzlich ging es einfach nicht mehr und dann brach für mich eine Welt zusammen. Seit fast 20 Jahren habe ich mich dem Leistungssport gewidmet und plötzlich wurde mir klar: Ich will das nicht mehr. Ich konnte einfach nicht mehr zu Wettkämpfen fahren oder überhaupt mein Fahrrad anfassen."

Erschwerend hinzu kam, dass sich Dekker bei seinem ersten Weltcup-Einsatz nach dem Comeback, Ende Oktober 2023 in Maasmechelen, das Handgelenk brach und anschließend einige Wochen nur auf der Rolle trainieren konnte. "Das war definitiv nicht gut für meine geistige Gesundheit", sagte er. Dann startete er am 2. Dezember in Boom beim Superprestige-Rennen, fühlte sich im Rennen aber schlecht und wollte danach zwei Tage pausieren, um sich zu erholen. Als er dann aber wieder aufs Rad stieg, am 6. Dezember 2023 für eine simple Trainingsrunde, seien die Selbstmordgedanken aufgekommen.

"Während dieser Trainingsfahrt hatte ich konkrete Selbstmordgedanken"

"Ich geriet beim Radfahren in eine Art Panik. Während dieser Trainingsfahrt hatte ich konkrete Selbstmordgedanken. Danach habe ich noch ein paar Mal versucht, aufs Rad zu steigen und bin in Essen sogar das Exact Cross gefahren. Aber mein Verstand war überhaupt nicht da. In diesem Rennen wurde mir wirklich klar, dass es nicht mehr funktionieren würde. Und dann geriet ich in eine Krise: Als Person baut man eine bestimmte Identität auf. Für mich dreht sich eigentlich alles ums Radfahren. Das hat mich maßgeblich geprägt, ich war Leistungssportler. Aber plötzlich wollte ich das nicht mehr sein. Ich wollte also nicht mehr ich selbst sein", so Dekker, der anschließend bis April diesen Jahres durch ein tiefes Tal gegangen und dort nur durch die professionelle Hilfe durch den psychiatrischen Dienst wieder herausgekommen sei.

Inzwischen umgibt sich Dekker wieder gerne mit Radsport – aber eben nicht mehr als Aktiver. Er arbeitet als Trainer und an zwei Tagen pro Woche auch an einer Schule an der Jugendakademie des Fußballvereins PEC Zwolle. Doch er macht keinen Hehl daraus, dass seine psychische Erkrankung Nachwirkungen hat: "Es ist schwer zu sagen, wann ich mich wieder optimal fühlen werde. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder ich selbst sein kann und weiß nicht, ob man sich jemals vollständig von einer Depression erholen kann. Aber ich funktioniere."

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.03.2025Van Empel legt Pause ein: “Für meine mentale Gesundheit“

(rsn) – Fem van Empel wird bis auf weiteres keine Rennen mehr bestreiten. Das hat die 22-jährige Niederländerin am Donnerstagmorgen auf ihren Social-Media-Kanälen bekannt gemacht und damit wohl s

07.03.2025Cube wird Co-Namenssponsor bei Heizomat

(rsn) – Der bayerische Fahrradhersteller Cube steigt zum Co-Namenssponsor des deutschen Cyclocross-Teams Heizomat - Herrmann auf, das künftig unter dem Namen Heizomat – Cube starten wird. Das kü

23.02.2025Nieuwenhuis holt sich in Oostmalle den letzten Cross der Saison

(rsn) – Der letzte Sieger der diesjährigen Cross-Saison heißt Joris Nieuwenhuis (Ridley Racing). Beim Sluitingsprijs Oostmalle (C1) in der Provinz Antwerpen setzte sich der 29-jährige Niederländ

23.02.2025Cant verpasst in ihrem letzten Rennen knapp das Podium

(rsn) – Beim letzten Stelldichein der Querfeldein-Spezialistinnen in dieser Saison hat Lucinda Brand (Baloise Glowi Lions) den Sluitingsprijs von Oostmalle (C1) gewonnen. Die Niederländerin setzte

19.02.2025Iserbyt muss auf Finale der Cyclocross-Saison verzichten

(rsn) - Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen - Cibel Clementines) wird am 23. Februar nicht mehr zum Finale der Cyclocross-Saison 2024/25 beim Sluitingsprijs Oostamalle antreten. Nach Angaben seines Teams muss

16.02.2025Vanthourenhout wird Nieuwenhuis im Amphitheater los

(rsn) – Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen – Cibel) hat in Brüssel den achten und letzten Lauf der X2O Trofee gewonnen und sich in der belgischen Hauptstadt nach zwei zweiten Plätzen in Folg

16.02.2025Casasola bezwingt zum Saisonfinale Teamkollegin Norbert Riberolle

(rsn) – Sara Casasola (Crelan – Corendon) hat sich in einem packenden Duell mit ihrer Teamkollegin Marion Norbert Riberolle in Brüssel den achten und letzten Lauf der X2O Trofee gesichert. Die 25

15.02.2025Vandeputte in Sint-Niklaas souverän zum dritten Sieg

(rsn) – Er zählt zu den besten Fahrern des Cross-Winters, ist Gewinner der Superprestige-Gesamtwertung. Doch mit dem Siegen klappte es selten bei Niels Vandeputte. Doch zum Ende der Saison hat es f

10.02.2025Crelan, van der Poel, Vos und Co. ehren Cant mit Musikvideo

(rsn) – Mit dem Cross-Winter 2024/2025 geht auch die große Karriere der Belgierin Sanne Cant (Crelan – Corendon) zu Ende. Die 34-Jährige wird ihr Rad am Saisonende an den Nagel hängen. Mit ihr

09.02.2025Sweeck hat bei der X2O Trofee in Lille “Bingo!“

(rsn) - Laurens Sweeck (Crelan – Corendon) hat beim Krawatencross in Lille seinen siebten Saisonsieg gefeiert. In einem spannenden Rennen nahm der Belgier die Schlussrunde gemeinsam mit acht Begleit

08.02.2025“Spätstarter“ Nieuwenhuis gewinnt Superprestige-Finale

(rsn) – Es sah für Joris Nieuwenhuis (Ridley) nach Krankheiten und Verletzungen nach einer Saison zum Vergessen aus. Doch seit seinem Start in den Crosswinter am 12. Januar liefert der 28-Jährige

08.02.2025Van der Heijden jubelt erstmals in Middelkerke

(rsn) - Beim Abschluss der Superprestige in Middelkerke hat Inge van der Heijden (Crelan – Corendon) ihr erstes Wertungscross gewonnen. Die Niederländerin profitierte dabei von einem Sturz von Luci

Weitere Radsportnachrichten

02.07.2025Evenepoel: “Auch bei dieser Tour geht es um Geduld“

(rsn) – Vor seiner zweiten Tour de France gibt sich Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) vorsichtig optimistisch. Nachdem er beim Critérium du Dauphiné gegen Tadej Pogacar (UAE – Emirates –

02.07.2025Thomas will bei seiner Abschieds-Tour nochmals alles geben

(rsn) – Als letztes der 23 Teams hat nun auch Ineos Grenadiers sein Aufgebot für die am 5. Juli in Lille beginnenden 112. Tour de France bekannt gegeben. Der britische Rennstall, der seit 2019, als

02.07.2025Die Teams für die 112. Tour de France

(rsn) – Nach drei Auslandsstarts in Folge (Kopenhagen, Bilbao, Florenz) beginnt die Tour de France erstmals seit dem Jahr 2021 wieder in ihrem Heimatland. Am 5. Juli werden im nordfranzösischen Lil

02.07.2025Giro-Zweiter Del Toro startet bei der Tour of Austria

(rsn) – Es hatte sich bereits angedeutet, aber jetzt wurde von den Organisatoren offiziell bestätigt: Auch der Giro-Zweite Isaac Del Toro (UAE – Emirates - XRG) wird am 9. Uli am Start der Tour o

02.07.2025Giro d`Italia Women im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Erstmals bereits 1988 ausgetragen, zählt der Giro d`Italia Women zu den traditionsreichsten Rennen im Frauenkalender. Radsport-news.com blickt auf die letzten zehn Austragungen der aktuell

02.07.2025Keine Bonussprints bei der Tour de France 2025

(rsn) – Bei den letzten Ausgaben der Tour de France konnten die Fahrer nicht nur im Ziel, sondern auch unterwegs an einigen ausgewählten Stellen Bonussekunden sammeln. Zur diesjährigen 112. Ausgab

02.07.2025Die fünf schweizerischen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Mehr als fünf Schweizer bei einer Tour de France gab es zuletzt 2021. Damals waren sechs Eidgenossen am Start des größten Radrennens der Welt. Das ist immer noch weit weg vom Rekordjahr 1

02.07.2025Die drei österreichischen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Vom kleinen Zwischenhoch, das 2022 und 2023 gleich sechs österreichische Tour-Starter lieferte – und damit fast so viele wie aus Deutschland – haben sich die Fahrer aus der Alpenrepubli

02.07.2025Das Reglement der Tour de France auf einen Blick

(rsn) – Jeder Radsportfan kennt die Wertungstrikots und weiß meist auch, was sie symbolisieren. Das Gelbe Trikot geht an den Zeitschnellsten, das Grüne an den Punktbesten, das Gepunktete an den F

02.07.2025Das Preisgeld: Wie viel gibt´s wofür bei der Tour de France 2025?

(rsn) - Von Lille nach Paris - über 21 Renntage, zwei Ruhetage und 3338 Kilometer - das ist die Tour de France 2025. Mehr als 80 Stunden Rennzeit werden die Fahrer auf ihrem Weg durch Frankreich im

02.07.2025Die Aufgebote für den 36. Giro d´Italia Women

(rsn) – Mit dem Giro d’Italia Women (6. – 13. Juli / 2.WWT) steht einen Tag nach dem Start der Tour de France der Männer die zweite Grand Tour der Frauen an. Die 36. Ausgabe der Italien-Rundfa

01.07.2025Red Bull - Bora - hansgrohe im Sondertrikot zur Tour de France

(rsn) - Das Team Red Bull - Bora - hansgrohe wird in einem Sondertrikot zur 112. Tour de France antreten. Zu Ehren der ´Grande Nation´ tauscht der deutsche WorldTour-Rennstall sein normales Trikot f

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Course de Solidarnosc (2.2, POL)
  • Sibiu Tour (2.1, ROU)