Vorschau zum WM-Straßenrennen der Frauen

Wer profitiert vom Duell zwischen Kopecky und Vollering?

Von Felix Mattis aus Zürich

Foto zu dem Text "Wer profitiert vom Duell zwischen Kopecky und Vollering?"
Titelverteidigerin Lotte Kopecky (Belgien, links) und die Niederländerin Demi Vollering (rechts) sind die großen Favoritinnen fürs WM-Straßenrennen. | Foto: Cor Vos

28.09.2024  |  (rsn) – Das große Duell zwischen Demi Vollering aus den Niederlanden und Titelverteidigerin Lotte Kopecky aus Belgien ist das große Thema vor dem WM-Straßenrennen der Frauen in Zürich. Auf dem schweren Kurs über 154,1 Kilometer und 2.384 Höhenmeter von Uster um den Greifensee und schließlich 4,5 Runden des sogenannten "City Circuit" sind sie die großen Favoritinnen.

Nachdem die beiden SD-Worx-Teamkolleginnen sich bereits zuletzt bei der Tour de Romandie duellierten, warten die Fans im Schweizer Regen nun auf einen weiteren Schlagabtausch mit offenem Visier.

"Es ist schön Top-Favoritin zu sein – aber ich bin auch nicht die einzige. Lotte Kopecky ist eine große Favoritin und der Kurs liegt auch Kasia Niewiadoma und Elisa Longo Borghini", sagte Vollering vor den Welt-Titelkämpfen und ergänzte: "Auch Marianne Vos und Puck Pieterse dürften mit der Strecke gut klarkommen."

Damit sprach die 27-Jährige auch direkt ihre starken Landsfrauen an. Traditionell schicken die Niederlande das nominell stärkste Team ins WM-Straßenrennen. Und gerade zu Zeiten von Anna van der Breggen und Annemiek van Vleuten gab es da schon das eine oder andere Mal interne Kämpfe um die Rollenverteilung. Diesmal scheint die klar vergeben: Vollering ist die "Kopvrouw".

"Es ist gut, dass Demi im Team ist. Wir alle wissen, dass sie in toller Form ist. Das gibt dem Rest des Teams auch Selbstvertrauen, und sie erfüllt ihre Kapitänsrolle gut", stellte etwa Pieterse klar, dass die Hackordnung geregelt ist.

Allerdings: Das MTB-Ass von Fenix – Deceuninck schlug Vollering auf der Tour-de-France-Etappe nach Lüttich im Schlussspurt. Und nicht wenige sehen in den Ardennen die größten Parallelen zum WM-Kurs von Zürich. Auch Pieterse ist bewusst, dass sie nicht chancenlos ist – je nach Rennsituation. "Vielleicht ist das irgendwo im Hinterkopf", sagte die 22-Jährige. "Aber ich weiß, dass meine Chance nicht besonders groß ist."

Vollering: "Lotte soll das gerne denken…"

Auf Uneinigkeit im niederländischen Team hofft Kopecky. Die Weltmeisterin von Glasgow warf jedenfalls bereits verbale Brandsätze. "Es hat sich schon häufig gezeigt, dass die Niederländerinnen nicht immer gut klarkommen im Team. Auf dem Papier gibt es eine klare Leaderin, aber auch andere schielen auf den Titel. Es gibt mehrere Frauen im niederländischen Team, die gewinnen können und das auch wollen", meinte die 28-Jährige.

Vollering antwortete via Wielerflits.nl prompt: "Lotte soll das gerne denken. Ich habe aber sehr viel Vertrauen in meine Teamkolleginnen und bin sicher, dass wir ein großartiges Rennen fahren werden. Mit ein paar der Mädels bin ich noch nicht zusammen im Team gefahren, aber sie sind alle locker, ich komme gut mit ihnen klar."

Das Streckenprofil des WM-Straßenrennens der Frauen in Zürich. | Grafik: UCI

Psycho-Spielchen werden das WM-Rennen aber wohl kaum entscheiden, viel eher Muskelkraft und Taktik. Dabei hat Kopecky einen großen Vorteil gegenüber ihren Kontrahentinnen: Sie ist die Endschnellste unter den Kletterstarken, muss nicht unbedingt alle abhängen, sondern kann sich auch auf einen Gruppensprint verlassen. 

Die Frage ist jedoch, ob sie alle Angriffe abwehren kann, wenn Oranje mit Vollering und Pieterse oder auch Pauliena Rooijakkers, Thalita De Jong, Riejanne Markus und Mischa Bredewold abwechselnd attackiert. Gleichzeitig müssen auch Kopecky und ihr Team das Rennen erstmal hart machen, um Vos zu distanzieren.

Viele Fahrerinnen könnten vom Duell profitieren

"Wir gehen mit vollem Selbstvertrauen an den Start, dass die Titelverteidigung möglich ist. Es wird nicht leicht, aber es ist möglich", meinte Kopecky, die im Zeitfahren am Sonntag nur Fünfte geworden war, während Vollering Silber holte. : "Ich hatte zwar wirklich einen schlechten Tag im Zeitfahren am Sonntag, aber die letzten zwei Tage habe ich mich wieder großartig gefühlt auf dem Rad", erklärte sie.

Doch auch wenn sich viel um das Duell Kopecky gegen Vollering dreht, so ist die Favoritinnenliste lang. Tour-Siegerin Niewiadoma (Polen) und Giro-Siegerin Longo Borghini (Italien) müssen da natürlich in erster Linie genannt werden. Dazu bringen beispielsweise die Französinnen mit Juliette Labous, Évita Muzic, Cédrine Kerbaol und Mountainbike-Olympiasiegerin Pauline Ferrand-Prévot gleich mehrere interessante Kandidatinnen mit – und auch das deutsche Kapitäns-Duo Liane Lippert und Antonia Niedermaier ist nicht zu unterschätzen.

Lippert und Niedermaier mit guten Karten

"Wir haben ein starkes Team und brauchen uns nicht verstecken. Die Strecke ist super anspruchsvoll – sowohl technisch als auch von den Höhenmetern her. Aber wir sind gut gewappnet, haben alle eine gute Form und können uns drauf freuen", meinte Niedermaier, die am Sonntag erneut U23-Zeitfahr-Weltmeisterin wurde und am Mittwoch in der Mixed Staffel, die Silber holte, einen bärenstarken Eindruck hinterließ. Und Lippert fügte an: "Ich denke, dieses Jahr ist es eine große Stärke von uns, dass wir zahlenmäßig gut vertreten sind."

Der Sieg von Niklas Behrens im U23-Straßenrennen gar aber auch den Klassiker-Assen bei dieser WM wieder Hoffnung gemacht. Olympiasiegerin Kristen Faulkner (USA) zum Beispiel dürfte sich ebenfalls etwas ausrechnen, und dass Grace Brown (Australien) nach Doppel-Gold im Einzelzeitfahren sowie der Staffel in Top-Form ist, wurde auch in dieser Woche bereits deutlich.

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