“UCI müsste die vertraglichen Leitplanken öffnen“

Nach Fall Uijtdebroeks: Bator und Denk fordern Transfersystem

Von Felix Mattis aus Hall in Tirol

Foto zu dem Text "Nach Fall Uijtdebroeks: Bator und Denk fordern Transfersystem"
Marc Bator (im Hintergrund) und Ralph Denk beim Radsport-Talk ´Windschatten´ in Hall in Tirol. | Foto: Max Schorch

07.02.2024  |  (rsn) – Knapp zwei Monate nachdem das Transfer-Chaos um den Belgier Cian Uijtdebroeks die Radsport-Welt im Dezember auf Trab hielt, hat Bora-hansgrohe-Teamchef Ralph Denk in der Radsport-Talksendung 'Windschatten' am Dienstagabend noch einmal seinen Wunsch nach einem geregelten Transfersystem im Radsport unterstrichen und bekam dabei volle Unterstützung von Fahrer-Manager Marc Bator, der unter anderem Lennard Kämna und Felix Gall, aber auch Brandon McNulty vertritt.

"Ich bin für ein Transfersystem, weil es einen Ausgleich schaffen kann zwischen finanzstarken und weniger finanzstarken Teams. Wenn ein Team eine gute Ausbildung macht, dann sollte es auch davon profitieren können", erklärte Denk. Zwar hat die UCI vor etwas mehr als einem Jahr eine Vergütung für Ausbildungsteams eingeführt, für den Fall, dass ihre Fahrer irgendwann in der WorldTour landen. Doch die dadurch entstehenden Beträge sind selbst für die schmal finanzierten Continental-Teams kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Denk würde es gerne sehen, wenn abgebende Teams eines Fahrers grundsätzlich von dem Transfer profitieren und beispielsweise auch fixe Ablösesummen schon bei der Verpflichtung eines Fahrers vertraglich verankert werden könnten.

"Die UCI müsste die vertraglichen Leitplanken öffnen. Aktuell sind sie sehr, sehr eng, im Fußball viel weiter. Wir dürfen nicht mit Optionen arbeiten, wir dürfen nicht mit einseitigen Klauseln arbeiten und so weiter. Deswegen ist es so schwer, Transfers schon beim Vertragsabschluss zu verankern. Wenn man das könnte, wäre vieles leichter. Dann hätten wir auch den Fall Cian Uijtdebroeks nicht gehabt", meinte der Teamchef aus Raubling und kritisierte außerdem:

"Im Fall Uijtdebroeks hat sich die UCI nicht klar positioniert, welches Gericht denn dafür verantwortlich ist – vor welchem Gericht man den Fall austrägt, wenn es zum Streitfall kommt. Da hätte ich mir eine Position von der UCI gewünscht. Das war unklar und das war natürlich für den Sportler schlecht, für uns als abgebendes Team schlecht und auch für das neue Team schlecht."

Auch wenn der Belgier schließlich nach einer Zahlung von Visma - Lease a Bike an Bora - hansgrohe das Team wechselte und das oberflächlich nach einem waschechten Transfer-Deal aussieht, handelte es sich beim Teamwechsel von Uijtdebroeks doch mehr um ein Gerangel in ungewissen Gewässern, als um einen geplant ablaufenden Transfer.

Teams und Agenten ohne klare Regeln von UCI im Stich gelassen

Bator konkretisierte an dieser Stelle: "Die UCI hat bis heute nicht definiert, welche Gerichtsbarkeit zuständig ist. Wir haben eine Mischung aus Verbandsrecht und nationalem Arbeitsrecht und es gibt keine Antworten. Das kritisiere ich und es ist auch etwas, was diesen Sport in seiner Weiterentwicklung ausbremst", so der 51-Jährige, der Denk in allen obigen Punkten zustimmte.

"Ich plädiere für ein Transfersystem, jedoch ohne diesen Exodus, der da im Weltfußball betrieben wird seit über 25 Jahren. Ich bin der Meinung wir brauchen ein geregeltes Transfersystem. Das ist in so einer Runde hier leicht gesagt, weil man sich da sehr viele Gedanken machen muss, wie das im Radsport funktionieren kann – ob man eine Oberlinie, ein sogenanntes Cap einzieht bei der sogenannten Transferentschädigung", erklärte Bator weiter und unterstrich ebenfalls:

"Zum Transfer gehört natürlich, auch aus dem Fußball bekannt, die sogenannte Ausbildungsentschädigung. Ich bin der Meinung, wer Sportler gut entwickelt, ob als Neoprofi, ob als U23- oder sogar U19-Sportler, oder wer Sportler, die vielleicht in einem Team nicht so gut performt haben, ganz stark macht, weil er eine gute Teamphilosophie hat, der muss daran verdienen können. Und ich finde, man kann das auch Fair machen."

Transfers sind "ein normaler Vorgang im Profisport!"

Der Boss der Sportler-Agentur Teamvision erzählte jedoch auch davon, dass unter seinen Kollegen da geteilte Meinungen herrschten. "Wenn ich diese Gedanken in Fachkreisen mit anderen Agenten teile, dann sagen die immer 'Oh nein, das zerstört den Sport!' Nein! Wenn man es vernünftig aufzieht, kann es den Sport stärken", so Bator. "Es braucht klare Regeln und ich wünsche mir auch, dass wir langlaufende Arbeits- oder Dienstverträge für die Sportler vereinbaren können, mit vielen Steuerelementen und auch einer festgeschriebenen Ablösesumme."

Ihm falle auf, dass im Radsport bislang auch das Bewusstsein dafür fehle, dass Transfers oder Arbeitsplatzwechsel etwas ganz normales sind und eben allen Beteiligten Vorteile bringen können. "Auch der Sportler hat Sorge, jemand auf die Füße zu treten - und dann gibt es Teams, die auch im Fall Uijtdebroeks aufgetreten sind und sich beschwert haben, dass die finanziell Starken die Sportler (bei anderen) rauskaufen. Aber das ist ein normaler Vorgang im Profisport! Es gibt Beziehungen, die sich auswaschen und in denen man unterschiedliche Auffassungen über die Weiterentwicklung hat – das kennen wir ja auch aus dem Arbeitsrecht und es passiert jeden Tag eintausend Mal. Warum soll das im Radsport nicht passieren?"

Die Diskussion über ein Transfersystem im 'Windschatten'-Talk ab Minute 34:25:

Weitere Radsportnachrichten

18.11.2025Almeida bleibt bei UAE - Gaviria vor Wechsel zu Caja Rural?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

18.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

18.11.2025Zwischen Abitur, DM-Medaillen und WorldTour-Einsätzen

(rsn) - In der Juniorenklasse gehörte Paul Fietzke zu den weltweit besten Fahrern. Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften, der Deutsche Meistertitel auf der Straße sowie Siege bei internati

17.11.2025Lipowitz will nicht zum Giro und hofft auf Tour-Doppelspitze

(rsn) – Mit Blick auf ihre Meriten bei der Tour de France befinden sich Florian Lipowitz und Remco Evenepoel in ähnlichen Sphären. Doch was ihren Charakter angeht, könnte das Duo, das im Sommer n

17.11.2025Nach Platz 1 und 3 im Prolog gibt´s schon den ersten Ruhetag

(rsn) - Robert Müller ist wieder auf Achse. Wer seine Berichte aus den unterschiedlichsten Ecken der Radsport-Welt – von Südamerika bis Asien – kennt, weiß: Wenn "Radbert" unterwegs ist, wird e

17.11.2025ASO spricht sich gegen Ticket-Einnahmen aus

(rsn) – In der Debatte um die zukünftige Finanzierung des Radsports hat die Großmacht ASO, die neben der Tour de France weitere entscheidende Rennen im WorldTour-Kalender und den ebenen darunter o

17.11.2025Road Captain will auch “persönliche Freiheiten“

(rsn) – Von den noch aktiven Profis ist Kim Heiduk der letzte Deutsche, der aus einem einheimischen KT-Team, nämlich Lotto – Kern Haus, den Wechsel ins Lager der Berufsradfahrer geschafft hat. Ei

17.11.2025Ferrand-Prévot plant zwei Saisonhöhepunkte

(rsn) – Mit dem Tour-de-France-Sieg in der Tasche und einer Knöchel-OP, die noch ein paar Wochen Pause mit sich bringen wird, geht Pauline Ferrand-Prévot in den Winter und ins neue Jahr. Und damit

17.11.2025Chancen genutzt, doch für den Sieg hat es nicht gereicht

(rsn) – Vor seinem letzten U23-Jahr entschied sich der junge Österreicher Sebastian Putz für einen Wechsel. Er schloss sich dem Team Red Bull - Bora – hansgrohe Rookies an, um sich dort für zuk

17.11.2025Prag buhlt um den Grand Depart

(rsn) – Die Liste an kommenden potenziellen Tour-Starts in den kommenden Jahren wird immer länger. Auch Tschechien hat sich jetzt mit Prag in Stellung gebracht und ASO-Chef Christian Prudhomme bei

16.11.2025Kein Highlight, aber einige Male nah dran am Sieg

(rsn) – Die erste Saison, in der sich Alexandre Balmer (Solution Tech – Vini Fantini) komplett auf die Straße fokussierte, begann für den 25-Jährigen denkbar unglücklich. Bei der Trofeo Laigue

16.11.2025Oertzen fährt bei Garneks Überraschungssieg nächstes Podium ein

(rsn) – Einen Tag nach seinem zweiten Platz in Owocowy Przelaj (C2) hat Max Heiner Oertzen (Radsport Nagel) in Wladyslawowo-Cetniewo (C2) den nächsten Podiumplatz eingefahren. Beim Überraschungser

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)