Neues ProTeam startete voll durch

Siebergs Sprintzug war Tudors großer Trumpf

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Siebergs Sprintzug war Tudors großer Trumpf"
Marcel Sieberg ist als Tudors Sportdirektor oft bei den Rennen der Mannschaft am Steuer des Teamwagens. | Foto: Cor Vos

19.10.2023  |  (rsn) – Das Tudor Pro Cycling Team kann auf eine erfolgreiche erste Saison in der zweiten Liga zurückblicken. Mit gleich elf Saisonsiegen, vor allem aber auch einer attraktiven Fahrweise, konnte die Equipe auf Anhieb überzeugen und so auch die von Sportdirektor Marcel Sieberg erhoffte “coole Saison“ liefern.

Eine Schwierigkeit für das Teams war es, dass es vor der ersten Saison als ProTeam nicht absehen konnte, zu welchen Rennen es denn überhaupt eingeladen werden würde. Entsprechend schwer war es, konkrete Ziele zu formulieren. “So wollten wir erst einmal gut ankommen, uns gut präsentieren, egal ob es zwei oder zehn Siege werden würden“, so Sieberg nun gegenüber radsport-news.com. Mit dieser Herangehensweise lag man goldrichtig.

Besonders die Erfolge des Sprintzugs, für den Sieberg verantwortlich war, freuten den 41-Jährigen. "Wir haben im Winter bei null angefangen und uns gefragt: Wer kommt überhaupt rein in den Sprintzug, wer kann was und wer nimmt welche Position ein“, berichtete er. Eine der ersten Maßnahmen war es etwa, Maikel Zijlaard als Anfahrer seines niederländischen Landsmannes Arvid de Kleijn zu installieren.

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Eine Maßnahme, die auch nach einem gemeinsamen Trainingslager in Lugano im Februar, das anstelle der abgesagten Tour of Antalya bezogen wurde, schnell Früchte trug und insgesamt sechs Siege durch de Kleijn bescherte.

Emotionaler Premierensieg bei Mailand-Turin

Zu seinen Highlights zählte Sieberg die Erfolge von de Kleijn bei Mailand – Turin (1.Pro) im März, auf der Schlussetappe der Deutschland Tour Ende August sowie die zwei Sprintsiege bei der Tour de Langkawi im Oktober.

Besonders in Erinnerung blieb dem Ex-Profi aber der Sieg bei Mailand – Turin. Zum einen, weil es der erste Saisonerfolg war. Zum anderen auch wegen der Art und Weise, wie er herausgefahren wurde. "Die Jungs haben dort alles 1:1 so umgesetzt, wie am Abend zuvor im Meeting besprochen“, so Sieberg, der zuvor nach Tirreno-Adriatico abgereist war und die Besprechung via Videostream abgehalten hatte und bei dessen Heimspiel die Sportliche Leitung Claudio Cozzi überlassen hatte. So schaute Sieberg die letzten zehn Kilometer des Rennens am TV und sah, wie seine Mannen seinen Plan in Perfektion umgesetzt hatten. "Das war schon sehr emotional“, gestand Sieberg, der de Kleijn als „einen der schnellsten Männer im Peloton“ bezeichnete.

Arvid de Kleijn fuhr für Tudor bei Mailand-Turin den ersten Saisonerfolg ein. | Foto: Cor Vos

Als weiteren Schlüssel des Erfolgs im Sprintbereich zog Sieberg das aufgebaute Vertrauen ineinander heran, was vor allem durch die gemeinsame Zeit bei den Renneinsätzen gekommen sei. "Einige Jungs waren zum Saisonabschluss fünf Wochen gemeinsam unterwegs, das schweißt zusammen. Es ist einfach wichtig, dass man sich versteht, wenn man gemeinsam Rennen bestreitet“, so Sieberg weiter.

Deutsche Fraktion im Schweizer Team wächst

Im kommenden Jahr wird der Sprintzug um den erfahrenen Alexander Krieger erweitert, der von Alpecin – Deceuninck kommt, wo er unter anderem Jasper Philipsen die Sprints anzog. Die genaue Rolle von Krieger im Sprintzug wird sich noch klären. Hauptgrund der Verpflichtung sei aber Kriegers "gutes Auge im Finale bei den Positionskämpfen“ gewesen, wodurch sich Tudor eine weitere Verbesserung bei den Sprints erhofft.

Mit Marius Mayrhofer und Florian Stork stoßen zudem zwei weitere Deutsche zum Team, die Sieberg noch aus gemeinsamen Zeiten bei DSM kennt. "Der Kontakt ist nie abgerissen“, so Sieberg, der sich von seinen Landsleuten im neuen Umfeld erhofft, dass sie an ihr bestes Niveau anknüpfen können. "Wenn man zusammen in einer guten Truppe fährt, dann kann man auch noch mal über das Limit rausgehen. Man muss ihnen einfach ein gutes Umfeld schaffen“, ist Sieberg optimistisch.

Mit Marius Mayrhofer und Florian Stork wechseln zwei deutsche Profis von dsm-firmenich zu Tudor. | Foto: Cor Vos

Stork hatte 2021 seine Kletterqualitäten unter Beweis gestellt, ehe ihn ein Kniescheibenbruch lange Zeit zurückwarf und weshalb er bis heute noch nicht sein bestes Level erreichen konnte. Mayrhofer zeigte zu Saisonbeginn mit seinem Sieg beim Cadel Evans Race, dass er auch große Rennen gewinnen kann, musste aber häufig aus gesundheitlichen Gründen zurückstecken. Bei Tudor hofft man nun, beide mit Hilfe des Ärzteteams, der Trainer und der Sportlichen Leiter stabil zu bekommen.

Weiterhin an Bord bleiben werden bei Tudor Mika Heming und Hannes Wilksch, die dann das deutsche Fahrerquintett komplettieren. Heming hatte 2023 nach einer erfolgreichen Saison auf Kontinental-Niveau bei ATT Investments den Sprung in den Profibereich geschafft, musste zu Saisonbeginn aber noch etwas Lehrgeld zahlen. "Für ihn war Vieles neu, er musste auch noch lernen, mit seiner Nervosität bei den großen Rennen umzugehen“, so Sieberg. Erschwerend kam für den Neo-Profi hinzu, dass er zu Saisonbeginn mehrmals kurzfristig als Springer eingesetzt wurde.

Wilksch glänzt beim U23-Giro

Bei der UAE Tour, der zweiten WorldTour-Rundfahrt des Jahres, reiste Heming erst am Morgen des Rennens und mit nur vier Stunden Schlaf an. "Es ist schon krass, wenn man die Rennen direkt aus dem Training fahren muss. Mika wollte dann immer 110 Prozent geben, was aber nicht immer klappt“, so Sieberg, der seinem Landsmann aber eine absolut positive Entwicklung attestierte. „Ihm ist der Sprung eine Liga höher gut gelungen. Er ist vielseitig einsetzbar und hat Potential. Wir sind froh, ihn zu haben.“

Ähnlich lautet die Einschätzung bezüglich Wilksch, der vor allem in der ersten Saisonhälfte mit dem dritten Gesamtrang beim U23-Giro glänzte und sich dadurch den vorzeitigen Aufstieg vom Devo-Team ins ProTeam verdiente. Wilksch` Highlight in der zweiten Saisonhälfte hätte eigentlich die Tour de l`Avenir werden sollen, doch dort lief es für den 22-Jährigen nicht nach Wunsch. "Hannes ist sehr ehrgeizig, manchmal vielleicht aber noch etwas zu verbissen. Nach der L`Avenir hat er eine kleine Pause bekommen, um den Kopf frei zu kriegen. Ich denke, das hat ihm gutgetan. Er hat großes Potential und die Einsätze mit dem ProTeam, wie jetzt zuletzt bei der Tour de Langkawi, haben ihn auch weitergebracht“, so Sieberg.

Hannes Wilksch verdiente sich bei U23-Giro den Aufstieg vom Devo-Team in die Pro-Mannschaft. | Foto: Cor Vos

Die Zusammenarbeit mit dem Development-Team bewertete Sieberg positiv, auch wenn aus dem eigentlichen Plan, dass er als Sportlicher Leiter des ProTeams auch seine Einsätze bei der Development-Mannschaft bekommen sollte, aus organisatorischen Gründen nichts wurde.

"Dafür habe ich dann in der zweiten Saisonhälfte einige der Jungs bei mir im ProTeam bei Rennen dabei gehabt“, so Sieberg, der als gutes Beispiel für das Zusammenspiel der beiden Mannschaften den GP Plouay nannte. Während das ProTeam dort beim WorldTour-Rennen am Start stand, bestritt das Devo-Team die U23-Ausgabe. „Wir waren mit beiden Mannschaften im gleichen Hotel, haben gemeinsam trainiert und haben gemeinsam zu Abend gegessen“, berichtete Sieberg, der dabei auch auf eine Besonderheit des Teams hinwies. Um den Stress der Fahrer im Vorfeld eines Rennens zu minimieren, reist Tudor meistens schon zwei Tage vor Rennbeginn an.

Trentin bringt die Erfahrung für erste Kopfstein-Klassiker

Für das kommende Jahr plant man auch den Start bei dem einen oder anderen Klassiker in Flandern. Schon für 2023 hatte die Option bestanden, Kopfsteinpflasterrennen zu bestreiten, doch die Teamleitung entschied sich bewusst dagegen, auch wenn Teambesitzer Fabian Cancellara, einst einer der besten Klassikerfahrer im Peloton, die Entscheidung nur "schweren Herzens“ traf, wie Sieberg verriet.

Mit Matteo Trentin kommt genügend Erfahrung ins Team, um 2024 auch bei den Frühjahrsklassikern an den Start zu gehen. | Foto: Cor Vos

Der Grund für den Verzicht auf die Klassiker lieferte Sieberg gleich nach. "Wir waren ein neu zusammengewürfeltes Team. Für Rennen in Flandern muss man aber eine eingespielte Mannschaft haben. Sonst läuft man Gefahr, beim Openingsweekend den Hintern versohlt zu bekommen. Mit Blick auf die Motivation der Fahrer für die weitere Saison war es auch die richtige Entscheidung“, befand Sieberg.

Mit einer nun weitestgehend eingespielten Mannschaft und erfahrenen Neuzugängen wie etwa Matteo Trentin dürfte die Equipe nun in Flandern aber durchaus konkurrenzfähig sein. "Ein Fahrer wie Matteo ist wichtig für jedes Team. Manchmal hat uns noch etwas die Erfahrung gefehlt, aber auch das Durchsetzungsvermögen beim Positionieren. Matteo weiß, wie man zu fahren hat und wird wichtiges Bindeglied zwischen Fahrern und Sportlicher Leitung sein“, betonte Sieberg, der auch 2024 als Sportlicher Leiter bei Tudor aktiv sein wird, den Mehrwert des routinierten Italieners.

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