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12.09.2023 | (rsn) - Erst gegeneinander kämpfen, dann fröhlich abklatschen. Das war heute das Motto bei Jumbo - Visma. Erst führte die Equipe, das wie gewöhnlich arg reduzierte Favoritenfeld mit Zunge aus dem Hals hängenlassender Pace den letzten Anstieg hinauf, dann, als sich niemand anders traute, oder auch niemand anderes konnte, schnellte plötzlich Toursieger Jonas Vingegaard nach vorn. Niemand konnte richtig folgen und die Etappe gehörte ihm.
Natürlich kennt man solche Sachen inzwischen von dem Dänen. Mit ähnlicher Bravour gewann er zwei Frankreichrundfahrten gegen Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). Ein gewaltiger Unterschied lag aber nicht nur in den Farben. Bei der Tour zog der Däne dem Slowenen Gelb aus. Hier in Spanien trägt der Leader rot. Und der hat zu allem Überfluss den gleichen Arbeitgeber wie Vingegaard. Das tut man eigentlich nicht. Eine alte Radsportregel schließlich lautet, dass man einen Leader aus dem gleichen Team nicht attackiert. ___STEADY_PAYWALL___
Im Lager von Jumbo – Visma wollte man dies als Regelbruch auch gar nicht sehen, geschweige denn als den Beginn einer langen Feindschaft, wie etwa in den alten Zeiten zwischen Greg Lemond und Bernard Hinault. „Das Team gab uns allen dreien heute die Gelegenheit, auf Sieg zu fahren. Wir wollten den Sieg und ich hatte gute Beine“, sagte Vingegaard später. Ähnlichen Sinnes war an diesem Tage Primoz Roglic. Auch er attackierte, riss auch eine Lücke. Er sah dann aber, dass in seinem Rücken doch noch einige Rivalen mithielten und beendete die Verfolgungsjagd vorzeitig. "Ein guter Tag. Es hat Spaß gemacht", sagte er grinsend dem slowenischen Fernsehen.
Girosieger Roglic mit Toursieger Vingegaard - holt einer der beiden das GT-Double? | Foto: Cor Vos
Erstaunlich guter Laune war auch Sepp Kuss. Gut, er hatte mehr als eine Minute auf Vingegaard verloren. Der Däne sitzt ihm mit nur 29 Sekunden im Nacken. "Das ist nur noch ein knapper Vorsprung", sagte er und betonte: "Ich will natürlich auch gewinnen." Er lobte Vingegaard als den stärksten Mann des Tages. "Es waren bei seinem Angriff ja auch nicht mehr viele Leute zum Nachführen da, weil wir die ganze Zeit die Arbeit vorn geleistet hatten", meinte er leicht ironisch mit Blick auf die Konkurrenz.
Mit seiner eigenen Leistung war er dennoch zufrieden: "Für mich ging es bei einem so explosiven Anstieg wie heute nur darum, zu kämpfen. Deshalb bin ich zufrieden, wie es ausgegangen ist." Als Majestätsbeleidigung deutete er die Angriffe seiner Chefs jedenfalls nicht. Er ist auch nicht erpicht darauf, den Vuelta-Sieg als Gnadengeschenk für tolle Helferdienste zuvor auf dem Tablett serviert zu bekommen. "Ich will das nicht als Geschenk, das wäre nicht sportlich", stellte er klar: "Und natürlich wissen sie, was ich für sie getan habe, aber sie sind auch Siegertypen und werden sich nicht zurückhalten."
Als Solist holt Vingegaard Zeit auf seine Teamkollegen auf? | Foto: Cor Vos
Selbst will e natürlich auch den Sieg. Und da darf man es durchaus als Kampfansage werten, dass er seine guten Erinnerungen an den am Mittwoch zu fahrenden Angliru herausstellte. "Der Anstieg liegt mir besser. Und 2020 lief es dort ja auch ganz gut für mich", meinte er. Für ihn lief es tatsächlich top. Er hatte damals Bärenkräfte, schleppte seinen schwächelnden Kapitän Roglic über die brutalen Rampen. Roglic verlor damals Rot an Richard Carapaz. Dass der Rückstand knapp genug blieb, um am Ende doch noch seine erste Spanien-Rundfahrt zu gewinnen, verdankte er ganz besonders Kuss.
Vingegaard war an jenem Tag in Asturien auch dabei. Teamintern wurde damals Vierter, hinter Roglic, Kuss und dem mittlerweile zu UAE abgewanderten George Bennett. 30 Sekunden und drei Plätze hinter ihm kam Robert Gesink ein, der Niederländer ist auch jetzt als Helfer am Start. Wem er wie helfen darf am schärfsten Monsterberg des Radsports ist wahrscheinlich die kniffligste Aufgabe im Teambus von Jumbo – Visma. Ein Gelbschwarzer wird wohl gewinnen und der Abstand des Trios zur Konkurrenz wird wachsen, selbst wenn die Wespen mal nicht als Schwarm, sondern als Freibeuter mit Lizenz zum Soloangriff auftreten.
Bleibt das Verhältnis so freundschaftlich? | Foto: Cor Vos
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