Ausreißer Groves gewinnt letzte Etappe, Denz Dritter

Kuss macht mit dem Vuelta-Sieg Jumbos Grand-Tour-Triple perfekt

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Kuss macht mit dem Vuelta-Sieg Jumbos Grand-Tour-Triple perfekt"
Sepp Kuss gewinnt die Vuelta a Espana 2023 | Foto: Cor Vos

17.09.2023  |  (rsn) – Sepp Kuss (Jumbo – Visma) hat als zweiter US-Amerikaner nach Chris Horner die Vuelta a Espana gewonnen. Zum zweiten Mal in der Geschichte des Radsports nach 1966, damals ebenfalls in Spanien, belegten die weiteren Podiumsplätze Teamkollegen des Siegers mit Toursieger Jonas Vingegaard auf Rang zwei und Girosieger Primoz Roglic auf Platz drei.

Das Schlussteilstück in Madrid entschied nach 101 Kilometern Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) für sich. Der Australier holte sich seine dritte Etappe, allerdings nicht im Massensprint, sondern im Sprint einer sechsköpfigen Gruppe, die eigentlich auf den letzten 500 Meter eingeholt wurde. Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) wurde Zweiter vor Nico Denz. Als Bester des Pelotons wurde Hugo Page (Intermarché – Circus – Wanty) Vierter vor Ivan Garcia Cortina (Movistar). Lennard Kämna gehörte wie Denz zur Gruppe und erreichte das Ziel als Zehnter. Auch die weiteren Ausreißer Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Rui Costa (Intermarché – Circus – Wanty) kamen unter die besten Zehn.

An den vorderen Positionen des Klassements änderte sich in Madrid nichts mehr. Juan Ayuso (UAE Team Emirates) wurde Vierter vor seinen spanischen Landsmännern Mikel Landa (Bahrain Victorious) und Enric Mas (Movistar). Das Bora-Duo Aleksandr Vlasov und Cian Uijtdebroeks beendete die Vuelta auf Rang sieben und acht, Joao Almeida (UAE Team Emirates) und Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) vervollständigten die Top Ten und sorgen mit dafür, dass sich nur fünf Mannschaften auf der ersten Seite des Gesamtklassements einfanden.

Für Kuss brannte in Madrid nichts mehr an, doch das gemütliche Schaulaufen geriet zu einer echten Kraftanstrengung. "Es ist unglaublich, heute habe ich fast am meisten gelitten bei der gesamten Vuelta. Ich bin froh, dass sie vorbei ist. Ich hatte das Gefühl, dass das eine schnelle Etappe wird, als die angetreten sind. Das war heute härter als der Angliru für mich“, erklärte der 29-Jährige nach dem bislang größten Erfolg seiner Karriere.

“Ich bin weiter ich, der Sieg verändert Einiges, aber nicht mich. Es war eine Erfahrung mit schönen Erinnerungen, aber das wird auch noch Zeit benötigen, bis ich das verarbeitet habe. Heute ist feiern angesagt, viele Leute von meiner Familie aber Freunde sind hier und dann ist noch der ganze Staff und die Fahrer mit denen ich anstoßen will", erzählte der Sieger der 78. Vuelta a Espana weiter.

26 Sekunden vor Kuss kam Groves als Sieger ins Ziel. Dabei profitierte er auf dem letzten Kilometer von Evenepoel, der ihm den Sprint anzog. Zuvor hatte der Australier aber gezeigt, dass er mehr als ein Sprinter ist. "Wir wollten heute unbedingt die Etappe gewinnen und das Grüne Trikot behalten, aber nicht aus einer Fluchtgruppe heraus“, schien auch der Alpecin-Profi überrascht über den Ausgang des Rennens. “Remco war eine Gefahr und ich hatte schon vermutet, dass er was probiert um die Etappe zu gewinnen. Ich musste ihm folgen, wenn er rausgeht“, erklärte er seinen Angriff. Allerdings hatte er schlecht gerechnet, denn nach dem Zwischensprint stand Groves schon als Sieger des Punktetrikots fest.

Den Etappensieg hätten die Ausreißer im letzten Moment fast noch weggeschenkt. “Es war echt interessant, weil ich am letzten Kilometer nicht von vorne fahren wollte. Wir haben uns angesehen, dann kam das Feld zurück. Im Sprint kann ich immer ein kleines Extra finden und dass Remco den Leadout macht, war natürlich perfekt“, freute sich der Mann in Grün, der dieses Trikot mit nach Hause nehmen darf. “Es ist speziell das Trikot zu gewinnen. Ohne das Team wäre das nicht möglich gewesen. Wir hatten einen fantastischen Monat hier in Spanien, haben uns gemeinsam darauf vorbereitet und dieser Sieg als auch das Trikot bedeutet mir viel."

Denz und Kämna initiierten in Madrid die Flucht, die sich letztendlich vor dem Feld rettete. “Unser Plan war es, mit Lenny für ein wenig Chaos zu sorgen nach dem Bonussprint. Ich glaube er wollte seiner Vuelta noch ein würdiges Ende setzen“, sagte Denz im Eurosport-Interview. Kim Heiduk (Ineos Grenadiers) machte sich später auf die Verfolgung, half dabei allerdings vor allem Ganna. Kämna sicherte sich sein viertes Top-Ten-Tagesergebnis der Vuelta, nach seinen zwei Etappensiegen beim Giro war es für Denz nach einem starken Sprint in Spanien das zweite Ergebnis unter den besten Zehn. “Am Ende wartete ich zu lange, aber man kann gegen Groves und Ganna schonmal verlieren im Sprint. Es war sicher auch ne coole Show für die Fans“, strahlte der Deutsche.

Dass Ganna und Evenepoel zusammen mit Groves zu Kämna und Co. vorfuhren war kein Zufall, wie der Italiener im Ziel-Interview verriet. “Während des Transfers habe ich mit Remco gesprochen und gefragt, ob wir was probieren. Am Ende geht es aber sehr ernst zur Sache und man hat gesehen, wie wir uns das abfahren. Ich bin zufrieden, aber hätte Ganna am letzten Tag gewonnen, wäre es besser gewesen", so der 27-Jährige nach seinem dritten zweiten Platz.

Die Punktewertung ging an Groves. Der Zweite in dieser Sonderwertung, Evenepoel, sicherte sich nach seinem Einbruch nicht nur die Etappensiege zwei und drei im Rahmen dieser Spanien-Rundfahrt, sondern auch noch das Bergtrikot vor Vingegaard und Michael Storer (Groupama – FDJ). Bester Nachwuchsprofi wurde Ayuso vor Uijtdebroeks und seinem Teamkollegen Joao Almeida.

So lief die 21. Etappe der Vuelta a Espana:

Die Streckenkarte der 21. Etappe der Vuelta a Espana. | Grafik: Veranstalter

Als das Peloton das zeremonielle Einrollen nach rund 50 Kilometern beendete, war der Rundkurs in Madrid schon erreicht. Groves sicherte sich beim Zwischensprint die Punkte, wodurch Evenepoel ihn in der dazugehörigen Sonderwertung auch theoretisch nicht mehr überholen konnte. Der erste ernsthafte Ausreißversuch ging 45 Kilometer vor dem Ziel aufs Konto von Denz, Kämna und Costa, der zum dritten Mal in sechs Tagen mit dem Bora-Etappensieger in der Gruppe unterwegs war.

Heiduk, Ganna, Omar Fraile (alle Ineos Grenadiers), Evenepoel, und Groves stiegen dem Trio kurz danach hinterher. Fraile und Heiduk opferten sich auf, die anderen stießen mit noch 33 zu fahrenden Kilometern zur Spitze vor, die allerdings nur 15 Sekunden vor dem Feld lag.

Dort läuteten sofort alle Alarmglocken. Mehrere Mannschaften versammelten sich zur Verfolgungsjagd. Gegen zwei besten Zeitfahrer der Welt und vier starke Begleiter gestaltete die sich aber zäh. Zehn Kilometer nach Entstehen des Sextetts hatte dieses seinen Vorsprung um fünf Sekunden ausgebaut. Bei der 20-Kilometer-Marke vermehrten sich die Ineos- und Alpecin-Störsender bei den ersten Fahrern im Feld.

Eingangs der letzten zehn Kilometer bekam Denz Probleme. Er musste alle Führungen auslassen und der Abstand der beiden Gruppen betrug nur noch 13 Sekunden. Die letzte 5,6 Kilometer lange Runde nahmen die Sechs mit diesem Vorsprung in Angriff.

3,7 Kilometer vor dem Ziel fuhr auch Denz eine Ablösung. In der vorletzten Kehre konnte das Peloton die Ausreißer fast anfassen, dann verlor man wieder kurzzeitig die Organisation. Die letzte Kehre absolvierte Kämna als Erster – und kurz danach gab es Stehversuche. Der inzwischen fast sichere Etappensieg glitt den Ausreißern aus den Händen. Das Feld schloss auf.

Evenepoel zog 500 Meter vor dem Ziel an. Groves konnte mit Mühe das Hinterrad halten. Dahinter reihte sich das Feld auf und von dort konnte niemand mehr vorstoßen, als Groves den Sprint doch noch gewann.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

09.11.2023Kuss: “Was ich bei Jumbo - Visma habe, ist einzigartig“

(rsn) – Vuelta-Sieger Sepp Kuss fühlt sich bei Jumbo – Visma wohl in seiner Rolle als Grand-Tour-Edelhelfer, der auch seine Freiheiten bekommt – so wie eben bei der diesjährigen Spanien-Rundfa

26.10.2023Zeeman zum Angliru-Drama: “Hätten zusammenbleiben sollen“

(rsn) – Primoz Roglic hat die Mannschaft verlassen und jetzt gibt es auch kaum noch einen Grund, den Mantel des Schweigens über die Geschehnisse im Team Jumbo – Visma bei der Vuelta a Espana zu h

19.09.2023Vuelta-Debütanten berichten - Teil 2: Heiduk und Engelhardt

(rsn) – Mit Kim Heiduk (Ineos Grenadiers), Felix Engelhardt (Jayco – AlUla), Jason Osborne und Maurice Ballerstedt (beide Alpecin – Deceuninck) standen gleich vier deutsche Grand-Tour-Debütante

19.09.2023Vuelta-Debütanten berichten - Teil 1: Ballerstedt und Osborne

(rsn) – Mit Kim Heiduk (Ineos Grenadiers), Felix Engelhardt (Jayco – AlUla), Jason Osborne und Maurice Ballerstedt (beide Alpecin – Deceuninck) standen gleich vier deutsche Grand-Tour-Debütante

19.09.2023Kelderman fuhr die Vuelta ab Etappe 4 mit gebrochenem Finger

(rsn) – Wilco Kelderman hat beinahe die gesamte Vuelta a Espana mit einem gebrochenen kleinen Finger absolviert. Das bestätigte Jumbo-Visma-Sportdirektor Merijn Zeeman gegenüber dem niederländisc

18.09.2023Jumbo - Visma räumt mit großem Abstand das meiste Preisgeld ab

(rsn) – Mit drei Mann auf dem Podium, dem Sieg in der Teamwertung und fünf Etappensiegen ist es keine große Überraschung, dass das niederländische Team Jumbo – Visma mit dem meisten Preisgeld

18.09.2023Ganna und Vollering verzichten auf Starts im EM-Zeitfahren

(rsn) – Filippo Ganna (Italien / Ineos Grenadiers) und Demi Vollering (Niederlande / SD Worx) werden am Mittwoch nicht im Einzelzeitfahren bei den Straßen-Europameisterschaften von Drenthe am Start

18.09.2023Video-Highlights der 21. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) - Der Australier Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) gewann den letzten Abschnitt der Vuelta a Espana 2023. Nach 101 Kilometern vom Hippodromo de la Zarzuela nach Madrid feierte der Australier

17.09.2023Kuss siegt sich vor seinen “Chefs“ in die Geschichtsbücher

(rsn) – Vier Tage nach seinem 29. Geburtstag war der erste Grand-Tour-Sieg für Sepp Kuss (Jumbo – Visma) perfekt. In einem Jahr, wo er alle drei großen Landesrundfahrten bestritt und sowohl beim

17.09.2023Denz: “Wir wollten mit Kämna für ein wenig Chaos sorgen“

(rsn) - Die traditionelle Ehrenfahrt, die Tour d'Honneur, war die letzte Etappe der Vuelta a Espana 2023 nicht. Erst auf den letzten 700 Metern wurde die sechsköpfige Fluchtgruppe mit Remco Evenepoel

17.09.202321. Etappe der Vuelta a Espana: Madrid – Madrid, 101 km

(rsn) – Sepp Kuss (Jumbo – Visma) wird am Sonntagabend gegen 20:00 Uhr als zweiter US-Amerikaner nach Chris Horner die 78. Vuelta a Espana gewinnen. Zuerst muss der 29-Jährige aber noch die 101 K

16.09.2023Video-Highlights der 20. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) – Seite an Seite kamen Sepp Kuss und seine Teamkollegen Jonas Vingegaard und Primoz Roglic (alle Jumbo – Visma) nach 207 Kilometern ins Ziel in Guadarrama. Sie belegen die ersten drei Plätz

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen, Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine