Fahrer loben: “Richtige Entscheidung“

Erneutes Zeitnahme-Chaos zum Wohle des Vuelta-Pelotons

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Erneutes Zeitnahme-Chaos zum Wohle des Vuelta-Pelotons"
Das Peloton bei der Vuelta a Espana. | Foto: Cor Vos

04.09.2023  |  (rsn) – Nachdem schon die 2. Etappe der Vuelta a Espana (2.UWT) in Barcelona mit einer vorgezogenen Zeitmessung für Verwirrung gesorgt hatte, gab es auch zum Abschluss der ersten Rundfahrt-Woche auf der 9. Etappe zum Collado de la Cruz de Caravaca noch einmal kuriose Szenen: Denn auf den letzten zwei Kilometern des Tages pedalierten die Spitzenfahrer in der Gesamtwertung locker gemeinsam in kleinen Grüppchen dem Ziel entgegen.

Aufgrund widriger Wetterbedingungen und aus dem Ziel gemeldeten Schlammansammlungen auf dem kleinen Bergsträßchen in der Region Murcia entschieden die Vuelta-Veranstalter eingangs der letzten Rennstunde, die Zeitnahme für die Gesamtwertung nicht erst am Zielstrich, sondern bereits 2,05 Kilometer zuvor zu platzieren.

Während also die um den Tagessieg kämpfenden acht Mitglieder der Ausreißergruppe des Tages bis zum Schluss durchzogen, war für alle Anderen dahinter das Rennen bereits an der 2-Kilometer-Marke quasi vorbei. Bis dahin fuhren die Kandidaten für den Vuelta-Sieg Vollgas, dann aber nahmen sie deutlich sichtbar die Beine hoch und fuhren plaudernd weiter bis ins eigentliche Tagesziel, wo ihre Betreuer warteten.

Roglic erst mit zwei Sekunden Zeitgewinn, dann doch nicht

Joao Almeida (UAE Team Emirates) und Aleksandr Vlasov (Bora – hansgrohe) schlugen aus der Situation noch etwas Profit, indem sie vor der 2-Kilometer-Marke attackierten und bis zur Zeitnahme fünf Sekunden herausfuhren, dahinter aber blieb die Gruppe weitgehend beisammen: Primoz Roglic (Jumbo – Visma) gab zwar ebenfalls kurz vor der Zeitmessung noch einmal Gas, zog die Gruppe in die Länge und wurde zunächst zwei Sekunden vor der Konkurrenz gewertet, doch die Jury entschied am Abend, trotz kleiner Lücken die wichtigsten Podiumskandidaten in derselben Sekunde zu werten: Roglic, Enric Mas (Movistar), Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma).

Da die Rangfolge der Etappe und für die Punktewertung trotzdem erst im Ziel genommen wurde, entstand ein kurioses Etappenergebnis, in dem beispielsweise Mas mit 3:16 Minuten Rückstand auf Rang neun liegt, Vlasov mit 3:11 Minuten auf dem zehnten Platz und Cristian Rodriguez (Arkéa – Samsic) mit 4:08 Minuten auf dem elften Rang, bevor dann Marc Soler (UAE Team Emirates) mit 3:25 Minuten Rückstand Zwölfter wurde.

Peloton lobt Veranstalter und Jury für vorgezogene Zeitnahme

So falsch das alles von außen aussah, so richtig aber fand es das Peloton, dass die Vuelta-Organisatoren so entschieden hatten. "Der letzte Kilometer war unmöglich. Ich bin schon bergauf weggerutscht, bergab wäre das im Renntempo nicht gut ausgegangen. Das war einfach nicht sicher", meinte beispielsweise Evenepoel im Ziel und auch der Mann im Roten Trikot des Gesamtführenden, Sepp Kuss (Jumbo – Visma), lobte die Entscheidungsträger, die in der ersten Vuelta-Woche bislang so viel Kritik hatten einstecken müssen.

"Meiner Meinung nach war es das Richtige. Wir sind in den Kurven viel gerutscht und der Asphalt war auch nicht so gut", sagte der US-Amerikaner. "Die Etappe war schon hart genug und es lag viel Matsch auf den letzten 500 Metern. Wenn es da zum Sprint von fünf bis zehn Mann gekommen wäre, wäre jemand zu Fall gekommen."

Auch Roglic erklärte er sei "froh, dass das Ziel nicht ganz oben war" und Mas stimmte dem zu: "Es ist gut, dass die Organisatoren an uns denken und solche Entscheidungen treffen." Dem Spanier tat es aber für die angereisten Zuschauer leid: "Es ist schade für die Leute, die kommen, um uns zuzusehen und auch für die Orte, die dafür zahlen, dass das Rennen herkommt. Wenn das Wetter normal gewesen wäre in Murcia, wäre das eine spektakuläre Etappe geworden."

Vuelta-Organisatoren handelten schnell und spontan

Nach der scharfen Kritik an den Organisatoren an den ersten drei Vuelta-Tagen hat sich die Stimmung im Peloton also beruhigt. Ex-Profi Kiko Garcia, einer der technischen Direktoren bei der Spanien-Rundfahrt, schilderte gegenüber der AS derweil, wie es zu der Entscheidung kam. "Es war eine Moment-Entscheidung. Sie haben uns vom Ziel aus angerufen und gesagt, dass da sehr viel Matsch auf der Straße sei. Also haben wir diese Entscheidung für die Sicherheit der Fahrer getroffen", so Garcia. "Wir haben die Initiative ergriffen und ich denke die Teams sind dankbar dafür. Den genauen Ort der Zeitnahme haben wir ausgewählt, weil das genau nach einer 20-Prozent-Rampe war und wir den Risiken der anschließenden kurzen Abfahrt aus dem Weg gehen wollten."

In der Umsetzung bedeutete die Zeitnahme-Verlegung, dass Ex-Profi Fernando Escartin – ebenfalls technischer Direktor der Vuelta – mit einer gelben Flagge an einem Gatter stand und so auf die Zeitnahme dort hinwies. Auf dem Boden hatte die Jury kurzerhand eine Zeitnahmeschleife ausgelegt und die UCI-Kommissäre standen am Straßenrand, um händisch die Nummern und Zeiten zu notieren, quasi als Backup. Gleichzeitig ließ man eine Kamera mitlaufen, um alles noch einmal überprüfen zu können.

So sehr die gesamte Situation ein weiteres Mal nach Vuelta-Chaos aussah, so musste man schließlich festhalten, dass die Verantwortlichen vor Ort wohl das Beste aus den widrigen Umständen gemacht hatten und vor allem schnell und flexibel reagierten. Denn die Entscheidung, wo genau die Zeit nun genommen werden sollte, fiel aufgrund der Informationen im Zielbereich erst eine knappe Stunde vor Rennende.

Mehr Informationen zu diesem Thema

09.11.2023Kuss: “Was ich bei Jumbo - Visma habe, ist einzigartig“

(rsn) – Vuelta-Sieger Sepp Kuss fühlt sich bei Jumbo – Visma wohl in seiner Rolle als Grand-Tour-Edelhelfer, der auch seine Freiheiten bekommt – so wie eben bei der diesjährigen Spanien-Rundfa

26.10.2023Zeeman zum Angliru-Drama: “Hätten zusammenbleiben sollen“

(rsn) – Primoz Roglic hat die Mannschaft verlassen und jetzt gibt es auch kaum noch einen Grund, den Mantel des Schweigens über die Geschehnisse im Team Jumbo – Visma bei der Vuelta a Espana zu h

19.09.2023Vuelta-Debütanten berichten - Teil 2: Heiduk und Engelhardt

(rsn) – Mit Kim Heiduk (Ineos Grenadiers), Felix Engelhardt (Jayco – AlUla), Jason Osborne und Maurice Ballerstedt (beide Alpecin – Deceuninck) standen gleich vier deutsche Grand-Tour-Debütante

19.09.2023Vuelta-Debütanten berichten - Teil 1: Ballerstedt und Osborne

(rsn) – Mit Kim Heiduk (Ineos Grenadiers), Felix Engelhardt (Jayco – AlUla), Jason Osborne und Maurice Ballerstedt (beide Alpecin – Deceuninck) standen gleich vier deutsche Grand-Tour-Debütante

19.09.2023Kelderman fuhr die Vuelta ab Etappe 4 mit gebrochenem Finger

(rsn) – Wilco Kelderman hat beinahe die gesamte Vuelta a Espana mit einem gebrochenen kleinen Finger absolviert. Das bestätigte Jumbo-Visma-Sportdirektor Merijn Zeeman gegenüber dem niederländisc

18.09.2023Jumbo - Visma räumt mit großem Abstand das meiste Preisgeld ab

(rsn) – Mit drei Mann auf dem Podium, dem Sieg in der Teamwertung und fünf Etappensiegen ist es keine große Überraschung, dass das niederländische Team Jumbo – Visma mit dem meisten Preisgeld

18.09.2023Ganna und Vollering verzichten auf Starts im EM-Zeitfahren

(rsn) – Filippo Ganna (Italien / Ineos Grenadiers) und Demi Vollering (Niederlande / SD Worx) werden am Mittwoch nicht im Einzelzeitfahren bei den Straßen-Europameisterschaften von Drenthe am Start

18.09.2023Video-Highlights der 21. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) - Der Australier Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) gewann den letzten Abschnitt der Vuelta a Espana 2023. Nach 101 Kilometern vom Hippodromo de la Zarzuela nach Madrid feierte der Australier

17.09.2023Kuss siegt sich vor seinen “Chefs“ in die Geschichtsbücher

(rsn) – Vier Tage nach seinem 29. Geburtstag war der erste Grand-Tour-Sieg für Sepp Kuss (Jumbo – Visma) perfekt. In einem Jahr, wo er alle drei großen Landesrundfahrten bestritt und sowohl beim

17.09.2023Denz: “Wir wollten mit Kämna für ein wenig Chaos sorgen“

(rsn) - Die traditionelle Ehrenfahrt, die Tour d'Honneur, war die letzte Etappe der Vuelta a Espana 2023 nicht. Erst auf den letzten 700 Metern wurde die sechsköpfige Fluchtgruppe mit Remco Evenepoel

17.09.2023Kuss macht mit dem Vuelta-Sieg Jumbos Grand-Tour-Triple perfekt

(rsn) – Sepp Kuss (Jumbo – Visma) hat als zweiter US-Amerikaner nach Chris Horner die Vuelta a Espana gewonnen. Zum zweiten Mal in der Geschichte des Radsports nach 1966, damals ebenfalls in Spani

17.09.202321. Etappe der Vuelta a Espana: Madrid – Madrid, 101 km

(rsn) – Sepp Kuss (Jumbo – Visma) wird am Sonntagabend gegen 20:00 Uhr als zweiter US-Amerikaner nach Chris Horner die 78. Vuelta a Espana gewinnen. Zuerst muss der 29-Jährige aber noch die 101 K

Weitere Radsportnachrichten

02.07.2025Evenepoel: “Auch bei dieser Tour geht es um Geduld“

(rsn) – Vor seiner zweiten Tour de France gibt sich Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) vorsichtig optimistisch. Nachdem er beim Critérium du Dauphiné gegen Tadej Pogacar (UAE – Emirates –

02.07.2025Thomas will bei seiner Abschieds-Tour nochmals alles geben

(rsn) – Als letztes der 23 Teams hat nun auch Ineos Grenadiers sein Aufgebot für die am 5. Juli in Lille beginnenden 112. Tour de France bekannt gegeben. Der britische Rennstall, der seit 2019, als

02.07.2025Die Teams für die 112. Tour de France

(rsn) – Nach drei Auslandsstarts in Folge (Kopenhagen, Bilbao, Florenz) beginnt die Tour de France erstmals seit dem Jahr 2021 wieder in ihrem Heimatland. Am 5. Juli werden im nordfranzösischen Lil

02.07.2025Giro-Zweiter Del Toro startet bei der Tour of Austria

(rsn) – Es hatte sich bereits angedeutet, aber jetzt wurde von den Organisatoren offiziell bestätigt: Auch der Giro-Zweite Isaac Del Toro (UAE – Emirates - XRG) wird am 9. Uli am Start der Tour o

02.07.2025Giro d`Italia Women im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Erstmals bereits 1988 ausgetragen, zählt der Giro d`Italia Women zu den traditionsreichsten Rennen im Frauenkalender. Radsport-news.com blickt auf die letzten zehn Austragungen der aktuell

02.07.2025Keine Bonussprints bei der Tour de France 2025

(rsn) – Bei den letzten Ausgaben der Tour de France konnten die Fahrer nicht nur im Ziel, sondern auch unterwegs an einigen ausgewählten Stellen Bonussekunden sammeln. Zur diesjährigen 112. Ausgab

02.07.2025Die fünf schweizerischen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Mehr als fünf Schweizer bei einer Tour de France gab es zuletzt 2021. Damals waren sechs Eidgenossen am Start des größten Radrennens der Welt. Das ist immer noch weit weg vom Rekordjahr 1

02.07.2025Die drei österreichischen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Vom kleinen Zwischenhoch, das 2022 und 2023 gleich sechs österreichische Tour-Starter lieferte – und damit fast so viele wie aus Deutschland – haben sich die Fahrer aus der Alpenrepubli

02.07.2025Das Reglement der Tour de France auf einen Blick

(rsn) – Jeder Radsportfan kennt die Wertungstrikots und weiß meist auch, was sie symbolisieren. Das Gelbe Trikot geht an den Zeitschnellsten, das Grüne an den Punktbesten, das Gepunktete an den F

02.07.2025Das Preisgeld: Wie viel gibt´s wofür bei der Tour de France 2025?

(rsn) - Von Lille nach Paris - über 21 Renntage, zwei Ruhetage und 3338 Kilometer - das ist die Tour de France 2025. Mehr als 80 Stunden Rennzeit werden die Fahrer auf ihrem Weg durch Frankreich im

02.07.2025Die Aufgebote für den 36. Giro d´Italia Women

(rsn) – Mit dem Giro d’Italia Women (6. – 13. Juli / 2.WWT) steht einen Tag nach dem Start der Tour de France der Männer die zweite Grand Tour der Frauen an. Die 36. Ausgabe der Italien-Rundfa

01.07.2025Red Bull - Bora - hansgrohe im Sondertrikot zur Tour de France

(rsn) - Das Team Red Bull - Bora - hansgrohe wird in einem Sondertrikot zur 112. Tour de France antreten. Zu Ehren der ´Grande Nation´ tauscht der deutsche WorldTour-Rennstall sein normales Trikot f

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Course de Solidarnosc (2.2, POL)
  • Sibiu Tour (2.1, ROU)