RSNplusVan Anrooij U23-Zweite wider Willen?

Zweimal WM-Silber statt Gold: Oranje im Hintertreffen

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Zweimal WM-Silber statt Gold: Oranje im Hintertreffen"
Das Podium des WM-Straßenrennens der Frauen, v.l.: Demi Vollering, Lotte Kopecky, Cecilie Uttrup Ludwig | Foto: Cor Vos

14.08.2023  |  (rsn) - Mit drei Fahrerinnen unter den besten Vier der Weltrangliste und fünf Titeln in den letzten sechs Jahren waren die Niederländerinnen im WM-Straßenrennen in Glasgow das zu schlagende Team. Letztendlich sicherte sich Demi Vollering nach hartem Kampf hinter der überragenden Belgierin Lotte Kopecky die Silbermedaille.

Ihre Teamkollegin Shirin van Anrooij holte im U23-Wettbewerb, der im Eliterennen ausgetragen wurde, ebenfalls Silber. Doch von mannschaftlicher Geschlossenheit oder gar Überlegenheit war 154 Kilometer lang nichts zu sehen – stattdessen fuhr Oranje meist hinterher. Schon in den beiden Zeitfahren waren die erfolgsverwöhnten Niederländerinnen leer ausgegangen.

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Hier liegt Demi Vollering knapp vor Lotte Kopecky. Am Ende des WM-Straßenrennens jedoch war die Niederländerin gegen die Belgierin chancenlos. | Foto: Cor Vos

Vollering war mit ihrer Silbermedaille allerdings zufrieden, wie sie im Ziel niederländischen Journalisten verriet: “Ich bin kaputt. Ich habe alles gegeben, deswegen freue ich mich über meinen zweiten Platz. Lotte war einfach mit Abstand die Stärkste“, erklärte die Weltranglistenerste, die im Finale offenbar von Krämpfen geplagt wurde und erst am letzten Hügel 1,5 Kilometer vor dem Ziel ihren Podiumsplatz sicherstellte. Da war Kopecky schon außer Reichweite. “Sie war das ganze Rennen sehr stark und sie hat ihre Karten gut ausgespielt. Respekt!“, urteilte die 26-Jährige, die wie die neue Weltmeisterin für das niederländische Team SD-Worx fährt.

Defekt macht Überzahlsituation im Finale zunichte

Schon vor dem Rennen galt Kopecky als die größte Herausforderin der Oranje-Armada. Doch statt die Belgierin - die aktuell einzige Weltklassefahrerin ihres Landes – in die Defensive zu drängen, lagen die Niederländerinnen meist im Hintertreffen. Vor allem der Angriff von Elise Chabbey sorgte für Probleme. Das Schweizer Team war neben den Niederländerinnen schließlich die einzige Nation, die mit zwei Fahrerinnen in der achtköpfigen Gruppe der Favoritinnen vertreten war. Das änderte sich dann, als Annemiek van Vleuten eingangs der letzten Runde zum zweiten Mal wegen eines Defekts vom Rad musste.

Die Titelverteidigerin nahm es in ihrem letzten WM-Rennen aber sportlich und fuhr als Achte lachend und winkend über den Zielstrich. Van Vleuten nahm Abschied von der größten Bühne im Frauenradsport, denn sie beendet am Ende des Jahres ihre Karriere, in der sie sich zwei Weltmeistertitel in Straßenrennen sichern konnte. Vom Altersmüdigkeit war bei der 40-Jährigen aber nichts zu sehen, nach einem Defekt im Finale kam van Vleuten trotz eines Rückstands von einer knappen Minute noch mal zurück ins Feld, wo sie sogleich die entscheidende Gruppe initiierte, aus der sie erst wegen des erneuten Materialschadens zurückfiel.

Umarmung zwischen Teamkolleginnen: Vollering (li.) gratuliert im Ziel der neuen Weltmeisterin Kopecky. Beide fahren für SD Worx. | Foto: Cor Vos

So hatte sich die Weltranglistenzweite im Ziel im Gespräch mit dem niederländischen TV-Sender NOS nichts vorzuwerfen. “Dass ich beim ersten Mal noch zurückkommen konnte, grenzte an ein Wunder, aber beim letzten Defekt klappte es nicht mehr“, blickte van Vleuten auf die Schlussrunde zurück. “Darüber ärgere ich mich natürlich, denn mit Demi befand ich mich in einer guten Situation, darum ist es unheimlich schade, dass ich den Platten bekomme, aber ich kann es nicht ändern.“ Sie akzeptierte die Situation und genoss ihren letzten WM-Auftritt in vollen Zügen: “Die Schlussrunde gab mir einfach Gänsehaut!“

Aus acht mach vier

Diese Schlussrunde erlebte Lorena Wiebes nicht mehr. Die Weltranglistenvierte musste erkrankt frühzeitig das Rennen beenden. Nicht viel besser erging es weiteren Oranje-Fahrerinnen: Mischa Bredewold war auf der ersten Kurve des Rundkurses gestürzt und zurückgefallen. Marianne Vos wurde zwischenzeitlich abgehängt. Sie fand zwar wieder Anschluss ans Feld, nur um in Glasgow erneut den Anschluss zu verlieren. Loes Adegeest musste einspringen, als van Vleuten nach ihrem ersten Defekt wieder ins Feld zurückgeführt werden musste. In der Konsequenz waren die Niederländerinnen statt zu acht schnell nur noch zu viert unterwegs.

Riejanne Markus, die letztendlich als Neunte ins Ziel kam, fuhr ein starkes Rennen. Sie versuchte sich mehrmals als Ausreißerin. Doch auch als Chabbey enteilt war, setzte sie sich nicht für das Team ein, sondern probierte lange erfolglos, die große Lücke nach vorn auf eigene Faust zu schließen. Nach einem Defekt vor der Schlussrunde entschloss sich Annemiek van Vleuten, das Finale in Glasgow zu genießen und ließ sich auf den letzten Metern vom Publikum feiern. | Foto: Cor Vos Van Anrooij Vize-Weltmeisterin wider Willen?

Shirin van Anrooij war die vierte Niederländerin im Finale. Sie war eine der letzten drei verbleibenden U23-Fahrerinnen im Feld und wurde im Sprint um den Titel Zweite hinter der Ungarin Kata Blanka Vas. Doch Gedanken an diesen “Trostpreis“ hatten die Verantwortlichen schon im Vorfeld verboten. “Ich musste versprechen, dass ich mich nicht um das U23-Podium schere. Deswegen war das auch wirklich kein Ziel für mich“, versicherte die Vizeweltmeisterin wider Willen.

Trotz dieses Bekenntnisses konnte man bei der 21-Jährigen im Rennen zunächst nicht den Willen erkennen, alles für ihre Kapitäninnen geben zu wollen. Lange hielt sie sich zurück, ehe sie eher halbherzig Führungsarbeit übernahm. Erst als Chabbey auf 1:30 Minuten enteilt war und ein Betreuer am Straßenrand ein Schild mit der 5 - ihrer Rückennummer - hochhielt, gab die U23-Crossweltmeisterin richtig Gas und forcierte so die Entstehung der entscheidenden Gruppe, aus der heraus schließlich Kopecky zum Sieg stürmte.

Die Niederländerinnen dagegen bleiben erstmals seit 2016 ohne WM-Titel und fahren mit lediglich zwei Silbermedaillen aus vier Rennen nach Hause. Vor sieben Jahren allerdings wurde noch keine Titel in der U23 vergeben, somit standen lediglich zwei Rennen im Programm.

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