RSNplusTop-Sprinterin gewinnt Tour-Auftakt

Improvisation im Finale endet für Wiebes mit Gelb

Von Felix Mattis aus Paris

Foto zu dem Text "Improvisation im Finale endet für Wiebes mit Gelb"
Lorena Wiebes im Maillot Jaune | Foto: Cor Vos

24.07.2022  |  (rsn) – Es war ein komisches Bild: Als Lorena Wiebes (Team DSM) nach der 1. Etappe der Tour de France Femmes als erste Trägerin des Gelben Trikots aufs Podium kam, hatte die Niederländerin ein Kleinkind auf dem Arm. Die 23-Jährige ließ sich für ihren großen Triumph auf den Champs-Élysées feiern und teilte diesen Moment mit einem Baby, das aber offensichtlich gar nicht so begeistert von all der Aufmerksamkeit war. Die Kleine schrie, während Wiebes strahlte.

Eine Wette habe sie damit eingelöst, erklärte Wiebes anschließend auf der Pressekonferenz. "Es ist natürlich nicht meins", so die Niederländerin. Wenn sie in Paris gewinne und es möglich sei, habe sie das Baby ihrer Ex-Teamkollegin und Freundin Esther Van Veen mit auf die Bühne nehmen sollen.

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Dass es zur Einlösung dieser Wette kommen würde, schien von vornherein sehr wahrscheinlich. Wiebes nämlich war als derzeit erfolgreichste Sprinterin der Welt die große Top-Favoritin auf den ersten Sieg bei der Tour de France Femmes im Sprint auf den Champs-Élysées. Und dieser Rolle wurde sie eindrucksvoll gerecht, als sie Marianne Vos (Jumbo-Visma) in einem wahren Eins-gegen-Eins recht deutlich auf Rang zwei verwies. Dahinter klaffte bereits eine große Lücke zur Drittplatzierten Lotte Kopecky (SD Worx).

"Als ich Lorena sah, wusste ich: Das wird hart"

"Marianne ist sehr früh losgefahren, aber das hatte ich erwartet und hatte noch einen Gang und konnte nochmal beschleunigen", sagte Wiebes über ihren Sprint zum Sieg und Vos meinte: "Als ich neben mich geschaut habe, sah ich Lorena. Da war mir klar: Das wird ein harter Sprint. Wir sind gleichzeitig losgefahren, aber sie hat einfach mehr Geschwindigkeit aufgebaut und ist daher die verdiente Siegerin."

Dass das aber überhaupt möglich wurde, hatte Wiebes in einem chaotischen Finale der Etappe vor allem ihrer britischen Teamkollegin Pfeiffer Georgi zu verdanken, die sie auf den letzten drei Kilometern durchs Peloton pilotierte und auf dem Place de la Concorde schließlich außen herum von weit hinten in die ersten Positionen brachte.

Erfolgreiche Improvisation im DSM-Leadout

"Am Ende war es superchaotisch. Es war schwer, mit allen sechs ein Leadout zu machen. Aber Pfeiffer hat Lorena in die perfekte Position gebracht", erklärte Wiebes' Teamkollegin Liane Lippert gegenüber radsport-news.com im Ziel. Und die Siegerin selbst schilderte: "Der Plan war, dass Charlotte Kool und ich nach dem Tunnel die Plätze tauschen. Sie war bis dahin an meinem Hinterrad. Aber es war so chaotisch, dass ich einfach an Pfeiffers Rad geblieben bin und sie hat mich perfekt in Position gebracht."

Auf diese Positionierungsfähigkeiten wird es auch am Montag in Provins ankommen, wo das leicht ansteigende Finale knapp 300 Meter vor Schluss noch eine scharfe Kurve beinhaltet. Doch Wiebes wollte an die kommenden Tage und das Verteidigen ihres Gelben und Grünen Trikots in Paris erstmal noch nicht denken. "Das Wichtigste war jetzt erstmal dieser Sieg. Und dann wird das Gesamtklassement für Juliette Labous wichtig. Deshalb wollen wir nicht zu viel Kraft vergeuden", meinte sie.

Kopecky sammelt Punkte an beiden Zwischensprints

Interessant war in Paris, dass Wiebes und Vos am ersten Zwischensprint nach 34,8 Kilometern auf die Plätze zwei und eins gesprintet waren, sich aber beim zweiten Sprint drei Runden später und somit 26,4 Kilometer vor dem Ziel heraushielten. Kopecky hingegen hielt dort ebenfalls mit rein und holte die vollen 25 Punkte. Dadurch ist die Belgierin nun auch Zweite in der Punktewertung, vor Vos.

"Ich kann mit dem dritten Platz leben, auch weil ich in der Punktewertung gut liege", sagte sie und erklärte: "Der Zwischensprint hat 25 Punkte gebracht und ich weiß nicht, ob ich im Zielsprint besser abgeschnitten hätte ohne diesen zweiten Zwischensprint. Das sind Entscheidungen, die man eben treffen muss – und es gibt mir jetzt einen guten Platz im Kampf um Grün."

Wiebes auf dem Weg zu SD Worx?

Bei der Tour de France Femmes sind die Zwischensprints wichtiger, als bei den Männern, weil sie 25 statt 20 Punkte einbringen und es teilweise zwei Sprints an einem Tag gibt. Der Kampf um Grün verspricht daher sehr spannend zu werden – auch weil am Sonntag in den niederländischen Medien ein pikantes Gerücht die Runde machte:

Sowohl das Algemeen Dagblad als auch der TV-Sender NOS meldeten, dass Wiebes im kommenden Jahr bei SD Worx anheuern wird. Die Niederländerin hat zwar bei DSM einen Vertrag bis einschließlich 2024, doch sie soll über eine Klausel verfügen, die ihr einen Transfer ermöglicht, wenn ein anderes Team ein deutlich besseres Gehalt bietet. Wiebes war bereits im Jahr 2020 unter großem Ärger aus einem laufenden Vertrag bei Parkhotel Valkenburg heraus zu DSM gewechselt.

Dass es bei der Tour jetzt für die Niederländerin ausgerechnet zum Duell mit Kopecky ums Grüne Trikot kommen könnte, deren Platz als Top-Sprinterin bei SD Worx durch einen Wiebes-Transfer wackeln würde, die aber ebenfalls noch bis 2024 Vertrag bei der Mannschaft von Danny Stam hat, gibt der Tour de France Femmes eine nette kleine Nebengeschichte.

Liane Lippert (Team DSM) im Interview:

Marianne Vos (Jumbo-Visma) im Interview:

Lotte Kopecky (SD Worx) im Interview:

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