WorldTeam-Vorstellungen 2021

Jumbo - Visma: Geschwächt, aber noch immer bärenstark

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Das Team Jumbo - Visma im Trainingslager in Spanien im Januar. | Foto: Cor Vos

16.02.2021  |  (rsn) - Im ersten Corona-Jahr hat der niederländische Rennstall nicht nur Ineos Grenadiers als dominierendes Rundfahrt-Team abgelöst, sondern auch Deceuninck - Quick-Step von der Spitze der Weltrangliste verdrängt. Und deshalb wollte man bei Jumbo - Visma vor der Saison 2021 wenig ändern. Dann aber trat Tom Dumoulin im Januar an die Teamleitung heran und offenbarte, dass er eine Pause vom Radsport nehmen wolle. Nun starten die Mannen um Primoz Roglic und Wout Van Aert mit einem Kapitän weniger in die neue Saison.

Doch auch wenn das verrückt klingt: Das ändert weniger, als man denkt. Jumbo - Visma wird auch ohne Dumoulin im neuen Jahr wieder eine Macht sein - selbst wenn Ineos und Deceuninck ihnen die Spitzenplätze wieder streitig machen dürften.

Rückblick 2020: Jumbo - Visma kletterte 2020 an die Spitze der Weltrangliste. Mit Roglic wurde das Team Tour de France-Zweiter und gewann die Vuelta a Espana sowie Lüttich-Bastogne-Lüttich, Van Aert holte mit Mailand-Sanremo ebenfalls ein Monument, zudem gewann der Belgier zwei Tour-Etappen und die Strade Bianche.

Da konnte sogar verkraftet werden, dass Steven Kruijswijk verletzungsbedingt ein schwarzes Jahr erlebte und dann auch noch nach positiven Corona-Test den Giro verlassen musste, und auch, dass Sprinter Dylan Groenewegen nach drei Siegen zum Jahresauftakt kurz nach der Corona-Pause bei der Polen-Rundfahrt stürzte und danach verletzt sowie schließlich gesperrt für den Rest des Jahres ausfiel.

Einziger Makel an der überragenden Bilanz: Die 23 Saisonsiege des Teams verteilten sich nur auf fünf Fahrer - Roglic zwölf, Van Aert sechs, Groenewegen drei, George Bennett und Sepp Kuss je einer.

Kommen: Edoardo Affini (Mitchelton - Scott), Sam Oomen (Sunweb), Nathan Van Hooydonck (CCC), David Dekker (SEG Racing Academy), Olav Kooij, Gijs Leemreize (beide Jumbo - Visma Development Team)

Gehen: Laurens De Plus (Ineos Grenadiers), Amund Grondahl Jansen (BikeExchange), Tom Leezer (Karriereende), Bert-Jan Lindeman (Qhubeka Assos), Taco van der Hoorn (Intermarché - Wanty - Gobert)

Bleiben: George Bennett, Koen Bouwman, Tom Dumoulin (pausiert), Pascal Eenkhoorn, Tobias Foss, Robert Gesink, Dylan Groenewegen, Chris Harper, Lennard Hofstede, Steven Kruijswijk, Sepp Kuss, Gijs Leemreize, Paul Martens, Tony Martin, Christoph Pfingsten, Primoz Roglic, Timo Roosen, Mike Teunissen, Antwan Tolhoek, Wout Van Aert, Jos van Emden, Jonas Vingegaard, Maarten Wynants

Zum Aufgebot von Jumbo - Visma

Analyse: Teamchef Richard Plugge und Sportdirektor Merijn Zeeman wollten am zuletzt so starken Team nicht viel ändern und haben das auch nicht getan. Allerdings hatte das durch den vorübergehenden Abschied von Dumoulin bereits zu Jahresbeginn schmerzhafte Konsequenzen: Mit nur 27 Mann geht Jumbo - Visma ins Jahr, wobei mit Mike Teunissen nun bereits der erste Fahrer länger ausfällt und zwei weitere sogar bereits angekündigt haben, mitten in der Saison ihre Karriere zu beenden:  Wynants nach Paris-Roubaix im April und Martens Ende Juni nach der Deutschen Meisterschaft.

Hinzu kommt, dass mit De Plus - auch wenn der Belgier zuletzt ohnehin verletzt war und 2020 kaum zu den Erfolgen beitragen konnte - ein sehr starker und wichtiger Berghelfer verloren ging und sich ausgerechnet der direkten Konkurrenz von Ineos Grenadiers anschloss. Das könnte im Juli in Frankreich weh tun.

Fehlen wird außerdem auch der Norweger Grondahl Jansen, der gerade auf flacheren Etappen ein wichtiger Helfer war - sowohl für Sprinter Groenewegen als auch für die Klassement-Fraktion. Dagegen fallen das Karriereende von Leezer sowie die Wechsel von Lindeman und van der Hoorn weniger ins Gewicht.

Dem gegenüber stehen die Verpflichtung des starken Zeitfahrers Affini und des belgischen Klassikerfahrers Van Hooydonck, die mittelfristig wohl beide als Verstärkung für Van Aerts Klassikerteam gedacht sind, das man dem Belgier zur Vertragsverlängerung versprach. Hinzu kommen mit Dekker, Leemreize und Kooij drei Talente, von denen vor allem Letzterer richtig interessant ist: Der sprintstarke Niederländer ist erst im Oktober 19 Jahre alt geworden, hat 2020 aber bereits vier Siege in der Elite gefeiert, darunter mit der Auftaktetappe der Settimana Coppi e Bartali auch einen in einem Profirennen.

Besonders wichtig dürfte mittelfristig vor allem der Transfer des 25-jährigen Oomen sein. Er hat das Potenzial, De Plus zu ersetzen. In seinem ersten Jahr im Team muss er aber zunächst beweisen, dass er das auch wieder abrufen kann, nachdem er 2019 wegen einer Verengung der Iliakalarterie operiert worden ist. Deshalb geht es für Oomen 2021 nur zur Vuelta statt zur Tour.

Prognose: Die plötzliche Pause von Dumoulin wiegt schwer und auch bei den Transfers ist Jumbo - Visma zumindest mit Blick auf 2021 eher schwächer als stärker geworden - auch wenn in den Neuen einiges an Potenzial für die nächsten Jahre schlummert. Trotzdem aber dürfte sich Jumbo - Visma in der neuen Saison kaum schlechter präsentieren als im vergangenen Jahr.

Denn erstens sind die Fahrer, die 2020 die Rennen für das Team gewannen, weiterhin da und voll einsatzbereit. Und zweitens ist nicht davon auszugehen, dass Kruijswijk erneut ein ähnliches schwarzes Jahr hat. Außerdem ist ab Mai auch Groenewegen wieder einsatzbereit, um auf Etappenjagd zu gehen. Sicher muss man bei ihm abwarten, wie er den Polen-Vorfall und dessen Konsequenzen psychisch verkraftet hat. Kommt der Sprinter aber nur annähernd so stark zurück, wie er sich verabschiedet hat, so wird auch er 2021 mehr Siege beisteuern als noch 2020.

Kurzum: Jumbo - Visma ist geschwächt, könnte aber trotzdem sogar noch besser sein als zuletzt.

Eckdaten:
Land: Niederlande
Sponsor: Jumbo, Visma
Branche: Supermarktkette, IT-Unternehmen
Manager: Richard Plugge
Radausrüster: Cervélo
Gruppe: Shimano
Laufräder: Shimano
Reifen: Vittoria
Teamranking 2020: 1.
Fahrer im Aufgebot: 28
Altersdurchschnitt: 28,4

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