Interview mit dem Bundesliga-Gesamtsieger

Rutsch: “Das war ein perfekter Abschied vom Team“

Von Christoph Adamietz

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Jonas Rutsch (Lotto-Kern Haus) im Führungstrikot der Rad-Bundesliga| Foto: Lotto-Kern Haus

23.09.2019  |  (rsn) - Jonas Rutsch (Lotto - Kern Haus) hat nach einer starken Leistung am Sonntag nicht nur die Sauerland-Rundfahrt gewonnen, sondern sich auch noch den Sieg in der Gesamtwertung der Rad-Bundesliga gesichert. Ein perfekter Abschied von seinem Team, das er zum Saisonende verlässt, um sich dem WorldTour-Team EF Education First anzuschließen. Im Interview mit radsport-news.com sprach der 21-jährige Erbacher über das gestrige Rennen.

Glückwunsch zum Gesamtsieg bei der Rad-Bundesliga. Haben Sie diesen Erfolg gestern schon etwas feiern können oder ist die Aufmerksamkeit schon auf die Straßen-WM gerichtet?
Rutsch:
Wir haben gestern Abend gemeinsam gegessen, ich bin aber noch voll fokussiert auf die WM. Entsprechend wurde nicht gefeiert. Heute Vormittag habe ich schon trainiert, bis ich einen Platten hatte. Und jetzt warte ich, dass ich abgeholt werde.

Zum Glück ist Ihnen das gestern nicht im entscheidenden Bundesliga-Rennen im Sauerland passiert...
Rutsch: Klar, das kann man schon so sehen. Aber ich hatte auch letzte Woche schon Pech, als ich im Training gestürzt bin. Ich hoffe, dass ich es nun hinter mir lassen kann.

Vielleicht ist das ja auch ein gutes Omen für die WM? Schließlich haben Sie nach Ihrem Trainingssturz nun die Sauerland-Rundfahrt und damit auch die Gesamtwertung der Bundesliga gewonnen.
Rutsch: Ja vielleicht. Ich fühle mich aber im Moment auch wirklich gut, habe mich speziell auf die Weltmeisterschaft vorbereitet und hoffe, dass ich dort auf dem Kurs noch etwas zeigen kann.

Ihre Klasse haben Sie bereits gestern gezeigt. Sie sind schon sehr früh im Rennen in die Offensive gegangen. Hatten Sie zwischendurch einmal Sorge, dass es zu früh gewesen sein konnte? Es waren ja schließlich nur zwölf Punkte, die Sie auf John Mandrysch gut machen mussten, da hätte ja auch ein Angriff bei der Bergankunft am Ende gereicht.
Rutsch: Ich habe im Vorfeld das Rennen genau studiert und mir einen Plan zurecht gelegt. Und der war: früh in die Offensive gehen. Das ist das, was mir am besten liegt. Aber natürlich ging es darum, zu schauen, wann eine Attacke Sinn macht. Ich sah am ersten Anstieg, dass Mandrysch ein paar Probleme hatte und bin dann zur Spitzengruppe vorgesprungen. Das Ziel war es, voll durchzuziehen, dass P&S Metalltechnik (das Team von Mandrysch, d. Red.) die Lücke nicht mehr schließen konnte.

Wann war Ihnen klar, dass Sie die Gesamtwertung gewinnen würden?
Rutsch: Ich hatte ja unterwegs schon die Berg- und Sprintwertungen gewonnen und war dadurch schon an Mandrysch vorbeigezogen. Als ich dann von Monni (Teamchef Florian Monreal, d. Red) hörte, dass hinten im Feld auch Mandrysch durch die Führung gehen musste, also auch Kräfte verbrauchte, da war ich wirklich optimistisch. Der Abstand war zwar noch einigermaßen groß. Aber selbst wenn sie dann zu uns vorgefahren wären, dann wäre Mandrysch auch nicht mehr frisch gewesen und die Bergankunft spielte mir dann auch in die Karten.

Ihnen hätte ja aufgrund des Rennverlaufs auch ein zweiter oder dritter Rang in der Tageswertung gereicht. Weshalb sind Sie dann auch noch auf Tagessieg gefahren?
Rutsch: Zu Beginn des Schlussanstieges war ich ja mit Jan Tschernoster vorne, der ein starkes Rennen gefahren ist. Wir haben uns in der Führungsarbeit gut abgewechselt, aber immer wenn ich aus der Führung gegangen bin, da hat er drüber attackiert. Das war für mich dann das Zeichen, dass es ein offenes Rennen ist und habe dann knapp 1500 Meter vor dem Ziel selbst attackiert.

War dieser Sieg in Ihrem letzten Rennen für Lotto – Kern Haus, bevor es 2020 in die WorldTour zu EF Education First geht, auch ein Dank an das Team?
Rutsch: Ja, auf jeden Fall. Das Team hat mir nach den Junioren die Chance gegeben und mich in den letzten drei Jahren bestens unterstützt. Deshalb wollte ich mich heute mit dem Sieg verabschieden. Und das ist mir perfekt geglückt.

Zwischenzeitlich lagen Sie in der Gesamtwertung schon sehr deutlich hinter John Mandrysch, der in den ersten Rennen sehr viele Punkte holte, dann aber auch wegen Krankheit etwas ins Hintertreffen geriet. Hat man da auch ein Stück weit Mitleid oder ist so einfach der Sport?
Rutsch: Zunächst einmal möchte ich Mandrysch großen Respekt zollen. Zum einen ist er eine starke Serie gefahren, zum anderen ist er gestern nach dem Rennen zu mir gekommen und hat mir gratuliert. Er meinte, der Stärkere habe gewonnen. Krankheiten oder Stürze gehören einfach zum Sport dazu, da braucht man auch etwas Glück, dass ich in diesem Fall hatte, auch wenn ich ja selbst wie unlängst beim Trainingssturz auch nicht ganz verschont geblieben bin.

Hatten Sie zwischenzeitlich die Gesamtwertung schon abgeschrieben aufgrund des großen Rückstands?
Rutsch: Nein, das nicht. In der ersten Saisonhälfte ging es für mich darum, vor allem bei internationalen Rennen gut zu fahren, weil man sich dort die Verträge sichert. Nachdem das unter Dach und Fach war, habe ich dann meinen Fokus verstärkt auf die Bundesliga gelegt. Ich wusste, dass in der zweiten Hälfte mit dem Nürburgring, Sebnitz und der Sauerland Rundfahrt Rennen kommen würden, die mir liegen sollten. Entsprechend war ich noch sehr motiviert und es hat sich ja auch ausgezahlt.

Sie haben in diesem Frühjahr Gent-Wevelgem der U23 gewonnen, fahren kommende Saison in der WorldTour. Welchen Stellenwert hat so ein Bundesliga-Gesamtsieg im Gesamtkontext?
Rutsch: Er bedeutet mir sehr viel. Ich bin die Rennserie die letzten drei Jahre gefahren, war im ersten Jahr Vierter, 2018 Zweiter und nun stehe ich ganz oben. Das markiert für mich auch einen tollen Abschluss meiner U23-Zeit. Außerdem muss ich sagen, dass die Rennserie sich in den letzten drei Jahren Schritt für Schritt weiterentwickelt hat, also ein klarer Aufwärtstrend zu erkennen ist. Allein was gestern bei der Sauerland-Rundfahrt an Zuschauern geboten war, das war klasse.

Was bedeutet Ihnen dieser letzte Auftritt im Trikot von Lotto - Kern Haus?
Rutsch: Mir war es sehr bewusst, dass es mein letztes Rennen für das Team sein würde. Entsprechend war es mir auch sehr, sehr wichtig, gut zu fahren. Und das Rennen auch zu gewinnen. Damit wollte ich auch Danke sagen. Mit diesen Erfolgen konnte ich mit ordentlich verabschieden und ich denke auch Einiges zurückgeben.

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