Bira-Rundfahrt wird zum Sekundenkrimi

Longo Borghini nach 23 Monaten endlich wieder obenauf

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Longo Borghini nach 23 Monaten endlich wieder obenauf"
Elisa Longo Borghini (Trek - Segafredo) | Foto: Cor Vos

25.05.2019  |  (rsn) - Mit einem echten Sekundenkrimi ist die 32. Auflage des baskischen Frauenrennens Emakumeen Bira zu Ende gegangen. Lediglich zwei Sekunden trennten nach vier harten, bergigen Tagen Gesamtsiegerin Elisa Longo Borghini (Trek - Segafredo) von der Titelverteidigerin Amanda Spratt (Mitchelton - Scott), die noch im Führungstrikot auf die Schlussetappe gestartet war und zwölf Sekunden Vorsprung auf Longo Borghini mitgebrachte.

Als die Italienerin am Schlusstag als Solistin nach 155,8 Kilometern in Onati die Zielgerade erreichte, kamen die Verfolgerinnen von hinten bereits herangesprintet. Trotzdem nahm sich Longo Borghini die Zeit, sich schon auf den letzten 50 Metern zum Jubel aufzurichten und auszurollen.

"Im Nachhinein war das vielleicht etwas riskant und ich hätte nicht so früh jubeln sollen. Aber ich war einfach so voller Freude! Es war mir alles egal. Ich habe zwei Jahre darauf gewartet, wieder eine Rennen zu gewinnen und wollte das einfach feiern", grinste die Italienerin vom Lago Maggiore, die zuletzt bei den Italienischen Meisterschaften Ende Juni 2017 ein UCI-Rennen gewonnen hatte. "Meine Mama war hier und ich wollte ihr einfach zeigen, wie glücklich ich bin!"

Vier Sekunden Vorsprung auf die Tageszweite Christine Majerus (Boels - Dolmans) brachte die Flandern-Rundfahrt-Siegerin von 2015 mit ins Ziel, nachdem sie die letzten 20 Kilometer des Rennens allein an der Spitze verbrachte und gegen das jagende Feld bestand, in dem keine Geringere als Zeitfahrweltmeisterin und Giro-Siegerin Annemiek van Vleuten für Spratt arbeitete.

Wiles sprintet für Longo Borghini um Bonussekunden

Hinter Majerus sprintete Teamkollegin der Italienerin, Tayler Wiles, die am Freitag die 3. Etappe gewonnen hatte, auf den dritten Platz und nahm Spratt so die letzten vier Bonussekunden weg, die Spratt den Gesamtsieg hätten retten können. Die Australierin musste im Sprint allerdings auch die Baskin Sheyla Gutierrez (Movistar) noch vorlassen und wurde ohnehin nur Tagesfünfte. "Ich wusste, dass es sehr, sehr eng werden würde. Ich konnte Elisa sehen, als wir auf die Zielgerade kamen. Also war mir klar, dass jede Sekunde zählen würde und habe im Sprint mein Bestes gegeben", so Wiles, die hinter Longo Borghini, Spratt und der Italienerin Soraya Paladin (Alé Cipollini) Gesamtvierte wurde.

Neben dem Etappen- und Gesamtsieg sicherte sich Longo Borghini durch ihre Attacke am letzten Anstieg der Rundfahrt, dem 6,1 Kilometer langen und im Schnitt 6 Prozent steilen Asentzio und dem folgenden Solo-Sieg auch die Punkte- sowie die Bergwertung der viertägigen Rundfahrt, die als wichtiger Meilenstein in Richtung Giro d'Italia Femminile gilt, der Anfang Juli beginnt.

Nächstes Ziel: Giro Rosa

Vom Sieg bei ihrer Heimatrundfahrt träumt Longo Borghini seit vielen Jahren und im Jahr 2017 beendete sie ihn hinter Anna van der Breggen als Gesamtzweite. Doch seitdem machte die Italienerin eine harte Zeit durch, massiv geprägt durch schlechte Erfahrungen bei ihrem zu Grunde gehenden Ex-Team Wiggle - High5.

"Es ist schön, hier zu sein und gewonnen zu haben. Aber morgen gehe ich nach Hause und werde wieder hart arbeiten, endlich mit dem Gefühl, dass all die negativen Dinge hinter mir liegen", so Longo Borghini in Onati. "Der Giro ist ein großes Ziel für mich und mein Team." Dort aber wird sie in diesem Jahr wieder auf van der Breggen und van Vleuten treffen, die in den langen Anstiegen der Italien-Rundfahrt in den letzten drei Jahren stets das Maß der Dinge waren.

Erath verteidigt Sprint-Trikot bis zum Schluss

Während Longo Borghini die Gesamt-, Berg- und Punktewertung für sich entschied, sicherte sich die 19-jährige Französin Evita Muzic (FDJ Nouvelle Aquitaine Futuroscope) als Gesamt-14. die Nachwuchswertung. Die 29-jährige Deutsche Tanja Erath (Canyon - SRAM) belegte zwar den 65. und somit vorletzten Platz im Gesamtklassement, durfte sich auf dem Podium aber trotzdem ihre Belohnung für vier harte Tage abholen: Erath hatte am ersten Tag das Blaue Trikot der fleißigsten Punktesammlerin an den Zwischensprints erobert und an den folgenden drei Tagen souverän verteidigt. Ein erster Platz beim ersten von zwei Zwischensprints am Schlusstag sicherte ihr schließlich den Wertungs-Gesamtsieg.

Clara Koppenburg (WNT - Rotor) fuhr auf der letzten Etappe in der Favoritengruppe als Tages-14. ins Ziel und beendete die Rundfahrt mit 2:11 Minuten Rückstand auf Longo Borghini auf dem 13. Gesamtrang.

So lief das Rennen:

Abgesehen davon, dass Erath mit einer frühen Attacke den ersten Zwischensprint bei Rennkilometer 11 gewann, dauerte es auf der längsten der vier Etappen im Baskenland eine Weile, bis sich eine Ausreißergruppe bildete. Nach gut 30 Kilometern setzte sich dann aber Anna Plichta (Trek - Segafredo) vom Feld ab und bekam im ersten Anstieg Begleitung durch Malgorzata Jasinska (Movistar).

Gemeinsam fuhren sie 2:30 Minuten Vorsprung aufs Hauptfeld heraus, wurden aber von einem weiteren Trio um Canyon - SRAMs Israelische Meisterin Omer Shapira verfolgt und schließlich eingeholt. Zu fünft hielt sich die Gruppe lange an der Spitze, doch knapp 40 Kilometer vor dem Ziel waren trotzdem alle Ausreißerinnen wieder gestellt.

Kennedy lässt sich zurückfallen um Spratt zu helfen

Nun bildete sich eine neue Spitzengruppe um Spratt-Helferin Lucy Kennedy. Doch weil Trek - Segafredo die Gesamt-13. Audrey Cordon-Ragot dort mitschickte, stand Mitchelton - Scott erneut arg unter Druck und musste im Feld Verfolgungsarbeit leisten. Die Französin nämlich war plötzlich virtuelle Gesamtführende.

Kennedy ließ sich zurückfallen und half im Feld van Vleuten und Spratt, die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen, bevor im schweren Asentzio-Anstieg die Gesamt-Sechste Mavi Garcia (Movistar) attackierte und Longo Borghini sowie Spratt und die Gesamtzweite Soraya Paladin (Alé Cipollini) mitsprangen. Die Italienerin kletterte am stärksten und zog allein bis zum Bergpreis durch, um schließlich mit 20 Sekunden Vorsprung auf die letzten zehn Kilometer zu kommen und mit vier Sekunden Vorsprung das Ziel zu erreichen - gerade genug für die Erlösung nach 23 sieglosen Monaten und den ersten WorldTour-Rundfahrtsieg ihrer Karriere.

Tagesergebnis:
1. Elisa Longo Borghini (Trek - Segafredo) 4:11:02 Stunden
2. Christine Majerus (Boels - Dolmans) + 0:04 Minuten
3. Tayler Wiles (Trek - Segafredo) + 0:04
4. Sheyla Gutierrez (Movistar) + 0:04
5. Amanda Spratt (Mitchelton - Scott) + 0:04
6. Soraya Paladin (Alé Cipollini) + 0:04
7. Ane Santesteban (WNT - Rotor) + 0:04
8. Victorie Guilman (FDJ Nouvelle Aquitaine Futuroscope) + 0:04
9. Mavi Garcia (Movistar) + 0:04
10. Katrine Aalerud (Virtu Cycling) + 0:04

Gesamtwertung:
1. Elisa Longo Borghini (Trek - Segafredo) 12:21:41 Stunden
2. Amanda Spratt (Mitchelton - Scott) + 0:02 Minuten
3. Soraya Paladin (Alé Cipollini) + 0:07
4. Tayler Wiles (Trek - Segafredo) + 0:14
5. Mavi Garcia (Movistar) + 0:34

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