Interview mit dem Leopard-Teamchef

Zingen:“Sind bei fast allen Rennen zu Top-Resultaten in der Lage“

Von Christoph Adamietz

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Leopard-Teamchef Markus Zingen | Foto: Marcel Hilger / Aufmacherfoto: Elisa Haumesser

29.12.2018  |  (rsn) - Im Interview mit radsport-news.com blickt Leopard-Teamchef Markus Zingen auf eine äußerst erfolgreiche Saison 2018 zurück. Zudem spricht der Verantwortliche des luxemburger Kontinental-Teams über die Planungen und Ambitionen für 2019 sowie die langfristige Perspektive seiner Mannschaft.

Herr Zingen, wie fällt Ihre Saisonbilanz zu 2018 aus? 

Zingen: Man kann sagen, dass die abgelaufene Saison kaum besser hätte sein können. Es war sicherlich eine der erfolgreichsten überhaupt für uns – dementsprechend sind wir sehr zufrieden mit dem, was wir erreicht haben.


Was waren die Highlights?

Zingen: Es war zunächst einmal schön zu sehen, dass wir bei fast allen Wettkämpfen das Renngeschehen mitgestalten konnten und dies von Anfang bis Ende der Saison - daran war das gesamte Team beteiligt. Zu Beginn der Saison muss man sicher den zweiten Platz im GC bei der Tour de Normandie von Alexander Krieger hervorheben – hier fehlte lediglich eine Sekunde zum Gesamtsieg. Viele weitere vordere Platzierungen folgten bis hin zu den Siegen von unserem Youngster Filip Maciejuk, der bereits in seinem ersten U23-Jahr u.a. das Carpathian Couriers Race und zwei UCI Zeitfahren gewann - darunter auch den polnischen U23-Titel. Ein weiterer schöner Sieg folgte durch Szymon Rekita bei der schweren Tour de Jura.


Welches Ergebnis ragte heraus?

Zingen: Das absolute Highlight war sicherlich unser „Heimspiel“ bei der Tour de Luxembourg, wo wir jeden Tag präsent waren, den Prologsieg mit nur einer Sekunde verpasst haben, das Gelbe Trikot mit Alex trugen und am Ende mit Pit Leyder das Trikot des besten Jungprofis gewinnen konnten. Dazu kamen Platz 3 (Pit) und 5 (Alex) in der Gesamtwertung, was uns auch noch einen tollen zweiten Platz im Teamranking bescherte. Es folgten viele weitere Podiums- und Top Ten Platzierungen auf hohem Niveau. Abschließend spiegelt sich die konstante Saison 2018 in einem sehr guten 5. Platz (unter den Kontinental-Teams) im Europe Tour Ranking wider.


Und für Sie persönlich?

Zingen: Für mich persönlich war es natürlich auch eine schöne Erfahrung beim Comeback der Deutschland-Tour dabei zu sein zu dürfen, vor allem, da sie Station in meiner Heimat Trier machte. Auch hier konnten wir uns sehr gut bei einem erstklassigen Feld präsentieren.


Welche Enttäuschungen mussten Sie als Team verkraften?

Zingen: Enttäuschungen hatten wir eigentlich in dem Sinne keine. Für Konrad Geßner ist die Saison nach seinem schweren Sturz in der Tour de Normandie und zwei Operationen natürlich sehr unglücklich verlaufen. Aus seiner Sicht also bestimmt ein enttäuschendes Jahr. Aber er konnte sich in Ruhe wieder erholen und einen Neuaufbau starten. Ich bin mir sicher, dass er nächstes Jahr wieder zeigt, was in ihm steckt.


Konrad Geßner ist entsprechend wie ein Neuzugang für 2019. Was erwarten Sie von ihm?

Zingen: Wie bereits gesagt, war es kein einfaches Jahr für Konrad. Wir hatten vor seinem Sturz jedoch sehr überzeugende Leistungen gesehen (z.B. bei der Tour of Antalya). Auch die Integration und Harmonie im Team war sofort vorhanden. Konrad hat großes Potential. Das wird er sicher 2019 mit einigen schönen Resultaten und hoffentlich dem ein oder anderen Sieg bei Sprintankünften auch beweisen können.


Mit Alex Krieger haben Sie Ihren TopFahrer halten können. Sehen Sie es als Verantwortlicher des Teams mit einem lachenden und einem weinenden Augen, dass Krieger den Sprung nicht nach oben geschafft hat?

Zingen: Ganz klar, man kann sich natürlich glücklich schätzen, einen Fahrer wie Alex im Team zu haben, der immer 100 % motiviert und professionell ist. Er ist ein Erfolgsgarant. Das ist auch wichtig für die jüngeren Teammitglieder. Er gibt seine Erfahrung als Kapitän weiter. Davon profitieren alle. Es ist schön zu sehen, wie er sich über die Jahre bei uns entwickelte. Er hat natürlich den Schritt in ein Pro-Conti oder gar WT Team mehr als verdient. Er ist ein gutes Bespiel dafür, dass viele Fahrer sich auch nach der U23-Zeit noch enorm auf dem Kontinental-Level entwickeln können. Deshalb geben wir auch gerne ausgewählten Fahrern in dieser Situation eine Chance.


Warum hat es für Krieger dieses Jahr erneut nicht geklappt?

Zingen: Alex ist ja leider kein Einzelfall. Der Markt ist bekanntermaßen sehr schwierig derzeit (Stichwort „gescheiterte Fusionen“ oder Beendigung von verschiedenen PCT Projekten), geringere Starterplätze bei den Rennen und den daraus auch resultierenden Kader-Verkleinerungen der Teams, um nur ein paar Faktoren aufzuführen. Man sollte auch durchaus den teilweise herrschenden "Jugendwahn“ bei den Neuverpflichtungen des ein oder anderen ProTeams hinterfragen. Natürlich machen hier viele Teams eine sehr gute Arbeit und bauen die jungen Sportler behutsam auf. Allerdings gibt es auch einige Negativ-Beispiele. Da sollte man sich doch überlegen, auch mal einem „älteren“ und bereits kompletten Fahrer aus dem KT-Bereich eine Chance zu geben, wenn er zeigt, dass er Rennen fahren kann - so wie dies bei Alex der Fall ist. Sicherlich wird sich die Situation Dank der Änderungen im UCI Reglement bzgl. der Kadergrößen von Pro-Teams ab 2020 wieder zum positiven entwickeln und es gibt erneut mehr Plätze für die aufstrebenden Fahrer.


Bei den Neuzugängen für 2019 sind Sie, was die Nationalitäten der Fahrer anbelangt, neue Wege gegangen. Gibt es dafür Gründe?

Zingen: Nicht direkt, das kam - wenn dann - eher zufällig zustande. Wir sind ein Luxemburger Team mit internationaler Ausrichtung – es ist schön in einem kleinen Land wie Luxembourg verhältnismäßig viele gute Talente zu haben und auf sechs einheimische Fahrer zurückgreifen zu können. Wir haben jedes Jahr sehr viele Bewerbungen aus verschiedensten Ländern. Die Verpflichtungen werden unter anderem nach Bedürfnissen des Teams, dem Fahrerpotential und seiner Charakteristik ausgewählt. Wichtig ist, dass das Team am Ende ausgewogen dasteht und wir idealerweise in jedes Rennen gut aufstellt gehen können. Die Nationalität spielt da nicht wirklich eine Rolle.


Was erwarten Sie insgesamt von den Neuzugängen?

Zingen: Man muss hier differenzieren – wir haben mit Bas van Belle und Arthur Kluckers zwei sehr junge Fahrer, die von den Junioren kommen und u.a. in der kommenden Saison noch ihre Schule beenden. Hier geht es zunächst einmal darum, sich an das höhere Niveau anzupassen und dies ohne Druck. Mit Colin Heiderscheid und Misch Leyder, dem Bruder von Pit, haben wir zwei talentierte junge Luxemburger, die sicherlich schon für ein paar gute Resultate bereit sein werden. Von den erfahreneren Neuverpflichtungen Jack Burke und Jan Maas erwarten wir vor allem eine Verstärkung bei schweren Eintagesrennen und bergigen Rundfahrten. Sie bilden hier eine gute Ergänzung zu Szymon Rekita. Wir sollten hier in der Breite besser aufgestellt sein bei den besagten Rennen. Alle drei sind auf Top Resultate angewiesen, um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen – es würde mich freuen, wenn uns dies gemeinsam gelingen würde.


Wann und wo werden Sie in die Saison einsteigen?

Zingen: Anfang Februar geht es traditionell zum „Feinschliff“ nach Mallorca. Hier werden wir ein regionales Rennen ins Training einbauen. Danach geht es wie 2018 zur ersten UCI Rundfahrt nach Antalya vom 21. bis 24. Februar.


Was werden die Highlights im Rennkalender sein?

Zingen: Das Rennprogramm wird sehr ähnlich sein wie in den vergangenen Jahren. Leider gibt es ein paar Überscheidungen von dem ein oder anderen Rennen. Wir wollen wieder einen guten Start in Antalya, der Normandie und bei den Frühjahrsrennen hinlegen. Danach liegt der Fokus ganz klar wieder auf den beiden „Heimrennen“ Fleche du Sud und der Tour de Luxembourg. Wie bereits in der Vergangenheit wollen wir über die ganze Saison gute Leistungen mit möglichst allen unseren Fahrern zeigen und nach der erfolgreichen Teilnahme 2018 hoffen wir natürlich auch wieder bei der Deutschland Tour dabei zu sein.


Wem trauen Sie aktuell für 2019 den größten Leistungssprung im Team zu?

Zingen: Hier möchte ich eigentlich keine Fahrer speziell hervorheben. Das ganze Team hat sich entwickelt. Wir sind mit den Neuzugängen noch ausgewogener besetzt und ich bin mir sicher, dass davon alle profitieren, sich konstant weiter entwickeln und in der Lage sind, bei fast allen Rennen Top-Resultate einzufahren.


Fühlen Sie sich in der Position, eines der besten Kontinental-Teams der Europe-Tour zu sein wohl oder gibt es perspektivisch das Bestreben, eine Klasse höher zu fahren?

Zingen: Zunächst einmal sind wir sehr zufrieden, dass wir nun schon seit so vielen Jahren das Team auf dem Niveau betreiben können und an dieser Stelle auch mal ein großes Dankesschön an die Unterstützer des Projektes. Es ist sicherlich sinnvoller, auf dem jetzigen Level zu den Besten zu gehören und eine solide Arbeit leisten zu können, als irgendwelche kurzfristigen Experimente zu wagen. Natürlich sind wir generell offen und flexibel was verschiedene Zukunftsszenarien angeht. Dies muss man allerdings genau abwägen und es hängt nicht nur von uns ab. Wenn man den nächsten Schritt in eine höhere Klasse umsetzen möchte, müssen die Rahmenbedingungen stimmen, um ein innovatives und nachhaltiges Konzept umsetzen zu können.

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