Wird das Schmerzmittel verboten?

WADA liefert Zahlen zum Tramadol-Missbrauch: 4,4% der Tests positiv

Foto zu dem Text "WADA liefert Zahlen zum Tramadol-Missbrauch: 4,4% der Tests positiv"
Dopingkontrolle | Foto: Cor Vos

15.06.2018  |  (rsn) - Aus einem neuen Bericht der Welt Anti Doping Agentur WADA geht hervor, dass das starke Schmerzmittel Tramadol im Jahr 2017 in mehr als vier Prozent aller abgegebenen Blut- oder Urinproben von Radsportlern gefunden wurde. Die zur Gruppe der synthetischen Opioide gehörende Substanz ist nicht verboten, ihre Benutzung durch Sportler wird von der WADA aber seit einiger Zeit beobachtet. So will man sich ein Bild machen, inwiefern das Mittel zum reinen Zweck der Leistungssteigerung missbraucht wird.

Die Teamvereinigung Bewegung für einen glaubwürdigen Radsport (MPCC), der sieben der WorldTour-Teams angehören, machte schon vor Jahren darauf aufmerksam, dass Tramadol-Missbrauch ein Problem sei und forderte die WADA mehrmals dazu auf, das Mittel auf die Verbotsliste zu setzen. MPCC-Teams schwören, kein Tramadol im Team zuzulassen. Auch der Radsport-Weltverband UCI versucht, die WADA seit zwei Jahren zu diesem Verbot zu bewegen.

Der ehemalige Sky-Profi Jonathan Tiernan-Locke behauptete, vom Teamarzt Richard Freeman Tramadol angeboten bekommen zu haben. Außerdem schrieb Ex-Profi Lieuwe Westra, der bis 2016 für Vacansoleil-DCM und Astana fuhr, in seinem dieses Jahr veröffentlichten Buch darüber, Tramadol und Koffein zur Leistungssteigerung benutzt zu haben. Auch der ehemalige Lance-Armstrong-Teamkollege Michael Barry, der später für Sky fuhr und von dem sich die Briten wegen der Enthüllungen um Armstrong trennten, sprach von Tramadol-Nutzung.

Eine Leistungssteigerung geht mit der Einnahme von Tramadol nur indirekt einher, da das Mittel Schmerzen lindert und Sportler ihrem Körper somit mehr abverlangen können. "Es geht nicht darum, ob Tramadol die Leistung steigert", erklärte auch Lotto Soudal-Sportdirektor Servaas Binge gegenüber Het Nieuwsblad. "Das Problem ist, dass es gefährlich ist. Tramadol reduziert das Bewusstsein. Es ist nicht dasselbe wie Morphium, aber es arbeitet an denselben Rezeptoren. Und mit reduzierter Aufmerksamkeit Radrennen zu fahren, ist keine gute Idee."

Tramadol sei daher auch für Stürze verantwortlich, heißt es im Allgemeinen. Taylor Phinney erklärte bereits im Jahr 2012, dass einige Teams im Peloton sogenannte "Finish Bottles" verwendeten. "Das sind Trinkflaschen mit zerkleinerten Koffeinpillen und Schmerzmitteln", so der US-Amerikaner damals. "Das Zeug kann einen ziemlich verrückt machen, und deshalb habe ich es noch nie probiert."

Der neue Bericht der WADA legt nun nahe, dass die Verwendung von Tramadol auch im vergangenen Jahr nicht nur in Einzelfällen vorkam. Demnach wurden im Jahr 2017 in 548 von 12.554 genommenen Wettkampf-Dopingproben des Radsports jeweils mehr als 50ng/ml von dem Schmerzmittel gefunden, was einer Quote von 4,4 Prozent positiver Tests entspricht. 2015 waren es in 730 von 12.358 Proben sogar jeweils mehr als 200ng/ml, was einer Quote von 5,9 Prozent entspricht, bei einer sogar noch höheren Konzentration. 

Die Proben von Fußballern lagen in der 2017er Testreihe bei einer Quote von 0,35 Prozent (2015: 0,28 Prozent). Am nächsten an die Werte des Radsports kam Rugby mit 1,4 Prozent im Jahr 2017 und 0,95 Prozent in der 2015er Testreihe. Tramadol scheint für den Radsport allerdings wie gemacht: Das Mittel wird in Tablettenform eingenommen, so dass es trotz der No-Needle-Policy des Radsports einnehmbar bleibt. In anderen Sportarten, können andere Mittel zur Schmerzlinderung gespritzt werden.

Neben Tramadol beobachtete die WADA auch das Vorkommen von Glucocorticoiden, die zur Behandlung von Entzündungen verwendet werden. Sie wurden in 3,8 Prozent aller Wettkampftests von Radsportlern gefunden und in 4,38 Prozent der Trainingstests. Höher lagen bei den Trainingstests mit 4,7 beziehungsweise 5,5 Prozent nur Triathleten sowie Skirennläufer. Die Quervergleiche hinken jedoch auf Grund der unterschiedlich "intelligenten" Auswahl der Testpersonen und Testzeitpunkte in unterschiedlichen Sportarten etwas.

Ob die WADA nun auf die Ergebnisse mit einem Verbot reagiert oder nicht, erklärte sie zur Veröffentlichung der Daten nicht.

Weitere Radsportnachrichten

18.11.2025Aussie-Duo für Decathlon: Haussler und Renshaw neue Sportdirektoren

(rsn) – Nach seinem Abschied bei Red Bull – Bora – hansgrohe hat Heinrich Haussler eine neue Aufgabe auf WorldTour-Niveau gefunden. Der 41–jährige Australier wird künftig als Sportdirektor b

18.11.2025Widar gibt 2026 Debüt bei zwei Monumenten und der Vuelta

(rsn) – Jarno Widar wird gleich in seinem ersten Profijahr ein anspruchsvolles Programm absolvieren. Wie der 20-jährige Belgier in einem Interview mit der Zeitung Het Laatste Nieuws ankündigte, ge

18.11.2025Almeida bleibt bei UAE - Gaviria vor Wechsel zu Caja Rural?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

18.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

18.11.2025Zwischen Abitur, DM-Medaillen und WorldTour-Einsätzen

(rsn) - In der Juniorenklasse gehörte Paul Fietzke zu den weltweit besten Fahrern. Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften, der Deutsche Meistertitel auf der Straße sowie Siege bei internati

17.11.2025Lipowitz will nicht zum Giro und hofft auf Tour-Doppelspitze

(rsn) – Mit Blick auf ihre Meriten bei der Tour de France befinden sich Florian Lipowitz und Remco Evenepoel in ähnlichen Sphären. Doch was ihren Charakter angeht, könnte das Duo, das im Sommer n

17.11.2025Nach Platz 1 und 3 im Prolog gibt´s schon den ersten Ruhetag

(rsn) - Robert Müller ist wieder auf Achse. Wer seine Berichte aus den unterschiedlichsten Ecken der Radsport-Welt – von Südamerika bis Asien – kennt, weiß: Wenn "Radbert" unterwegs ist, wird e

17.11.2025ASO spricht sich gegen Ticket-Einnahmen aus

(rsn) – In der Debatte um die zukünftige Finanzierung des Radsports hat die Großmacht ASO, die neben der Tour de France weitere entscheidende Rennen im WorldTour-Kalender und den ebenen darunter o

17.11.2025Road Captain will auch “persönliche Freiheiten“

(rsn) – Von den noch aktiven Profis ist Kim Heiduk der letzte Deutsche, der aus einem einheimischen KT-Team, nämlich Lotto – Kern Haus, den Wechsel ins Lager der Berufsradfahrer geschafft hat. Ei

17.11.2025Ferrand-Prévot plant zwei Saisonhöhepunkte

(rsn) – Mit dem Tour-de-France-Sieg in der Tasche und einer Knöchel-OP, die noch ein paar Wochen Pause mit sich bringen wird, geht Pauline Ferrand-Prévot in den Winter und ins neue Jahr. Und damit

17.11.2025Chancen genutzt, doch für den Sieg hat es nicht gereicht

(rsn) – Vor seinem letzten U23-Jahr entschied sich der junge Österreicher Sebastian Putz für einen Wechsel. Er schloss sich dem Team Red Bull - Bora – hansgrohe Rookies an, um sich dort für zuk

17.11.2025Prag buhlt um den Grand Depart

(rsn) – Die Liste an kommenden potenziellen Tour-Starts in den kommenden Jahren wird immer länger. Auch Tschechien hat sich jetzt mit Prag in Stellung gebracht und ASO-Chef Christian Prudhomme bei

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)