Erste Ankunft am Gran Sasso seit 19 Jahren

Der Giro kehrt zum Schicksalsberg zurück

Von Guido Scholl

Foto zu dem Text "Der Giro kehrt zum Schicksalsberg zurück"
Marco Pantani gewann 1999 die Giro-Etappe am Gran Sasso. | Foto: Cor Vos

13.05.2018  |  (rsn) - Zum ersten Mal seit 19 Jahren kehrt der Giro d‘Italia zurück zum Gran Sasso d‘Italia. Seinerzeit, am 22. Mai 1999, hatte Marco Pantani die dortige Bergankunft gewonnen und die Tifosi nach seinem Giro/Tour-Double im Jahr zuvor auf einen erneuten Siegeszug in Gelb und Rosa hoffen lassen. So kam es aber nicht.

Pantani war als großer Favorit in die Italien-Rundfahrt 1999 gestartet. Der Gran Sasso stand den Fahrern im Finale der 8. Etappe im Wege. In diesem Jahr ist es der neunte Tagesabschnitt. Zuvor hatte es 1999 bereits eine Bergankunft gegeben, doch der Monte Sirino am Schluss des fünften Teilstücks war ein ähnlicher Rollerberg wie der Montevergine während der 7. Etappe in diesem Jahr.

Also schauten alle auf den Gran Sasso, der zuvor erst viermal im Streckenplan der Italien-Rundfahrt gestanden hatte. Die Premiere gewann 1971 Vicente Lopez Carril. Es folgten Siege von Giovanni Battaglin (1975), Franco Chioccioli (1985) und des Dänen John Carlsen (1989). Außer Carlsen, der an jenem Tag seinen größten Sieg als Profi feierte, hatten somit drei Champions an dem Berg triumphiert. Battaglin gewann unter anderem die Vuelta a Espana und war Gesamtdritter des Giro, Vicente Lopez Carril (Bruder von Jesus Lopez Carril) hat Etappen in allen Grand Tours gewonnen, Chioccioli wurde 1991 Gesamtsieger des Giro.

Der Italien-Rundfahrt 1999 hatten bis dahin die Sprinter den Stempel aufgedrückt, außerdem war Laurent Jalabert in Topform und zum letzten Mal in seiner großen Karriere bereit, um die Podestplätze einer großen Landesrundfahrt zu kämpfen. Am Monte Sirino, wo der Kolumbianer Chepe Gonzalez den letzten seiner großen Siege in Europa einfuhr, landete Jalabert auf Platz drei, legte wegen der Zeitgutschrift ein paar mehr Sekunden zwischen sich und Pantani und zog das Rosa Trikot über.

Würde er es auf dem langen, unrhytmischen Weg zum mehr als 2000 Meter hohen Gran Sasso verteidigen können? Unmöglich schien das nicht, zumal Pantani nachgesagt wurde, er schiele erneut auf die Tour. Und da der Giro erst Mitte Mai gestartet war, glaubte so mancher Beobachter, „il pirata“ sei möglicherweise noch nicht in Topform, um Körner für die Grand Boucle zu sparen.

Lange hielt Jalabert in der Gruppe der Besten mit, zu der an jenem Tag außer ihm und Pantani auch Oscar Camenzind, Alex Zülle, Paolo Savoldelli, Ivan Gotti, Jose Maria Jimenez und Gilberto Simoni gehörten. Doch dann kam der unwiderstehliche Angriff des Piraten. Zunächst versuchte Camenzind an seinem Rad zu bleiben, platzte aber schnell weg. Jimenez erwies sich als der zähste der Konkurrenten und blieb einige Zeit zumindest in Schlagdistanz.

Pantani war an jenem Tag unschlagbar. Er nahm Jimenez auf wenigen Kilometern 23 Sekunden ab. Und der Spanier galt seinerzeit als zweitbester Bergfahrer der Welt. Mit 26 Sekunden Rückstand legte der gerade erst von seiner Dopingsperre zurückgekehrte Zülle ein erstaunliches Comeback hin. Gotti wurde wenige Sekunden weiter zurück Tagesvierter.

Im Ziel sagte Jimenez als guter Verlierer sinngemäß: „Ich habe heute gegen einen Außerirdischen verloren. Ich war zumindest der beste irdische Kletterer.“ Ein Jahr später sollte der Spanier noch einmal bei einer Grand Tour Zweiter hinter Pantani werden – bei der Bergankunft der Tour de France in Courchevel. Es war Pantanis letzter Sieg als Profi.

Der Italiener übernahm am Gran Sasso im Jahr 1999 Rosa von Jalabert, musste es nach dem Zeitfahren am Tag danach aber (zeitgleich) wieder an den Franzosen abtreten, der die Rundfahrt schließlich als Gesamtvierter beendete. Zum fünften und letzten Mal beendete Jalabert eine Große Landesrundfahrt unter den Top Ten.

Pantani gewann auch die Bergankünfte in Oropa, Alpe di Pampeago und Madonna di Campiglio. Am Tag nach seinem vierten Etappensieg jener Giro-Austragung wurde er vom Rennen ausgeschlossen, weil er einen zu hohen Hämatokritwert aufwies. Madonna di Campiglio war somit Pantanis letzter Giro-Tagessieg – die damalige Austragung hatte einen Abschiedscharakter.

Der Giro-Ausschluss stürzte Pantani in eine tiefe Lebenskrise, an deren Ende sein Suizid im Jahr 2004 stand. Damit sind die beiden Erstplatzierten der Gran Sasso-Ankunft des Jahres 1999 bereits seit rund anderthalb Jahrzehnten nicht mehr am Leben, denn auch Jimenez war im Dezember 2003 an Herzversagen gestorben. Als wäre dies nicht tragisch genug: Auch Vicente Lopez Carril, der erste Sieger an jenem Berg, ist bereits im Jahr 1980 verstorben.

Nun kehrt der Giro zurück zu diesem Schicksalsberg. Es bleibt zu hoffen, dass die nunmehrige Ankunft keine weiteren tragischen Geschichten nach sich ziehen wird.

Mehr Informationen zu diesem Thema

31.05.2018Selig nach Giro-Aus nun bei der Dauphiné in Ackermanns Diensten

(rsn) - Nach auskurierter Bronchitis, die ihn zur frühen Aufgabe beim Giro d`Italia zwang, befindet sich Rüdiger Selig (Bora-hansgrohe) seit neun Tagen wieder im Training und wird am Sonntag beim Cr

30.05.2018Zoncolan, Finestre und Co: gefahren, erledigt und nie wieder

(rsn) - Sieben Deutsche haben den 101. Giro d`Italia in Angriff genommen, nur Rüdiger Selig (Bora-hansgrohe) konnte krankheitsbedingt Rom nach drei schweren Wochen nicht erreichen. Radsport-news.com

30.05.2018Burger am Ruhetag und wieder neben der Freundin aufwachen

(rsn) - Mit dem 101. Giro d’Italia ist die erste große Landesrundfahrt des Jahres Geschichte und mit Felix Großschartner, Patrick Konrad (beide BORA-hansgrohe) und Georg Preidler (Groupama-FDJ) wa

29.05.2018Froome hat keinen “Landis gemacht“, aber dass er fährt, tut weh

(rsn) - Fünf Tage ist es her, dass die radsport-news.com-Redaktion vor dem Café 3klang auf dem sonnigen Riegerplatz in Darmstadt zum Redaktionstreffen zusammensaß und die Planungen für die Tour de

29.05.2018Es herrschte vier Wochen eine super Stimmung

(rsn) - Sieben Deutsche haben den 101. Giro d`Italia in Angriff genommen, nur Rüdiger Selig (Bora-hansgrohe) konnte krankheitsbedingt Rom nach drei schweren Wochen nicht erreichen. Radsport-news.com

29.05.2018Hinault: “Froome hätte nicht am Giro-Start stehen dürfen“

(dpa/rsn) - Der fünfmalige Tour-de-France-Sieger Bernard Hinault hat den frisch gekürten Giro-Gewinner Chris Froome heftig kritisiert. "Es gab einen Positiv-Test von ihm bei der letzten Vuelta. Er

29.05.2018Sushi als Belohnung - ohne den schlafwandelnden Zimmerkollegen

(rsn) - Sieben Deutsche haben den 101. Giro d`Italia in Angriff genommen, nur Rüdiger Selig (Bora-hansgrohe) konnte krankheitsbedingt Rom nach drei schweren Wochen nicht erreichen. Radsport-news.com

29.05.2018Von Höhen und Tiefen und dem Ende der Radsportdiät

(rsn) - Mit dem 101. Giro d’Italia ist die erste große Landesrundfahrt des Jahres Geschichte und mit Felix Großschartner, Patrick Konrad (beide BORA-hansgrohe) und Georg Preidler (Groupama-FDJ) wa

28.05.2018Viviani und Bennett: Giro-Seriensieger, sonst zweite Wahl

(rsn) - Ob er jetzt ein anderer Mann sei, wurde Sam Bennett (Bora-hansgrohe) nach seinem Etappensieg am Schlusstag des Giro d´Italia in Rom gefragt. Der Ire hatte gerade seinen dritten Tageserfolg be

28.05.2018Froome wechselte für die entscheidenden Tage den Sattel

(rsn) - Bevor Chris Froome (Sky) am vergangenen Freitag sein 80-Kilometer-Solo ins Rosa Trikot hinlegte, soll der Brite eine kleine, aber möglicherweise schwerwiegende Veränderung an seinem Material

28.05.2018Vom Reggae-Zimmer in die Hängematte auf der Alm

(rsn) - Mit dem 101. Giro d’Italia ist die erste große Landesrundfahrt des Jahres Geschichte und mit Felix Großschartner, Patrick Konrad (beide BORA-hansgrohe) und Georg Preidler (Groupama-FDJ) wa

28.05.2018Die letzten Tage des Giro d´Italia aus der Sicht von Dumoulin

(rsn) - Chris Froome (Sky) stellte den Giro d'Italia auf der 19. Etappe auf den Kopf - und zwar fast exakt so, wie Tom Dumoulin (Sunweb) es in Besprechungen mit der Sportlichen Leitung von Sunweb und

Weitere Radsportnachrichten

19.04.2025Martin auch Bester der Tour du Jura, Buchmann stark

(rsn) – Guillaume Martin (Groupama – FDJ) hat einen Tag nach seinem Sieg bei der Classic Grand Besançon Doubs (1.1) bei der Tour du Jura gleich noch einen draufgelegt. Er war im steilen Schlussan

19.04.2025“Rentenvertrag“ für Vos

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

19.04.2025Pogacar will in “Trebellins“ und Gilberts Fußstapfen treten

(rsn) – Am Sonntag findet die 59. Ausgabe des Amstel Gold Race (1.UWT) im Südosten der Niederlande statt. Und wie fast immer, wenn Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) am Start steht, sind alle

19.04.2025“Ausgequetschter“ van Aert verlor wieder den Sprint

(rsn) – Es war das Traumszenario der Belgier. Die beiden heimischen Topstars Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) hatten sich beim Pfeil von Brabant (1.

18.04.2025Evenepoel gelingt beim Brabantse Pijl perfektes Comeback

(rsn) – Nach seiner langen Verletzungspause ist Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) vor heimischem Publikum ein perfektes Comeback geglückt. Der 25-jährige Belgier entschied nach 162,6 Kilomet

18.04.2025Highlight-Video des 65. Brabantse Pijl

(rsn) – Besser hätte das Comeback nach langer Verletzungspause nicht verlaufen können. Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) hat vor heimischem Publikum den 65. Brabantse Pijl gewonnen und seine

18.04.2025Highlight-Video der Schlussetappe des Giro d´Abruzzo

(rsn) – Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) hat erstmals in seiner Karriere ein Mehretappenrennen für sich entschieden. Der 27-jährige Augsburger gewann nach einer starken Vorstellung den 7.

18.04.2025Ein großer Tag: Zimmermann gewinnt den Giro d´Abruzzo

(rsn) – Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) hat am Schlusstag des 7. Giro d’Abruzzo (2.1) nichts mehr anbrennen lassen und sich erstmals in seiner Karriere die Gesamtwertung eines Etappenren

18.04.2025Longo Borghini macht in Overijse ihren Sturz von der Ronde vergessen

(rsn) – Zwölf Tage nach ihrem Sturz bei der Flandern-Rundfahrt hat sich Elisa Longo Borghini (UAE Team ADQ) eindrucksvoll zurückgemeldet und beim 10. Brabantse Pijl (1.Pro) souverän die Titelvert

18.04.2025Niewiadoma hofft auf Solo-Szenario am Cauberg

(rsn) - “Einsam bist du klein“ gilt für Kasia Niewiadoma sicherlich nicht. Dennoch ist die Polin mit ihren Teamkolleginnen von Canyon – SRAM – zondacrypto “gemeinsam stark“. Bei der 11. A

18.04.2025Nys verzichtet auf Brabant und fordert in Huy Pogacar heraus

(rsn) – Während Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) der vom Mittwoch auf den Freitag vor dem Amstel Race verschobene Termin des Brabantse Pijl so gut in den Plan passt, dass er sich zum zweiten

18.04.2025Van Aert peilt in Overijse seinen 50. Profisieg an

(rsn) – Beim 65. Brabantse Pijl (1.Pro) sind alle Augen auf Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) gerichtet. Der Belgier gibt nach langer Verletzungspause seinen Saisoneinstand und wird prompt zu

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour du Maroc (2.2, MAR)
  • Tour du Loir et Cher (2.2, FRA)
  • Liege-Bastogne-Liege U23 (1.2u, BEL)
  • Tour du Jura (1.1, FRA)