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04.01.2018 | (rsn) - Seit 2015 leitet Lars Wackernagel das Bundesliga-Team P&S Thüringen. Im Interview mit radsport-news.com blickt der Ex-Profi auf das vergangene Jahr zurück und äußert sich zu den Zielen für die kommende Saison und zu den mittelfristigen Planungen, nachdem der Vertrag mit dem Hauptsponsor P&S verlängert werden konnte.
Herr Wackernagel, wie fällt die Saisonbilanz des Teams P&S Thüringen aus?
Lars Wackernagel: Es war ein Auf und Ab. Gleich im ersten Bundesligarennen der Saison in Düren haben wir etwas auf die Mütze bekommen. Für uns alle begann der Bundesliga-Auftakt sehr ernüchternd. Sofort war kämpfen angesagt, um eine weitere gute Platzierung in der Mannschaftsgesamtwertung hinzubekommen. Und "kämpfen" war wirklich das Schlüsselwort und sehr bezeichnend für die Saison 2017.
Können Sie das konkretisieren?
Wackernagel: Wir hatten viele Defekte in den unglücklichsten Rennsituationen und andere, Einfluss nehmende Dinge hatte der "Radsportgott" für uns ebenso als Überraschung vorgesehen. Man könnte meinen, er hat die Jungs bis Mitte der Saison getestet und sie an den Rand der Verzweiflung gebracht, um dann irgendwann zu meinen: "Es reicht, jetzt seid ihr so weit". Das hat allen wieder mal gezeigt, dass man nie unaufmerksam oder nicht mit der nötigen Demut Radrennen bestreiten soll. Ich denke, der liebe "Radsportgott " hatte ab der zweiten Saisonhälfte ein Einsehen und belohnte die Jungs mit vielen guten Rennen und sehr guten Platzierungen. Am Ende sprang der dritte Platz in der Gesamt-Teamwertung der Radbundesliga heraus, so wie ein sehr starker achter Gesamtrang in der Einzelwertung durch Jonathan Dinkler. Dazu kamen weitere Siege und gute Platzierungen. Wir waren am Ende sehr zufrieden. Was sich aber als noch viel wichtiger herausgestellt hat: Jeder wusste jetzt, dass man sich alles wirklich hart erarbeiten muss, um auch wirklich etwas vom Kuchen ab zu bekommen. das Team ist sehr zusammengerückt. Demzufolge war sehr schnell klar wie das P&S-Team-Thüringen für 2018 aufgestellt sein wird.
Konnte das Team den Weggang von Konrad Geßner verkraften?
Wackernagel: Eine neue Ausrichtung war von Nöten, da sich schnell abzeichnete, dass wir diese Sprintlücke nicht auf Anhieb schließen können. Das Gute für unsere beiden jungen Sprinter Toni Franz und Robert Jägeler kam aber direkt um die Ecke. Wir haben sehr viel ausprobieren können und die Jungs haben sich immer besser zurecht gefunden in den Rennen, in denen schnelle Leute gefragt waren. Ich hatte sehr viel Geduld, da diese Abstimmung erst einmal Zeit benötigte, um kleine Lorbeeren zu ernten. Jägeler konnte bei 2.2-Rundfahrten in Polen und bei flachen Bundesliga-Rennen gute Ergebnisse in den Top Ten erzielen. Das gibt ihm Selbstvertrauen für 2018, seinem letzten U23-Jahr.
Unser Fokus lag 2017 auch auf den Zeitfahrdisziplinen. Wir haben viel an den Materialeinstellungen gearbeitet und Aorodynamiktests auf der Bahn schlossen den Kreis zu guten Ergebnissen.
Sie haben zu Beginn der Saison 2017 Rick Ampler als erfahreneren Fahrer dazugeholt. Was sprang dabei heraus?
Wackernagel: Rick hatte in der zurückliegenden Saison sehr viele gesundheitliche Probleme und war nur bedingt im Einsatz.
Welche Fahrer haben 2017 den größten Sprung in ihrer Entwicklung gemacht?
Wackernagel: Robert Jägeler und Toni Franz haben sich ganz klar in den Sprints auf internationaler Ebene so gut entwickelt, dass sie auch Top Ten-Ergebnisse erzielen konnten. Da war so etwas wie ein Sprintfeeling bei den beiden zu spüren und das war das erklärte Ziel in der zurückliegenden Saison: So viel Erfahrungen wie möglich in diesem Getümmel sammeln. Jonathan Dinkler hat seine Fähigkeiten am Berg und auch bei den Zeitfahren weiter ausgebaut und ist zu einem der wichtigsten Fahrer des Teams geworden. Er ist immer mehr in der Lage ein Team zu führen. Dies jetzt auch sehr oft mit der nötigen Ruhe und Geduld. Fabian Käßmann und Poul Rudolph haben sehr gut ihren Aufstieg in die Amateur A-Klasse geschafft und sind in diesem Team nicht mehr weg zu denken. Jeder, der nicht genannt wurde, übernimmt eine festgelegte Rolle und versucht diese so gut es geht zu erlernen. Das Team hat sich immer weiter entwickelt.
Wird sich der Kader 2018 verändern?
Wackernagel: Der Kern des Teams wird sich nicht verändern. Die Jungs haben so viel zusammen durchlebt - von schönen Siegen und Platzierungen bis hin zu bitteren Niederlagen war alles dabei. Viele Stunden haben wir gemeinsam verbracht, so dass für mich schnell klar war: Wer von den Jungs hier weiter fahren will, der kann dies gern tun. Wir wollen weiter gemeinsam den Radsport erlernen und leben. Dazu benötige auch ich die Möglichkeit, nicht jedes Jahr damit von vorne anzufangen, sondern eine gewisse Erfahrung auch immer im Team zu halten. Mir macht es große Freude, mit den teilweise sehr jungen Fahrern zusammen zu arbeiten. Und wir werden uns noch etwas mehr verjüngen.
Was sind die Ziele für die kommende Saison?
Wackernagel: Die Rad-Bundesliga hat sich durch ihre teilnehmenden Teams in der zurückliegenden Saison ganz klar in eine gute Richtung entwickelt. Auch für 2018 rechne ich mit starken Teams – vielleicht sogar ausländische Mannschaften - , die unsere Bundesligarennen hart und schnell gestalten werden. Wir wollen gegen die stärksten Teams wie Lotto-Kern Haus oder das neue Heizomat-rad net Projekt konkurrenzfähig bleiben und auch gern richtig hart umkämpfte Radrennen fahren.
Ein Rennen des UCI-Kalenders mal auf dem Treppchen zu beenden, wäre mit so jungen Fahrern ein Ziel, das es zu erreichen gilt. Schwere Rennen im eigenen Land sind letztlich der Schlüssel dafür, auch über die Landesgrenzen hinaus ein Wörtchen mitreden zu können. Wir brauchen diese Rennen. Und um noch einen weiteren Schritt zu gehen: Wir brauchen wieder mehr UCI-Rennen in Deutschland. Denn wenn sich unsere jungen Fahrer mit internationalen Teams messen können, bereitet sie das bestmöglich für höhere Aufgaben wie etwa den Sprung in den Profibereich vor.
Ein weiteres Ziel für uns ist die DM im Teamzeitfahren. Das ist ein Rennen, das uns liegt. 2017 haben wir das Podium um 19 Sekunden verpasst. Das war im ersten Moment sehr bitter, im nächsten Moment waren wir aber mit der Leistung sehr zufrieden. Wir kämpfen weiter.
Vor allem die kleineren Rennställe haben große Schwierigkeiten bei der Sponsorensuche. Wie sieht es da bei beim Team P&S Thüringen aus?
Wackernagel: Immer mehr Leute werden auf unser Team aufmerksam und wir erreichen mehr und mehr radsportbegeisterte Menschen. Kleinere Sponsoren finden den Weg zu uns und wollen gern bei der weiteren Entwicklung mit behilflich sein. Die wichtigste Nachricht dabei ist, dass unser Hauptsponsor P&S sein Engagement vorzeitig bis einschließlich 2020 verlängert hat. Das gibt uns bei der Entwicklung der Fahrer die nötige Ruhe. Die Chance, dass auch andere Unternehmen sich dem deutschen Radsport widmen, ist für mich aktuell sehr groß. Wir sollten den möglichen Sponsoren weitere Wege aufzeigen, die es für die Firmen sinnvoll werden lassen, in den Radsport zu investieren. Statt von einem halbleeren Glas zu reden, kann man auch von einem halbvollen Glas sprechen. Es gibt einige Vorbilder wie etwa Ralph Denk, Inhaber des deutschen Bora-hansgrohe-Teams, der sich immer bewegt hat. Und nun können wir alle mit sehr viel Freude sehen, zu was es gereicht hat. Das ist motivierend und macht Hoffnung.
Für mich immer wieder beeindruckend ist die Begeisterung unserer Sponsoren und die Standhaftigkeit dieser uns jedes Jahr aufs Neue zu unterstützen. Dies gilt es einfach auch zu erwähnen und einen großen Dank auszusprechen. In einer Zeit, die sehr verrückt geworden ist, ist dies nicht selbstverständlich. Das gemeinsame Ziel, junge Menschen die Chance auf den Radsport zu geben, verfolgen unsere Sponsoren sehr genau und fiebern immer mit, wenn die Jungs eine Nummer auf dem Rücken tragen. Wir reden alle über fehlenden Nachwuchs, den versuchen unsere Sponsoren zu fördern.
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