Dibbens feiert Etappensieg am Big Bear Lake

Gelb dank Zeitfahren: Bennett kann es selbst kaum glauben

Von Felix Mattis aus Big Bear Lake

Foto zu dem Text "Gelb dank Zeitfahren: Bennett kann es selbst kaum glauben"
George Bennett (LottoNL-Jumbo) strahlt im Gelben Trikot der Kalifornien-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos

20.05.2017  |  (rsn) - Die beiden Hauptdarsteller selbst konnten es am allerwenigsten glauben. Als George Bennett (LottoNL-Jumbo) und Jonathan Dibben (Sky) als neuer Gesamtführender beziehungsweise Etappensieger nach dem Einzelzeitfahren der 12. Amgen Tour of California vor die Presse traten, hatten sie beide ein gewisses Funkeln in den Augen. "Kann jemand nochmal die Zeiten checken? Ich hab' keine Ahnung, wie das stimmen soll", scherzte Bennett im gerade eroberten Gelben Trikot am Big Bear Lake vor Beginn der Pressekonferenz.

Während am Vorabend noch alle darüber spekulierten, ob Rafal Majka (Bora-hansgrohe) seinen Vorsprung von 44 Sekunden gegenüber Andrew Talansky (Cannondale-Drapac) würde verteidigen und die Rundfahrt gewinnen können, war nun plötzlich der Kletterer im Kampf gegen die Uhr zum neuen Leader geworden. Mit sechs Sekunden Rückstand auf Majka ins Zeitfahren gestartet, hat Bennett vor dem Schlusstag nun 35 Sekunden Vorsprung.

"Ich hätte nie gedacht, dass ich hier jetzt sitzen würde. Ich kann es kaum glauben", so der 27-Jährige, der im Vorjahr Gesamtsiebter der Kalifornien-Rundfahrt war und damals im Einzelzeitfahren von Folsom noch deutlich Zeit einbüßte. "Das Zeitfahren heute war schnell und man brauchte viel Power, die ich eigentlich nicht habe. Ich weiß nicht, wo das heute hergekommen ist. Aber es gibt mir viel Hoffnung und Selbstvertrauen für die Zukunft." Allerdings komme seine Verbesserung im Zeitfahren auch nicht aus dem Nichts. "Wir haben im Winter viel an meiner Position gearbeitet, viel dahingehend investiert und ich habe hart trainiert", erklärte der Neuseeländer.

Ähnlich überwältigt war auch Tagessieger Dibben. Der 23-jährige Neo-Profi aus Großbritannien feierte in seinem ersten Zeitfahren des Jahres seinen ersten WorldTour-Sieg und sagte: "Wenn George sagt, dass er es nicht glauben kann, dann kann ich mich dem nur anschließen. Das heute war nicht wirklich ein Ziel. Aber ich bin einfach Vollgas gefahren und wollte sehen, wie es läuft - und besser hätte es nicht laufen können." Dibben erklärte, dass er wohl davon profitiert habe, sich am Vortag auf der Königsetappe schonen und im Gruppetto mitrollen zu können, während die Klassementfahrer um Bennett, Majka, Talansky und Co. dort sehr tief gehen mussten. "Deshalb hatte ich frischere Beine und das könnte heute den Unterschied gemacht haben", meinte er.

Trotzdem war es beachtlich, was der Sky-Profi am Big Bear Lake leistete. In 28:27 absolvierte er die 24 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50,615 km/h. Die schwierigen Bedingungen der besonderen Höhe - das Zeitfahren wurde gut 2.000 Meter über dem Meer ausgetragen - merkte man ihm kaum an. Zweiter wurde mit sieben Sekunden Rückstand der US-Amerikaner Brent Bookwalter (BMC) vor seinem Landsmann Talansky, der 16 Sekunden Rückstand mitbrachte sowie Überraschungsmann Bennett, der 18 Sekunden langsamer war als Dibben. Majka zeigte zwar eine ordentliche Leistung und belegte 59 Sekunden hinter Dibben Rang 22 - das reichte allerdings nicht, um Gelb gegen Bennett zu verteidigen, hinter dem der Polnische Meister nun Gesamtzweiter ist, gefolgt von Talansky.

Beeindrucken konnten aber auch die beiden Deutschen Maximilian Schachmann (Quick-Step Floors) und Nils Politt (Katusha-Alpecin) mit 21 beziehungsweise 27 Sekunden Rückstand auf den Plätzen sechs und zehn. Der 23-jährige Schachmann rückte dadurch auf den 15. Gesamtrang vor. "Ich denke, ich habe aus der Rundfahrt das Beste gemacht, was ich herausholen konnte", sagte Schachmann, jubelte aber nicht: "Wenn man in Betracht zieht, dass ich gestern voll gefahren bin und auch am Tag davor am Ende die Ausreißergruppe gejagt habe, bin ich schon zufrieden mit dem Ergebnis heute."

Das Wort "zufrieden" benutzte auch der gleichaltrige Politt, der aber noch ein "sehr" davorsetzte. Der Katusha-Alpecin-Youngster war am Donnerstag schließlich ebenfalls hart gefahren, saß auf der 5. Etappe in der Ausreißergruppe und spürte seine Beine nun im Zeitfahren. Dazu kam die Höhe, die allen Fahrern zu schaffen machte und die Leistungswerte des gesamten Pelotons drückte. "Eigentlich kann ich bei einem solchen Zeitfahren im Schnitt 40 Watt mehr fahren, aber das geht hier in der Höhe nicht. Der Puls ist auch etwas höher und es ist schwerer, Luft zu kriegen", erklärte Politt, welche Auswirkungen die dünne Luft hat.

Den 18. Platz erreichte im Kampf gegen die Uhr Sprint-Ass Marcel Kittel (Quick-Step Floors). Der Sieger der Auftaktetappe hätte sich aber sogar noch mehr erhofft. "Ich hatte auf einen guten Tag gehofft und am Ende bin ich nicht enttäuscht, aber ich dachte, ich könnte vielleicht etwas mehr machen. Aber die Beine waren nicht super gut und in der Höhe ist es wirklich schwer", erklärte er nach seiner Fahrt, die 59 Sekunden langsamer war als jene von Dibben. Und trotzdem: "Es war gut, um zu sehen ob ich mit meiner Form auf dem richtigen Weg bin, und ich denke das ist der Fall."

Am Samstag führt die 125 Kilometer kurze Schlussetappe der Kalifornien-Rundfahrt vom Skiort Mountain High in 2.055 Metern Höhe hinunter ins 254 Meter hohe Pasadena. Die Sprinter hoffen, dass es dort zur Massenankunft kommt. Doch unterwegs warten drei kategorisierte Berge der 2. und 3. Kategorie, so dass Bennett Attacken auf sein Gelbes Trikot erwartet. "Es ist eine ideale Situation, aber es ist noch nicht vorbei. Morgen ist kein Abschlusstag, wie bei einer Grand Tour, wo Champagner getrunken wird. Ich gehe davon aus, dass die Anderen noch angreifen werden", sagte er.

Und auch Kittel ist ob seiner Chancen auf einen weiteren Sprintsieg skeptisch: "Ich hoffe, dass wir für einen Massensprint sorgen können", sagte er. "Aber ich glaube es wird schwierig werden, denn in den letzten Jahren gab es dort keinen Sprint des gesamten Feldes."

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

21.05.2017Degenkolb: "Das war nochmal ein krass hartes Rennen"

(rsn) - John Degenkolb (Trek-Segafredo) hat sich auf der Schlussetappe der Amgen Tour of California in der Favoritengruppe festgebissen. Trotzdem konnte der Oberurseler nach 15 Kilometern von Mountain

21.05.2017Nur auf dem Podium kann Bennett die Angriffe nicht abwehren

(rsn) - "Konzentration, Schmerzen, Freude - und dann wieder Schmerzen, weil Lachlan mir mit dem Champagner ins Auge gespritzt hat", lachte George Bennett (LottoNL-Jumbo), als er den letzten Tag der 12

21.05.2017Bennett gewinnt Kalifornien-Rundfahrt, Huffman die letzte Etappe

(rsn) - George Bennett (Lotto NL-Jumbo) hat die 12. Amgen Tour of California gewonnen. Der Neuseeländer verteidigte sein Gelbes Trikot auch auf der siebten und letzten Etappe von Mountain High nach P

20.05.2017Majkas Zeitfahrqualitäten reichen noch nicht aus

(rsn) – Dass  er ein begnadeter Kletterer ist, das hat Rafal Majka (Bora-hansgrohe) in der Vergangenheit zuhauf bewiesen. Was ihm zu einem kompletten Rundfahrer noch fehlt, sind Zeitfahrqualitäten

20.05.2017Politt: "Im Zeitfahren will ich immer in die Top Ten"

(rsn) - Nils Politt (Katusha-Alpecin) war als Zehnter des Einzelzeitfahrens der 12. Tour of California zweitbester der deutschen Starter. Die Höhenlage des Big Bear Lake, 2.000 Meter über dem Meer,

20.05.2017Schachmann: "Ich fahre rein nach Gefühl"

(rsn) - Maximilian Schachmann (Quick Step-Floors) hat das Podium beim Einzelzeitfahren der 12. Amgen Tour of California nur um fünf fünf Sekunden verpasst und einen starken sechsten Platz erreicht -

20.05.2017Dibben gewinnt Zeitfahren, Majka muss Gelb abgeben

(rsn) - Am vorletzten Tag der 12. Amgen Tour of California musste Rafal Majka (Bora-hansgrohe) das Gelbe Trikot abgeben. Der Pole belegte im 24 Kilometer langen Zeitfahren am Big Bear Lake Time Trial

19.05.2017Fröhlinger: "Das Zeitlimit ist mein großes Ziel"

(rsn) - Als ob die Höhe noch nicht Herausforderung genug wäre: Wenn Johannes Fröhlinger (Sunweb) am Freitag um 13:37 Uhr Ortszeit (22:37 Uhr MESZ) gut 2.000 Meter über dem Meer am Big Bear Lake in

19.05.2017Talansky beendet zweijährige Durststrecke von Cannondale

(rsn) - Zwei Jahre und sechs Tage ist es her, dass Davide Formolo in La Spezia die 4. Etappe des Giro d´Italia 2015 gewann. Zwei Jahre und sechs Tage ohne WorldTour-Erfolg des Cannondale-Teams. Doch

19.05.2017Video vom Finale der 5. Etappe der Tour of California

(rsn) - In einem packenden Bergaufsprint hat Andrew Talansky (Cannondale-Drapac) die 125,5 Kilometer lange 5. Etappe der Tour of California von Ontario auf den Mount Baldy (1964 m) vor Rafal Majka vom

19.05.2017Talansky gewinnt 5. Etappe vor Majka, der Gelb verteidigt

(rsn) - In einem packenden Bergaufsprint gewann Andrew Talansky (Cannondale-Drapac) die 125,5 Kilometer lange 4. Etappe der Amgen Tour of California von Ontario auf den Mount Baldy (1964 m) vor dem Po

18.05.2017Rückenwind ärgert Sprinter und bläst Rally Cycling zum Doppelsieg

(rsn) - Das Continental-Team Rally Cycling hat am vierten Tag der Amgen Tour of California für einen sensationellen Doppelsieg gesorgt. Zum ersten Mal in der Geschichte konnte ein Drittliga-Rennstall

Weitere Radsportnachrichten

01.05.2024In der Übersicht: Die Aufgebote für den 107. Giro d´Italia

(rsn) – Am 4. Mai beginnt in Venaria Reale nördlich von Turin mit dem Giro d’Italia (2.UWT) die erste Grand Tour des Jahres. Insgesamt 176 Fahrer aus 22 Teams nehmen die 107. Ausgabe der Italien-

01.05.2024Rick Zabel beendet nach Rund um Köln seine Karriere

(rsn) - Rick Zabel (Israel - Premier Tech) wird am 26. Mai bei Rund um Köln (1.1) das letzten Rennen als Radprofi bestreiten. Den zum Saisonende auslaufenden Vertrag hat der 30-Jährige in Absprache

01.05.2024Kein Eschborn - Frankfurt: Ackermann muss Comeback verschieben

(rsn) – Ohne Sprinter Pascal Ackermann (Israel – Premier Tech) wird die 61. Ausgabe von Eschborn – Frankfurt gestartet. Wie die Organisatoren des hessischen Frühjahrsklassikers meldeten, muss

01.05.2024Buchmann: “Ich bin motiviert, heute was zu zeigen“

(rsn) – Nach der Streckenverschärfung aus dem Vorjahr haben die kletterstarken Fahrer wieder deutlich bessere Chancen bei Eschborn – Frankfurt (1.UWT). Das wird auch bei der am 1. Mai stattfinden

01.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

01.05.2024Eschborn - Frankfurt im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Über Jahrzehnte hin als Rund um den Henninger Turm ausgetragen, wurde der hessische Frühjahrsklassiker nach dem Rückzug des Sponsors zum 1. Mai 2009 zunächst in Eschborn Frankfurt City L

30.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Vuelta Femenina

(rsn) – Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) hat die 3. Etappe der Vuelta Espana Feminina (2.UWT) für sich entschieden. Die 36-jährige Niederländerin verwies nach 1302 Kilometern zwischen Lucen

30.04.2024Walscheid: Eschborn-Frankfurt als Giro-Generalprobe mit Ewan

(rsn) – Im letzten Jahr war dem knapp zwei Meter großen und knapp 90 Kilogramm schweren Max Walscheid - damals noch im Dress von Cofidis - bei Eschborn – Frankfurt mit dem Sieg in der Bergwertun

30.04.2024Bike Aid bekommt erneut einen Etappensieg aberkannt

(rsn) - Innerhalb eines Monats haben UCI-Kommissäre dem Team Bike Aid den zweiten Etappensieg aberkannt. Nachdem Anfang April bei der Tour of Mersin (2.2) in der Türkei Oliver Mattheis Sieg annulli

30.04.2024“Hat Spaß gemacht“: Hollmann Bergkönig der Tour de Romandie

(rsn) – Bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Tour de Romandie (2.UWT) hat Juri Hollman (Alpecin – Deceuninck) sein erstes Bergtrikot als Berufsradfahrer gewonnen. Den Grundstein dazu hatte der K

30.04.2024Vos feiert Sprintsieg in Teruel

(rsn) – Die Gewinnerin der 3. Etappe der Vuelta Espana Feminina by Carrefour.es ist Marianne Vos (Visma – Lease a Bike). Die Niederländerin sicherte sich den Tageserfolg nach 130,2 Kilometern in

30.04.2024Kämna soll diese Woche nach Hause reisen können

(rsn) – Lennard Kämna ist noch immer auf Teneriffa im Krankenhaus, soll aber noch in dieser Woche nach Hause reisen dürfen. Das berichtet die BILD, nach einem Gespräch mit der medizinischen Abtei

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Eschborn-Frankfurt (1.UWT, GER)
  • Radrennen Männer

  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)