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13.01.2023 | Das neue Jahr ist schon wieder einige Tage alt, und bald geht’s für viele Radsportler/innen in den Süden, um auf den Team-Trainingslagern wichtige Kilometer zu sammeln und die Saison-Vorbereitung in Angriff zu nehmen. Während die Profis in Australien nach der Winterpause schon in die Renn-Saison einsteigen, ist es bei den meisten Hobbyfahrer/innen noch eine Weile hin, bis das erste Rennen ansteht. Das heißt aber auch, dass jetzt eine wichtige Phase in der Vorbereitung kommt: Die Intensität wird höher, und damit brauchen die Muskeln wieder mehr Energie - an besten in Form von Kohlenhydraten.
Die optimale Voraussetzung ist, dass man gut durch die Off-Season und die erste Trainingsphase gekommen ist. Für die Ernährung bedeutet das, den Körper ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen. In früheren Beiträgen hier habe ich die Bedeutung einer ausgewogenen, ausreichenden Nährstoffzufuhr dargelegt. Wenn das bisher gut geklappt hat, steht der weiteren, intensiveren Vorbereitung nichts im Weg. Doch manchmal bedenken Sportler/innen nicht, wie lange sich eine unzureichende Versorgung negativ auswirken kann und wie sehr dann die Leistung während der Saison darunter leidet.
Klare Ziele - auch in der Ernährung
Gehen wir mal davon aus, dass bisher alles gut geklappt hat. Nun steht die Planung für die kommenden Wochen an: Die letzte Phase der Vorbereitung sollte klare Ziele haben - auch in der Ernährung. Den letzten Feinschliff anlegen, den Speed in die Beine bekommen: Das erfordert eine gute Versorgung. Und das heißt vor allem: Schnelle Beine brauchen Kohlenhydrate - damit sie schnell bleiben.
Wie sieht das in der Praxis aus? Die Versorgung am Rad muss dem Training angepasst sein. Bei kurzen Einheiten von bis zu 60 Minuten sind das eher kleine Mengen an Kohlenhydraten, bis zu 30 Gramm. Wenn’s länger und intensiver wird, sollten es an die 60 Gramm pro Stunde sein. Bei solchen Mengen sind auch Gels und Getränke passende Varianten, während bei niedrigerer Zufuhr Bananen, Trocken-Obst und selbst gemachte Riegel eine gute Alternative sind. Wenn man länger als drei Stunden unterwegs ist, und die Einheiten auch intensiv werden, sollte die Zufuhr bis zu 90 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde betragen; das sind dann schon richtig hohe Mengen, aber sie sind wichtig.
Bei hoher Belastung den Körper ausreichend versorgen
Von Radsportler/innen höre ich bei solchen Angaben nicht selten, dass sie das nicht schaffen, andere meinen, dass das zu viel Zucker und zu viel Süßes für sie wird. Aber für die Belastung ist es wichtig, dass der Körper ausreichend versorgt ist, auch in der Vorbereitungsphase. Nicht wenige haben als Teilziel auch noch die Reduktion des Körpergewichts; das wandert nicht selten ins Zentrum und bekommt alle Aufmerksamkeit - während andere wichtige Ernährungsziele in den Hintergrund rücken.
Daher beobachte ich dann auch viel Stress beim Essen und rund um die Ernährung. Aber sobald in der Vorbereitung der Fokus zu stark auf das Gewicht gerichtet ist, fangen die Probleme an: Die Energiezufuhr wird zu niedrig, auch die Laune sinkt, der Frust nimmt zu - und plötzlich ist alles negativ. Dann klappt’s meistens auch mit der Gewichts-Reduktion nicht mehr.
Das Gewicht ist nicht das wichtigste Thema
Deswegen rate ich, beim Essen einen gesunden Abstand zu Frust und Stress zu halten und den Fokus breiter zu setzen. Das Gewicht sollte nicht das zentrale Ziel und Thema sein, um im Wettkampf erfolgreich zu sein. Viel wichtiger ist, dass man jetzt bewusst nach vorne schaut, sich Ziele setzt - und dazu dann auch Teilziele:
Wann will ich gut sein? Welche Rennen sind wichtig? Habe ich meine Erholung ausreichend eingeplant? Wie ist es mir letzte Saison mit meinen Ernährungs-Produkten ergangen? Brauche ich andere Riegel? Gibt’s was Neues auf dem Markt? Wie hoch komme ich mit den Kohlenhydraten beim Trainieren? Wie geht’s meinem Magen dabei?
Das sind alles wesentliche Fragen. Wenn man sich damit intensiv auseinandersetzt, bleibt weniger Platz fürs Gewicht - und wenn der gedankliche Fokus wegwandert vom Gewicht, klappt’s in den meisten Fällen auch besser mit dem Gewichts-Management.
Höhere Intensität - mehr Kohlenhydrate
Blickt man auf die tägliche Ernährung und die Rezepte, so sind nun auch zu einige Anpassungen ans intensivere Training nötig. Wenn die Intensität steigt, wird auch die Auswahl der Kohlenhydrate wichtiger. Hartes Training verlangt nach vielen Kohlenhydraten, die aber den Verdauungstrakt nicht zu stark belasten sollten: Getreide, Nudeln, Kartoffeln... wichtig, damit wir die Speicher wieder vollständig auffüllen.
Mit Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten allein kann das nicht gelingen. In der intensiven Vorbereitung essen Radsportler/innen häufig zwar mehr, aber oft verstärkt Salat oder Gemüse, was den Mehrbedarf an Kalorien aber nicht abdeckt. Intensivere Trainings verlangen nach einem höheren Kohlenhydrat-Anteil.
Harte Trainings erfordern ebenso gute Erholungsmaßnahmen. In der Regeneration dreht sich vieles um Eiweiß - aber es sollte nicht nur um Eiweiß gehen. Klar braucht es der Körper, aber nicht weniger wichtig sind die Kohlenhydrate: Erst sie ermöglichen eine vollständige Regeneration. Neue Studien zeigen, wie groß der Einfluss der Kohlenhydrate auf den Körper ist: Kommen zu wenige auf den Speiseplan, lösen sie viele bekannte Probleme aus. Eine ausreichende Kohlenhydrat-Zufuhr auch in der Regeneration leitet Erholungsprozesse ein und unterstützt den Körper, sich auf die nächste Belastung vorzubereiten. Und - ganz wesentlich: Auch das Immun-System wird so weniger gestresst.
Für harte Ausfahrten mehr einpacken
Manche Rennradler/innen erzählen mir nach ihren Trainingslagern, wie intensiv die Ausfahrten waren. Oft wird richtig schnell - nicht selten viel zu schnell - gefahren und am Ende jeden Tages ist man richtig kaputt. Optimal wäre, wenn alle Intensitäten ihren Platz in einem Trainingslager finden. Für alle, die nun denken "Bei uns ist das auch immer so" mein Tip: Ausreichend Kohlenhydrate fürs Training einpacken und die Regeneration gut organisieren. Wenn’s härter wird als geplant, sollte man die Möglichkeit haben, den Körper mit mehr Energie zu versorgen. So kommt man besser durch die Trainings-Woche(n)...
Zusammengefasst: In der Phase die Anpassung spielen die Kohlenhydrate eine zentrale Rolle. Das soll nicht heißen, dass man fast ausschließlich auf Kohlenhydrate setzt, aber der Anteil kann an harten Tagen auf 70 und mehr Prozent der gesamten Energiezufuhr steigen. Wer seine Verpflegung am Rad entsprechend organisiert, erreicht diese Mengen auch. Und für den Erfolg in der Saison ist es wichtig, diese Empfehlungen jetzt umzusetzen. Euer Körper wird’s euch danken...
Judith Haudum ist Sport- und Ernährungs-Wissenschaftlerin sowie Gründerin des Beratungs-Instituts "sportnutrix" in Hallein im Salzburger Land. Sie arbeitet mit diversen UCI-WorldTour- und Women's-WorldTour-Fahrer/innen, dem Österreichischen Radsport-Verband und weiteren Sportverbänden. Judith berichtet exklusiv auf radsport-news.com alle drei Wochen über neue Erkenntnisse aus der Sport-Ernährung.
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