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19.07.2015 | (rsn) – Auch ohne Marcel Sieberg bleibt André Greipel (Lotto Soudal) bei der 102. Tour de France in der Erfolgsspur. Der 33 Jahre alte Hürther entschied am Sonntag die 15. Etappe über 183 Kilometer von Mende nach Valence in einem hart umkämpften Massensprint knapp vor dem Frankfurter John Degenkolb (Giant-Alpecin) und dem Norweger Alexander Kristoff (Katusha) für sich und feierte seinen bereits dritten Tageserfolg bei dieser Frankreich-Rundfahrt.
In der Sprintvorbereitung musste Greipel, der sich gestern bei einem Sturz am Knie verletzt hatte, auf seinen wichtigsten Helfer verzichten – Sieberg war mit rund 20 weiteren Fahrern früh abgehängt worden -, konnte dennoch auf die wirkungsvolle Unterstützung seines personell geschwächten Lotto-Zugs bauen, der dem Kapitän das Finale gewohnt zuverlässig vorbereitete.
„Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft und auch stolz auf mich. Wir mussten heute von Kilometer Null an leiden. Und dennoch konnte ich den Sprint voll durchziehen. Nach den beiden schweren letzten Tagen mit meinem Sonnenstich vor zwei Tagen und dem Sturz gestern hat die Mannschaft auch heute an mich geglaubt. Chapeau an die Jungs“, kommentierte der zweimalige Deutsche Meister seinen erneuten Coup, mit dem er sich in der Punktewertung wieder näher an Peter Sagan (Tinkoff-Saxo) heran arbeitete. Der Slowake gewann zwar den Zwischensprint, wurde im Etappenziel aber nur Vierter und hat jetzt nur noch 44 Zähler Vorsprung auf Greipel, 17 weniger als am Start.
Dennoch sieht der Deutsche für sich kaum noch Chancen, Sagan nochmals gefährlich werden zu können. „Ich denke, das Grüne Trikot ist weg. Wenn man Peter so sieht: Er ist einfach stark. Er ist ständig in Ausreißergruppen, er arbeitet hart für das Trikot… wir sind hierher gekommen, um Etappen zu gewinnen. Jetzt sind es drei, darauf können wir stolz sein und dann auch auf Grün verzichten“, so Greipel, dem sich am kommenden Sonntag in Paris sogar noch die Gelegenheit auf einen vierten Etappensieg bietet, mit dem er dann auf die gleiche Anzahl käme wie der diesmal fehlende Marcel Kittel (Giant-Alpecin).
Dritter der Punktewertung bleibt dessen Teamkollege Degenkolb, der auch diesmal nicht an seinem Landsmann vorbeikam, obwohl er seinen Sprint von Greipels Hinterrad aus startete. Damit wartet der Giant-Kapitän weiter auf seinen ersten Tour-Etappensieg. Das lässt sich zwar von Kristoff und Sagan nicht sagen, doch beide sind ebenfalls noch ohne persönliche Erfolgserlebnis in den Sprintankünften der Frankreich-Rundfahrt 2015 – und das, obwohl vor allem Katusha, aber auch Tinkoff-Saxo viel auf der durch die Ardeche führende Etappe investierte.
Einen vergleichsweise ruhigen Tag im Feld verbrachten die Klassementfahrer, die vor allem in der zweiten Rennhälfte den Sprinterteams das Terrain überließen. Chris Froome (Sky) verteidigte wie erwartet Gelb und führt weiter mit 3:10 Minuten vor Nairo Quintana (Movistar) und 3:32 Minuten vor Tejay van Garderen (BMC).
Die Favoriten wurden lediglich im ersten, bergigen Teil des heutigen Abschnitts gefordert. Denn bereits an der ersten Bergwertung nach rund zehn Kilometern löste sich auf Initiative von Lieuwe Westra (Astana) und Dylan Van Baarle (Cannondale Garmin) eine 27-köpfige Gruppe, die auf neun Fahrer schrumpfte, nachdem vor allem die Katusha-Mannschaft im Feld die Verfolgung aufgenommen hatte und so den Rückstand auf bis zu 30 Sekunden drückte.
Doch auch die hochkarätig besetzte Neunergruppe mit Adam Yates (Orica-GreenEdge), Thibaut Pinot (FDJ) Simon Geschke (Giant), Michal Kwiatkowski, Matteo Trentin (beide Etixx-Quick-Step) Micheal Rogers, Peter Sagan (Tinkoff-Saxo) Lars Ytting Bak (Lotto Soudal) und Ryder Hesjedal (Cannondale) konnte sich in der Folge keinen beruhigenden Vorsprung erarbeiten – auch weil Sky sich nunmehr im Feld mit Kristoffs Mannschaft die Arbeit teilte.
Einen Kampf gegen das Zeitlimit bestritt eine früh abgehängte Gruppe um Mark Cavendish (Etixx-Quick-Step), dem vorgestern schwer gestürzten Jean-Christophe Péraud (Ag2R) und eben Sieberg, die schließlich mit 15 Minuten Rückstand ins Ziel kam.
In die mehr als 20 Kilometer lange Abfahrt, die nach dem Col de la Croix de Bauzon (km73,5 km) folgte, nahmen die Ausreißer auf teils regennassen Straßen nur gut zwei Minuten an Vorsprung mit, den sie bei einem von Anfang an sehr hohem Tempo - das die gesamte Etappe hin vor dem schnellsten voraus berechneten Schnitt lag - auf maximal 3:15 Minuten ausbauten.
Wie erwartet sicherte sich Sagan 75 Kilometer vor dem Ziel in Aubenas kampflos den Zwischensprint und stockte damit sein Konto um weitere 20 Punkte auf. Knapp zwei Minuten hinter der Spitzengruppe führten Degenkolb und Greipel das große Feld über die Sprintwertung und holten sich noch sechs bzw. fünf Zähler.
Danach spannte sich wieder die Katusha-Mannschaft vor das Feld und drückte den Abstand bis zum Fuß des Col de l'Escrinet (2. Kat.), der Hauptschwierigkeit des Tages. In dem 7,9 Kilometer langen und durchschnittlich 5,5 Prozent steilen Anstieg aber blieb der Abstand zunächst praktisch unverändert, auch, weil im Feld Katusha lediglich von Europcar unterstützt wurde. Im oberen Teil des Berges zog dann aber Tinkoff-Saxo die Zügel an, wodurch sich der Vorsprung der Neun auf nur noch gut eine Minute verringerte.
In der 16 Kilometer langen Abfahrt attackierte Trentin seine Begleiter, die von Hesjedal abgesehen, der zum Italiener aufschloss, angesichts des jagenden Feldes schnell die Beine hochnahmen und 40 Kilometer vor dem Ziel gestellt wurden. Im Hauptfeld wechselten sich mittlerweile Katusha, Europcar und Lotto Soudal in der Verfolgung so effektiv ab, dass die letzten beiden der einstmals 27 Ausreißer bereits 30 Kilometer vor dem Ziel wieder eingefangen waren.
Danach formierten sich auf dem flachen, nur von einigen Kreisverkehren durchzogenem Terrain die Sprinterzüge darunter auch der von Greg Van Avermaet, der auf den letzten zehn Kilometern mit gleich fünf Fahrern für Tempo an der Spitze sorgte.
Auf den letzten drei Kilometern versuchte Zdenek Stybar (Etixx-Quick-Step), dessen Kapitän Cavendish mit dem Gruppetto ins Ziel kam. wie bei seinem Etappensieg in le Havre, die Sprinter zu überraschen, doch auch wenn der Tscheche sich einen kleinen Vorsprung erarbeiten konnte, setzte vor allem Katusha diesmal alles daran, den Massensprint und damit Kapitän Kristoff den ersten Tagessieg bei dieser Tour zu ermöglichen.
Doch es war Greipel, der nach der letzten Kurve an die Spitze schoss und mit urwüchsiger Kraft seinen dritten Coup landete – damit egalisierte er übrigens seine Marke von 2012. Auch wenn Degenkolb am Hinterrad seines Landsmanns eine günstige Position erarbeitet hatte, kam der 26-Jährige auf den letzten Metern nicht mehr an Greipel vorbei.
Hinter Kristoff belegte Sagan, der nach einem Platten beim Radtausch von einem Begleitmotorrad behindert worden war und darauf ziemlich zornig reagiert hatte, noch den vierten Platz. Allerdings hatte der Slowakische Meister zuvor eine Welle gegen den Franzosen Bryan Coquard gefahren, woraufhin sich der Europcar nur mit Glück auf dem Rad halten konnte. Das alles spielte sich aber hinter Greipel ab, der davon nichts mitbekam und sich über den insgesamt neunten Tour-Etappensieg seiner Karriere freuen konnte.
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