Sportdirektor Holm: „Wir waren Idioten"

Martins Team verschleudert Gelb auf den letzten 300 Metern

Von Joachim Logisch aus Utrecht

Foto zu dem Text "Martins Team verschleudert Gelb auf den letzten 300 Metern"
Mak Cavendish (Etixx-Quick-Step) versemmelte den Zielsprint und ließ noch Fabian Cancellara (Trek) an sich vorbeiziehen und dadurch Gelb erobern. | Foto: Cor Vos

05.07.2015  |  (rn) - Unfassbar! 165,7 Kilometer lang machen Tony Martin und sein Etixx-Quick-Step-Team alles, wirklich alles, richtig. Haben Gelb so gut wie sicher und den Etappensieg in greifbarer Nähe, um dann auf den letzten 300 Metern der 2. Etappe der Tour de France von Utrecht nach Zelande (166 km) alles, wirklich alles, in die Tonne zu treten.

Man muss sich das noch viele Male anschauen, um es zu verstehen. Bei einer Sprintankunft, die Sprinter André Greipel (Lotto-Soudal) vor dem ebenso endschnellen Peter Sagan (Tinkoff-Saxo) gewinnt, wird der Turbo Mark Cavendish vom mehrmaligen Zeitfahrweltmeister Fabian Cancellara (Trek) übersprintet und letztlich nur Vierter. Der Schweizer schnappt sich so die vier Sekunden Zeitbonifikation für Platz drei und überholt Tony Martin, der nach der Auftaktetappe noch eine Sekunde vor ihm gelegen hatte.

Das führte nach dem Zielleinlauf zu angeregten Diskussionen unter den Etixx-Team-Führung in einem Begleitfahrzeug. „Wir hatten das Rennen völlig unter Kontrolle, und dann kommt das Schlechteste dabei raus, nämlich gar nichts. Weder ein Etappensieg noch Gelb. Das ist extrem bitter. Wenn man sich da nicht aufregt, hat man den Biss verloren“, erklärte der Technische Team-Berater Rolf Aldag.

Tony Martin fiel es beim Ausfahren sichtlich schwer, die zweite Enttäuschung binnen zwei Tagen wegzustecken. „Auf dem letzten Kilometer habe ich damit gerechnet, dass das Gelbe diesmal mir gehören würde. Es waren ja auch noch einige schnelle Leute in der Gruppe dabei. Dass Cancellara trotzdem Dritter wird, ist sehr, sehr schade für mich“, sagte der in der Schweiz lebende Eschborner, der im Auftakt-Zeitfahren, um fünf Sekunden geschlagen, Zweiter hinter Rohan Dennis (BMC) geworden war.

Die Frage, ob es nur Pech war, beantwortete Martin nach kurzem Überlegen: „Ja, lassen wir das so stehen.“ Gegenüber radsport-news.com sagte er auf Nachfrage, warum in einem Schlussspurt, den ein Sprinter wie Greipel gewinnt, sein Sprinter Mark Cavendish von Fabian Cancellara geschlagen wird: „Das ist die Tragik an der Geschichte. So ist es, damit muss ich leben.“

Deutlicher wurde sein Sportlicher Leiter Brian Holm gegenüber radsport-news.com: „Wir waren heute die Dümmsten. Ja, wir sind die Idioten.“ Um dann zu erklären: „Normal muss Cavendish am Hinterrad von Greipel und Tony am Hinterrad von Cancellara bleiben, denn der schafft es normalerweise hier nie unter die besten Drei. Dann haben wir Gelb. Doch Cavendish fährt viel zu früh 300 Meter vor dem Ziel los.“

Auch Rolf Aldag kritisierte den Briten mit deutlichen Worten: „Man fährt den Sprint nicht bis drei Meter vor die Linie und schaut dann rüber, so dass Cancellara vorbeifährt und sich die Bonifikation nimmt. Da ist natürlich alles schief gelaufen, was schief laufen konnte.“

Davor hatte sein Team das Rennen perfekt kontrolliert und, als 60 Kilometer vor dem Ziel die gewünschte Windkante einsetzte, das Peleton in Grüppchen zerlegt. Wie vorgeplant, konnte der bis dahin führende Rohan Dennis nicht mithalten, der 1:28 Minuten verlor.

Aldag: „Die Jungs hatten sich eine Riesenchance erarbeitet, in dem sie ein Super-Rennen gefahren sind als Wind war. Dann hat der Wind auch noch aufgehört, sonst hätten heute einige Favoriten ihre Chance auf die besten Fünf schon mal begraben können.“ Dass seine Truppe aber auch auf dem letzten Kilometer vorne fuhr, versteht die Tour-Legende nicht. Aldag: „Wir haben für Greipel den Sprint angezogen. Warum haben wir da die Verantwortung übernommen? Warum wir uns da so ins Feuer schmeißen, ist mir völlig unklar. Und Tony fährt auch viel zu lange im Wind, weil er ein guter Kerl ist und alles für die Mannschaft macht.“

Auch wenn es den zweiten Tag in Folge schlecht für Tony Martin lief, aufgeben will der Deutsche Zeitfahr-Meister nicht. Martin: „Wir haben diese Etappe mit unserem Team grandios gemeistert, waren stark vertreten und haben unsere Chance an der Windkante genutzt. Das lässt für die nächsten Tage hoffen. Ich gebe mir noch sieben Tage, um dieses Trikot zu kämpfen.“

 

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