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16.07.2015 | (rsn) - Wenn L'Alpe d'Huez im Programm der Tour de France ist, sprechen viele nur von diesem Tag. Doch was heute in den Pyrenäen auf dem Speiseplan steht, ist die vom Umfang her heftigste Portion der drei Wochen. Wer sich am Plateau de Beille eine Schwäche erlaubt, der könnte hier alle Chancen auf einen Podestplatz einbüßen. Und weil das Hochgebirge morgen erstmal verlassen wird, darf man sicher sein: Die besten Kletterer werden heute Vollgas geben.
TagesTour: Wir bewegen uns innerhalb der Pyrenäen heute nach Osten. Die Etappe startet in Lannemezan zwar nur 30 Kilometer östlich von Tarbes, wo wir schon vorgestern losgefahren sind, doch diesmal geht es relativ direkt nach "rechts" auf der Landkarte. Gut möglich, dass zu Beginn der Etappe der Kampf ums Grüne Trikot entbrennt und sogar Sprinter versuchen, in Ausreißergruppen zu kommen oder ihre Teams alle Ausreißversuche im Keim ersticken. Denn schon nach 20 Kilometern gibt es in Saint-Bertrand-de-Comminges wertvolle 20 Punkte am Zwischensprint zu ergattern.
Danach bleibt es bis Kilometer 50 relativ flach, bevor der Anstieg zum Col de Portet-d'Aspet (4,3km, 9,7%, 2. Kat.) vorbei am Casartelli-Denkmal beginnt. Anschließend folgt nach einer langgezogenen 20-Kilometer-Abfahrt die 14,7 Kilometer lange Steigung zum Col de la Core (5,7%, 1. Kat.) und nach einem kleinen Schlenker durch das Tal des Flusses Arac der Port de Lers (12,9km, 6%, 1. Kat.). Vom Port de Lers, der bei Kilometer 144 erreicht wird, geht es erneut mehr als 20 Kilometer bergab und schließlich noch rund zehn Kilometer flach auf den Schlussanstieg zum Plateau de Beille zu.
Das Finale, das angesichts der flachen Anfahrt wahrscheinlich alle Favoriten gemeinsam in Angriff nehmen werden, ist 15,8 Kilometer lang und beginnt gleich auf den ersten fünf Kilometern mit einer Durchschnittssteigung von 9 Prozent. Danach folgen vier Kilometer bei rund 7,5 Prozent, bevor noch ein weiterer 9,5%-Kilometer zur möglicherweise entscheidenden Attacke einlädt. Weniger als 7 Prozent steil wird es nur auf dem Schlusskilometer.
KulTour: Sport wird am Plateau de Beille großgeschrieben. Der 1.780 Meter hoch gelegene Ski-Ort ist verbunden mit dem Alpin-Skigebiet von Ax 3 Domaines und gleichzeitig eine Langlauf-Hochburg sowie im Sommer die Heimat des Mountainbike-Centers des französischen Radsportverbandes. Und natürlich bietet die Umgebung Möglichkeiten für alle denkbaren Bergsportarten, worauf die Bewohner des Ax-Tals sehr stolz sind. Doch man lebt hier nicht nur vom Tourismus, auch die Landwirtschaft spielt eine große Rolle - und im Startort Lannemezan bietet die Hochschule, als einzige in Frankreich, den Studiengang "Mountain Trade" an.
HisTourie: Wie schon gestern ist auch heute noch einmal Zeit, an den Tod von Fabio Casartelli vor 20 Jahren zu erinnen, denn das Peloton passiert den Unglücksort am Portet d'Aspet im Anstieg zur ersten Bergwertung des Tages. Ob man dort stoppen wird, war vor Tour-Beginn noch nicht bekannt.
Die Ski-Station am Plateau de Beille ist eine Sackgasse und wurde 1998 erstmals in die Tour de France eingebaut. Marco Pantani attackierte im schweren Schlussanstieg und nahm Jan Ullrich erstmals im Verlauf der Rundfahrt 1:40 Minute ab und rückte bis auf drei Minuten an dessen Gelbes Trikot heran, das er ihm fünf Tage später in Les Deux Alpes abnehmen sollte. Seitdem erreichten das Plateau Lance Armstrong (2002 & 2004), Alberto Contador (2007) und Jelle Vanendert (2011) als erstes.
RSN-Prognose: Vor der Überführung durchs Zentralmassiv in Richtung Alpen werden heute nochmal alle Karten auf den Tisch gelegt. Das Plateau de Beille lädt zum Angriff aufs Gelbe Trikot ein und bietet mit seinen durchgängig hohen Steigungswerten keine Chance zur Verschnaufspause. Wer hier einmal abgehängt ist, wird es schwer haben, zurückzukommen, wenn die Angreifer durchziehen.
Im Gegenteil: Der Anstieg ist wie gemacht dafür, erst mit seinen besten Helfern ein Ausscheidungsfahren zu veranstalten und dann in der steilen Rampe sechs Kilometer vor dem Ziel zu attackieren, um anschließend kontinuierlich seinen Vorsprung auszubauen. Wem das heute gelingt, war vor der Tour kaum zu prognostizieren, aber: Dieser Berg wirkt, als könne Chris Froome hier alles klar machen - oder aber, als ob Nairo Quintana die Sache nochmal spannend machen könnte.
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