Schäfers Marokko-Tagebuch/ 6. Etappe

Manche meinen schlauer als alle anderen zu sein

Von Timo Schäfer

Foto zu dem Text "Manche meinen schlauer als alle anderen zu sein"
Timo Schäfer (Bike Aid, rechts) bei der Marokko-Rundfahrt | Foto: Cor Vos

10.04.2015  |  (rsn) - Dass wir Radsportler recht seltsame Wesen sind, das habe ich ja bereits gestern beschrieben. So ist es unerklärlich, wie man nach bereits sechs zurückgelegten Etappen und vielen Kilometern bei sehr wechselnden Bedingungen dann auch immer wieder aufs Neue Moral aufbringt und sich selber quält. Wie schon gesagt, der Wind hier ist sehr unangenehm und das Rennen so umkämpft, dass man nie weiß, was einen erwartet. So auch heute

Eines wussten wir allerdings: Es sollte sehr, sehr schwer werden. Wieder entlang der Küste (also Wind), dann rein in irgendein Mittelgebirge, wieder hoch auf 1000 Meter (über Meereshöhe). Wie geht man damit nun um? Um ehrlich zu sein, hatten wir alle sehr viel Respekt vor diesem Tag, da keiner von uns genau wusste, wie unsere marokkanischen Widersacher versuchen würden, uns aufs Neue den Tag möglichst unangenehm zu gestalten.

Aber - um nochmal darauf zurückzukommen, dass wir seltsam sind - wir warten  gar nicht, bis uns die anderen den Tag schwer machen, nein, wir tun es uns einfach selbst an! Also machte ich mich bei Kilometer aus dem Feld zehn davon und riskierte mit ein paar Gleichgesinnten einen gemeinsamen Ausflug.

Immerhin: Die Landschaft war wieder ganz ansehnlich und auch abwechslungsreich war. Aber so richtig genießen war auch schwer, und woher ich die Moral nahm, ist mir auch bis jetzt noch ein Rätsel. Schließlich waren es ja auch noch 155 Kilometer ins Ziel und irgendwann realisiert man, was man sich gerade selber antut.

Aber dann ist es zu spät und man muss damit leben. Als der Vorsprung auf fünf Minuten angewachsen war, dachte ich mir: „Ja Timo, heute sieht es gut aus. Das könnte was werden“. Wohlwissend, dass das Finale auch nochmal super schwer sein sollte. Doch wie immer kam alles ganz anders. Zwar passierten wir den Gipfel noch mit gut zwei Minuten Vorsprung und es waren dann nur noch 50 Kilometer ins Ziel - davon gut 13 Kilometer Abfahrt-, aber: Radsportler sind eben komische Vögel! Und so meinen dann auch einige, immer wieder schlauer als andere sein und nicht mehr mitzuführen zu müsse.

So was hemmt natürlich den Fluss einer Gruppe. Und so war es dann fünf Kilometer vor dem Ziel vorbei und wir wurden gestellt. Schade, denn es sah so gut aus. Leider hat auch unser Kapitän Niko (Holler) einen Platz im Klassement eingebüßt und liegt jetzt auf Rang neun. Aber es ist ja noch nicht aller Tage Abend und es ist noch weit bis Casablanca!

Am Ende des Tages wurden wir aber doch noch belohnt! Als wir am Hotel ankamen, war das Staunen aus unseren Gesichtern nicht mehr wegzubekommen: Unsere Unterkunft liegt direkt am Strand in einer Bucht und ist mit riesigem Balkon ausgestattet! Das Essen vom Feinsten – und das ist ja nach so einem Tag super wichtig. So, jetzt aber schlafen, denn auch das ist wichtig und morgen sehen wir weiter!

Euer Timo

PS: Fotos findet Ihr wieder hier: https://www.facebook.com/bikeaid

Mehr Informationen zu diesem Thema

12.04.2015Es ist nicht mehr weit bis Casablanca!

(rsn) - Es ist schon erstaunlich, wie sich Stimmungen während einer Rundfahrt verändern können. Am Anfang ist jeder irgendwie überschwänglich und motiviert, was sich dann im weiteren Verlauf des

11.04.2015Hotel-Disco sorgte für kurze Nacht, Niko für ein Top-Ergebnis

(rsn) - Nach dem langen gestrigen Tag in der Gruppe war ich müde. Und irgendwie hing es mir schon auch etwas nach, dass wir unseren Vorsprung nicht ins Ziel retten konnten. Aber wie sagt man so schö

09.04.2015Wir Radfahrer sind schon komische Vögel

(rsn) - Als Radsportler gibt es ja Tage, da denkt man sich: Warum mache ich das eigentlich? Denn rational kann man ja nicht erklären, was denn so wirklich die Faszination dabei ist, sich tagein, taga

07.04.2015Wo ist eigentlich Meron?

(rsn) - Wo ist eigentlich Meron? Ja, diese Frage taucht irgendwie immer wieder bei uns auf. Sei es, wenn es darum geht zum Essen zu gehen, oder aber unser Physio Kelly sich verwundert fragt, ob er sc

06.04.2015Meine bisher schlimmsten Stunden auf dem Rad

(rsn) - Nachdem ich nach der 2. Etappe leider nur sehr eingeschränkten (und damit meine ich: nicht funktionierenden) Internetzugang hatte, fasse ich die letzten beiden Tage einfach zusammen. Vorgeste

05.04.2015Frisch frisiert ist halb gewonnen!

(rsn) - Man gewinnt eine Rundfahrt nie am ersten Tag, aber man kann Sie verlieren - mit dieser alten Weisheit verabschiedete uns unser Sportlicher Leiter Yves nach seiner Ansprache auf die 1. Etappe d

Weitere Radsportnachrichten

18.09.2025Evenepoel vor WM-Duell mit Pogacar: “Ich bin bereit“

(rsn) – Nach dem enttäuschenden Aus bei der Tour de France reist Remco Evenepoel voller Selbstbewusstsein nach Ruanda, wo er am Sonntag zum Auftakt der Straßen-WM in Kigali seinen Titel im Zeitfah

18.09.2025Capiot soll Jaycos Klassikerteam verstärken

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

18.09.2025Die WM-Aufgebote aller Nationen für die Elite-Kategorien

(rsn) – Die Weltmeisterschaften in Ruandas Hauptstadt Kigali vom 21. bis 28. September umfassen 13 Wettkämpfe – je Einzelzeitfahren und Straßenrennen für männliche wie weibliche U19 und U23 so

18.09.2025Merlier will Pogacar im Herbst noch abfangen

(rsn) - Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) will Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) in den letzten Wochen der Saison 2025 noch überflügeln – allerdings nicht in einem Rennen, sondern in der

18.09.2025Schweizer WM-Team ohne Hartmann und Häberlin

(rsn) – Nicht nur das deutsche Team muss für die Straßen-WM in Ruanda personelle Ausfälle verkraften. Auch die beiden Schweizerinnen Elena Hartmann und Steffi Häberlin fallen für die am 21. Se

18.09.2025Mayrhofer ersetzt Stork im deutschen WM-Kader

(rsn) – Nachdem Maximilian Schachmann (Soudal – Quick-Step) am Dienstagabend nicht in den Flieger nach Ruanda steigen konnte, weil er sich in der Schlusswoche der Vuelta a Espana erkältet hatte u

18.09.2025Die Zeitfahrstrecken bei den Weltmeisterschaften in Ruanda

(rsn) – Im hügelig-bergigen Kigali gibt es kaum flache Straßen. Und so sind auch die Einzelzeitfahren sowie die Mixed-Staffel bei den Weltmeisterschaften in Ruanda wirklich schwere Prüfungen. Wir

18.09.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

17.09.2025Top-Favoritinnen mit Fragezeichen, Niedermaier Medaillenhoffnung

(rsn) – Ohne Titelverteidigerin muss das diesjährige WM-Zeitfahren der Frauen in Kigali auskommen. Das liegt daran, dass sich Grace Brown partout nicht wollte umstimmen lassen und das Rennrad – z

17.09.2025Grégoire bezwingt im Bergaufsprint van den Berg und Hirschi

(rsn) – Romain Grégoire (Groupama – FDJ) hat seine bestechende Herbstform auch zum Auftakt der 85. Skoda Tour de Luxembourg (2.Pro) eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der 22-jährige Franzose,

17.09.2025De Lie sprintet an der Zitadelle von Namur über 300 Meter zum Sieg

(rsn) – An der Zitadelle van Namur hat Arnaud De Lie (Lotto) den 65. GP de Wallonie (1.Pro) für sich entschieden. Nach 187 Kilometern war der Belgier im Sprint eines dezimierten Feldes schneller al

17.09.2025Schachmann muss für WM in Ruanda kurzfristig absagen

(rsn) – Maximilian Schachmann verpasst die Straßen-Weltmeisterschaft in Ruanda. Der Deutsche Zeitfahrmeister ist gestern Abend nicht mit dem Rest des Aufgebots von German Cycling nach Kigali gereis

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Serbie (2.2, SRB)
  • Tour de Slovaquie (2.1, SVK)
  • Skoda Tour de Luxembourg (2.Pro, LUX)